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Depressionen im Alter habeneine schlechtere Prognose

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ARS MEDICI 8 2009

S T U D I E R E F E R I E R T

Eine Beobachtungsstudie wollte ein Bild der Prognose der Depres- sion bei über 55-Jährigen unter den Bedingungen der Alltagspraxis zeichnen und nach möglichen Prognoseprädiktoren suchen.

BRITISH MEDICAL JOURNAL

Obwohl die Auswirkungen einer Depres- sion auf Lebensqualität, allgemeinen Funktionszustand sowie Beginn und Pro - gnose chronischer körperlicher Krank- heiten wohl bekannt sind und obschon auch gut dokumentiert ist, dass eine Be- handlung auch bei älteren Depressiven effektiv sein kann, wird die Depression bei den meisten älteren Menschen unterdiagnostiziert und bleibt da her un behandelt. Über die Prognose der Depression unter den Bedingungen der Allgemeinpraxis ist zudem nur wenig bekannt. Daher wollte die «West Fries- land Study» Informationen zur Dauer depressiver Episoden und zur Wahr- scheinlichkeit einer Erholung sowie zu Prognoseprädiktoren sammeln.

Methodik

An dieser Kohortenstudie über einen Beobachtungszeitraum von drei Jahren nahmen 34 Allgemeinärzte aus 32 Grund- versorgerpraxen im Nordwesten der Nie- derlande teil, die Depressive in der zwei- ten Lebenshälfte (55 Jahre) betreuten.

Die Diagnose einer Major Depression wurde nach einer Vorselektion mittels

eines Patientenfragebogens gemäss den Kriterien des Diagnostic and Statistical Manual of Mental Disorders (DSM-IV) gestellt und der Schweregrad der Er - krankung mit der Montgomery-Åsberg- Depressionsskala bestimmt. Hauptsäch- liche Verlaufsparameter waren die Zeit bis zur Erholung und die Wahrscheinlich- keit einer Erholung zu verschiedenen Zeitpunkten. Die Evaluation von pro - gnostischen Indikatoren erfolgte mit multivariablen statistischen Analysen.

Resultate

458 Patientinnen und Patienten durch - liefen eine vollständige Evaluation hin- sichtlich psychischer Störungen durch ihre Allgemeinpraktiker, 234 Patienten (62% Frauen; 49% 55- bis 64-jährig, 20% 65- bis 74-jährig, 20% 75 Jahre) fanden mit der definitiven Depressions- diagnose schliesslich Aufnahme in die Studie. 204 Teilnehmende hatten min- destens eine Follow-up-Messung und wurden analysiert. Die 30 schon nach der Basiserfassung für die Beobachtung verlorenen Patienten waren zwar älter, unterschieden sich in anderen Charakte- ristika jedoch nicht von den längerfristig Beobachteten. 175 Patientinnen und Patienten beendeten 4 oder mehr der geplanten 7 Kontrolluntersuchungen.

Die mittlere Zeit bis zur Erholung von der Major Depression lag bei 19,3 Mona- ten (95%-Konfidenzintervall [KI] 17,5 bis 21,2 Monate), die mediane Dauer der Episode einer Major Depression betrug 18 Monate (95%-KI 12,8 bis 23,1 Mo- nate). 35 Prozent der depressiven Pa- tienten wurden innerhalb eines Jahres wieder gesund, 60 Prozent erholten sich innert 2 Jahren und 68 Prozent innert 3 Jahren.

Eine schlechte Prognose war assoziiert mit dem Schweregrad der Depression bei der Eingangsuntersuchung, mit einer po- sitiven Familienanamnese für Depressio- nen und mit einem schlechteren körper- lichen Funktionszustand. Während der Beobachtungszeit blieb der Funktions- zustand bei Patienten mit chronischer Depression eingeschränkt, nicht aber bei denjenigen, die sich von der Depression erholt hatten.

Nur 40 Prozent der depressiven Patien- ten erhielten zum Zeitpunkt des Ein- schlusses in die Studie eine Therapie (31% Antidepressiva, 9% Überweisung zur psychiatrischen Behandlung). Zwi- schen einer gegen die Depression gerich- teten Behandlung und der Genesung fanden die Autoren keinen statistischen Zusammenhang. Patienten, welche eine Therapie erhielten, hatten bei Beobach- tungsbeginn eine schwerere Depression.

Während der Beobachtungszeit war keine Veränderung bei der Abnahme der kognitiven Fähigkeiten zu registrieren, und es ergab sich in dieser Hinsicht auch kein Unterschied zwischen den Patien- ten, die noch depressiv waren, und den- jenigen, die sich erholt hatten.

Chronische Erkrankungen nahmen wäh- rend der Follow-up-Zeit in dieser Ko- horte älterer und alter Menschen zu, und deren Prävalenz war bei weiterhin de- pressiven im Vergleich zu von ihrer Depression genesenen Patienten höher.

Die anhaltend depressive Gruppe zeigte zudem eine Abnahme bei Alltagsfunk- tionen. Während der Beobachtungszeit

Depressionen im Alter haben eine schlechtere Prognose

Kohortenstudie aus niederländischen Allgemeinpraxen

Merksätze

In dieser Kohortenstudie hatte die Major Depression bei älteren und alten Patien- ten ab 55 Jahren eine schlechte Prognose (35% Remission nach 1 Jahr, 68% nach 3 Jahren).

Die schlechte Prognose könnte mit nicht

ausreichender Therapie in der Alltagspra-

xis zusammenhängen.

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änderte sich der Anteil der depressiven Patienten, die eine Therapie erhielten, kaum, so wurden nach drei Jahren nur 37 Prozent gegen ihre Depression behan- delt, während von den genesenen Pa- tienten 24 Prozent eine Therapie erhiel- ten. Überweisungen zum Psychiater waren in dieser Studie die Ausnahme, das Mana gement der Depression erfolgte ganz überwiegend in der Allgemeinpraxis.

Diskussion

Die Prognose der Depression unter älte- ren Patienten ab 55 Jahren ist in der Allgemeinpraxis schlecht. Mit median 18 Monaten dauerte eine Major Depres- sion lange, nach einem Jahr hatten sich rund ein Drittel, nach drei Jahren zwei Drittel von der depressiven Episode

erholt. Bei der Eingangsuntersuchung erhielten bloss 40 Prozent der Depressi- ven eine Behandlung, was noch unter dem aus einer anderen Erhebung be- kannten Landesdurchschnitt von 45 Pro- zent liegt. Es liegt nahe zu vermuten, dass die schlechtere Prognose bei älteren depressiven Patienten zumindest teil- weise mit einer weniger adäquaten Be- handlung zusammenhängt.

Die ungünstigen Prognoseprädiktoren wie besonders schwere depressive Inde- xepisode, familiäre Belastung und funk- tionelle Beeinträchtigung lassen sich in der Routinepraxis sehr einfach eruieren und sollten daher bei der Entscheidung über die Intensität der Behandlung be- rücksichtigt werden. Wichtig ist zudem die Beobachtung, dass sich mit einer

Erholung von der Depression auch die funktionelle Beeinträchtigung wieder bessert.

Die Autoren erwähnen die Einschrän- kungen ihrer Beobachtungsstudie und warnen vor kausalen Schlüssen. Sie sehen aber ihre Ausgangshypothese, dass eine Depression bei älteren Patien- ten in der Allgemeinpraxis eine schlechte Prognose hat, bestätigt. In ihren Augen ist die allzu oft inadäquate oder sogar gänzlich fehlende Therapie eine Erklärungsmöglichkeit. E. Licht-Strunk et al.: Outcome of depression in later life in primary care: longitudinal cohort study with three years’ fol- low-up. BMJ 2009; 338: a3079. DOI:10.1136/bmj.a3079.

Interessenkonflikte: keine deklariert

Halid Bas

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