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Kurth, A. (1968). Ein forstliches Landesinventar als Grundlage schweizerischer Forstpolitik. Berichte, Eidgenössische Anstalt für das forstliche Versuchswesen: Vol. 4. Birmensdorf: Eidgenössische Anstalt für das forstliche Versuchswesen.

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Academic year: 2022

Aktie "Kurth, A. (1968). Ein forstliches Landesinventar als Grundlage schweizerischer Forstpolitik. Berichte, Eidgenössische Anstalt für das forstliche Versuchswesen: Vol. 4. Birmensdorf: Eidgenössische Anstalt für das forstliche Versuchswesen."

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Ein forstliches Landesinventar als Grundlage schweizerischer Forstpolitik ·)

Prof. Dr A. Kurth, Zürich

Die Politik pflegt immer dann besonders aktiv zu werden, wenn durch besondere Ein- flüsse und Ereignisse eine Notlage entstanden ist. Die Forstpolitik, als Politik sämtlicher am Walde irgendwie interessierter Kreise, ist besonders den Auswirkungen unvorher- zusehender Naturereignisse und wirtschaftlicher Veränderungen unterworfen. Beein- flussend können dabei sowohl langsame Entwicklungen wie auch plötzliche Vorkomm- nisse sein. Nicht selten passt man sich langsamen Entwicklungen in ungenügender Weise an und gibt sich erst unter dem Einfluss eines zusätzlichen Ereignisses Rechen- schaft über deren Bedeutung. Eine solche langsame Entwicklung stellt die stetige Aus- weitung der Wirtschaftsräume dar. Innert weniger Jahrzehnte sind ehemals geschlos- sene Räume gesprengt und auf viel ausgedehntere erweitert worden; die Wirtschafts- politik bezieht sich damit in vielem nicht mehr bloss auf Länder, sondern auf Vereinigun- gen von solchen. Nicht alle Zweige der Wirtschaft werden allerdings dadurch in gleicher Weise und zur gleichen Zeit erfasst. Die Forstwirtschaft bleibt viel stärker als andere Zweige an eine nationale Politik gebunden. Ausserdem kann sie sich infolge der natur- gegebenen Langfristigkeit nicht leicht und nicht rasch an neue Gegebenheiten anpassen.

Teilweise ist daran allerdings auch eine durch die Besitzesstruktur bedingte Schwer-

fälligkeit und Unaufgeschlossenheit schuld. Die Bereitschaft zum Zusammengehen, zur

gemeinsamen Politik ist gering. Man gibt deshalb auch nur ungern erschöpfend Aus- kunft über die gegebenen Verhältnisse und ist gegenüber umfassenden Erhebungen skeptisch eingestellt. Dadurch fehlen bei einer Neubesinnung in der Forstpolitik meist jene Daten, die für eine gezielte Einflussnahme die unerlässliche Grundlage bilden.

Vermessung und Betriebseinrichtung als Grundlagen der bisherigen betriebs- bezogenen und auf die Waldkonservierung ausgerichteten Forstpolitik Die Grenzen unseres Waldbesitzes zeigen heute noch jenen mittelalterlichen Raum an, der im wesentlichen in sich wirtschaftlich geschlossen war und der Selbstversorgung eines oder mehrerer Gemeinwesen diente. Mit der Entwicklung von Gewerbe und Indu- strie entstand innerhalb der Kantone oder Teilen von solchen ein erweiterter Wirtschafts- raum mit erhöhtem Bedarf an Walderzeugnissen. Der gesteigerten intereuropäischen Nachfrage nach Holz vermochte manche dieser ursprünglichen Einheiten, namentlich in der ersten Hälfte des letzten Jahrhunderts, nicht zu widerstehen, wodurch vielenorts auch diese Einheiten gesprengt, Holz in beträchtlichen Mengen ins Ausland geliefert und ausgedehnte abgeholzte Waldflächen sich selbst überlassen wurden. Zusammen mit der rücksichtslosen Beweidung verbleibender Wälder wirkten sich die Schläge, besonders im Gebirge, äusserst ungünstig aus. Die stetig zunehmende Gefahr wurde jedoch nur von wenigen Einsichtigen erkannt, und erst folgenschwere Hochwasserkata- strophen öffneten die Augen einer breiten Öffentlichkeit. Der Schutz des Waldes, seine Wiederherstellung, seine Ergänzung und seine Erschliessung wurden zu Hauptanliegen einer aktiven Forstpolitik. Träger dieser Politik waren nicht die Waldeigentümer, son- dern die Allgemeinheit. In den Kantonen und in der Eidgenossenschaft wurden die gesetzlichen Grundlagen zur Einschränkung ungünstiger und zur Förderung günstiger Massnahmen erlassen. Mit diesen Gesetzen ging ein beträchtlicher Teil des Verfügungs- rechtes vom Eigentümer auf den Staat, vom kleinräumigen Betrieb auf den grossräumi-

·) Neubearbeitete und ergänzte Fassung eines Vortrages, gehalten an der Konferenz der kantonalen Forstdirektoren in Samen.

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gen Kanton oder den Bund über. Gleichzeitig beteiligten sich Bund und Kanton aber auch in grosszügiger Weise an den Kosten von Verbesserungen aller Art. Die Sanie- rung der Wälder und damit die Wiederherstellung der Schutzwirkung und die Verbes- serung der Produktionsfähigkeit sollten durch minuziöse Kleinarbeit in jedem Bestand eines Betriebes erreicht werden. Es wurde deshalb die Vermessung zur Schaffung einer Übersicht angeordnet. Die Vorschrift der Einrichtung der Wälder schuf die Vorausset- zung zur Erfassung des Zustandes, der Zusammensetzung und des Aufbaues aller Wald- teile eines Betriebes und erlaubte es, die Auswirkung von Massnahmen und die wei- tere Entwicklung der Bestände im Zeitablauf zu verfolgen.

Die strenge, auf Erhaltung und Verbesserung ausgerichtete Politik hat im laufe der Jahrzehnte zweifellos ihr Ziel erreicht, wobei sich allerdings auch beträchtliche wirt- schaftliche Veränderungen günstig auswirkten. Fast in allen Landesteilen nahm die Waldfläche beträchtlich zu. Noch eindrücklicher ist die Verbesserung der Bestandes- zusammensetzung und des Bestandesaufbaues. Dank zurückhaltender Eingriffe waren die Nutzungen nicht nur in einzelnen Beständen, sondern auch in den Betrieben stets geringer als der Zuwachs, so dass dauernd Vorrat geäufnet werden konnte.

Heute sind die sehr ausgedehnten, in der zweiten Hälfte des letzten und im ersten Vier- . tel des jetzigen Jahrhunderts wiederhergestellten oder neu geschaffenen Waldbestände

zu älteren Bestockungen mit hohen Vorräten herangewachsen. Ihre Verjüngung drängt sich mehr und mehr auf und verspricht grosse zusätzliche Holzmengen zu ergeben. Die zunehmende Alterung bewirkt auch eine vermehrte Gefährdung für Wind-, Trocken- und Krankheitsschäden. Die periodischen Messungen und Beschreibungen in den ein- zelnen Betrieben decken meistens diese Erscheinungen eindeutig auf. Die dezentrali- sierte, lediglich auf den Betrieb ausgerichtete Beurteilung und die von den Forstbeamten gegenüber den Waldbesitzern oft weiterhin geübte Zurückhaltung bewirken aber, dass die Gesamtentwicklung in ihrem Ausmass nur selten richtig beurteilt wird. Zudem sind die Zahlengrundlagen von Betrieb zu Betrieb und erst recht von Kanton zu Kanton nicht vergleichbar. Alle Erhebungen und Erfassungen sind betont betriebsangepasst; Sum- menbildungen ergeben kein einwandfreies Bild, weil sich die Einzelwerte auf verschie- denartige Verfahren und Flächenausscheidungen stützten Die seinerzeit zur Betriebs- übersicht und Betriebskontrolle veranlasste, oft an die jeweiligen Gegebenheiten ange- passte Aufnahme mit höchstens kantonsweise einheitlicher Vermessung, Waldaus- scheidung, Waldeinteilung, Vorrats- und Zuwachsermittlung hat zweifellos ihren Zweck erfüllt. Die Entwicklung der Bestände und der Betriebe konnte verfolgt werden. Zur Erfassung und Beurteilung der Gesamtwaldentwicklung in Tälern, Regionen, Kantonen und im ganzen Land eignen sie sich jedoch nur wenig. Damit stellt sich die grundsätz- liche Frage, ob solche Unterlagen überhaupt benötigt werden. Die neueste, über die Landesgrenzen hinausgehende Ausweitung des geschlossenen Wirtschaftsraumes, wie sie durch die Integrationsbestrebungen ausgelöst wurde, scheint auch in der Forst- wirtschaft derart beträchtliche Veränderungen zu bewirken, dass die Frage mit ja zu be- antworten ist.

Regional- und Landesinventar als Grundlage einer künftigen

umfassenden und im Zeichen des Existenzkampfes von Wald und Holz stehenden Forstpolitik

Obwohl dem Holz, im Gegensatz zu den Agrarprodukten, nie ein besonderer, auf erhöhte Preise ausgerichteter Schutz gewährt worden ist, konnte es seit längerer Zeit zu etwas günstigeren Bedingungen abgesetzt werden als in umliegenden Ländern. Die gute lnlandnachfrage, die gepflegten Geschäftsbeziehungen mögen neben den Zöllen bescheidener Höhe dafür verantwortlich gewesen sein. Zweifellos hat auch das durch die Waldkonservierungspolitik bedingte verhältnismässig geringe Angebot sehr wesent-

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lieh zur Erhaltung der günstigen Preise beigetragen. Verschiedene Male ist allerdings deutlich erkennbar gewesen, dass auch unser Markt auf besondere innere und äussere Einflüsse empfindlich reagiert. In neuester Zeit hat der grosse Anfall an Sturmholz zu einer Absatzstockung und zu einem Preisrückgang geführt. Es ist noch nicht abzusehen, wie sich die Lage in naher Zukunft weiterentwickeln wird. Vieles deutet darauf hin, dass nach diesem Schock nunmehr allgemeine Entwicklungen deutlicher spürbar werden als bisher. Wald und Holz nehmen am wirtschaftlichen Wachstumsprozess nur beschei- denen Anteil. Trotz vorläufig noch steigendem Bedarf gibt die zunehmende Holzver- drängung im Bausektor zu Sorgen Anlass. Vielenorts zeichnet sich ein verschärfter Preis- und Konkurrenzkampf ab, der nunmehr auch unser Land zu erfassen scheint.

Länder mit grossem Holzverbrauch und grosser Holzausfuhr haben die Auswirkungen dieser Entwicklung teilweise schon längere Zeit zu spüren bekommen und verschiedene Gegenmassnahmen ergriffen. Das Bestreben ging meist dahin, in erster Linie die Pro- duktionsgrundlagen zu verbessern (protektionistische Lösungen wurden nur selten gewählt). Durch den Einsatz neuer Mittel und die Änderung von Verfahren konnten bereits beträchtliche Erfolge erzielt werden. Auch erhöhte Nutzungen trugen zur Ver- besserung des Preis-Kosten-Verhältnisses bei. All dies wurde nur möglich, weil sich dort die Wald- und die Holzwirtschaft zu einer gemeinsamen und umfassenden Politik zusammenfanden und auf eine weitgehende staatliche Unterstützung zählen konnten.

Durch die Mitgliedschaft zur EFTA ist die Schweiz in engen Kontakt mit den forst- und holzwirtschaftlich starken und unternehmungsfreudigen skandinavischen Ländern ge- kommen. Mit dem Wegfall der Zölle wird unser Land dem Druck eines harten Wett- bewerbs ausgesetzt sein. Die zahlreichen im letzten Jahrhundert bei uns wiederher- gestellten Waldbestände werden nun zunehmend reifen und in den kommenden Jahren grosse zusätzliche Nutzungen erlauben. Es ist zweifelhaft, ob wir alle sich aus diesen Entwicklungen und Tatsachen ergebenden Fragen auf traditionelle Weise lösen können.

Einzelaktionen dürften zu keinem grossen Erfolg führen. Ein enger Zusammenschluss aller an der Gesunderhaltung von Forst- und Holzwirtschaft interessierter Kreise wird vonnöten sein. Da sich fast drei Viertel des Waldareals in öffentlicher Hand befinden, wird eine initiative und starke Forst- und Holzpolitik auch von den Gemeinden, den Kantonen und dem Bund getragen werden müssen; sie hat umfassend zu sein. Die Öffentlichkeit ist zusätzlich noch aus andern als wirtschaftlichen Gründen am Wald interessiert, nämlich wegen seiner Wohlfahrtswirkungen (Schutz- und Erholungswald).

Die Vorteile, welche der Wald bietet, werden heute durchwegs eingesehen. In keinem Landesteil sind seine Existenz und die Notwendigkeit seiner Erhaltung grundsätzlich umstritten. Seine Bedeutung als ästhetisch wichtiger Bestandteil der Landschaft, als Erholungsgebiet, als Schutz vor Wind, Lawinen, Steinschlag, als Sicherung zur Rein- haltung der Gewässer, der Luft und für vieles anderes wird anerkannt. Und doch muss vielenorts auch die Waldfläche in die Planungsüberlegungen für sich ständig ausdeh- nende Siedlungen, Industrie- und Verkehrsanlagen einbezogen werden. Auch zur Lösung von Fragen der Bodenbenützung bedarf es somit immer mehr einer umfassen- den, von der Öffentlichkeit wirklich getragenen Forstpolitik.

Die Führung einer umfassenden, bedeutend aktiveren und intensiveren Forstpolitik, einerseits zur Sicherung der wirtschaftlichen Existenz der Wald- und Holzwirtschaft, anderseits zur Erhaltung der Wohlfahrtsfunktionen des Waldes, bedarf jedoch geeigneter und einwandfreier Grundlagen. Abgesehen von den bereits reichlich vorhandenen be- trieblichen Unterlagen fehlen in der Schweiz einheitlich erhobene, repräsentative Daten von Landesteilen und vom ganzen Land. Solche vermögen in befriedigender Weise lediglich Regional- und Landesinventare zu liefern. Ähnlich wie im letzten Jahr- hundert Vermessung und Betriebseinrichtung wesentliche Grundlagen für die Aktivie- rung der Forstpolitik gewesen sind, werden es heute und in Zukunft umfassende Inven- tare sein.

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Zweck und Aussagefähigkeit der Inventare

Umfassende Inventare haben in möglichst erschöpfender Weise Aufschluss über die Waldverhältnisse eines grossen Gebietes zu geben. Eine Begrenzung der Anzahl Kri- terien besteht nicht, sofern diese überhaupt erfassbar sind, die Aussage von Interesse ist und der Aufwand sich lohnt. Wesentlich ist, dass beliebige Auskünfte über das Ganze und nur in beschränkter Weise solche über einzelne Teile gemacht werden können. Die Teile müssen schon eine gewisse Ausdehnung haben oder dann zu Einheiten ähnlichen Inhalts zusammengezogen sein. Mit andern Worten, Angaben liessen sich durch ein Inventar ausser für das ganze Land auch über Landesteile, Kantone und Regionen machen, oder dann über Wälder gleicher Standorte, gleicher Höhenlage, gleicher Zusammensetzung, gleicher Funktion, gleicher Bewirtschaftungsintensität u. a. m. Es darf aber nicht erwartet werden, dass derartige Inventare über Einzelbetriebe oder gar Teile von solchen irgendeine Aussage zulassen. Diese auf das Ganze zielende Blick- richtung ist für den traditionell auf den Betrieb ausgerichteten Schweizer Waldbesitzer ungewohnt. Bisher war man gewohnt, dieses Ganze stets nur als Summe seiner selb- ständigen Teile aufzufassen (auch in der Forstpolitik). Gesamterfassungen und erst recht Gesamtpolitik begegnet seit jeher einer gewissen Skepsis. Auskünfte und Unter- lagen werden deshalb auch nicht eben bereitwillig an übergeordnete Stellen abgegeben, weder vom Betrieb zum Kanton, noch von diesem zum Bund. Dezentralisation und Autonomie bestimmen die Denk- und Handlungsweise stark. Eine dadurch bedingte Vielzahl angewandter Verfahren, verschiedene Intensität der Erfassung und der Ver- arbeitung, abweichende Beurteilung und anderes beeinträchtigen den Wert von Um- fragen und von Summenbildungen sehr stark. Eine künftige umfassende, auf das Ganze gerichtete Politik kann nicht auf solche Grundlagen abstellen; sie bedarf eines ihrer Aufgabe angepassten Gesamtüberblicks. Dieser muss frei von allen Sonderbeurteilun- gen und Sondermeinungen, streng sachlich und repräsentativ sein.

Im einzelnen lässt sich nur andeuten, welche Angaben solche Inventare liefern würden.

Es wird ja eingehend abzuklären sein, was alles erhoben, dargestellt und interpretiert werden soll. Zweifellos werden nach verschiedenen Gesichtspunkten geordnete Flä- chenübersichten benötigt. Zwar vermögen die meisten Wälder sowohl einen wirtschaft- lichen Ertrag abzuwerfen wie gleichzeitig Wohlfahrtswirkungen auszuüben. In sehr vielen Fällen wiegt aber doch das eine oder das andere vor. Angesichts des sich für die Zukunft abzeichnenden verschärften Wettbewerbs dürften nicht wenige Gebirgswälder in eine prekäre Lage geraten. Ihr Ertrag dürfte durch gedrückte Preise und hohe Kosten dahinschwinden, womit ihre Bewirtschaftung in Frage gestellt sein kann. Da sie aber gleichzeitig eine grosse Schutzwirkung ausüben, kann eine Verwahrlosung nicht in Kauf genommen werden. Aufwendungen können aber den Waldeigentümern nur in geringem Masse zugemutet werden. An den erwähnten Wirkungen ist vor allem die Allgemeinheit interessiert, also Gemeinden, Kantone, Eidgenossenschaft. Hilfsmassnah- men von dieser Seite drängen sich auf. Um bei Volk und Behörden Verständnis für solche zu wecken und namentlich um über die benötigten Mittel diskutieren zu können, muss das Ausmass einer solchen Hilfe bekannt sein. Neben andern Grundlagen sind einwandfreie Flächenangaben, treffende Zustands- und Funktionsbeurteilungen, ge- trennt nach zahlreichen Kriterien verschiedener Produktionsfähigkeit und Wohlfahrts- wirkung, zu beschaffen. Damit könnte offenkundig gemacht werden, welche Aufgaben unserem lande gesamthaft zur Erhaltung von Wäldern an der Waldgrenze, in Einzugs- gebieten von Wildwassern, an erosions- und lawinengefährdeten Hängen warten. Es liesse sich klarstellen, welchen Umfang die Betreuung von Erholungswäldern in Wohn- und Touristikgebieten, diejenige von Schutzwäldern zur Wasserversorgung, zum Wind- schutz und zur Verschönerung des Landschaftsbildes annehmen kann. Die erwähnten Regional- und Landesinventare bilden eine unerlässliche Basis zur raschen und sach- lichen Beurteilung von Grösse, Art und Dringlichkeit solcher Aufgaben. Noch deutlicher

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tritt die Bedeutung umfassender Erhebungen jedoch bei den eigentlichen Wirtschafts- wäldern hervor.

Die Aussicht, dass wir in unserem Land in Zukunft eine immer grössere Zahl Forst- betriebe haben werden, die aus den Erträgen des Holzverkaufs ihre Wälder nicht mehr in der nötigen Weise zu bewirtschaften vermögen, darf nicht zum Pessimismus verlei- ten. Wiederholte Inventare nordeuropäischer Länder zeigen, dass auch dort der Anteil bewirtschaftbarer Wälder allmählich kleiner wird. Die lebensfähig verbleibenden Be- triebe sind dort, wie angedeutet, stark rationalisiert worden. Unsere Besitzesstruktur (sehr kleine Betriebsflächen), die kleinen Parzellen (Land und Wald greifen ineinander), die Berücksichtigung ästhetischer Erfordernisse (Vermeidung unschöner Schlagflächen, Fäll- und Transportverfahren) und anderes beschränken die Möglichkeiten zur Ratio- nalisierung in unserem Land. Trotzdem lässt sich vieles noch ausserordentlich verbessern; es gibt in der schweizerischen Waldwirtschaft und sicher auch in der Holzwirtschaft noch grosse Rationalisierungsreserven. Ein nicht zu unterschätzendes Aktivum besteht zudem in .den sehr günstigen Wachstumsverhältnissen.

In unseren Wäldern kann bedeutend stärkeres und wertvolleres Holz erzeugt werden als in jenen nordischer Gebiete. Ausserdem ist die Produktionsfähigkeit unserer Standorte meist viel grösser. Günstig für die Überbrückung allfälliger Schwierigkeiten müssen sich auch die vorhandenen Holzreserven auswirken, welche sich in unserem Land durch die gleichzeitig erfolgende Alterung von Beständen so ausgedehnter Wiederherstel- lungs- und Umwandlungsflächen des letzten Jahrhunderts ergeben. Obwohl diese Tat- sache aus zahlreichen Betrieben bekannt ist, gibt man sich meist nicht Rechenschaft darüber, was dies für Menge und Sortimentzusammensetzung der Nutzungen kommen- der Jahrzehnte bedeuten wird. Eine umfassende lnventarisierung unserer Wälder könnte diese Entwicklung nachweisen. Die Ergebnisse würden es auch gestatten, Voraussagen zu machen. Sofern diesen verschiedenartige in Aussicht genommene Massnahmen zu- grundegelegt würden, liessen sich darauf beliebige Varianten künftiger Forst- und Holz- politik aufbauen. Alles deutet darauf hin, dass wir künftig mehr und besseres Holz nut- zen können, selbst wenn in Gebirgsbetrieben beträchtliche Einschränkungen nötig sein sollten. Es erscheint dringend nötig, dass wir uns über die Verhältnisse im lande und diejenigen in seinen wichtigsten Teilen in möglichst erschöpfender Weise orientieren.

Da sämtliche Wälder in irgendeiner Form Ansprüche der Allgemeinheit zu erfüllen haben, wird eine angemessene Unterstützung durch Gemeinden, Kantone und den Bund überall am Platz sein. Im eigentlichen Wirtschaftswald dürfte zweckmässiger- weise, wie bisher, in Form von Förderungsbeiträgen zur ErleichterungderWegerschlies- sung, der Waldzusammenlegung, der Aufforstung u. a. m. erfolgen. Auch zur Realisie- rung dieser Aufgaben braucht es Programme, die sich auf einwandfreie Erhebungen stützen müssen. Ein Inventar vermag Auskunft über die Gesamtfläche noch unerschlos- sener Wälder zu geben, wobei Standorte verschiedener Ertragsfähigkeit oder Bau- scliwierigkeit getrennt erfasst werden können. Damit wird es möglich, die mutmasslich benötigten Mittel selbst bei einem komplizierten Zuteilungsschlüssel zu veranschlagen.

Neben diesen besonderen und auf kurz- oder mittelfristige Massnahmen ausgerichteten Grundlagen fallen mit einer lnventarisierung natürlich alle allgemeinen, für die Verfol- gung der langfristigen Entwicklung wichtigen Daten an: Alterszusammensetzung, Baumartenanteil, Vorratshöhe und -zusammensetzung, Zuwachs, Gesundheitszustand, Verjüngung u. a. m. Sie könnten vor allem für die Zielsetzung der Forstpolitik wertvolle Grundlagen bilden.

Durchführung, Verfahren, Zeitaufwand eines Landesinventars und Schlussbetrachtung

Da ein Landesinventar vor allem als Grundlage einer umfassenden, übergeordneten Forstpolitik zu dienen hat und eine solche in erster Linie von der Eidgenossenschaft und 6

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von den Kantonen getragen werden muss, ist die Durchführung als öffentliche Aufgabe anzusehen. In andern Ländern werden solche Aufgaben stets zentral gelöst, doch steht auch einer kantonsweisen Durchführung nichts im Wege. Rationell allerdings lassen sie sich nur für ein möglichst grosses Gebiet lösen. Wir vertreten die Auffassung, dass in der Schweiz eine Grossinventarisierung vom Bund durchgeführt oder mindestens gefördert und unterstützt werden sollte. Durch eine geschickte Verbindung dieser umfassenden lnventarisierung mit intensiveren der Forsteinrichtung dienenden Aufnahmen könnten zusätzliche Vereinfachungen und Einsparungen erzielt werden. Dies würde aber eine Angleichung der Methoden bedingen (eine in der Schweiz oft nicht leicht zu verwirk- lichende Forderung). Zwingend ist die Verbindung zwischen Landesinventar und Forst- einrichtung allerdings nicht. Vielenorts wird man für letztere wohl an der Kontroll- methode festhalten und die lnventarisierung für den Gesamtüberblick zusätzlich und unabhängig vornehmen.

Das Aufnahmeverfahren für Landesinventare wird wohl eine Kombination sein zwischen Luftbildstichproben und terrestrischen Proben. Neue Erkenntnisse werden es erlauben, die Erhebung auf bedeutend einfachere Weise durchzuführen, als dies bei bisherigen Inventaren in den skandinavischen Ländern der Fall war. Es ist nicht zu verkennen, dass verfahrenstechnische Fragen bedeutend einfacher zu lösen sind als solche, welche die besondere Zielsetzung betreffen. Argumentswahl, Festlegung der zu betrachtenden Einheiten (Straten) und Einigung auf die darzustellenden Zusammenhänge werden bedeu- tend grössere Schwierigkeiten bereiten.

Der Zeitaufwand für Planung, Durchführung, Auswertung, Interpretation und Darstel- lung eines Landesinventars wird beträchtlich sein. Zehn Jahre dürften für das Ganze benötigt werden. Da vorerst einige Jahre vergehen werden, bis man sich über die Auf- gabe und den Auftrag geeinigt hat, werden somit Ergebnisse noch einige Zeit auf sich warten lassen. Es ist zu hoffen, dass dadurch die Bestrebungen, möglichst bald zu einer aktiven, alle Interessenten umfassenden Forstpolitik zu gelangen, nicht beeinträchtigt werden. Neueste Vorstösse lassen erkennen, dass man mancherorts doch einzusehen beginnt, dass etwas geschehen muss. Anlässlich der schweizerischen Wald- und Holz- tagung 1956 in Bern hatten wir in einem Vortrag* über « Die Produktionsmöglichkeiten im Schweizer Wald» geschrieben:

«

Bis jetzt ist in unserem Land weder von den Konsu- menten noch von den Produzenten eine klare und umfassende Produktionspolitik betrie- ben worden. Es ist zu hoffen, dass die Wald- und Holztagung den Anstoss zur Führung einer solchen geben wird und dass der Hauptinhalt dieser Politik in der Steigerung urid Verbesserung der forstlichen und holzwirtschaftlichen Produktion besteht. Eine Politik, welcher Erfolg beschieden sein soll, muss aber gut fundiert sein. Eine sachlich einwand- freie Ermittlung des Produktionsvermögens durch ein generelles Waldinventar auf dem Gebiet der ganzen Schweiz bildet dazu unerlässliche Voraussetzung.» Das gilt noch heute!

') Siehe Beiheft Nr. 28 «Schweizerische Zeitschrift für Forstwesen», 1957.

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Erschienen als Separatum für die Konferenz der kantonalen Forstdirektoren, Samen 1967 und als Artikel in «Wald und Holz», 49 (1967), 4, 94-99.

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