• Keine Ergebnisse gefunden

Archiv "Heidelberger Prinzhorn-Sammlung: Künstlerische Arbeiten aus psychiatrischen Anstalten" (24.05.1996)

N/A
N/A
Protected

Academic year: 2022

Aktie "Archiv "Heidelberger Prinzhorn-Sammlung: Künstlerische Arbeiten aus psychiatrischen Anstalten" (24.05.1996)"

Copied!
1
0
0

Wird geladen.... (Jetzt Volltext ansehen)

Volltext

(1)

A-1417 Deutsches Ärzteblatt 93,Heft 21, 24. Mai 1996 (63)

Die Heidelberger Prinz- horn-Sammlung, eine umfang- reiche Kollektion von Werken Geisteskranker aus den 20er Jahren, genießt Weltruf. Nicht nur aus psychopathologischen Gründen hat die Sammlung einen einzigartigen Charakter, sondern auch unter künstle- risch-ästhetischem Blickwin- kel. Bedauerlicherweise fristet sie ihr Dasein im Dunkeln. Sie wird in den Kellern der Psych- iatrischen Universitätsklinik in Heidelberg aufbewahrt. Be- strebungen, zumindest für ei- nen Teil der Sammlung dauer- hafte Ausstellungsräume ein- zurichten, sind trotz jahrelan- ger Bemühungen immer wie- der gescheitert. Die Custodin der Sammlung, die Ärztin In- ge Jàdi aus Heidelberg, bedau- ert dies außerordentlich. Häu- fig muß sie Anfragen aus dem In- und Ausland nach Besich- tigung dieser Werke mangels adäquater Räumlichkeiten ablehnen. Trotz personeller Unterbesetzung und Raum- not ist es ihr zusammen mit ei- ner Kunsthistorikerin und Re- stauratorin sowie wissen- schaftlichen Hilfskräften ge- lungen, die Werke umfassend zusammenzustellen und zu ka- talogisieren. Sie sollen nun vollständig in einer Daten- bank erfaßt werden. Rund 5 000 Arbeiten umfaßt die Kollektion. Es handelt sich vorwiegend um künstlerische Arbeiten von lang hospitali- sierten Patienten mit dem Krankheitsbild der Schizo- phrenie. Es sind Zeichnungen, Ölgemälde, Collagen, Textili- en, Skulpturen und Texte.

Hans Prinzhorn, promovierter Kunsthistoriker und Arzt für Psychiatrie an der Univer- sitätsklinik in Heidelberg, hat die Sammlung in den Jahren zwischen 1919 und 1921 zu- sammengetragen. Sie ist zwi- schen 1880 und 1920 entstan- den und kam nicht nur aus

psychiatrischen Anstalten in Deutschland, sondern auch der Schweiz und Österreichs.

Prinzhorn, der sich selbst als

„Psychiater mit Vorerfahrun- gen eines philosophierenden

Psychologen“ bezeichnet hat, lenkte den Blick erstmals weg von einer rein psychopatholo- gischen Sichtweise der Werke – obgleich er sie auch unter diesem Aspekt rezipierte – hin zu einer ästhetisch gepräg- ten Betrachtungsweise. Die Kunstschaffenden hatten zu- meist keinerlei künstlerische Vorerfahrung. Maler wie Paul Klee, Pablo Picasso und Max

Ernst waren begeistert und ließen sich für ihr eigenes Werk inspirieren. Die Sam- melleidenschaft Prinzhorns von Werken einer gesell- schaftlichen Randgruppe hat seinen Ursprung in einem Wandel des Kunstverständnis- ses zu dieser Zeit. Nicht mehr

„das künstlerische Genie“

stand im Mittelpunkt des In- teresses, wie der Kunstthera- peut und Psychiater Ferenc Jà- di in einem Katalog aus Anlaß einer Ausstellung der Heidel- berger Patienten vor Jahren formuliert hat, sondern der

„Grenzgänger“, der seine ganz persönlichen Erfahrun- gen mit sich und der Welt for- mulierte. Es war übrigens nicht nur Prinzhorn, der in die- ser Zeit bildnerische Arbeiten von Patienten sammelte.

Auch in Italien, England und Frankreich gab es derartige Bestrebungen. Dank des En- gagements des Vereins

„Freunde der Prinzhorn- Sammlung e.V.“ war es gelun- gen, eine repräsentative Aus- stellung in Heidelberg zu zei- gen, die bis Ende April zu be- wundern war. Dazu heißt es:

„Einerseits spiegeln ihre Wer- ke die unterschiedliche soziale Herkunft, Zeitgeschichte und Zeitgeist sowie Leid und Le- ben in der Anstalt wider. An- dererseits sind sie machtvoller Ausdruck der vielfältigen in-

neren Welten der Geistes- kranken.“ Sie ist eine Über- nahme der Ausstellung „La Beauté Insensée“ – zu deutsch

„Wahnsinnige Schönheit“ –, die in Belgien gezeigt wurde.

Von Juni bis September wird die Ausstellung dann im Musée de l’Art Brut in Lausanne/Schweiz zu sehen sein. Ingeborg Bördlein

V A R I A FEUILLETON

Heidelberger Prinzhorn-Sammlung

Künstlerische Arbeiten aus psychiatrischen Anstalten

Franz Karl Bühler: ohne Titel, 1901, Bleistift Foto: Prinzhorn-Sammlung

Referenzen

ÄHNLICHE DOKUMENTE

Bettina Brand­Claussen, Prinzhorns Bildnerei der Geisteskranken - ein spätexpressionistisches Manifest, in: Vision und Revision einer Entdeckung, Ausstellungskatalog,

Beitrag zur Psychologie und Psychopathologie der Gestaltung (1922), 7. Karin und Gerhard Dammann konnten 2012 ihre Sammlung um fünf Werke von Künstlern erweitern, die sonst fast

Die Klinik für All gemeine Psychiatrie am Heidelberger Universitätsklinikum besitzt mit der Sammlung Prinzhorn ei­.. nen

Revolutionär war seine Position darin, insbesondere als Psychiater: Er bestritt, dass es eindeutige inhaltliche oder formale Merkmale von Werken psychisch Kranker

Doch gleichgültig welche spezifische Haltung zu den Werken und z u m Thema Wahnsinn und Kunst die Künstler haben, sie werden fast ausnahmslos angezogen von Bildern,

Prinzhorn folgte ihm darin al- lerdings nicht, als er ein Jahr spöter einem Bild Wölflis eine der wenigen Farbtafeln seines Buches widmete (Abb. Mögli- cherweise sah

Die Sammlung Prinzhorn geht zurück auf ein Sammelprojekt nach dem Ersten Weltkrieg, das der Kunsthistoriker und Mediziner Hans Prinzhorn (1886-1933,.. ►

Wie die Collection de l'Art brut und Gugging ist die Sammlung Prinzhorn für Enthusiasten der Outsider Art zur Pilgerstätte geworden, weil es sich um die bekannteste,