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Das Museum Sammlung Prinzhorn, Heidelberg

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4|12 Forschung & Lehre L E I D E N S C H A F T S A M M E L N | 285

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August Natterer, Wunder-Hirthe, ca. 1911-1913, Sammlung Prinzhorn, Heidelberg, Inv.Nr. 176

Das Museum Sammlung Prinzhorn, Heidelberg

Die Klinik für All gemeine Psychiatrie am Heidelberger Universitätsklinikum besitzt mit der Sammlung Prinzhorn ei­

nen einzigartigen Kunstschatz. Seit 2001 ist diese Sammlung künstlerischer Werke von ­ wie es heute politisch kor­

rekt heißt ­ Psychiatrie­Erfahrenen in einem eigenen Museumsbau unterge­

bracht, dem umgebauten Hörsaal der Neurologie aus dem späten 19. Jahr­

hundert. Der wertvollste Besitz sind mehr als 6 000 Zeichnungen, Gemälde, Skulpturen, Textilarbeiten, Texte und musikalische Notationen aus der Zeit zwischen 1845 und 1930, die vor allem nach dem Ersten Weltkrieg von einer Vielzahl psychiatrischer Heilanstalten, Kliniken und Sanatorien zumeist deutschsprachiger Länder nach Heidel­

berg geschickt wurden ­ auf einen Auf­

ruf des Kunsthistorikers und Medizi­

ners Hans Prinzhorn (1886­1933) und des damaligen Klinikdirektors Karl Wil­

manns (1873­1945) hin. Es gibt heute keine an Größe und Vielfalt vergleich­

bare Sammlung dieses Alters.

Hans Prinzhorn war 1919 als Assis­

tenzarzt an die Psychiatrische Universi­

tätsklinik berufen worden, um eine von Emil Kraepelin 1895 begonnene kleine

»»Lehrsammlung" zu erweitern und in ei­

ner wissenschaftlichen Studie auszuwer­

ten. Sein Buch „Bildnerei der Geistes­

kranken" erschien 1922, ein Jahr, nach­

dem er die Klinik verlassen hatte. Als

•Klassiker' ist diese Pionierarbeit bis heu­

te mehrfach wiederaufgelcgt und mittler­

weile in vier Sprachen übersetzt worden.

Anders als der Titel erwarten ließe, stellt Prinzhorn keine Merkmale von Geistes­

krankenbildncrei heraus, sondern erläu­

tert deren Ästhetik. Deshalb wurde das Buch insbesondere bei Künstlern und Kunstinteressierten ein großer Erfolg.

Bis 1930 kamen zur Heidelberger Sammlung noch einige Werke hinzu.

Zur Ideologie der Nationalsozialisten Passte ein Fortsetzen des Projekts nicht,

und nach 1945 war der Fundus lange

Zeit vergessen. Erst mit dem neuerli­

chen Bekanntwerden der „Prinzhorn­

Sammlung" durch eine gleichnamige Wanderausstellung 1980/81 wurden wieder Werke nach Heidelberg ge­

schenkt oder als Dauerleihgabe überlas­

sen, zum Teil große Konvolute von ein­

zelnen Künstlern oder Künstler­Grup­

pen. Heute umfasst diese neue Samm­

lung rund 12 000 Werke.

Das Museum Sammlung Prinzhorn ist eingerichtet für das angemessene Präsentieren und wissenschaftliche Er­

forschen von Aspekten der Sammlung und anderer künstlerischer Werke, die unter dem Eindruck psychischer Krisen entstanden sind. Als Teil der Heidelber­

ger Psychiatrie ist sein übergreifendes

Ziel, zur Entstigmatisierung Psychiatrie­

Erfahrener beizutragen. Jährlich finden auf einer Fläche von 200 Quadratme­

tern drei bis vier Wechselausstellungen meist zu übergreifenden Themen statt, dazu ein vielfältiges Programm anderer Veranstaltungen. Pläne für einen Erwei­

terungsbau sehen neben einer wech­

selnden Präsentation von „Klassikern"

ein graphisches Kabinett vor, um inte­

ressierten Besuchern Werke vorlegen zu können, außerdem einen Medienraum, einen großen Seminarraum und eine umfangreiche Spezialbuchhandlung.

Dr. Thomas Röske, Leiter der Sammlung Prinz­

horn, Klinik für Allgemeine Psychiatrie an der Universität Heidelberg

Originalveröffentlichung in: Forschung & Lehre 19 (2012), Nr. 4, S. 285

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