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Von der Würde der Wörter. Meisterwerke-Serie (36): Das Buch Franz Klebers in der Sammlung Prinzhorn

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Von der Würde der Wörter

Meisten rke-Seri (36): Das Buclt Franz Klebers in der Sammlung Prinzliom / Von Thomas Röske

Hans Prinzhom t Anf d 1920er J - re in di sp ter nach 1hm bewmte Sammlung 1 m hr Werk auf-

omm , ls er insein Buch „Blldnem der

krank „ (1922) publizierte

die heut ihrer Zeit th it \-"O?aUS ZU mn scheinen. bu- sti m hl uch

n schon recht t f Vorstellung on K� Dazu dilrfte auch ein will!

Buch geh ren. an dem ein �msburger An- stal , der eM- mall Hausierer Franz Kleber ( 1843- 1908), von 1899 bis zu

inem Tod g i- tet bat. Es bat 60 Sei­

ten. di zum t dicht mit Text besetzt sind - mit edrudden Text, wie scheint.

Betrachtet man du Werk nlher, mllt man f t. dus

die Bu�itm

selbst g fertigt sind, aus !arginalspal­

tm von Zeitungm.

Und auch d Text ist dem T schrifttum . ent­

nommen. er uigt die damals typi- sch Fralrturtype auf Makulaturpa-

pler. Manchmal bat Klebei' rillen ganzen Ab tz oder eine WustraUon wiederver­

wmdd, md.stens nutzte er jedoch nur einuln W rter, Silben odtt Buchsta­

ben. Grund für solche Feinarbeit war nicht zuletzt rine eigene Schmbwme:

Hinter el Uml4ute fOgte er ein zu.

Wich e ein.

Mit einer M schung aus Brot und Speichel klebte der Psych atrie-Patient Franz Kleber ein•

zeine WOrter, Silben, Buchstaben oder kOrzere Absitze in sein Buch. Aufan,nd des Materi·

als hatten es auch BOchetwOrme, zum Fressen pm. Foto: Sammtunc Pr nzhom

f B cherwilrmer, deren Kanlle nun brlgen, von Kleber selbst zusammen- die Seiten durchziehen und einige Stet- gestellten Texten 111st sich schwer ko­

len unlesbar gemacht haben. Bei den Mit- ter Sinn destllllam. Denn UDlff Schau man noch

gmauer hin, bemerkt man, dass die Um­

risse der collagimm -Textbestandteile

ungl cbrntBig und ausgefasert sind. Of-

Hundert Heidelberger Meisterwerke

arbeitem der Autor bat fo.st durchwtg auf Satzzeichen Sammlung Prinz- verzichtet und sich auch sonst nicht an hom bat Kl� herk&nmliche SatzkonstN.ktionm ge­

Werk denn auch halten. Beim Lesen sch eilt man des­

schon lange dm halb unwillkil:rlich mit den Gedanken ab Spitznamen und folgt dem mn Lautlichen. Allein das fenbar durfte der Anstaltsinsasse keine

Schere enden und riss die Absitze, Wörtttund Buchstaben aus! Da ihm auch Leim oder Kleister nicht zur Vm1lgung standen. verwend te er zum Fixieren ei­

ne Mischung aus Brot und Speichel. Des­

halb wurde sein Buch zur begehrten Spei-

,. WurmlOcbtt- stete Wiederholen �immter Substan- buch... tive flllt auf: .. Pflicht .. , .. Treu •, .. Tu- In den wenigen Absitzen. die Kleber gend .. , .. Sande•, .. Gottesfurcht .. - worin komplett übernommen bat, geht es um re- sich eine moral- und rellgionsorlentierte ligi Fragen, die deutschen Kolonien, Weltslchtspltgelt,die sJch nichtstarkvon die Abschaffung der Todesstrafe in der damaligen Geselhchaftsmehrheft Frankreich. ine Erinnerung an Ludwig unterschieden haben dürft .

IL von Bayern oder einen „lrrstnnlg- ge- Es klingt erstaunlich. wenn nicht wordenenGendarmenlnUngam.Aus den „verrückt•', dass sich Kleber, dessen Na-

men schon sein Arzte kalauttnd mit sei­

nem ProJ ktinVerbindungbrachten, her Jahre di !ilhe gemacht bat, seine kryp­

tischen tu in di aufwendige Form zu brlngm. Doch ist die Form ei entlieh bemts die Botsch ft; Hier möchte je­

mand, der als „geisteskrank· von der Ge­

sellschaft entrechtet und bis zu seinffll Tod · esthlossen wurde, mit seinen Außenmgm genauso ernst genommen werden wie andere Menschen jenseits der Anstaltsmauern.Dauer dafür die Wür­

deformel Buch nutzte, l1sst sich ln einer frisch gekilrten Literaturstadt wohl be­

sonders gut nachvolhiehen.

<D Dr. Thomas Röske ist �ter der Sammlung Prinzh �

Am Dlchstm Wochenende:

Du Ellsa�thentor im StQckprtm da Sehloan

1 t 1 J

Originalveröffentlichung in: Rhein-Neckar-Zeitung 31. Januar 2015, Magazin zum Wochenende (RNZ-Magazin), S. 5

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