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Störwirkungen bedenken

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B R E M E R Ä R Z T E J O U R N A L4 04

P H A R M A K O T H E R A P I E

Bei seltenen Erkrankungen sollte ursächlich immer an eine unerwünschte Arzneimittelwirkung gedacht werden.

Die folgenden Kasuistiken wurden auf dem diesjährigen Kongress der Deutschen Gesellschaft für Pharmakologie und Toxikologie präsentiert.

Diabetes und Thyreoiditis unter Interferon Die Kombination von Interferon-und Ri- bavirin zur Behandlung einer chronischen Hepatitis C bei Kindern wird derzeit in Stu- dien erprobt. Interferone werden mit der Induktion verschiedener Autoimmuner- krankungen in Zusammenhang gebracht, nicht dagegen Ribavirin. Wir berichten über ein 11-jähriges Mädchen, das wegen einer chronischen Hepatitis C mit Interferon- und Ribavirin behandelt wird. Acht Mona- te nach Therapiebeginn entwickelt sie einen Diabetes mellitus Typ I sowie eine Thyreo- iditis. Autoantikörper der Schilddrüse sind zuvor normwertig und jetzt positiv. Insel- zellspezifische Autoantikörper werden nicht untersucht. Auf Grund des Zeitverlaufs liegt eine medikamentöse Induktion beider Au- toimmunerkrankungen nahe. Bisher sind 31 Fälle publiziert, die das Auftreten eines Dia- betes mellitus Typ I unter Therapie einer Hepatitis C mit Interferon beschreiben.

Häufiger sind Berichte über autoimmune Thyreoiditiden. Betroffen sind in den Ka- suistiken ausschließlich Erwachsene. Die Koinzidenz zweier Autoimmunkrankheiten wie Diabetes Typ I und Thyreoiditis unter Interferonen ist eine Rarität und unseres Wissens bei Kindern nicht beschrieben.

Hepatitis unter Mistel-Extrakten

Mistel-Extrakte sind in der Krebstherapie weit verbreitet, ohne dass ein klinischer Nutzen erwiesen ist. Ihr immunstimulieren- der Effekt wird von Befürwortern als Wirk- prinzip interpretiert. Dass er Ursache schwerwiegender Störwirkungen sein kann,

zeigt der Fall einer 40-jährigen Patientin.

Sie erhält im Anschluss an eine Tumorresek- tion (Appendix-Karzinom) subkutan Viscum album. Die Behandlung wird wegen Lokal- reaktionen nach der fünften Injektion ab- gebrochen. Vier Wochen später sind die Transaminasen 50 bis 100-fach und die GT sechsfach erhöht. Die Klinik ist blande und die Entzündungsparameter sind unauffällig.

Eine Virus-Hepatitis wird ausgeschlossen. Es fallen jedoch deutlich erhöhte antinukleä- re Antikörper (ANA 1:5120) auf. Zytoplas- matische und antimitochondriale Antikör- per sind dagegen negativ. Die Leberbiopsie zeigt perizentrale Nekrosen mit Entzün- dungszeichen, die als arzneimittelinduziert interpretiert werden. Eine autoimmune Genese wird nicht ausgeschlossen. Bei Feh- len sonstiger Noxen und anderer ätiologi- scher Faktoren scheint eine Mistel-indu- zierte Autoimmunhepatitis wahrscheinlich.

Aggressive Reaktionen unter Testosteron- Substitution

Das Klinefelter-Syndrom (XXY) geht mit Hy- pogonadismus einher. Die Folgen des Hor- monmangels können durch Testosteron- Substitution verhindert oder reduziert werden. Bei klinischer Symptomatik gilt sie als indiziert. Meist wird Testosteron intra- muskulär in dreiwöchigen Intervallen gege- ben. Uns wird der Fall eines 26-jährigen Pa- tienten gemeldet, bei dem nach der ersten intramuskulären Testosteron-Gabe ausge- prägte aggressive Tendenzen auffallen. Bei drei weiteren Injektionen kommt es direkt im Anschluss zu ähnlichen Reaktionen. Sie münden jeweils in einem Suizidversuch.

Aufgrund von Brandstiftung wird der Pati- ent schließlich für vier Jahre inhaftiert.

Nach Umsetzen auf Testosteron-Pflaster bleibt er unauffällig. Supraphysiologische Testosteron-Spiegel direkt nach den Injek- tionen dürften Ursache der Reaktionen sein.

Aggressive und psychotische Verhaltensmu- ster (explizit Brandstiftung) werden zwar auch als Symptome beim Klinefelter-Syn- drom beschrieben, ein Zusammenhang mit dem Krankheitsbild selbst scheint hier aber unwahrscheinlich, da gleiche Symptome vor Substitution nicht auffallen. Aggressive

Reaktionen sind auch unter Anabolika- Missbrauch in der Bodybuilder-Szene be- kannt.

Polymyositis nach FSME-Impfung

Eine 75-Jährige altersentsprechend gesun- de, rüstige Frau erhält die erste Injektion ei- nes FSME-Impfstoffs. Drei Tage später sucht sie ihren Hausarzt wegen Gelenk- und Mus- kelschmerzen auf. In den folgenden zwei Monaten verschlechtert sich die Sympto- matik, es kommt zu einer langsam progre- dienten Schwäche der proximalen Musku- latur. Die Patientin wird immobil und eingewiesen. Klinisch wird der Verdacht auf Polymyositis gestellt und durch weitere dia- gnostische Maßnahmen (CK>1700U/l; Mus- kelbiopsie) bestätigt. Andere mit Polymyo- sitis assoziierte Erkrankungen werden ausgeschlossen. Eine Rückfrage beim Her- steller und dem Paul-Ehrlich-Institut ergibt, dass ähnliche Fälle bisher nicht bekannt sind. Wegen des engen zeitlichen Zusam- menhangs zwischen Impfung und Auftre- ten der Beschwerden erscheint ein Kausal- zusammenhang jedoch wahrscheinlich. Auf eine Fortsetzung der Impfung wird verzich- tet. Unter Kortikosteroiden in ausschlei- chender Dosierung wird die Patientin wie- der mobil. Bis zur Normalisierung der Laborparameter dauert es jedoch mehr als sechs Monate.

Dr. Kerstin Boomgarden-Brandes, Denis Langheit, Isabel Püntmann, Institut für Klinische Pharmakologie Klinikum Bremen-Mitte

Störwirkungen bedenken

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