vorhandenen Wirtschaftlichkeitsre- serven stehen außer den verschiede- nen Individualinteressen aber auch sachliche Schwierigkeiten (zum Bei- spiel die eindeutige Bestimmung des medizinisch Notwendigen) und inne- re Widersprüche (Kollektiv- versus Individualinteressen) entgegen.“ Ar- nolds Ausweg: „Daher sollte die Pra- xis, allen alles zu gewähren, über- dacht werden. Die Normen zur Um- verteilung der Gesundheitsgüter müs- sen der wirtschaftlichen Lage ange- messen sein und jetzt wieder an knap- pere Ressourcen angepaßt werden.“
Budget-Denken
Die Autoren Dr. rer. pol. Domi- nik Graf von Stillfried und Dr. med.
Eleni Jelastopulu sind der Ansicht, historisch gewachsene Strukturen und die noch dominierende berufsorien- tierte vertikale Versäulung der Kran- kenhausstrukturen verhinderten eine ökonomisch indizierte engere Ko- operation zwischen den Sektoren. So stünden beispielsweise in Deutsch- land, anders etwa als in Großbritanni- en, die niedergelassenen Fachärzte mit den Fachärzten in den Kranken- häusern in direkter Konkurrenz. Zu- dem sei es ausgabenträchtig, Doppel- strukturen und doppelte Facharzt- kapazitäten ambulant/stationär vor- zuhalten. Die Initiativen zur besseren Verzahnung scheiterten bisher vor allem am bestandsschutzorientierten
„Budgetdenken“ sowohl der nieder- gelassenen Ärzte als auch der Kran- kenhäuser – wohl auch an der bisher stark fürsorglichen Schützerrolle der Länder und staatlicher Regulative zu- gunsten der Krankenhausträger. Dies lasse sich an den erfolglosen Verhand- lungen um einen gemeinsamen „Bud- get-/Honorartopf“ für das ambulante Operieren belegen. Solange die Ver- gütungen und Honorierungen unter- schiedlich sind und die Wettbewerbs- bedingungen auseinanderlaufen, wür- den so falsche Anreize für das Ge- samtsystem gesetzt. Dr. Harald Clade
Michael Arnold, Dieter Paffrath (Hrsg.): Kran- kenhaus-Report ’97. Schwerpunkt: Sektor- übergreifende Versorgung, Verlag Gustav Fischer, Stuttgart, 1997, 328 Seiten, karto- niert, einschließlich CD-ROM, 68 DM A-3148
P O L I T I K LEITARTIKEL/AKTUELL
(16) Deutsches Ärzteblatt 94,Heft 47, 21. November 1997
Die Kassenärztliche Vereinigung Hessen (KVH) und die AOK Hessen haben eine Pharmakotherapie-Ver- einbarung geschlossen. Mit dem Projekt, das seit dem 1. Juli dieses Jahres läuft, verfolgen sie das Ziel, die Qualität und Wirtschaftlichkeit von Arzneimittelverordnungen zu verbessern.
Unter der Leitung von Pharma- kotherapieberatern der KVH bilden sich die derzeit rund 600 an dem Pro- jekt teilnehmenden Ärzte in Qua- litätszirkeln fort. Darüber hinaus er- hält jeder Arzt von der AOK eine Computerauswertung seiner Verord- nungen des vorangegangenen Quar- tals. Anhand dieser Auswertung kann der einzelne Arzt nachvollziehen, welche Arzneimittel er am häufigsten verordnet hat und welche Kosten da- durch entstanden sind. Die Ärzte sol- len so in die Lage versetzt werden, ihr Verordnungsverhalten konkret zu be- werten und gegebenenfalls therapeu- tische Alternativen auszuwählen. Ei- ne Empfehlung von Arzneimitteln, so die KVH, sei damit jedoch nicht ver- bunden.
Die Qualität und Wirtschaftlich- keit von Arzneiverordnungen können nach Auffassung der KVH und AOK optimiert werden, indem die Ärzte auf Verordnungen bei Bagatellbe- schwerden und Verordnungen mit
„marginalem therapeutischem Nut- zen“ verzichten. Wirtschaftlichkeits- reserven könnten zudem in der „kon- sequenten Nutzung der Preisspiel- räume des Generikamarktes“ sowie einer „größtmöglichen Zurückhal- tung bei Wunschverordnungen“ er- schlossen werden. Zurückhalten soll- ten sich die Ärzte ferner bei der Ver- ordnung teurer Innovationen, solange nicht sichergestellt ist, daß ihr Einsatz die Therapie verbessert, heißt es in der Vereinbarung.
Es gehe nicht darum, „billig“ zu verordnen, stellte Wolfgang Stark von
der AOK heraus. Vermieden werden sollten aber auf jeden Fall unnötige Verschreibungen, die nicht dem Wohl der Patienten dienen. In der Verein- barung wird festgehalten, daß „kei- nem Versicherten ein notwendiges Medikament vorenthalten werden darf“.
Finanziell unterstützt wird das Projekt, wenn bei den Arzneimittel- verordnungen Einsparungen erzielt werden: Die AOK stellt dann 40 Pro- zent des eingesparten Betrages zur Verfügung. Der Förderbetrag errech- net sich aus den Minderausgaben je Fall, bezogen auf den entsprechenden Vorjahreszeitraum.
Entschädigung für den Mehraufwand Diesen Betrag setzt die KV Hes- sen einerseits für die Pharmakothera- pie-Fortbildung ein, andererseits er- halten die teilnehmenden Ärzte eine pauschale Entschädigung – für den Mehraufwand, der ihnen durch die Teilnahme an den Qualitätszirkeln entsteht. Die Aufwandsentschädi- gung richte sich jedoch nicht am Ein- sparvolumen des einzelnen Arztes aus, betonen die Vertragspartner. Es bestehe daher auch nicht die Gefahr, daß Ärzte „um einer Vergütung willen notwendige und sinnvolle Verordnun- gen unterlassen“.
Der Erste Vorsitzende der KV Hessen, Dr. med. Jürgen Bausch, un- terstrich, daß mit der Vereinbarung kein Bonussystem geschaffen werde, da die Finanzmittel ausschließlich für den Mehraufwand der KV und der Ärzte eingesetzt werden. Zugleich zeigte sich Bausch davon überzeugt, daß die Patienten von dem Projekt profitierten – durch stabile Beitrags- sätze sowie eine bessere und thera- piegerechtere Medikamentenversor- gung. Dr. Sabine Glöser