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Archiv "Körperbilder: Paul Gauguin (1848–1903) – „Etwas Männliches in den Frauen“" (07.12.2012)

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[] Deutsches Ärzteblatt

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Jg. 109

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Heft 49

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7. Dezember 2012

S C H L U S S P U N K T

KÖRPERBILDER: PAUL GAUGUIN (1848–1903)

„Etwas Männliches in den Frauen“

S

ubtil, geheimnisvoll, weise bei aller Naivität und fähig, sich ohne Scham nackt zu zeigen“, so be- schrieb der französische Maler Paul Gauguin die Frau- en Tahitis, die er in großartigen Bildern wie dem hier vorgestellten Gemälde von 1899 verewigte. Das welt- berühmte Werk aus dem Besitz des New Yorker Muse- ums of Modern Art, das derzeit in Madrid ausgestellt ist, gehört zu den Höhepunkten in Gauguins reifem Schaffen während seines zweiten Tahiti-Exils. Von der bürgerlichen Gesellschaft und ständigen Geldsorgen enttäuscht, begab sich der ehemalige Pariser Börsen- makler, der sich erst mit 35 Jahren ganz der Malerei verschrieben hatte, 1895 erneut auf die Suche nach dem verlorenen Paradies. Das erträumte Arkadien fand er in der längst nicht mehr idyllischen Südseekolonie auch diesmal nicht. Dafür aber eine Projektionsfläche für seine Vision vom einfachen Leben in der Natur und eine eigene Malweise, die in flächigem Bildaufbau, übersteigerten Farben, reduzierten Formen und dem Verzicht auf Perspektive schwelgte.

Dass die Idylle trügt, verraten die melancholischen Zwischentöne in seinen Bildern, so auch in „Deux Femmes Tahitiennes“: ein düsterer Schatten auf einem Gesicht, ein fast desillusioniert wirkender Blick, die völlige Distanziertheit der anmutigen, kaum bekleide-

ten Frauengestalten. Obwohl sie ihre Brüste offen dar- bieten, verführen sie nicht, sondern repräsentieren ei- nen paradiesischen Urzustand der Unschuld von Leib und Sexualität: „Etwas Männliches ist in den Frauen und in den Männern etwas Weibliches. Diese Ähnlichkeit der beiden Geschlechter erleichtert ihre Beziehungen, die durch die ständige Nacktheit völlig rein bleiben“, schreibt Gauguin in seinen autobiografischen Tahiti- Notizen „Noa Noa“. Für die ersehnte Versöhnung zwi- schen Kultur und fremder Natur kam der Auswanderer, der „als Wilder“ (Gauguin) unter den Ureinwohnern lebte, allerdings nicht ohne Rückgriff auf seine Wur- zeln und die europäische Ikonografie aus. Die Wände seiner Strandhütte zierten Fotos bekannter Kunstwerke wie Manets „Olympia“ von 1863: Mit der gleichen sou- veränen Unbefangenheit, mit der die nackte Prostituierte auf dem damaligen Skandalbild ihre Betrachter provo- zierte, konfrontieren auch Gauguins Südseeschönen ihr

Gegenüber. Sabine Schuchart

Paul Gauguin: „Deux Femmes Tahitiennes“, 1899, Öl auf Leinwand, 94 × 72,4 cm: Gelassen, in sich gekehrt, unergründlich wirken die beiden jungen Frauen, die der symbolistische Maler gegen Ende seines Lebens auf Tahiti porträtierte.

Vor der entblößten Brust tragen sie Früchte und Blumen, offenbar als Opfergaben einer religiösen Zeremonie. Mit ihren modellierten Körpern, ihrer bronzefarbenen Haut und ausdrucksvollen Mimik und Gestik verkörpern sie Gauguins Ideal exotischer Schönheit und mystischer Weiblichkeit.

© 2012, The Metropolitan Museum of Art/Art Resource/Scala, Florence

LITERATUR

1. Isabelle Cahn, Eckhard Hollmann: „Paul Gauguin“, gebundene Ausgabe, 89 Seiten, Klinkhardt & Biermann 2012; 11,90 Euro.

2. Paul Gauguin: „Noa Noa“, Reprint der Originalausgabe von 1920, Taschenbuch, 158 Seiten, Universität Innsbruck 2012; 11,90 Euro.

AUSSTELLUNG

„Gauguin und die Reise zum Exotischen“

Museum Thyssen- Bornemisza, Paseo del Prado 8, Madrid;

www.museothyssen.org Di.–So. 10–19, Sa. 10–22 Uhr (25. 12. 2012 und 1. 1. 2013 geschlossen);

bis 13. Januar 2013.

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