der Patienten verhindert werden. Auch das ge- lingt bei keiner anderen Depression und keiner sonstigen psychischen Krankheit.
Unterschiedlich ist auch das psychothera- peutische Vorgehen, es weicht wesentlich von der Psychotherapie neurotisch-depressiver Pa- tienten ab. Für Melancholiekranke wurden eige- ne Psychotherapieverfahren, zum Beispiel eine bestimmte kommunikative Psychotherapie ent- wickelt. Mit den sonst gebräuchlichen Psycho- therapiemethoden einen Melancholiekranken zu behandeln, ist hingegen gefährlich.
Allgemein bekannt sind in der Ärzteschaft wohl nur die antidepressiven Medikamente. Ihre Verschreibung allein ist aber noch keine anti- depressive Therapie. Hierzu gehört zunächst ein psychotherapeutisches Basisverhalten, mit ande- ren Worten: der auf eingehender Kenntnis und Erfahrung beruhende überlegte Umgang mit dem Kranken. So sind in einer psychiatrischen Abteilung oder Klinik nicht nur Ärzte, Schwe- stern und Pfleger, sondern auch Krankengymna-
stinnen, Ergotherapeutinnen und alle Mitarbei- ter darauf eingestellt, den melancholischen Pa- tienten in der richtigen Weise zu führen. Ohne diese Basis ist eine stationäre Behandlung nicht statthaft. Bettbehandlung mit Infusionen in ei- ner nicht psychiatrischen Abteilung sind kontra- induziert.
Die meisten Melancholischen aber können dank der heutigen therapeutischen Möglichkei- ten ambulant behandelt werden. Der Arzt in der Praxis kann sich hieran beteiligen, wenn er sich entsprechende Kenntnisse aneignet und mit ei- nem Psychiater zusammenarbeitet. Es gibt also eine Reihe von Gründen, sich über diese unge- wöhnliche Krankheit zu informieren, um nicht die wirksame Therapie zu vernachlässigen oder eine Überweisung zu versäumen.
Anschrift des Verfassers:
Prof. Dr. med. Rainer Tölle
Klinik für Psychiatrie der Universität
Albert-Schweitzer-Straße 11 • W-4400 Münster
LP(a) —
eine Voraussage des koronaren Risikos
LP(a) stellt eine Klasse von Li- poproteinpartikeln dar, die in der Li- pidkomposition den Low-density-Li- poproteinen (LDL) verwandt sind, und eine Proteinbande, die ApoB 100. Es bestehen erhebliche struktu- relle Ähnlichkeiten mit Plasmino- gen. Hohe Plasmaspiegel von LP(a) bedeuten eine Verstärkung des athe- rosklerotischen und besonders des kardiovaskulären Risikos. Der Wir- kungsmechanismus betrifft sowohl die atherogenen Lipoproteine als auch die Gerinnungsfaktoren. Be- sondere Bedeutung kommt dem Faktor dann zu, wenn weitere Risi- kofaktoren bestehen. Deren Korrek- tur ist erfolgversprechender als eine gezielte Korrektur des LP(a), die noch immer unbefriedigend ist. Bei familiärer Belastung und insbeson- dere beim Auftreten von Herzinfark- ten im jugendlichen und mittleren Lebensalter sind also LP(a)-Analy- sen unbedingt erwünscht. Verwiesen sei ferner auf die protektive Wirkung
von HDL im Atheroskleroseprozeß, wie sie in einer neuesten Ubersicht in Clinical Cardiology ([14], 2, 1991, 1-17-24) durch John T. Gwynne be- richtet wurde. sht
A. M. Scanu: LP(a) as a Marker for Coro- nary Heart Disease Risk. Clinical Cardio- logy 14, 2, (1991), 35-39.
Angelo M. Scanu, The University of Chica- go, 5841 South Maryland Avenue, Box 231, Chicago, IL 60637, USA.
Thyroxin
und Knochendichte
Thyroxin beeinflußt den Kno- chenstoffwechsel durch direkte Sti- mulation von Osteoklasten und führt dadurch zu einer verminderten Kno- chendichte und erhöhter Frakturge- fährdung.
Um den Einfluß einer langjähri- gen Thyroxinmedikation auf die Ske- lettmineralisation festzustellen, un- tersuchten die Autoren bei je 28 prä- und postmenopausalen Frauen ra- diodensitometrisch die Knochen- dichte des Schenkelhalses sowie der Wirbelkörper. Alle Patientinnen hat- ten eine langjährige (10 bis 24 Jahre) L-Thyroxin-Therapie mit im Norm-
FUR SIE REFERIERT
bereich liegenden freien Thyroxin-In- dex (FT4I) durchgeführt. Prämeno- pausale Frauen hatten geringfügig, aber statistisch signifikant geringere integrierte Knochendichten für Wir- belkörper ( — 3,1 Prozent) und Schen- kelhals ( — 5,1 Prozent) als es dem Alter entsprochen hätte, bei den postmenopausalen Frauen zeigte sich eine signifikante Abnahme der Knochendichte nur am Schenkelhals ( — 6,2 Prozent). Nach Analyse von Untergruppen war dieser Unter- schied jedoch nur bei den Frauen mit früher behandelter Hyperthyreose vom Typ Basedow nachweisbar.
Eine L-Thyroxin-Medikation mit im Normbereich liegendem FT 4I hat nach Ansicht der Autoren nur geringe Auswirkungen auf die Kno- chendichte bei Frauen und sollte kei- ne Kontraindikation zur Therapie darstellen. acc
Greenspan, Susan L. et al.: Skeletal Integri- ty in Premenopausal and Postmenopausal Women Receiving Long-Term L-Thyrox-
ine Therapy. Am. J. Med. 91 (1991) 5-14 Susan L. Greenspan, M. D., Gerontology Division, Beth Israel Hospital, 330 Brook- line Avenue, Boston, Massachusetts 02215, USA.
Dt. Ärztebl. 88, Heft 44, 31. Oktober 1991 (65) A-3733