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Archiv "Kongressbericht: Ermutigende Studienergebnisse in der Therapie des multiplen Myeloms" (18.08.2006)

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M E D I Z I N

A

A2174 Deutsches Ärzteblatt⏐⏐Jg. 103⏐⏐Heft 33⏐⏐18. August 2006

B

ei einer deutschlandweiten jährli- chen Inzidenz von 4 auf 100 000 Erkrankungen stellt das multiple Myelom (MM) eine Krankheit mit stei- gender Häufigkeit dar, die aufgrund des zunehmenden Alters in unserer Gesellschaft relevanter wird. Unspezi- fische Symptome werden häufig ver- kannt, sodass sich fast 60 Prozent der Patienten bei Diagnosestellung im fort- geschrittenen Stadium befinden. Be- merkenswert ist, dass zu Erkrankungs- beginn zwar deutliche Symptome wie Schmerzen und Knochenbrüche auf- treten, dennoch durchschnittlich mehr als ein halbes Jahr bis zur definitiven Diagnose vergeht.

Meist wird die Diagnose von Häma- tologen/Onkologen gestellt, durch den Hausarzt in etwa 20 Prozent und von Orthopäden und Radiologen in weni- ger als zehn Prozent der Fälle. Dies verdeutlicht den Bedarf einer frühzei- tigen Kooperation aller in die Diagno- se und Therapie eingebundenen Fach- richtungen, zeigt aber auch, dass es einer noch intensiven Öffentlichkeits- arbeit beim MM bedarf.

In der Abteilung Hämatologie und Onkologie der medizinischen Univer- sitätsklinik Freiburg werden etwa 150 MM-Patienten pro Jahr behandelt, die nach Gründung des so genannten Kompetenzzentrums Lymphome im Comprehensive Cancer Center Frei- burg (CCCF) betreut werden. Um die zunehmenden Erkenntnisse beim MM bekannt zu machen, wurden am 15.

und 16. März 2006 öffentliche Veran- staltungen mit dem Titel: „Diagnose Krebs – Schritte auf dem Weg zur Hei- lung“ und am 17. März 2006 ein inter-

nationaler MM-Kongress: „Das Multi- ple Myelom 2006 – Auf dem Weg zur Heilung?“ durchgeführt (Kasten).

Das MM ist eine maligne Plasma- zellerkrankung, die noch immer als unheilbar gilt, aber Fortschritte durch eine verbesserte molekulare Diagno- stik und im Verständnis der Patho- genese und Therapie gezeigt hat (Ab- bildung). Während im Jahr 1850 noch Aderlässe, Blutegel, Tonerde, Kamp- fer oder Chinin erfolglos eingesetzt wurden, gelang später der Nachweis

klonogener Plasmazellen, destruktiver Knochenverän- derungen und der Protein- urie. Im Jahr 1929 wurde die erste Knochenmarkaspira- tion durchgeführt, 1937 die Eiweißelektrophorese und 1958 stand die erste effekti- ve Chemotherapie (Melpha- lan) zur Verfügung.

Verbesserte Spezifität in der Diagnostik

Heute werden für die ge- naue Diagnostik neue radio- logische Verfahren eingesetzt wie CT- oder NMR-Untersu- chungen und im Rahmen von Studien auch PET-Untersu- chungen. Durch diese Verfah- ren soll eine genauere Kennt- nis über die Ausbreitung der Erkrankung erreicht werden.

Als genetische Untersuchun- gen werden so genannte Chromosomen-Bänderungs- analysen und Fluoreszenz- in-situ-Hybridisierung (FISH) durch- geführt, da chromosomale Aberra- tionen beim MM häufig sind. Zu den häufigsten Aberrationen zählen Dele- tionen des langen Arms von Chromo- som 13, Zugewinne genetischen Mate- rials der Chromosomen 1q, 9q und 11q sowie Translokationen des Immunglo- bulin-Schwerkettenlokus. Die Evalua- tion der molekularen Diagnostik er- folgt zurzeit mit dem Ziel, ein besseres Verständnis der Krankheitspathoge- nese und eine genauere Abgrenzung

Kongressbericht

Ermutigende

Studienergebnisse in der Therapie des multiplen Myeloms

Monika Engelhardt Ralph Wäsch

Abbildung: Rot angefärbte klonale Plasmazellen in der Immunhistologie für CD 138

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prognostischer Subgruppen zu erzie- len. Allerdings laufen diese Untersu- chungen überwiegend im Rahmen von Therapiestudien.

Für mögliche therapeutische Ansät- ze sind neue Substanzen wichtig wie Thalidomid, dessen Analogon, Lenali- domid, und der Proteasominhibitor Bortezomib. Entscheidende Verfahren beim MM sind die autologe Stamm- zelltransplantation und Immunthera- pien, wie die Idiotyp-Immunisierung, monoklonale Antikörpertherapie und die allogene Stammzelltransplantation inklusive der Donor-Lymphozyten-In- fusion.

Wichtig für die MM-Therapie er- scheint die Erkenntnis, dass durch die Interaktion mit dem umgebenden Kno- chenmarkmilieu, Myelomzellen Wachs- tumsvorteile erreichen. Deshalb sollten zielgerichtete Therapien sowohl gegen Myelomzellen als auch deren Knochen- markmilieu wirken.

Neue

Studienergebnisse

Die Studienergbnisse von Gold- schmidt et al. haben gezeigt, dass TAD (Thalidomid, Adriamycin und Dex- amethason) im Vergleich zu VAD (Standardchemotherapie mit Vincri- stin, Adriamycin und Dexamethason) als Induktionschemotherapie vor der autologen Stammzelltransplantation (auto-Tx) zwar zu besseren An- sprechraten führt, diese verbesserte Ansprechrate der TAD-Gruppe aber nach durchgeführter auto-Tx ver- schwindet. Nach der auto-Tx war das Ansprechen der VAD plus auto-Tx- gegenüber TAD plus auto-Tx-Gruppe gleich. Somit kann man folgern, dass der Therapieeffekt der auto-Tx der größere ist und die Vortherapie vor Tx das „nach Tx-Ergebnis“ nicht bezie- hungsweise nur sehr wenig, zumindest bisher nicht signifikant, beeinflusst hat.

Insgesamt stellt Thalidomid eine ef- fektive Substanz dar, die heute in deutlich geringeren Therapiedosen (50 bis 200 mg) als anfänglich (400 bis 800 mg/Tag) verwendet wird. Die Stu- dienergebnisse mit Lenalidomid beim relabierten MM sind ermutigend,

weltweit werden deshalb weitere Stu- dien zu Erstlinien- und Kombinati- onstherapien durchgeführt. Langzeit- daten, insbesondere bezüglich einer Verbesserung des Gesamtüberlebens, sind jedoch noch nicht verfügbar.

Derzeit existiert in Deutschland noch keine Zulassung für Thalidomid und Lenalidomid. Die Zulassung des Le- nalidomids für die Behandlung des re- zidivierten MM wird für den Herbst 2006 erwartet.

Zellzyklusregulatoren sind Substra- te des Proteasoms, deshalb kann die therapeutische Proteasomhemmung unter anderem durch Stabilisierung von Zellzyklusregulatoren zum Zellzy- klusarrest und zur Apoptose von My- elomzellen führen. Für den Wirkstoff Bortezomib konnte eine Überlegen- heit gegenüber Dexamethason gezeigt werden, die Ansprechrate liegt bei et- wa 35 Prozent. Ebenso konnten für Bortezomib günstige Ansprechraten in Kombinations- und Induktionstherapi- en nachgewiesen werden. In einer nicht randomisierten Studie wurde bei 50 rezidivierten MM-Patienten durch die Kombinationstherapie von Borte- zomib, Cyclophosphamid und Dexa- methason ein Ansprechen von 82 Pro- zent und ein medianes Überleben von zwölf Monaten erreicht. Allerdings müssen diese Ergebnisse noch durch randomisierte Studien bestätigt wer- den. Bortezomib ist als Monotherapie beim rezidivierten/relabierten MM in der Zweitlinientherapie zugelassen.

Als immunologische Therapie- ansätze werden aktive Immunthera- pien, wie die so genannte Idiotyp-Vak- zinierung, und allogene Stammzell- transplantationen durchgeführt. Erste Ergebnisse der Vakzinierung und an- derer Immuntherapien zeigen, dass myelomspezifische Immunantworten induzierbar sind. Allerdings wird noch diskutiert, ob das MM ein günstiges Modell für immunologische Therapie- ansätze darstellt.

Die autologe Stammzelltransplan- tation wird zurzeit als potente remissi- onsinduzierende Standardtherapie für Patienten bis zu einem Alter von 70 Jahren angeboten. Bei Risikopatien- ten wird in Studien die frühe auto-, ge- folgt von einer allogenen Stammzell- transplantation geprüft, wobei die Er-

gebnisse der allogenen Stammzell- transplantation bisher enttäuschend sind. Offene Fragen sind weiterhin, ob die allogene Stammzelltransplantati- on „nur“ bei Risikopatienten durchge- führt werden sollte, welche Langzeit- resultate erreicht und wie diese lang- fristig verbessert werden können.

Manuskript eingereicht: 5. 4. 2006, revidierte Fassung an- genommen: 13. 6. 2006

Die Autoren versichern, dass kein Interessenkonflikt im Sinne der Richtlinien des International Committee of Me- dical Journal Editors besteht.

Der Kongress „Das Multiple Myelom 2006 auf dem Weg zur Heilung“ wurde von Amgen unterstützt.

Zitierweise dieses Beitrags:

Dtsch Arztebl 2006; 103(33): A 2174–5 Anschrift für die Verfasser:

Prof. Dr. med. Monika Engelhardt Universitätsklinik Freiburg

Hämatologie und Onkologie Medizin I

Hugstetterstraße 55 79106 Freiburg

E-Mail: monika.engelhardt@uniklinik-freiburg.de M E D I Z I N

Deutsches Ärzteblatt⏐⏐Jg. 103⏐⏐Heft 33⏐⏐18. August 2006 AA2175

„Das multiple Myelom 2006 auf dem Weg zur Heilung?“

Referentenliste

>Neue Daten zur Tumorerkrankung – Prof. Dr. R. Kyle

– Dr. P. Liebisch – Prof. Dr. GN. Durie – Prof. Dr. K. Hemminki – Dr. P. Tassone – Prof. Dr. H. Serve – Priv.-Doz. Dr. R. Wäsch – Dr. U. Salzer – Prof. Dr. H. Veelken – Priv.-Doz. Dr. R. Bargou

>Spezifische Therapie – Prof. Dr. M. Engelhardt – Prof. Dr. J. Finke – Prof. Dr. H. Goldschmidt – Prof. Dr. H. Einsele – Dr. M. Kropff

>Supportive Behandlung – Prof. Dr. H. Ludwig Kasten

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