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Archiv "Kongressbericht: Diagnostik und Therapie von vaskulären Anomalien" (24.09.2004)

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Patientinnen wurde der Sprechstunde für suchtkranke Schwangere zuge- führt (15).

Mit der üblichen Anamneseerhe- bung wurde der Alkoholkonsum nur in einem Fall erfasst. Zur differenzier- teren Anamneseerhebung wird im Textkasten ein Schema dargestellt, dass auch bei vielen Anamneseerhe- bungen pro Tag noch praktikabel ist.

Zudem ermöglicht diese Art der Anamneseerhebung auch die Erfas- sung des so genannten „binge drin- king“, einem Trinkverhalten, bei dem es zu Trinkexzessen mit dem Ziel des Betrunkenseins kommt (18). Eine der Untersuchung analoge Evaluierung des Anamneseschemas steht noch aus, in der klinischen Anwendung erweist es sich jedoch als praktikabel. Insbe- sondere um langfristigen und regel- mäßigen Alkoholkonsum erfassen zu können, wurden andere Testmethoden als die Urinanalyse beschrieben. Diese Verfahren wie Blutalkoholtest, Se- rumanalysen oder Haaranalysen des Neugeborenen stellen invasivere und teurere Testverfahren dar, die zur de- taillierten Abklärung im Einzelfall herangezogen werden können.

Obwohl Alkoholkonsum in der Schwangerschaft sozial nicht akzep- tiert wird (39), scheint dies nicht zu ei- ner kompletten Vermeidung von Al- koholkonsum zu führen. Stattdessen erfolgt bei einfacher Befragung in der Routinesprechstunde eine Verleug- nung selbst eines geringen Alkohol- konsums.

Trotz der beobachteten Abnahme des Alkoholkonsums in den letzten zehn Jahren (13) müssen insbesondere Untergruppen von Schwangeren durch entsprechende Aufklärung angespro- chen werden. Serdula et al. beschrei- ben für rauchende, alleinstehende, jün- gere oder schlechter gebildete Frauen eine höhere Prävalenz des Alkohol- konsums in der Schwangerschaft (37).

Wurde in der Schwangerschaft ein riskanter Alkoholkonsum oder gar die Alkoholabhängigkeit einer Schwange- ren diagnostiziert, darf die Betreuung nicht mit der Geburt enden. Für die Kinder ist die Früherkennung von so- matischen Störungen, wie Seh- oder Hörstörungen, von essenzieller Be- deutung für die weitere Entwicklung

M E D I Z I N

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A2626 Deutsches ÄrzteblattJg. 101Heft 3924. September 2004

und für die Einbindung in spezielle Förderprogramme (4, 18, 40). Durch eine sorgfältige Anamneseerhebung stellt sich heraus, dass viele alkohol- abhängige oder suchtkranke Frauen selbst in Familien mit Abhängigkeits- erkrankungen aufgewachsen sind. Um den Kreislauf der „Suchtfamilie“ durch- brechen zu können, müssen intensive Förderprogramme für Mutter und Kind angeboten werden, sonst droht die soziale Benachteiligung der nächsten Generation.

Besondere Beachtung sollte der Tatsache beigemessen werden, dass immer noch Lehrbücher, Ärzte und Hebammen den Konsum von Alkohol in der Schwangerschaft verharmlosen oder ihn sogar unterstützen (15, 30).

Die Empfehlung Alkohol zu trinken, um die Kontraktionsbereitschaft der Gebärmutter zu senken, oder ein Cocktail aus Alkohol und Rizinusöl

zur Wehenauslösung bei Terminüber- schreitung sollte endgültig der Ver- gangenheit angehören.

Die Autoren erklären, dass kein Interessenkonflikt im Sinne der Richtlinien des International Committee of Medical Journal Editors besteht.

Manuskript eingereicht: 21. 5. 2003, revidierte Fassung angenommen: 5. 5. 2004

Zitierweise dieses Beitrags:

Dtsch Arztebl 2004; 101: A 2623–2626 [Heft 39]

Die Zahlen in Klammern beziehen sich auf das Litera- turverzeichnis, das beim Verfasser erhältlich oder im Internet unter www.aerzteblatt.de/lit3904 abrufbar ist.

Anschrift für die Verfasser:

Dr. med. Jan-Peter Siedentopf Charité – Universitätsmedizin Berlin Campus Virchow-Klinikum

Infektionsambulanz der Klinik für Geburtsmedizin Augustenburger Platz 1, 13353 Berlin

E-Mail: Infektionsambulanz@Charite.de

E

ine Grundvoraussetzung für eine weiterführende Behandlungsstra- tegie bei vaskulären Anomalien besteht in einer eindeutigen Zuord- nung des Befundes. So werden die pro- liferierenden Hämangiome von den vaskulären, anlagebedingten Malfor- mationen unterschieden. Erstere ha- ben eine oft rasche Proliferations- und eine langsame Involutionsphase, er- läuterte Ulrike Ernemann, Tübingen, Neuroradiologie, den Algorithmus für die Diagnostik und Therapie der

Krankheitsbilder bei einer Tagung am 6. März in Tübingen. Die vaskulären Malformationen weisen keine sponta- ne Involution auf und werden je nach Flussgeschwindigkeit und Gefäßbett in „high flow“, „low flow“, venös, ka- pillär und lymphatisch eingeteilt. Zu unterscheiden sind die Gruppen durch die Anamnese und klinische Untersu- chung. Bei unklaren Fällen erfolgt als weiterführende Diagnostik primär die Duplexsonographie und gegebenen- falls die MRT. Direkte Gefäßdarstel-

Kongressbericht

Diagnostik und Therapie von vaskulären Anomalien

Helmut Breuninger

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lungen sind zugleich mit einem thera- peutischen Ansatz, wie Embolisation oder Sklerosierung, verbunden. Die Sklerosierung mit 96-prozentigem Al- kohol unter phlebographischer Kon- trolle stellt eine in der Neuroradiolo- gie etablierte Therapieoption bei venösen Malformationen dar.

Aus dermatologischer Sicht erläu- terte Helmut Breuninger, Tübingen, Dermatologie, die Vielfalt der histolo- gisch abgrenzbaren vaskulären Ano- malien und Tumoren, die klinisch praktische Unterteilung in Hämangio- me und Malformationen sowie die therapeutischen Methoden des Fachge- bietes. Eruptive knotige Hämangiome behandelt man möglichst früh in der Proliferationsphase mithilfe der Kon- taktkryotherapie. Hierbei handelt es sich um ein einfaches, problemloses und effektives Verfahren, um die de- struktive Wachstumsphase zu stoppen.

Lediglich bei sehr dünnen, flächigen Hämangiomen kann mit dem Farb- stofflaser ein besseres Ergebnis erzielt werden. Bei den subkutanen Typen wird primär – außer bei periorbitaler Lokalisation – eine Sklerosierung mit zwei Prozent Poydocanol oder eine in- terstitielle Nd-Yag-Lasertherapie durch- geführt. Auch die Exzision oder die in- terne Cortisongabe ist je nach Befund eine gute Option. Nur bei Hämangio- men, die bereits in der Involutionspha- se sind, kann man weiter abwarten. Die Malformationen werden sehr indivi- duell interdisziplinär behandelt, der Nävus flammeus als kapilläre Malfor- mation wird schon im Säuglingsalter beginnend mit dem Farbstofflaser oder der IPL-Lampe (IPL, „intense pulsed light“) behandelt.

Frühtherapie der

Hämangiome heute Standard

Aus mund-, kiefer- und gesichtschirur- gischer Sicht belegte Jürgen Hoff- mann, Tübingen, Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie, mit Fallbeispielen und Videosequenzen die therapeuti- sche Breite des Fachgebietes. Schwer- punkt ist die Kombination aus perku- taner Nd-Yag Lasertherapie mit Eis- schutz und interstitieller Laserthera- pie, die sogar dreidimensional navi-

giert und sonographisch kontrolliert durchgeführt werden kann, gegebe- nenfalls zusammen mit operativen Maßnahmen. Auch die Sklerosierung wird interdisziplinär angewendet. So kann bei ausgeprägten Malformatio- nen im Mund-, Kiefer- und Gesichts- bereich oftmals ein sehr gutes Ergeb- nis erzielt werden.

Die Therapieoptionen, die bei Kin- dern zur Verfügung stehen, erläuterte Hans Rebmann, Tübingen, Pädiatrie.

Bei ausgeprägten Hämangiomen kön- nen die Corticosteroide, Interferon-al- pha, Cyclophosphamid und Vincristin eingesetzt werden. Ausgehend von ei- ner Literaturrecherche empfahl er zur Behandlung von internen Häman- giomen Corticosteroide. Dieses Thera- pieschema wird an der Universitäts- Kinderklinik Tübingen angewendet:

Prednisolon 5 mg/kg in zwei asymme- trischen Dosen pro Tag, maximal zwei bis vier Wochen lang, dann je eine Morgendosis, die innerhalb von vier bis sechs Wochen verringert wird. Die Behandlung kann in einem kürzeren Intervall wiederholt werden. Ein Ma- genschutz ist nicht notwendig, ledig- lich sollte der klinische Verlauf, Blut- druck und einfache Laborparameter kontrolliert werden. Bei so behandel- ten Patienten konnte eine Progression gestoppt, vielfach auch eine Regressi- on erzielt werden.

Über die Differenzialdiagnose und Behandlung parenchymatöser Häm- angiome und Hämangioendotheliome aus kinderchirurgischer Sicht refe- rierte Jörg Fuchs, Tübingen, Kinder- chirurgie. Es können die Leber, Milz, Blase, Lunge und Darm betroffen sein, dies jeweils singulär oder multi- pel im Sinne einer Hämangiomatose.

Die Duplexsonographie, MRT und die Bestimmung von alpha-Fetoprotein und beta-HCG (humanes Choriongo- nadotropin) sind neben der Histologie wichtige diagnostische Verfahren. Ne- ben der Observation reichen die the- rapeutischen Möglichkeiten von Cor- tison (2 bis 10 mg/kg), Interferon-al- pha (3 Mio. E/m²/d), über Embolisie- rung, Gefäßligatur und Resektion bis hin zur Organtransplantation.

Um den Zeitpunkt für die Frühin- tervention bei Hämangiomen zu be- stimmen, bedarf es der richtigen Klas-

sifikation der vaskulären Anomalie, betonte Hans-Jörg Cremer, Heil- bronn. Nach der neuen Nomenklatur der International Society for the Study of Vascular Anomalies bezeichnet man Hämangiome nun als vaskuläre Tumoren. Diese werden in lokalisierte vaskuläre Tumoren und andere vas- kuläre Tumoren unterteilt, unter die eine Vielzahl von histologisch diffe- renzierbaren Tumoren und auch Syn- drome subsumiert werden. Man grenzt sie wie bisher von den vaskulären Fehlbildungen ab. Bei rasch wachsen- den vaskulären Tumoren und solchen mit funktioneller oder kosmetischer Beeinträchtigung sollte interveniert werden. Die therapeutischen Möglich- keiten sind Kryokontakttherapie, Farbstofflaser, perkutaner sowie inter- stitieller ND-YAG-Laser, Operation und die perorale Cortisontherapie.

Am Tübinger Arbeitskreis für vaskuläre Anomalien sind verschiedene Fachdisziplinen beteiligt. Im Rahmen ei- ner interdisziplinären Sprechstunde werden Patienten mit vaskulären Anomalien beraten. Durch die beteilig- ten Kliniken wird ein breites diagnostisches und thera- peutisches Spektrum angeboten. Eine Anmeldung von Patienten ist unter der Telefon-Nr. 0 70 71-2 98 60 24 (Sekretariat Neuroradiologie) oder per E-Mail (ulrike.

ernemann@med. uni-tuebingen.de) möglich.

Anschrift des Verfassers:

Prof. Dr. med. Helmut Breuninger Universitätsklinikum Tübingen Universitäts-Hautklinik Liebermeisterstraße 25 72076 Tübingen

E-Mail: helmut.breuninger@med.uni-tuebingen.de M E D I Z I N

Deutsches ÄrzteblattJg. 101Heft 3924. September 2004 AA2627

Diskussionsbeiträge

Zuschriften zu Beiträgen im medizinisch-wissen- schaftlichen Teil – ausgenommen Editorials, Kon- gressberichte und Zeitschriftenreferate – können grundsätzlich in der Rubrik „Diskussion“ zusam- men mit einem dem Autor zustehenden Schluss- wort veröffentlicht werden, wenn sie innerhalb vier Wochen nach Erscheinen der betreffenden Publikation bei der medizinisch-wissenschaftli- chen Redaktion eingehen und bei einem Umfang von höchstens einer Schreibmaschinenseite (30 Zeilen mit je 60 Anschlägen, Literaturverzeichnis mit bis zu vier Zitaten) wissenschaftlich begrün- dete Ergänzungen oder Entgegnungen enthalten.

Für Leserbriefe anderer Ressorts gelten keine be- sonderen Regelungen (siehe regelmäßige Hinwei-

se). DÄ/MWR

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