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Archiv "Acne fulminans: Schwere Akne mit ungewöhnlichem klinischen Verlauf" (02.06.2000)

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ie verschiedenen Formen der Akne stellen mit einer Inzi- denz von etwa 80 Prozent bei Jugendlichen eine der häufigsten Hauterkrankungen dar. Die schwer- ste Form der Akne, Acne fulminans, hat daran einen sehr kleinen Anteil, wie aus der geringen Zahl an Publi- kationen zu diesem Thema ersicht- lich ist. In dieser Arbeit soll das Spektrum der klinischen, labormedi- zinischen und radiologisch-nuklear- medizinischen Manifestationen der Acne fulminans dargestellt und auf Pathogenese und Therapie dieser Akneform eingegangen werden.

Historische Vorbemerkung

Die Erstbeschreibung geht auf den Franzosen Pautrier (20) zurück, der 1937 über einen 23-Jährigen be- richtete, bei dem sich eine Acne papu- lopustulosa akut verschlechterte und mit konstitutionellen Symptomen ein- herging. Eine akute fieberhafte Exa- zerbation bei Acne conglobata wurde im angloamerikanischen Schrifttum zuerst 1958 von Burns und Colville (2) beschrieben und in der Folge mehr- fach bestätigt. Kelly und Burns (13)

führten 1971 für diese Erkrankung den klinischen Begriff „akute febrile ulzerative Acne conglobata mit Po- lyarthralgie“ ein. Die Zuordnung zur Acne conglobata ist jedoch unzu-

treffend, da die Acne fulminans ein bedrohliches, antibiotikaresistentes Krankheitsbild darstellt und anders als die Acne conglobata zu behandeln ist. Die 1975 vorgeschlagene Bezeich- nung „Acne fulminans“, die eine Ab- grenzung gegenüber der Acne conglo- bata impliziert, hat sich für diese Er- krankung durchgesetzt (21).

Definition und klinisches Bild

Während bei der Acne vulgaris praktisch nie Organmanifestationen beobachtet werden, handelt es sich bei der Acne fulminans um ein selte- nes, akut oder perakut einsetzendes und schweres Krankheitsbild, das fast ausschließlich bei männlichen Jugendlichen im Alter von 13 bis 22 (im Durchschnitt 16) Jahren auftritt (10) (Textkasten Diagnostische Krite- rien). Auch wenn Männer sehr viel häufiger an Acne fulminans erkran- ken, wurde selten über Vorkommen der Erkrankung bei Frauen berichtet (12, 25). Typischerweise besteht seit ein bis zwei Jahren eine geringfügige Acne vulgaris, bis plötzlich, inner- halb von wenigen Wochen, eine er-

Acne fulminans

Schwere Akne mit ungewöhnlichem klinischen Verlauf Thomas Jansen

1

Ricardo Romiti

2

Gerd Plewig

2

Die Acne fulminans ist eine seltene, schwere Form der Ak- ne, die sich auf dem Boden einer leicht verlaufenden Acne vulgaris akut oder perakut entwickelt. Charakteristisch sind hämorrhagische Ulzerationen an Brust und Rücken mit variablem Gesichtsbefall, Knochen-, Gelenk- und Muskelbeteiligung sowie Allgemeinsymptome. Die Pa- thogenese der Erkrankung ist unklar, jedoch werden im- munologische und hormonelle Störungen vermutet. Die Erkrankung spricht nicht auf die bei Acne vulgaris übli- chen Behandlungsmethoden an. Therapeutische Ratlosig-

keit tritt auf, wenn übersehen wird, dass es sich nicht um Acne congloba-

ta handelt. Die Therapie ist jedoch erfolgreich, wenn sie frühzeitig und intensiv durchgeführt wird. Die Acne ful- minans spricht im Allgemeinen gut auf eine kombinierte systemische Gabe von Isotretinoin und Corticosteroiden an.

Schlüsselwörter: Acne fulminans, Osteolyse, Arthritis, Myositis, Isotretinoin, Corticosteroide, nichtsteroidale Antiphlogistika

ZUSAMMENFASSUNG

Acne fulminans

Acne fulminans is a rare, severe variant of acne, acutely or peracutely emerging on the background of low-grade acne vulgaris. It is characterized by hemorrhagic ulcerations on chest and back with variable facial involvement, musculo- skeletal and constitutional symptoms. The pathogenesis is unknown, although immunological and hormonal factors have been suggested. The condition does not respond to

conventional acne therapy. It is easy to fall into therapeutic despair unless it is realized that one

is not dealing with acne conglobata. However, treatment can be very helpful if performed early and vigorous. Acne fulminans usually responds well to a therapeutic regimen including systemic isotretinoine and corticosteroids.

Key words: Acne fulminans, osteolysis, arthritis, myositis, isotretinoine, corticosteroids, non-steroidal antiphlogistics

SUMMARY

D

1Klinik für Dermatologie und Allergologie (Direktor: Prof. Dr. med. Peter Altmeyer), Ruhr- Universität, Bochum

2Dermatologische Klinik und Poliklinik (Direk- tor: Prof. Dr. med. Gerd Plewig), Ludwig-Maxi- milians-Universität, München

Diagnostische Kriterien der Acne fulminans

❃ Fast ausschließlich männliche Jugendliche

❃ Akuter oder perakuter Krank- heitsbeginn

❃ Fieber mit schwerem Krank- heitsgefühl

❃ Lokalisation am Stamm mit variablem Gesichtsbefall

❃ Hämorrhagische Ulzerationen

❃ Polyarthritis

❃ Hohe Blutsenkung

❃ Starke Leukozytose

(2)

hebliche Verschlechterung auftritt (fulminare, lateinisch blitzen). Ledig- lich bei der Acne fulminans ist durch Einnahme von anabolen Steroiden ein späterer Krankheitsbeginn zu ver- zeichnen (9). Ein sepsisartiger Ver- lauf zeichnet die ätiologisch nicht ge- klärte Erkrankung aus.

Bei der Acne fulminans führt die Ruptur der Mikrokomedonen, im Unterschied zur Acne vulgaris, nicht zu kleinen perifollikulären Abs- zessen, sondern geht in große, sich ausweitende Kolliquationsnekrosen über, die auch benachbarte Follikel mit einbeziehen. Auf den ersten Blick gleicht die Acne fulminans ei- ner Acne conglobata wegen der stark entzündlichen Läsionen an Brust und Rücken mit unterschiedli- chem Befall des Gesichtes (Abbil- dungen 1 und 2). Bei genauer Be- trachtung wird aber das Charakteri- stikum der Acne fulminans, die Ul- zeration, deutlich.

Die Erkrankung ist durch ne- krotisierend-purulente und hämor- rhagisch-krustös belegte Läsionen charakterisiert. Dies führt zu den ty- pischen entzündlichen und ulzerie- renden oder abszedierenden Haut-

einschmelzungen, die dann häufig in groß- flächig konfluierende, nässende Nekrosen über- gehen. Granuloma-pyo- genicum-artige Vegeta- tionen im Bereich der Akneeffloreszenzen sind nicht nur typisch für die Acne fulminans, sondern können auch unter einer systemischen Behand- lung mit Isotretinoin auf- treten (1). Die Efflores- zenzen sind außeror- dentlich druckschmerz- haft. Im Gegensatz zur Acne conglobata fehlen auffälligerweise Fistel- komedonen und nicht- entzündliche Zysten.

Auch gewöhnliche Ko- medonen sind kaum zu finden. Die Acne fulmi- nans geht mit ausgepräg- ten Allgemeinsympto- men wie septischen Tem- peraturen (bis 41 °C) (24), die wochenlang persistieren können, Gewichtsab- nahme von mehreren Kilogramm (6, 13), subjektivem Krankheitsgefühl und Lymphknotenvergrößerung ein- her.

Knochen- und Gelenkbeteili- gung sind ein besonders auffälliges, aber nicht konstantes Merkmal der Acne fulminans. Hierbei sind häufig mehrere Gelenke oder gelenknahe Knochenabschnitte bei einem Pati- enten betroffen. Übereinstimmend wird berichtet, dass die ossären und Gelenkbeschwerden nicht flüchtig, sondern lang anhaltend, zum Teil über viele Monate hin, auftreten.

In einer finnischen Studie ließen sich radiologisch bei 10 von 24 Pati- enten mit Acne fulminans (48 Pro- zent) Osteolysen nachweisen, zudem wiesen 14 Patienten (67 Prozent) herdförmige Technetiumanreiche- rungen („hot spots“) als Zeichen verstärkten Knochenumbaus im Skelettszintigramm auf (12). Osteo- lysen treten vor allem an Sternum und Klavikula, seltener an Hüftkno- chen, Fußknöchel und Humerus auf.

Die initialen Läsionen sind osteoly- tisch, später folgen periostale Kno- chenneubildung mit Sklerose und

Verdickung (11, 16, 23). Gelegent- lich wurden Knochenbiopsien zum Ausschluss eines malignen oder in- fektiösen Geschehens durchgeführt, die reaktive Prozesse ergaben. Eini- ge Autoren beschrieben ein Infiltrat aus polymorphkernigen und mono- nukleären Zellen mit Granulations- gewebe, das eine Osteomyelitis vor- täuschte (19). Die wenigen Daten zur Langzeitbeobachtung von Kno- chenveränderungen bei der Acne fulminans lassen eine gute Prognose erkennen. In einer finnischen Studie mit einer Nachbeobachtungsperiode von 1 bis 15 Monaten zeigten 8 von 48 Patienten (17 Prozent) radiolo- gisch einen Normalbefund oder eine geringe Sklerose (12).

Das Auftreten von Knochenver- änderungen bei der Acne fulminans sollte nicht mit dem SAPHO-Syn- drom verwechselt werden, das durch Akne (meist Acne conglobata), pal- moplantare Pustulose, Hyperostose (meist supraklavikulär) und Osteitis (vordere Thoraxwand) gekennzeich- net ist. Das nosologisch umstrittene Krankheitsbild, das kutane und ossä- re Manifestationen ohne gemeinsa- me pathophysiologische Grundlage in sich vereinigt, wurde zuerst 1987 beschrieben (4). Im Gegensatz zum SAPHO-Syndrom kommt eine Sy- novitis der peripheren Gelenke nur

M E D I Z I N DIE ÜBERSICHT

Abbildungen 1 a, b: Acne fulminans an der Brust. Hochentzündliche Knoten und Plaques, die eitrig einschmelzen. Die bizarren Ulzeratio- nen sind gallertartig und außerordentlich druckschmerzhaft.

Abbildung 2: Gesichtsbefall bei Acne fulminans. Abs- zedierende Knoten. Gewöhnlich verläuft die Acne ful- minans im Gesicht leichter als am Stamm.

a

b

(3)

selten bei der Acne fulminans vor.

Zudem zeigt die Knochenbeteili- gung bei der Acne fulminans ge- wöhnlich einen akuten oder peraku- ten Beginn und verläuft nicht chro- nisch. Patienten mit Acne fulminans zeigen eine unterschiedlich ausge- prägte Polyarthritis der großen Ge- lenke, meistens ohne Gelenkschwel- lungen oder Ergüsse (23). Hierbei werden überwiegend Hüft-, Schulter-, Knie-, Sakroiliakal- oder Knöchelge- lenke befallen. Die Gangfunktion ist oftmals stark eingeschränkt. Charak- teristisch ist eine vorgebeugte Hal- tung der Patienten.

Die Acne fulminans gehört we- gen potenzieller spondarthritischer Beteiligung des Stammskeletts im Sinne einer atypischen Spondylitis ankylosans in den Kreis der sero- negativen Spondylarthritiden. Hier- bei kann sie das Bild der akuten Spondylarthritis ankylosans mit re- versibler schmerzhafter Totalver- steifung der Wirbelsäule, aber auch das Bild der akuten bis chronischen entzündlichen Enthesiopathie (sy- stematisierte Fibroostitis) bieten. Ei- ne Muskelbeteiligung in Form von Myalgien und entzündlichen Myo- sitiden wird ebenfalls erwähnt (23).

An den Unterschenkeln kann sich ein Erythema nodosum entwickeln (22, 28), oftmals verbunden mit dem Nachweis von zirkulierenden Im- munkomplexen im Serum (22). Bei einem Teil der Patienten tritt das Erythema nodosum während syste- mischer Isotretinoinbehandlung auf.

Neben einer Glomerulonephritis mit Mikrohämaturie (25) wurde als wei- tere Begleitkomplikation der Acne fulminans eine Hepatosplenomega- lie (22) beschrieben.

Histopathologisches Bild

Das histopathologische Bild weicht von dem bei Acne vulgaris völlig ab. Frühe Läsionen sind durch Ausbildung von Abszessen mit Gra- nulozytenansammlungen und Folli- kelzerstörung charakterisiert. Hyali- nisierte thrombotische Gefäße und Hämorrhagien bedingen eine voll- ständige Nekrose der Epidermis (Abbildung 3).In dieser Phase wird das nekrotische Gewebe von einem

gemischtzelligen entzündlichen In- filtrat umgeben. Gelegentlich zeigt die direkte Immunfluoreszenzunter- suchung lineare IgM- und Fibrinab- lagerungen an der Basalmembranzo- ne sowie Fibrinablagerungen um die Talgdrüsen herum.

Laborbefunde

Bei den Laboruntersuchungen fallen eine erhebliche Beschleuni- gung der Blutsenkungsgeschwindig- keit (BSG) (bis 160 mm nach We- stergren in der ersten Stunde) und starke Leukozytose (bis 40 000 µl)

auf. Der Verlauf der Acne fulminans lässt sich anhand von BSG und Leu- kozytenzahl kontrollieren. Die Leu- kozytose ist eines der konstantesten Merkmale der Acne fulminans. Sie kann beträchtliche Maße annehmen und eine leukämoide Reaktion vor- täuschen (25).

Praktisch alle Autoren erwäh- nen eine Linksverschiebung, sofern eine Leukozytose beobachtet wurde.

Häufig werden toxische Granulatio- nen angeführt. Bei den weiteren La- borbefunden ist die wiederholt nach- gewiesene pathologische Erhöhung des C-reaktiven Proteins (23) sowie die Verringerung des Hämoglobins und des Serumeisens (2) zu erwäh- nen. Bei manchen Patienten wurden

Transaminasenerhöhungen (25) und zirkulierende Immunkomplexe (22) gefunden.

Ätiopathogenese

Die Ätiopathogenese der Acne fulminans ist nicht genau bekannt (Textkasten Vermutete Pathogenese).

Blutkulturen führten in keinem Fall zum Nachweis einer Sepsis. In Haut- abstrichen überwiegen Staphylococ- cus epidermidis und Propionibacteri- um acnes. Auch Pseudomonas und andere gramnegative Keime, gele- gentlich auch Staphylococcus aureus

oder Streptococcus pyogenes wurden gefunden, ohne dass man diesen Be- funden besondere Bedeutung schen- ken darf.

Die rheumatologisch-serologi- schen Untersuchungen ergeben in der Regel keine pathologischen Befunde.

Zum Teil sind die Immunglobuline im Serum erhöht (16, 25, 28) und die Komplementfraktionen erniedrigt (14). Ein zellulärer Immundefekt wurde aufgrund fehlender Candidin- reaktion trotz bestehender Candidose und fehlender DNCB-(Dinitrochlor- benzol-)Sensibilisierbarkeit vermutet (17, 18), während andere Autoren ei- ne normale Reaktion auf Bakteri- enantigene und eine ungestörte Neu- trophilenfunktion (Chemotaxis, Pha- Abbildung 3: Histopathologisches Bild der Acne fulminans. Nekrose der Epidermis mit hyalinisierten thrombo- tischen Gefäßen und Hämorrhagie, umgeben von einem gemischtzelligen entzündlichen Infiltrat. Hämatoxy- lin- und Eosin-Färbung.

(4)

gozytose) fanden (6). Bei einem Pati- enten mit Acne fulminans und Ery- thema nodosum bildete sich in der Testreaktion gegenüber Propionibac- terium acnes eine schwere Nekrose aus, was darauf hinweisen könnte, dass es sich um eine Immunkom- plexreaktion gegenüber Propionibac- terium acnes handelt (28).

Vereinzelt wurde über das gleichzeitige Vorkommen von Acne fulminans und chronisch-entzündli- chen Darmerkrankungen berichtet (15), jedoch ist eine gemeinsame pa- thophysiologische Grundlage dieser Erkrankungen nicht bekannt. Einem Teil der Fälle von Acne fulminans liegt ein Androgenexzess zugrunde.

Als Ursachen kommen vom Arzt verordnete Androgene zur Hem- mung des Längenwachstums hoch- wüchsiger Jungen (26) oder von Lei- stungs- und Ausgleichssportlern als Doping benutzte anabole Steroide in Betracht (9). Vereinzelt wurde eine

„late-onset“-Form des androgenita- len Syndroms, meist durch 21-Hy- droxylasemangel, als Ursache für ei- ne Acne fulminans gefunden.

Gelegentlich wurde über das pa- radoxe Auftreten von Acne fulmi- nans durch oder unter initialer syste- mischer Isotretinoinbehandlung be- richtet (3), jedoch ist ein Kausalzu- sammenhang in den meisten Fällen unwahrscheinlich. Als Ursache wird eine durch Isotretinoin induzierte immunologische Reaktion gegen Propionibacterium acnes vermutet.

Genetische Faktoren spielen ebenfalls eine Rolle. Bei homozygo- ten Zwillingspaaren wurde ein iden- tisches Erscheinungsbild der Acne fulminans beobachtet (7, 18). Als pa- thogenetisch bedeutsamer Faktor in der Pathogenese der Arthritiden kommt eine durch Propionibacteri- um acnes induzierte Steigerung der Chemotaxis neutrophiler Granulo- zyten mit konsekutiver Freisetzung lysosomaler Enzyme in Betracht. Bei einem Patienten mit Acne fulminans ließ sich aus osteolytischen Läsionen Propionibacterium acnes isolieren (16). Aber auch immunologische, am Follikel oder an der Synovia gegen Zellbestandteile von Propionibacte- rium acnes gerichtete Mechanismen sind zu diskutieren. Die klinische Symptomatik der Arthritiden bei

Acne fulminans lässt sich zum Teil über eine Granulozytenstimulation mit Freisetzung von aggressiven Pro- teasen und Kininen erklären.

Therapie

Da die Acne fulminans eine sel- tene Verlaufsform der Akne ist, gibt es nur wenige kontrollierte Thera- piestudien. Von den meisten Auto- ren wird übereinstimmend wegen der Schwere der Erkrankung und psychischen Beeinträchtigung der Patienten eine stationäre Behand- lung vorgezogen.

Systemisch

Wir bevorzugen den kombinier- ten Einsatz von Isotretinoin (13-cis- Retinsäure, Roaccutan), dem Ste- reoisomer von Tretinoin (all-trans- Retinsäure, Vitamin-A-Säure), und Prednisolon. Isotretinoin beeinflusst alle pathogenetischen Faktoren der Akne und ist das Medikament der Wahl zur Behandlung schwerer Ak- neformen. Corticosteroide hemmen die Entzündung und verhindern wei- tere Ulzerationen. Zunächst wird das Steroid in einer Dosierung von

0,5 bis 1,0 mg/kg Körpergewicht/die über ein bis zwei Wochen verab- reicht. Danach wird zusätzlich Iso- tretinoin in einer Dosierung von 0,5 mg/kg Körpergewicht/die gegeben.

Nach zwei bis vier Wochen wird die Steroiddosis schrittweise reduziert.

Die Isotretinoinbehandlung wird über drei bis sechs Monate weiterge- führt, solange entzündliche Hautver- änderungen bestehen und bis alle Ulzerationen epithelisiert sind.

Die Isotretinoindosierung kann den individuellen Erfordernissen an- gepasst und bis auf 1,0 mg/kg Kör-

pergewicht/die erhöht werden. Eine Reduzierung der Isotretinoindosis auf 0,2 mg/kg Körpergewicht/die ist dann erforderlich, wenn sich Granu- loma-pyogenicum-artige Hautverän- derungen entwickeln. Die Isotreti- noinbehandlung bei Frauen im ge- bärfähigen Alter setzt die strikte Einhaltung von Sicherheitsmaßnah- men (Schwangerschaftstest, sichere Kontrazeption) voraus. Bei Män- nern und Frauen sind neben der aus- führlichen Aufklärung über Wirkun- gen und Nebenwirkungen des Medi- kaments auch regelmäßige Labor- untersuchungen (Leberfunktions- werte, Serumlipide) erforderlich.

Bei Minderjährigen sind die Erzie- hungsberechtigten in das Therapie- gespräch miteinzubeziehen. Eine schriftliche Dokumentation ist erfor- derlich.

Die alleinige Gabe von Antibio- tika hat keine oder nur eine geringe Besserung zur Folge. Eine systemi- sche Zusatztherapie mit Antibioti- ka (Makrolide, Cephalosporine) ist dann indiziert, wenn sich Hinweise auf eine Sekundärinfektion ergeben.

Andere Autoren empfehlen grund- sätzlich eine kurzfristige systemische Antibiotikatherapie, um eine bakte- riell induzierte Immunkomplexvasku- litis zu verhindern, jedoch ist dieses hypothetische Konzept bislang nicht bewiesen. Tetrazykline oder -deri- vate (Doxycyclin, Minocyclin) sind nicht geeignet, da sie in Kombination mit Isotretinoin zu einer benignen in- trakraniellen Hypertension (Pseudo- tumor cerebri) mit Kopfschmerzen und Sehstörungen führen können.

Falls notwendig, können initial auch Antipyretika und nichtstero- idale Antiphlogistika (beispielsweise Indometazin oder Salizylate) (27) eingesetzt werden. Neben der Ar- thritis spricht vor allem das Erythe- ma nodosum im Allgemeinen gut auf eine parallele Behandlung mit Isotretinoin und nichtsteroidalen Antiphlogistika an. Auch Dapson (24) und die Immunmodulatoren (Levamisol, Clofazimin) (5, 8) wur- den erfolgreich zur Behandlung der Acne fulminans eingesetzt, jedoch liegen nur sporadische Mitteilungen vor, sodass eine allgemeine Empfeh- lung hierzu nicht gegeben werden kann.

M E D I Z I N DIE ÜBERSICHT

Vermutete Pathogenese der Acne fulminans

❃ Septikämie

❃ Autoimmunreaktion

❃ Androgenexzess

❃ Medikamente (Isotretinoin)

❃ Genetische Faktoren

(5)

Topisch

An erster Stelle stehen lockere Verbände mit Fettgazen. Sie werden täglich in einem Vollbad aufgeweicht, um schmerzhafte Wundverklebungen mit dem Verbandsmaterial zu verhin- dern. In der Akutphase der Erkran- kung stellen potente Corticosteroide als Cremes wegen ihrer antiinflam- matorischen Effekte eine wirkungs- volle Zusatztherapie dar. Wir bevorzu- gen Clobetasol-17-Propionat (Der- moxin), Betamethason-17,21-Dipro- pionat (Diprosone) oder äquivalente Corticosteroide, die auf sämtliche ul- zerierenden Hautveränderungen ein- bis zweimal täglich für sieben bis zehn Tage aufgetragen werden.

Weiterhin ist die topische Appli- kation von Fusidinsäure (Fucidine) als Creme zu erwägen, um Superin- fektionen mit Staphylococcus aureus zu verhindern.

Prognose

Die Acne fulminans schwelt lan- ge Zeit, um schließlich zur Ruhe zu kommen. Ein guter Therapeut kann viel dazu beitragen, dass die Entzün- dung unter Kontrolle gebracht wird, um den gequälten Patienten rasch und wirksam zu helfen. Lässt man die Er- krankung unbehandelt, bleiben nach der nur schleppend vorangehenden Abheilung im Allgemeinen ausge- dehnte atrophische Narben zurück.

Einzelne Patienten geben noch Jahre später leichte Arthralgien oder Myal- gien in den während der aktiven Er- krankungsphase betroffenen Regio- nen an.

Zitierweise dieses Beitrags:

Dt Ärztebl 2000; 97: A-1533–1537 [Heft 22]

Die Zahlen in Klammern beziehen sich auf das Literaturverzeichnis, das über den Son- derdruck beim Verfasser und über das Inter- net (www.aerzteblatt.de) erhältlich ist.

Anschrift für die Verfasser Dr. med. Thomas Jansen Klinik für Dermatologie und Allergologie der

Ruhr-Universität Bochum Gudrunstraße 56 · 44791 Bochum

Dass es unter der Einnahme von nichtsteroidalen Antirheumatika (NSAR) gehäuft zu Magenblutungen kommt, ist geläufig. Die Autoren führ- ten eine logistische Regressionsanaly- se durch, um herauszufinden, welche weiteren Faktoren bei 1 121 Patienten zur Entstehung blutender Geschwüre beitrugen. Dabei ergab sich folgendes Risikoprofil: orale Antikoagulantien 7,8; Ulkusanamnese 3,8; Herzinsuffizi- enz 5,9; orale Corticosteroide 2,7; Dia- betes mellitus 3,1; Raucheranamnese 1,6. Diese unabhängigen Risikofakto- ren sollten insbesondere dann berück-

sichtigt werden, wenn es um eine Magenschutztherapie bei der Einnah- me von Aspirin oder nichtsteroidalen Antirheumatika geht, die für über 80 Prozent aller Ulkusblutungen des älte- ren Menschen verantwortlich zu ma-

chen sind. w

Weil J, Langmann MJS, Wainwright P et al.: Peptic ulcer bleeding: accessory risk factors and interactions with non-steroi- dal antiinflammatory drugs. Gut 2000; 46:

27–31.

University of Birmingham, Department of Medicine Queen Elizabeth Hospital, Birmingham B15 2TH, Großbritannien.

Warum bluten Magengeschwüre?

Aufgrund bisheriger Untersu- chungen wird dem Vitamin E ein pro- tektiver Effekt bei der Entwicklung und Progression der koronaren Herz- erkrankung (KHK) zugeschrieben. Ei- ne kanadische Studie untersuchte nun den Effekt einer Vitamin-E-Therapie bei Patienten mit ausgeprägten Risiko- faktoren für kardiovaskuläre Ereignis- se. 2 545 Frauen und 6 996 Männer über 55 Jahre mit bekannter KHK, Diabetes mellitus und weiteren Risiko- faktoren wurden neben einer ACE- Hemmer-Therapie randomisiert kon- trolliert mit Vitamin E (400 IU/die) oder Placebo über 4,5 Jahre behandelt.

Bei 16,2 Prozent der mit Vitamin E be- handelten Patienten und bei 15,5 Pro- zent der mit Placebo behandelten Gruppe traten in der Nachbeobach-

tungsphase kardiovaskuläre Ereignisse (Herzinfarkt, Schlaganfall und Tod an kardiovaskulären Erkrankungen) auf.

Auch bei den sekundären Endpunkten (instabile Angina pectoris, Herzinsuffi- zienz, Revaskularisation oder Amputa- tion, Tod jeglicher Ursache, Diabetes- folgeschäden oder Krebs) waren keine signifikanten Unterschiede zu ver- zeichnen. Als einzig positiven Aspekt hoben die Autoren heraus, dass keine unerwünschten Nebenwirkungen der Vitamin-E-Therapie zu beobachten

waren. acc

The Heart Outcome Prevention Evalua- tion Study Investigators: Vitamine E sup- plementation and cardiovascular events in high-risk patients. N Eng J Med 2000;

342: 154–160.

Dr. Salim Jussuf, Canadian Cardiovascu- lar Collaboration Project Office, Hamil- ton General Hospital, 237 Barton St. E., Hamilton, ON L8L 2X2, Kanada.

Vitamin E bei KHK

Neben dem Säurefaktor spielen möglicherweise auch toxische Gal- lensäuren in der Pathogenese des ga- stroösophagealen Reflux eine wichtige Rolle. Bei 25 Prozent aller Patienten mit einem Barrett-Ösophagus findet man einen alkalischen Reflux. Die Au- toren führten simultane Messungen des Gallereflux mit einem pH-Monito- ring durch und korrelierten die Ergeb- nisse mit dem Schweregrad der Re- fluxösophagitis. Toxische sekundäre Gallensäuren bei Patienten mit massi- ven Schleimhautläsionen waren beson- ders häufig nachweisbar. Vermutlich

richtet ein gemischter Reflux größere Schäden an als ein reiner Säurereflux.

Allerdings ist von einer anderen Ar- beitsgruppe bereits früher gezeigt wor- den, dass unter einer antisekretori- schen Therapie mit Protonenpumpen- blockern auch der Gallereflux weit- gehend unter Kontrolle zu halten ist. w Nehra D, Howell P, Williams CP et al.: Tox- ic bile acids in gastro-oesophageal reflux disease: influence of gastric acidity. Gut 1999; 44: 598–602.

Mr. D. Nehra, Department of Surgery C2, University Hospital Wales, Heath Park, Cardiff CF4 4 XW, Großbritannien.

Gastroösophagealer Reflux und Gallensäuren

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