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Archiv "EU-Arbeitszeitrichtlinie: Aktiv gegen inaktive Phasen" (24.10.2008)

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Deutsches Ärzteblatt⏐⏐Jg. 105⏐⏐Heft 43⏐⏐24. Oktober 2008 A2249

P O L I T I K

M

ehr als drei Jahre hatten die EU-Regierungen um eine gemeinsame Position für eine Neu- fassung der Vorschriften zur Arbeits- zeitgestaltung in Krankenhäusern, Rettungsdiensten und anderen Be- reichen gerungen, bevor sie sich im Juni endlich einigten. Nun könnte das Europäische Parlament (EP) den Kompromiss erneut zu Fall bringen.

Zwar ist es bis zur endgültigen Abstimmung im EP am 15. Dezem- ber noch etwas hin, in den Fraktio- nen ist man aber bereits eifrig dar- um bemüht, die Stimmung unter den Mitgliedern auszuloten. Dabei zeichnet sich ab, dass zahlreiche Abgeordnete die Forderungen des Rates wohl nicht mittragen werden.

Dies würde bedeuten, dass ausge- wählte Vertreter von Rat und EP im Rahmen eines Vermittlungsverfah- rens über einen möglichen Kompro- misstext entscheiden müssten.

Derweil versuchen der Marbur- ger Bund (MB) und die Deutsche Krankenhausgesellschaft (DKG), die Entscheidungen der Europaab- geordneten zu beeinflussen.

So forderte der MB seine Mitglie- der auf, alle deutschen Abgeordne- ten brieflich oder per E-Mail dazu zu bewegen, gegen die geplante Aufteilung des Bereitschaftsdien- stes zu stimmen. „Die Bereitschafts- dienstbewertung als Arbeitszeit ist Voraussetzung für den Gesundheits- schutz der Klinikärzte, der überlan- gen Arbeitszeiten, Übermüdung und möglichen Behandlungsfehlern vor- beugen soll“, sagt der MB-Vorsit-

zende Rudolf Henke. Jedwede Auf- weichung dieser Definition berge die Gefahr neuer Marathondienste für Ärzte. Die Kritik des MB richtet sich vor allem gegen die Forderung des Rates, Bereitschaftsdienste in aktive und inaktive Phasen aufzutei- len. Letztere sollen nicht als Ar- beitszeit gewertet werden. Nach dem Willen der Regierungen soll es ferner möglich sein, auf einzelstaat- licher Ebene tarifvertraglich Aus- nahmen von der regulären wöchent- lichen Höchstarbeitzeit von 48 Stun- den zu vereinbaren. Theoretisch wären somit Dienste von 65 Stun- den und mehr möglich.

Die DKG wiederum sieht in der vom Ministerrat gefundenen Lösung einen „ausgewogenen Kompromiss zwischen Arbeitszeitflexibilisierung und Arbeitnehmerschutz“. Dieser dürfe durch die zweite Lesung im EP nicht ins Gegenteil verkehrt werden, mahnt die Krankenhausgesellschaft.

Die Mehrheit der Europaabgeord- neten hatte sich in erster Lesung klar gegen die vom Rat geforderten Aus- nahmeregelungen ausgesprochen.

Der Berichterstatter für das EP, der spanische Sozialist Alejandro Cercas, drängt darauf, dieser Linie in der ab- schließenden zweiten Lesung treu zu bleiben. Die Zustimmung der Mehr- heit der 216 sozialdemokratischen Europaabgeordneten dürfte ihm ge- wiss sein. Aus Sicht vieler Sozialisten ist der Ratsvorschlag ein „Schlag ins Gesicht aller Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer“. „Wir werden uns auf diesen Kompromiss auf gar keinen

Fall einlassen“, so die SPD-Politike- rin Karin Jöns.

Mit den Stimmen der Sozialisten allein kann es allerdings nicht gelin- gen, den Ratsbeschluss zu kippen.

Für eine Ablehnung in zweiter Le- sung bedarf es einer qualifizierten Mehrheit von mindestens 393 der 785 Abgeordneten. Zwar sind auch Vertreter anderer Parteien gegen eine Kehrtwende beim europäischen Ar- beitsschutz. Deutsche Abgeordnete der christlich-konservativen Volks- partei EVP beispielsweise kündigten an, sich gegen eine Änderung des EU-Rechts zu wehren, die es erlau- ben würde, dass Ärzte sechs Tage am Stück im Krankenhaus anwesend sein müssen. „Dies wäre nach dem Ratstext möglich, denn danach kann sogar von dem Grundsatz, dass die inaktive Zeit keine Ruhezeit ist, abge- wichen werden“, erklärt die CSU-Po- litikerin Anja Weisgerber. Gleich- wohl sind zahlreiche EVP-Mitglieder wie auch liberale Abgeordnete der Ansicht, dass die neu gefasste Ar- beitszeitrichtlinie den EU-Ländern und Tarifvertragsparteien ausreichen- de Freiräume für individuelle Verein- barungen zur Arbeitszeitgestaltung lassen muss. „Der MB argumentiert zu Recht, dass übermüdete Ärzte ein Risiko für Patienten darstellen“, räumt das Mitglied der liberalen Fraktion, Holger Krahmer, ein. Die- sen Konflikt könne jedoch keine eu- ropäische Richtlinie lösen, weil die nationalen Gesundheitssysteme zu unterschiedlich aufgebaut seien. I Petra Spielberg

EU-ARBEITSZEITRICHTLINIE

Aktiv gegen inaktive Phasen

Das Europäische Parlament will noch vor Ende des Jahres über die Neufassung der Arbeitszeitrichtlinie entscheiden. Eine Einigung mit dem Rat steht noch aus.

„Heimweh?“,lautet die Überschrift zu die- sem Plakatmotiv des Marburger Bundes, der sich vehement gegen die drohende Ver- schlechterung des Ar- beitsschutzes in den Kliniken wehrt.

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