Ubungsblatt 2 zur Vorlesung Wahrscheinlichkeitstheorie ¨
Experiment, Ereignisse, σ-Algebren
Herausgabe des ¨Ubungsblattes: Woche 09, Abgabe der L¨osungen: Woche 10 (bis Freitag, 16.15 Uhr), Be- sprechung: Woche 11
Must Aufgabe 7 [Ereignisraum]
Geben Sie zu jedem der 6 F¨alle von Ereignisr¨aumen aus 1.1 ein neues Beispiel aus der ”realen Welt” an, welches man ”sinnvollerweise” mit dem jeweiligen Fall modelliert. Besprechung von Grenzf¨allen erw¨unscht!
Aufgabe 8 [Ist Potenzmenge eine σ-Algebra?]
Untersuchen Sie, ob die Potenzmenge eineσ-Algebra ist.
Standard Aufgabe 9 [lim supund lim inf von Mengen][1 Punkt]
Untersuchen Sie, ob allgemein lim supAn⊆lim infAn oder umgekehrt oder weder noch.
Aufgabe 10 [lim sup,lim inf][1 Punkt]
Zeigen Sie:
(lim sup
n→∞ An)c= lim inf
n→∞ Acn
Aufgabe 11 [Konvergenz von monotonen Folgen von Ereignissen][2 Punkte]
Zeigen Sie f¨urA1, A2, . . .Teilmengen von Ω, dass
a) Falls A1⊆A2⊆A3. . ., dann konvergiert die FolgeA1, A2, . . .. Wogegen?
b) FallsA1⊇A2⊇A3. . ., dann konvergiert die FolgeA1, A2, . . .. Wogegen?
Aufgabe 12 [von Z erzeugte σ-Algebra][4 Punkte]
Sei Z ein Teilmengensystem von Ω. Wir nennen dann σ(Z) die von Z erzeugte σ-Algebra. Es ist dies die kleinste σ-Algebra, die Z beinhaltet. Zeigen Sie, dass eine derartige (eindeutige) σ-Algebra existiert, genauer: Zu jedem Teilmengensystem Z von Ω existiert eine eindeutigeσ-Algebraσ(Z) derart, dass a)Z ⊆σ(Z)
b)∀σ-AlgebraU mitZ ⊆U giltσ(Z)⊆U.
Aufgabe 13 [Vereinigung zweier σ-Algebren][4 Punkte]
Von der L¨osung von Aufgabe 12 wissen wir, dass Schnittmengen von σ-Algebren wieder σ-Algebren sind.
Finden Sie ein Gegenbeispiel dass zeigt, dass Vereinigungen zweier σ-Algebren nicht zwingend σ-Algebren sein m¨ussen. Geben Sie dazu Ω,A1,A2 an.
Dr. Christoph Luchsinger
Honours Aufgabe 14 [Urbild einer σ-Algebra][3 Punkte]
Seien Ω1,Ω2 Ereignisr¨aume undA2 eine σ-Algebra auf diesem Ereignisraum Ω2. Sei f : Ω1 →Ω2. Zeigen Sie:
f−1(A2) :={f−1(A)|A∈ A2} ist eineσ-Algebra auf Ω1.
Übungsblatt 2 zur Vorlesung “Wahrscheinlichkeitstheorie” Seite 3 von 5
Übungsblatt 2 zur Vorlesung “Wahrscheinlichkeitstheorie”
Olivier Warin 3. März 2012
Aufgabe 7 [Ereignisraum]
Es folgen zu jedem der 6 Fälle von Ereignisräumen aus 1.1 ein Beispiel aus der “realen Welt”, welches man “sinnvollerweise” mit dem jeweiligen Fall modelliert.
1) Endliche Mengen: Resultate beim Würfeln mit einem Würfel:
{p,p p, ppp, p ppp, ppppp, p ppppp}.
2) Abzählbare Mengen: Die Anzahl Lebewesen, die zu einem Zeitpunkt auf der Erde leben: N. (Ei- gentlich ist das nur ein Modell, da diese Zahl sowieso nach oben beschränkt ist.)
3) RundR+= [0,∞). Lebensdauer einer Glühbirne.
4) Endliche kartesische Produkte: Resultate beim Würfeln mitn(unterscheidbaren) Würfeln:
{p,p p, ppp, p ppp, ppppp,p ppppp}n.
5) Unendliche kartesische Produkte: Unendlicher Würfelwurf:
{ p,p p, ppp,p ppp, ppppp,p ppppp}∞.
6) Funktionen: Aktienkurse.
Aufgabe 8 [Ist Potenzmenge eineσ-Algebra?]
Behauptung: Die Potenzmenge einer MengeΩist eineσ-Algebra über dieser MengeΩ.
Beweis: Die Potenzmenge enthält alle Teilmengen vonΩ. Die drei Bedingungen von Definition 1.1 sind damit alle offenbar erfüllt.
Aufgabe 9 [lim sup undlim inf von Mengen]
Es sei(An)n∈N eine Folge von Mengen.
Behauptung: Es giltlim supAn⊇lim infAn. Beweis: Seix∈lim infAn =S∞
k=1
T
n>kAn. Dies bedeutet, dass es eine natürliche Zahlk0 geben muss, so dassx∈An für allen>k0.
Insbesondere folgt, dass für alle natürlichen Zahlen k gelten muss x ∈ S
n>kAn, da zum Beispiel Amax{k0,k}⊂S
n>kAn. Wir schliessen x∈T∞
k=1
S
n>kAn = lim supAn. Dies beweist die Behauptung.
Bemerkung: Die umgekehrte Aussage, also lim supAn ⊆ lim infAn, ist im Allgemeinen falsch. Dies haben wir bereits in Aufgabe 23 der Vorlesung WTS eingesehen.
Aufgabe 10 [lim sup,lim inf]
Behauptung: Es gilt(lim supn→∞An)c = lim infn→∞Acn. Beweis: Mit Hilfe von den Gesetzen von De Morgan schliessen wir
(lim sup
n→∞ An)c= (T∞
k=1
S
n>kAn)c = S∞
k=1(S
n>kAn)c = S∞
k=1
T
n>kAcn = lim inf
n→∞ Acn.
Aufgabe 11 [Konvergenz von monotonen Folgen von Ereignissen]
Es seiΩeine Menge und (An)n∈N eine Folge von Teilmengen vonΩ.
a) Behauptung: FallsA1⊆A2⊆A3⊆. . ., dann konvergiert die Folge(An)n∈N gegen die MengeA, wobei
A=S∞
n=1An. Beweis: Da A1 ⊆ A2 ⊆ . . ., folgt sofort dass A = S
n>kAn für alle natürlichen Zahlen k. Wir schliessen
lim sup
n→∞ An =T∞
k=1
S
n>kAn = T∞
k=1A = A.
Wiederum aufgrund der Monotonie der Folge(An)n∈N folgt, dass für alle natürlichen Zahlenkgilt T
n>kAn=Ak. Daraus folgt:
lim inf
n→∞ An=S∞
k=1
Tn>kAn = S∞
k=1Ak = A.
Wir haben also gezeigt, dass gilt
lim sup
n→∞ An = lim inf
n→∞ An = A.
Nach der Definition auf Seite 4 oben im Skript, haben wir damit die Behauptung gezeigt.
b) Behauptung: FallsA1⊇A2⊇A3⊇. . ., dann konververgiert die Folge(An)n∈N gegen die Menge A, wobei
A=T∞
n=1An.
Beweis: Da die Folge (An)n∈N absteigend ist, ist die Folge (Acn)n∈N natürlich aufsteigend. Nach Teilaufgabe a) wissen wir damit, dass gilt
lim inf
n→∞ Acn= lim sup
n→∞ Acn = S∞
n=1Acn = (T∞
n=1An)c = Ac, wobei wir hier ein Gesetz von de Morgan verwendet haben.
Mit Hilfe von Aufgabe 10 schliessen wir daraus (lim sup
n→∞ An)c= lim inf
n→∞ Acn = Ac und damitlim supn→∞An=A.
Analog wie in Aufgabe 10 lässt sich mit Hilfe von den Gesetzen von De Morgan auch noch zeigen (lim inf
n→∞ An)c = lim sup
n→∞ Acn = Ac, woraus nochlim infn→∞An =Afolgt.
Damit ist die Behauptung gezeigt.
Aufgabe 12 [vonZ erzeugte σ-Algebra]
Es seiZ ein Teilmengensystem einer nicht-leeren MengeΩ.
Behauptung: Es gibt eine eindeutigeσ-Algebraσ(Z)überΩ, so dass gilt:
a) Z ⊆σ(Z)
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b) Für jedeσ-AlgebraU überΩmitZ⊆U giltσ(Z)⊆U.
Beweis: Sei I die Menge aller σ-AlgebrenU mit Z ⊆U. Die PotenzmengeP(Ω) liegt klar in I. Somit istI sicher nicht leer. Wir können also sinnvoll definieren:
V =T
U∈IU.
Da für alleU ∈ I giltZ⊆U folgt sofort auchZ⊆V. Ausserdem istV eineσ-Algebra, denn
• Die MengeΩliegt in allenU ausI, also auch inV.
• FallsAinV liegt, so liegtAin allenU ausI. Da jedesU ausIeineσ-Algebra ist, liegt dann auch Ac in jedem von diesenU’s. Dies bedeutet, dass dannAc inV liegt.
• Sei (An)n∈N eine Folge von Elementen aus V. Jedes Glied von dieser Folge liegt automatisch in jedemU ausI. Folglich gilt
S∞
n=1An ∈ U, für alleU ∈ I. Demnach haben wir auch
S∞
n=1An ∈ V.
Damit erfüllt V die gefordeten Bedingungen, denn für jede andere σ-Algebra U mit Z ⊆ U gilt per DefinitionU∈ I und damitV ⊆U.
Es bleibt noch die Eindeutigkeit zu zeigen. Dazu seien V undW σ-Algebren mit den Eigenschaften a) und b). Da nach a)Z ⊆W folgt nach b)V ⊆W. Analog folgt aus Symmetriegründen W ⊆V und damitV =W. Damit wäre auch die Eindeutigkeit gezeigt und wir können σ(Z) =V setzen.
Aufgabe 13 [Vereinigung zweierσ-Algebren]
Wir definierenΩ ={ p,p p, ppp}. Desweiteren definieren wir die folgenden zweiσ-Algebren vonΩ A1={∅,Ω,{ p},{p p, ppp}}
A2={∅,Ω,{p p},{ p, ppp}}. Nun ist
A1∪ A2={∅,Ω,{ p},{p p},{p p, ppp},{ p, ppp}}
keine σ-Algebra, da z.B.{ p,p p}={ p} ∪ {p p}nicht inA1∪ A2 liegt.
Aufgabe 14 [Urbild einer σ-Algebra]
SeienΩ1,Ω2 Ereignisräume undA2 eineσ-Algebra aufΩ2. Sei weiterf : Ω1→Ω2 eine Abbildung.
Behauptung: Das Teilmengensystem
f−1(A2) := {f−1(A)|A∈ A2} vonΩ1 ist eineσ-Algebra auf Ω1.
Beweis:
• Es giltΩ1=f−1(Ω2)undΩ2 liegt inA2, daA2 eineσ-Algebra ist. Also gilt Ω1∈f−1(A2).
• SeiA∈f−1(A2). Also gibt es einB∈ A2mitf−1(B) =A. DaA2eineσ-Algebra ist, folgtBc∈ A2. Für jedes Element ω ∈Ac giltf(ω)∈Bc, da sonst f(ω)∈B und damitω ∈f−1(B) =Agelten würde. Dies bedeutetAc ⊆f−1(Bc).
Umgekehrt für ein Elementω∈f−1(Bc)giltf(ω)∈Bc und damitω6∈f−1(B) =A, alsoω ∈Ac. Dies zeigtAc ⊇f−1(Bc).
Wir schliessen Ac=f−1(Bc)und damitAc∈f−1(A2).
• Es sei (An)n∈N eine Folge von Elementen ausf−1(A2). Es gibt für alle natürlichen Zahlen n ein Bn∈ A2 mitAn =f−1(Bn). Da nun A2 eineσ-Algebra ist, folgt dassS∞
n=1Bn∈ A2. Weiter gilt f−1(S∞
n=1Bn) =S∞
n=1f−1(Bn) = S∞
n=1An. Also liegtS∞
n=1An inf−1(A2).
Nach Definition 1.1 ist alsof−1(A2)eineσ-Algebra vonΩ1.