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Archiv "Mediziner-Boom" (27.10.1977)

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Die Information:

Bericht und Meinung KBV: Klare Absage

Weder das gesundheitspolitische Programm der IG Metall noch die gesundheitspolitischen Leitsätze der "Sozialdemokraten im Ge- sundheitswesen" mit ihrer politi- schen Zielsetzung zur Einheitsver- sicherung und zentralisierten Ver- planung im Gesundheitswesen lassen ähnlich positive Auswirkun- gen für den Versicherten und für das bewährte System der Gesund- heitssicherung erwarten. Diese Feststellung beruht auf den nega- tiven Erfahrungen der Länder, die derartigen politischen Vorstellun- gen gefolgt sind.

Sollten die bestehenden Kranken- kassen nach dem Willen der IG Metall auch in unserem Lande in einer Mammutorganisation aller Erwerbstätigen aufgehen, würden Patient und Arzt in eine hoff- nungslose Abhängigkeit von einer übermächtigen und parteiabhän- gigen Bürokratie geraten.

Die Kassenärztliche Bundesverei- nigung wird ihre Bemühungen um eine sachgerechte und dem Pa- tienten dienende Weiterentwick- lung des Systems der sozialen Si- cherung mit dem Ziel der Erhal- tung der individuellen Betreuung des Patienten durch den Arzt sei- nes Vertrauens fortsetzen und in- tensivieren. Die Öffentlichkeit ist aufgerufen, den ideologischen

"Reform"-Bestrebungen, welche

die Beziehungen zwischen Patient und Arzt belasten und die ärztliche Betreuung verschlechtern werden, eine klare Absage zu erteilen. KBV

ZITAT

Mediziner-Boom

"Heute werden etwa einhun-

dert Prozent Mediziner mehr ausgebildet, als gebraucht werden, teilt die Bundesärz- tekammer im DEUTSCHEN ÄRZTEBLATT mit. Die Kam- mer erwartet, daß sich die Lage für Ärzte auf dem Ar- beitsmarkt in absehbarer Zeit außerordentlich zuspit- zen wird .. . " ("Die Weit"

vom 8. September 1977)

NACHRICHTEN

"Einheitskrankenkasse und Einheitsrentenversicherung''

IG Metall propagiert die totale Systemveränderung

Vom 18. bis 24. September fand der 12. ordentliche Gewerk- schaftstag der IG Metall in Düssel- dorf statt, dem neben einer umfas- senden Entschließung zur Sozial- politik (im weitesten Sinne) mehr als 200 Anträge zur Sozial- und Gesundheitspolitik aus den Unter- gliederungen der IG Metall vor- lagen.

Die Entschließung zur Sozialpoli- tik fand die große Mehrheit des Gewerkschaftstages. Durch ihre Annahme wurden im Sachzusam- menhang stehende Anträge (u. a.

zur Kostendämpfung im Gesund- heitswesen; hinsichtlich bestimm- ter Kontrollen bei der kassenärztli- chen Abrechnung sowie zur Be- setzung des Schiedsamtes nach § 368 i RVO) für erledigt erklärt.

~ Ziel hierbei war sicherlich, zu- nächst die große Linie "Einheits- krankenkasse, Einheitsrentenver- sicherung" festzulegen und erst zu einem späteren Zeitpunkt über

"Reform"-Maßnahmen im Detail

zu entscheiden.

Obwohl angenommen werden kann, daß die Forderungen nach der Nivellierung des geltenden So- zialversicherungssystems aller Voraussicht nach nicht die Mehr- heit des im Frühjahr stattfinden- den DGB-Bundeskongresses fin- den werden, zumindest nicht in der Totalität der Formulierung - trotz der bekannten Kompromiß- bereitschaft des DGB gegenüber der IG Metall -, dürften diese Postulate der IG Metall in den kommenden sozialpolitischen Dis- kussionen einen hohen politi- schen Trendwert besitzen. Die durch Annahme der Entschlie- ßung zur Sozialpolitik für erledigt erklärten Anträge besitzen für die

Meinungsbildung innerhalb der Gewerkschaft nach wie vor einen hohen Aussagewert

Nachstehend eine Zusammenfas- sung

~ der von der IG Metall verab- schiedeten Entschließung zur So- zialpolitik, sowie

~ der für erledigt erklärten Anträ- ge zur Kostendämpfung im Ge- sundheitswesen, über Kontroll- maßnahmen für das kassenärzt- liche Abrechnungssystem; die Be- setzung des Schiedsamtes nach § 368 i RVO sowie die Förderung

von "leistungsstarken Verwal-

tungseinheiten".

Die bisher gebräuchlichen tradi- tionellen Instrumente und die weitgehend nur auf den Scha- densausgleich gerichteten Maß- nahmen der Sozial- und Gesund- heitspolitikreichen-so die verab- schiedete Resolution zur Sozial- politik wörtlich- nicht aus, um mit den vielfältigen Auswirkungen, die sich ursächlich aus zunehmenden Belastungen der Arbeits- aber auch Lebensbedingungen erge-

ben, fertig zu werden.

Der IG Metall sind die

jüngsten Systemveränderungen noch zu wenig

Kritisiert wird von der IG Metall in diesem Zusammenhang insbeson- dere, daß

D> sowohl Bund, Länder und "Lei-

stungsanbieter" im Gesundheits- wesen (Ärzte, Krankenhäuser, Pharma-Industrie) hinsichtlich der gewerkschaftlichen Forderungen entsprechend dem Gesundheits- politischen Programm des DGB

2564 Heft 43 vom 27. Oktober 1977 DEUTSCHES ARZTEBLATT

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über "schüchterne Versuche und halbherzige Absichtserklärungen"

nicht hinausgegangen seien;

C> die Chance, entsprechend den

Forderungen des Gesundheitspo- litischen Programms des DGB, im Rahmen eines "Gesetzes zur Dämpfung der Ausgabenentwick- lung und zur Strukturverbesse- rung in der gesetzlichen Kranken- versicherung (Krankenversiche- rungs-Kostendämpfungsgesetz - KVKG)" das Gesundheitswesen besser zu strukturieren und lei- stungsfähiger zu gestalten, "ver-

tan" worden sei;

C> ein "Kampfbund", bestehend

aus den ständischen Organisatio- nen der Ärzteschaft, der Pharma- zeutischen Industrie, den Ange- stellten-Ersatzkassen und den CDU/CSU-geführten Ländern im Bundesrat, den schon in seinen Ansätzen Unzureichenden Gesetz- entwurf der Bundesregierung noch weiter verwässert hätten.

Als Ziel einer vorbeugenden und gestaltenden Sozialpolitik wird in der IG-Metaii-Entschließung defi- niert:

C> Überwindung der institutionel-

len Grenzen innerhalb und außer- halb der Sozialpolitik sowie eine zweck- und aufgabenorientierte Verzahnung von Sozialversiche- rung, Leistungsanbietern und Be- trieben. Dazu gehöre eine Neuver- teilung der Aufgaben bzw. die konkrete Aufgabenabgrenzung zwischen den herkömmlichen Trä- gern der Gesundheitsversorgung;

der Kranken-, Unfall- und Renten- versicherung sowie des öffentli- chen Gesundheitsdienstes.

C> Ausbau der Krankenversiche-

rung zu einer modernen Organisa- tion der "Gesundheitssicherung", die alle damit zusammenhängen- den Aufgaben wie Vorsorge, Vor- beugung (Prävention) für die noch Gesunden, die gesundheitliche Betreuung bis hin zur gesundheit- lichen Rehabilitation übernimmt.

Dies kann nur dahingehend inter- pretiert werden, daß die Kranken- versicherung aus ihrer Rolle des

Kostenträgers in die eines "Lei- stungsträgers" manövriert werden soll. Voraussetzung hierfür ist für die IG Metall jedoch (laut Resolu- tion ist die z. Z. in "ca. 1500 Ver- waltungseinheiten zersplitterte Krankenversicherung" zur Über- nahme dieser "neuen Aufgabe"

nicht in der Lage)

C> die Schaffung einer leistungs-

starken einheitlichen und versi- chertennahen Krankenversiche- rung, der alle Erwerbstätigen un- abhängig von ihrer beruflichen bzw. soziologisch bedingten Zuordnung angehören müssen.

Zur Einheitsversorgung:

"Bundesrenten- versicherungsanstalt''

Diese Forderung findet sich in et- was veränderter Form auch bei der Rentenversicherung wieder; par~

alle! zu einer Anzahl weiterer sy- stemverändernder Vorschläge.

Ausgehend davon, daß die bisheri- ge bruttolohnbezogene Renten- formel durch ein Renteneinkom-

men "in Höhe von ca. 90 v. H. des

Nettoeinkommens eines ver- gleichbaren Arbeitnehmers mit vergleichbarer Tätigkeit" zu erset- zen ist.

C> wird die Finanzierung dieses

(Renten-)Einkommens als vorran- gige Aufgabe der gesetzlichen Rentenversicherung, der alle Er- werbstätigen vom Beginn ihrer Tä- tigkeit angehören sollen, bezeich- net. Hierzu werde es notwendig sein, heißt es weiter, bestehende Zusatzversorgungseinrichtungen, vor allem auch die der betriebli- chen Altersversorgung, in das Fi- nanzierungssystem einzube- ziehen.

..".. Das bedeute die Schaffung ei- nes Systems der integrierten Ge- samtversorgung.

..".. Die bisher den einzelnen Ver- sorgungseinrichtungen zufließen- den Mittel sollen an einen der Ren- tenversicherung anzugliedernden Fonds abgeführt werden, der ge- meinsam mit der gesetzlichen

Die Information:

Bericht und Meinung

Rentenversicherung das Altersein- kommen in Form der Rente aller Erwerbstätigen im Alter sicher- stellt.

Dazu kommt die Forderung nach organisatorischer Vereinheitli- chung:

..".. Aus den bisher selbständigen verschiedenartigen Versorgungs- einrichtungen ist eine einheitlich zentral geführte, dezentral organi- sierte und damit "versichertenna- he" Einheit einer selbstverwalte- ten Bundes-Rentenversicherungs- anstalt zu biJden.

Zur Finanzierung der der Bundes- anstalt für Arbeit durch das Ar- beitsförderungsgesetz übertrage- nen Gemeinschaftsaufgaben for- dert die IG Metall die Einführung eines Arbeitsmarktbeitrages, der von allen Erwerbstätigen, die kei- nen Arbeitslosenversicherungs- beitrag zahlen, entsprechend der Höhe ihres Einkommens aufge- bracht werden soll.

Für erledigt erklärte Anträge

Nachstehend die eingangs er- wähnten, durch Annahme der Re- solution zur Sozialpolitik für erle- digt erklärten Anträge:

Kostendämpfung im Gesundheitswesen

Hier wurden gesetzgeberische Maßnahmen gefordert mit dem Ziel der Einrichtung von Gemein- schaftspraxen (Ärztehäuser) mit vom Staat finanzierten Starthilfen (Fördermittel). Grundsätzliches Motto der Antragsteller: Vorzug der Gruppen- gegenüber der Ein- zelpraxis;

Abschaffung der Trennung zwi- schen ambulanter und stationärer Behandlung;

Schaffung einer einheitlichen Ge- bührenordnung für alle Kranken- kassen und Ärzte;

Neuordnung des Krankenhauswe- sens: Förderung von Pflegeanstal-

DEUTSCHES ARZTEBLATT

Heft 43 vom 27. Oktober 1977 2565

(3)

Die Information:

Bericht und Meinung

„Einheitskrankenkasse und Einheitsrentenversicherung"

ten zur Entlastung der Akut-Kran- kenhäuser; darüber hinaus Förderung von Laborgemein- schaften und allgemeiner medizi- nischer Zentren zur gemeinsamen Nutzung durch Ärzte und Kran- kenhäuser sowie

Einschränkung des Belegarztwe- sens in den Krankenanstalten;

Verbesserung des Arzneimittelge- setzes u. a. durch

ein Verbot von „zweifelhaften"

Medikamenten, eine bessere Preiskontrolle bei Pharma-Er- zeugnissen,

Einschränkung der „überhöhten"

Honorare für Ärzte und Zahnärzte.

Kontrollmaßnahmen für kassenärztliches Abrechnungssystem

Im Zusammenhang mit den Vor- schlägen zur Kostendämpfung im Gesundheitswesen stand auch ein Antrag, der bestimmte Kontrollen bei der kassenärztlichen Abrech- nung forderte.

Der Vorstand der IG Metall wurde darin aufgefordert, sich gegen- über der Bundesregierung dafür einzusetzen, daß alle Ärzte künftig nur noch solche Leistungen hono- riert bekommen, die sie auch durch Unterschrift der Patienten belegen können; daß in den War- teräumen für den Patienten er- kennbar gemacht wird, in welcher Höhe der Arzt die Leistungen ho- noriert bekommt (Aushänge/

Preislisten); daß Ärzte Medika- mente beim Verschreiben auf ihre Wirtschaftlichkeit hin überprüfen.

Besetzung des Schiedsamtes nach § 368 i RVO;

Förderung von „leistungsstarken Verwaltungseinheiten"

Entsprechend diesem Antrag sollte der Vorstand der IG Metall in Verbindung mit dem DGB gegen-

über Bundestag und Bundesregie- rung dafür plädieren, über das KVKG hinaus § 368 i RVO dahinge- hend zu ändern, daß das Schieds- amt nur mit Vertretern der Ver- tragsparteien paritätisch zu beset- zen ist sowie je einem von den Vertragsparteien zu benennenden Vorsitzenden. Der Vorsitz soll jähr- lich wechseln, wobei nur der je- weils amtierende Vorsitzende Stimmrecht erhalten soll;

die Bundesverbände der Kranken- kassen „in den Stand zu setzen"

zum Abschluß von Verträgen über die Kosten von Arzneimitteln; den Beihilfeanspruch gern. § 390 RVO nach dem Urteil des BSG vom 23.

2. 1973, Az. 3 RK 95/71, an die Gewährleistungsträger, neu zu regeln.

Ergänzend hierzu wurde formu- liert: Es gelte auch, den „Wild- wuchs der vielen Kassen" zu be- seitigen und „leistungsstarke Ver- waltungseinheiten" zu schaffen.

Das gelte insbesondere für den Bereich der Betriebs- und In- nungskrankenkassen. PM

ZITAT

Kostentreibsätze im Krankenhaus

„Die Probleme im Bereich der Gesundheitspolitik wer- den doch von der falschen Seite her angegangen, wenn man so tut, als seien die Ho- norare der Ärzte – also Frei- berufler – der verursachende Faktor für die Kostenexplo- sion. Die größte Kostenex- plosion gibt es im Kranken- hauswesen. Sie ist nach- weisbar die Folge einer Bü- rokratisierungstendenz, die zwangsläufig erhebliche Mehrkosten mit sich bringt."

Der CDU-Abgeordnete Prof. Dr. Gerhard Zeitel im Deutschen Bundestag

NACHRICHTEN

Neues

Bonner Domizil der freien Berufe

Mit einem Empfang, an dem meh- rere Abgeordnete des Deutschen Bundestages sowie zahlreiche an- dere Persönlichkeiten des öffentli- chen Lebens der Bundeshaupt- stadt teilnahmen, eröffnete der Bundesverband der Freien Berufe Anfang Oktober seine neue Ge- schäftsstelle in Bonn (Kölner Straße 54, 5300 Bonn-Bad Godes- berg, Telefon 37 43 69).

In einer kurzen Ansprache wertete der Präsident des Bundesverban- des, Dr. med. Rolf Schlögell, das Erscheinen so vieler Gäste als ein gutes Zeichen für die Absicht des Bundesverbandes, durch den Um- zug in sein neues Domizil – „nur wenige hundert Meter vom Regie- rungs- und Parlamentsviertel ent- fernt" – die Anliegen der Freibe- rufler in Zukunft besser zur Gel- tung bringen zu können.

Wenn nur 50 Prozent der von den Empfangsteilnehmern geäußerten guten Wünsche in Erfüllung gehen könnten, sagte Dr. Schlögell, so wäre dies schon mehr, als man selbst in kühnsten Träumen erhof- fen könnte. gb

Sozialhilfestatistik soll geändert werden

Die Bundesregierung hat dem Bundesrat den Entwurf einer Ver- ordnung zur Durchführung einer Zusatzstatistik auf dem Gebiet der Sozialhilfe über Hilfe zur Pflege vorgelegt. Die Verordnung ist zwar vordergründig auf die Eindäm- mung der Kosten der in der Sozial- hilfe besonders „schwergewichti- gen" Hilfe zur Pflege gerichtet, die Begründung läßt jedoch erken- nen, daß bei dieser Gelegenheit die Daten hinsichtlich der Planung von weiteren Sozialstationen er- hoben werden sollen. Die Verord- nung bedarf der Zustimmung des Bundesrates. DÄ

2566 Heft 43 vom 27. Oktober 1977 DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

Referenzen

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