Fachbereich Mathematik Prof. Dr. Steffen Roch Nada Sissouno
WS 2009/2010 26.11.2009
6. Tutorium zur
” Analysis II“
Bernstein-Polynome und der Weierstraß’sche Approximationssatz
Wir wollen in diesem Tutorium den folgenden Weierstraß’schen Approximationssatz beweisen:
Satz:
F¨ur jede auf dem Intervall [a, b] stetige Funktion f gibt es eine Folge (fn) von Polynomen, die gleichm¨aßig gegen f konvergiert.
Wir f¨uhren den Beweis zun¨achst f¨ur [a, b] = [0,1]. Jeder Funktionf auf [0,1] ordnen wir die Funktion fn(x) :=
n
X
k=0
f(k n)
n k
xk(1−x)n−k
zu. Offenbar ist fn f¨ur jede Funktionf ein Polynom vom Gradn. Das Polynom fn heißt ntes Bernstein-Polynom f¨urf.
Aufgabe T1
Bestimmen Sie die Bernsteinpolynome f¨ur die Funktionenf(x) = 1,f(x) =xundf(x) =x(1−x).
Machen Sie sich klar, dass in allen 3 F¨allen gilt:
kf−fnk∞→0 f¨urn→ ∞.
L¨osung: Bernsteinpolynome f¨urf(x) = 1 : fn(x) =X
k=0
f(k
n)xk(1−x)n−k =
n
X
k=0
n k
xk(1−x)n−k
= (x+ (1−x))n= 1 Bernsteinpolynome f¨urf(x) =x:
fn(x) =
n
X
k=0
k n
n k
xk(1−x)n−k
=
n
X
k=1
kn!
nk!(n−k)!xk(1−x)n−k=
n
X
k=1
n−1 k−1
xk(1−x)n−k
= x
n−1
X
k=0
n−1 k
xk(1−x)n−1−k=x(x+ (1−x))n−1 =x .
6. Tutorium Analysis II
Bernsteinpolynome f¨urf(x) =x(1−x) : fn(x) =
n
X
k=0
k(n−k) n2
n k
xk(1−x)n−k
=
n−1
X
k=1
k(n−k)n!
n2k!(n−k)!xk(1−x)n−k
= n−1
n x(1−x)
n−1
X
k=1
(n−2)!
(k−1)!(n−1−k)!xk−1(1−x)n−k−1
= n−1
n x(1−x)
n−2
X
k=0
(n−2)!
k!(n−2−k)!xk(1−x)n−k−2
= n−1
n x(1−x)(x+ (1−x))n−2= n−1
n x(1−x). In allen drei F¨allen gilt offenbar ||fn−f||∞→0.
Aufgabe T2
Beweisen Sie die Absch¨atzung 0≤
n
X
k=0
x−k
n 2
n k
xk(1−x)n−k≤ 1 4n. L¨osung: Es ist zun¨achst
n
X
k=0
x−k
n 2
n k
xk(1−x)n−k=
n
X
k=0
x2−2k nx+ k2
n2 n k
xk(1−x)n−k
=x2
n
X
k=0
n k
xk(1−x)n−k−2x
n
X
k=0
k n
n k
xk(1−x)n−k+
n
X
k=0
k2 n2
n k
xk(1−x)n−k
(1)= x2−2x·x−
n
X
k=0
k(n−k) n2
n k
xk(1−x)n−k+
n
X
k=0
k n
n k
xk(1−x)n−k
(1)= x2−2x2−
1− 1 n
x(1−x) +x
=x2−2x2−x(1−x) +x+ 1
nx(1−x) = 1
nx(1−x). Da alle Summanden nichtnegativ sind, gilt also
0≤
n
X
k=0
x−k
n 2
n k
xk(1−x)n−k≤ 1
nx(1−x). M¨ussen nun noch zeigen, dass
1
nx(1−x)≤ 1
4n f¨urx∈[0,1].
Dies kann z.B. mit der Ungelichung vom arithmetisch-geometrischen Mittel geschehen (aber bitte nicht, indem man das Maximum der Funktion x7→x(1−x) mittels Differenzieren ermittelt! Dies w¨are unsportlich!).
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6. Tutorium Analysis II Wir wollen nun den Weierstraß’schen Approximationssatz auf [0,1] in der folgenden genaueren Form zeigen:
Satz:
Sei f auf [0,1] stetig. Dann konvergiert die Folge (fn) der Bernsteinpolynome von f gleichm¨aßig gegen f.
Beweis: Seiε >0 beliebig vorgegeben. Daf auf [0,1] gleichm¨aßig stetig ist, gibt es einδ >0 so, dass f¨ur alle x, y ∈[0,1] mit|x−y|< δ gilt:
|f(x)−f(y)|< ε.
F¨ur den Beweis des Satzes haben wir die Differenz |f(x)−fn(x)| f¨ur jedesx ∈[0,1] abzusch¨atzen.
Es ist wegen Aufgabe 1
|f(x)−fn(x)| ≤
n
X
k=0
|f(x)−f(k n)|
n k
xk(1−x)n−k, (1)
und wir spalten die Summe in zwei Teile auf um auszunutzen, dass |f(x)−f(nk)| < ε, wenn nur
|kn−x|< δ. Sei dazu
An=
k: 0≤k≤n, |x−k n|< δ
, Bn=
k: 0≤k≤n, |x−k n| ≥δ
. Dann ist wie gew¨unscht
|f(x)−f(k
n)|< ε f¨urk∈An und, mit c:= supx∈[0,1]|f(x)|,
|f(x)−f(k
n)| ≤2c f¨urk∈Bn. Nach Definition von Bngilt weiter δ2 ≤ x−kn2
, daher hat man außerdem die Absch¨atzung
|f(x)−f(k
n)| ≤ 2c δ2
x− k
n 2
f¨urk∈Bn. Aufgabe T3
Sch¨atzen Sie nun die Differenz (1) ab und f¨uhren Sie den Beweis des Weierstraß’schen Approxi- mationssatzes zu Ende.
L¨osung: Sch¨atzen (1) ab:
|f(x)−fn(x)| ≤
n
X
k=0
|f(x)−f(k n)|
n k
xk(1−x)n−k
= X
k∈An
|f(x)−f(k n)|
n k
xk(1−x)n−k+ X
k∈Bn
|f(x)−f(k n)|
n k
xk(1−x)n−k
≤ε X
k∈An
n k
xk(1−x)n−k+2c δ2
X
k∈Bn
n k
xk(1−x)n−k
≤ε
n
X
k=0
n k
xk(1−x)n−k+2c δ2
n
X
k=0
n k
xk(1−x)n−k.
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6. Tutorium Analysis II
Nach (1) und (2) ist daher:
|f(x)−fn(x)| ≤ε+ 2c δ2 · 1
4n . Bisher war nv¨ollig beliebig. W¨ahlen wir nun einn0 so, dass
2c δ2 · 1
4n0
< ε und erhalten f¨ur alle x∈[0,1] und allen≥n0
|f(x)−fn(x)<2ε|. Dies ist die behauptete gleichm¨aßige Konvergenz.
Aufgabe T4
Ubertragen Sie schließlich dieses Resultat auf ein beliebiges endliches Intervall [a, b].¨
L¨osung: Wir haben bisher f¨ur jede stetige Funktion f auf [0,1] und f¨ur die zugeh¨orige Bern- steinpolynome bewiesen:
∀ε >0∃n0 : ∀n≥n0,∀x∈[0,1] : |f(x)−fn(x)|< ε . (1) Die Funktionen
g(y) = y−a
b−a bzw. g(−1)(y) = (b−a)x+a bilden das Intervall [a, b] auf [0,1] bzw. [0,1] auf [a, b] linear und eindeutig ab.
Ist nun h eine auf [a, b] stetige Funktion, so isth◦g(−1) =:f eine auf [0,1] stetige Funktion. F¨ur die zu f geh¨orenden Bernsteinpolynomefn gilt dann (1). Dann gilt aber auch:
∀ε >0∃n0 : ∀n≥n0,∀x∈[a, b] : |f(g(x))−fn(g(x))|< ε .
Nun ist f◦g=h, und die Funktionen hn :=fn◦g sind offenbar Polynome auf [a, b]. Es gilt also:
∀ε >0∃n0 : ∀n≥n0,∀x∈[a, b] : |h(x)−hn(x)|< ε ,
d.h. die Polynome hn konvergieren gleichm¨aßig auf [a, b] gegen die stetige Funktion h.
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