T H E M E N D E R Z E I T
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A2222 Deutsches Ärzteblatt⏐⏐Jg. 102⏐⏐Heft 33⏐⏐19. August 2005
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egen der zunehmenden Anzahl von Arzthaftungsprozessen wer- den auch Fachärzte aus dem statio- nären oder ambulanten Bereich der Patientenversorgung von den Zivil- gerichten zur Anfertigung von Gutach- ten herangezogen, die bisher nicht mit der Aufgabe eines gerichtlich bestellten Sachverständigen betraut waren. Die Qualität des medizinischen Gutachtens nimmt dabei wesentlichen Einfluss auf Ablauf und Ausgang des Prozesses.Aber auch die Zivilprozessordnung und das ärztliche Berufsrecht formulieren Anfor-derungen an den medizinischen Gutach- ter, die es zu beachten gilt.
Jeder vom Gericht bestellte Gutachter sollte daher einige wesentliche Punkte bei der Anfertigung des Gutachtens be-
achten. Neben der termingerechten Erle- digung des Gutachtenauftrags und der eigenverantwortlichen Erstellung des Gutachtens hat der ärztliche Gutachter Objektivität und Neutralität zu wahren.
Er muss die vom Gericht gestellten Be- weisfragen genau und nach gewissenhaf- ter Beschaffung des Tatsachenstoffes dem entsprechenden Fachwissen gemäß beantworten. Dabei soll er sich des Grundsatzes der Kollegialität erinnern, ohne diesen falsch zu bewerten und schließlich auch die eigenen Grenzen der fachlichen Kompetenz erkennen.
Schließlich obliegt dem Arzt als Gutach- ter die Pflicht, nach ordnungsgemäßer Ladung vor Gericht zu erscheinen und sein Gutachten mündlich zu erläutern.
Rechtsreferendarin Dr. med. Inken Kunze VRLG Martin Mönkebüscher
E-Mail: Inken.Kunze@gmx.de
Arzthaftungsprozesse
Die Pflichten ärztlicher Gutachter
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ei der Suche nach wirksamen Stra- tegien zur Bewältigung von Le- bensereignissen, besonders Traumafol- gen, seien sie akut oder chronisch im Sinne einer posttraumatischen Bela- stungsstörung, stoßen Psychotherapeu- ten unterschiedlicher Ausbildung im- mer wieder auf die Imagination als in- neres Erlebnisfeld und als innere Kraft, die tief greifende Veränderungen und Besserungen möglich macht. In inne- ren Bildern werden „eingefrorene“Gefühle mobilisiert und bearbeitbar.
Diese Möglichkeit nutzen die verschie- densten Therapieverfahren. Besonders aber die Katathym-Imaginative Psy- chotherapie (KIP) nach Hanscarl Leu- ner nutzt dieses zentrale Erlebnis- und Entwicklungsfeld seit mehr als 50 Jah- ren. In zahlreichen Studien ist die Wirk-
samkeit der KIP nachgewiesen (Wie- tersheim 2003). Im Unterschied zu Vi- sualisierungstechniken anderer Metho- den zeichnen sich katathyme Imagina- tionen dadurch aus, dass sie nicht nur optische Eindrücke plastisch vor Au- gen führen, sondern alle Sinnesmoda- litäten umfassen und sich in Hand- lungsvollzügen von Traumcharakter entfalten. Das Wort „katathym“ ver- deutlicht, dass diese Vorstellungen aus dem Gefühl heraus entstehen, also nicht willkürlich gesteuert werden. Auf der Bildebene der Imagination kom- men neben der aktuellen Befindlich- keit des Patienten unter anderem seine Wesenszüge, Verhaltenseigentümlich- keiten, Ressourcen, Motivationsstruk- turen und auch die zentralen unbewuss- ten Beziehungskonflikte symbolisch
zur Darstellung. Auch die „Übertra- gung“ bildet sich ab. Insofern handelt es sich um ein tiefenpsychologisch fun- diertes beziehungsweise psychodyna- misches Verfahren. Die kognitiven und affektiven Inhalte des Tagtraumes kön- nen diagnostisch verstanden und thera- peutisch aufgegriffen werden, sie wer- den bis in die Tiefe unbewussten seeli- schen Geschehens verfolgt.
Die KIP wurde zur Behandlung neu- rotischer Störungen entwickelt, hat sich aber auch bei der Behandlung struktu- reller Ich-Störungen, posttraumatischer Belastungsstörungen und psychosoma- tischer Erkrankungen bewährt. Die Imagination fördert einen psychovege- tativen Entspannungszustand und er- möglicht zugleich eine Konfliktdar- stellung. Das Verfahren fördert die Symbolisierungsfähigkeit, die bei vielen psychosomatisch Kranken im Sinne einer Alexithymie zunächst einge- schränkt scheint. Eberhard Wilke
Katathym-Imaginative Psychotherapie
Bedeutung von Imaginationen nimmt zu
50 Jahre Katathym-Imaginative Psychotherapie: zur
Weiterentwicklung und Beziehung zu benachbarten Verfahren
Die Langfassung ist abrufbar unter www.aerzteblatt.de/
aufsaetze/0507.
Die Langfassung ist abrufbar unter www.aerzteblatt.de/
aufsaetze/0508.
Foto:caro