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Review des Draize Tests für Augenreizungen

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Review des Draize Tests für

Augenreizungen

Abschlussarbeit Postgradualstudium Toxikologie der Universität Leipzig

Dipl. Biol. Susanne Scheiwiller

Zürich, 10. März 2005

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Zusammenfassung

Der Draize Test zur Prüfung auf Augen reizende Eigenschaften, kurz Draize Test, wird seit den 40ger Jahren des 20. Jahrhunderts für die Prüfung von Substanzen auf ihr Augen reizendes Potenzial an Kaninchen durchgeführt. Dieser war 1938 von der FDA nach wiederholtem Auftreten von Erblindungen beim Menschen durch

Wimperntuschen, ohne Validierung eingeführt worden. Heute ist er Bestandteil der akuten Toxizitätsprüfung verschiedener nationaler und internationaler Richtlinien.

Bereits in den 60ger Jahren kamen aufgrund von vergleichenden Studien innerhalb und zwischen verschiedenen Labors Zweifel an der Reproduzierbarkeit und

Vorhersagekraft dieses Tests auf. Diese Zweifel wurden in späteren Studien

bestätigt. Der Draize Test wurde und wird unter anderem kritisiert, weil er sich auf die subjektive Beobachtung von Verletzungen am Auge stützt, durchgeführt wird ohne Bezug zu nehmen auf die Wirkungen von Referenzsubstanzen, die Effekte beim Menschen überschätzt, der Test erfahrene Fachleute voraussetzt, Auswirkungen auf nur drei Gewebetypen beschreibt und die Resultate als verzerrte Werte, abgeleitet von beobachteten Werten dargestellt werden. Erschwerend kommt hinzu, dass die verschiedenen Länder unterschiedliche Klassifizierungsschemata anwenden, was zu einer uneinheitlichen Einstufung von Substanzen führen kann. Die variable

Datenbasis aus dem Draize Test sowie die unterschiedlichen

Klassifizierungsschemata haben den Ersatz des Draize Tests durch alternative Methoden bis heute weitgehend verunmöglicht. Als problematisch hat sich auch der für die Validierung von alternativen Methoden verwendete in vivo Endpunkt, der MAS (Maximum Average Score), herausgestellt, weil es sich dabei um einen summierten Wert handelt, der die Effekte aller drei im Draize Test untersuchten Gewebetypen beinhaltet und die einzelnen Gewebetypen nicht angemessen wiederzuspiegeln vermag. Zudem ist die Variabilität der in vivo MAS Werte im mittleren Bereich der Draize Skala (15-50) sehr hoch, was die Validierung von in vitro Methoden in diesem Bereich erschwert. Einzig für korrosive Substanzen sind i n einzelnen Ländern

Europas alternative Methoden wie HET-CAM (Hen’s Egg Test – Chorio-allantoic Membrane), BCOP (Bovine Corneal Opacity and Permeability Test), IRE (Isolated Rabbit Enucleated Eye Test) und ICE (Isolated Chicken Eye) Test zugelassen.

Es ist seit langem bekannt, dass der Draize Test die Effekte beim Menschen zum Teil stark überschätzt. Aus diesem Grund wurden bereits in den 80ger Jahren Studien mit dem Low Volume Eye Test (LVET) durchgeführt. Im Gegensatz zum Draize Test wird im LVET nur ein zehntel der Dosis direkt auf die Kornea (anstatt in den Bindehautsack) appliziert. Resultate diverser Studien zeigten, dass der LVET geeigneter ist, Effekte, ausgelöst durch Substanzen am Menschen vorherzusagen.

Im 2005 wird eine Validierungsstudie zeigen, ob diese Resultate in einer breit angelegten Studie bestätigt werden können. Dank der geringeren Dosis, die appliziert wird, vermag dieser Test das Leiden der Tiere im Versuch zu lindern. Da der LVET die gleichen Nachteile mit sich bringt wie der Draize Test, ist fraglich, ob er für die Validierung von alternativen Methoden besser geeignet ist.

Wie das Beispiel des „Skin absorption“ in vitro Tests gezeigt hat, ist es möglich, alternative Methoden ohne formale Validierung zu anerkennen, so die Bereitschaft zur Offenlegung und zum Austausch der in vitro Daten vorhanden ist. Der „Skin absorption“ Test wurde nach einem 10 jährigen internationalen wissenschaftlichen und politischen Disput aufgrund von „in house“ Daten der Kosmetik- und

Pflanzenschutzindustrie anerkannt. Ein ähnliches Vorgehen könnte auch bei den alternativen Methoden für den Draize Test endlich zum Erfolg führen.

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1. Einleitung

Das menschliche Auge ist ein empfindliches Organ, das aufgrund seiner Lage und Anatomie Gefahren von aussen in besonderem Masse ausgesetzt ist. Durch den Kontakt mit Chemikalien bspw. kann das Auge geschädigt oder im schlimmsten Fall zerstört werden. Daher ist es wichtig, dass Stoffe vor ihrer Zulassung auf dem Markt auf ihre Augen reizenden Eigenschaften geprüft und die Produkte entsprechend gekennzeichnet werden. Sicherheitsprüfungen am Auge werden seit den 40ger Jahren des letzten Jahrhunderts im Tierversuch am Kaninchen durchgeführt. Es existieren heute verschiedene nationale und internationale Richtlinien, die die

Zulassung von Chemikalien und Produkten regeln. Allen gemeinsam ist das zum Teil leicht abgeänderte Bewertungsschema, das von John Draize zur Prüfung der lokalen Verträglichkeit von Substanzen am Auge entwickelt wurde (Draize et al., 1944).

Bereits seit den 60ger und 70ger Jahren kamen begründete Zweifel an der Zuverlässigkeit und Aussagekraft des Draize Tests auf (Russel and Hoch, 1962;

Rieger und Battista, 1964; Weltman und Sparber, 1965; Weil and Scala, 1971;

Ballantyne and Swanston, 1977). In diversen Studien wurde festgestellt, dass die Variabilität innerhalb und zwischen Labors bei Prüfung gleicher Substanzen zum Teil erheblich ausfiel. Diese Ergebnisse wurden in späteren Arbeiten bestätigt (Williams et al., 1982; Cormier et al., 1996; Earl et al., 1997; York and Steiling, 1998). Als problematisch wurden auch die strukturellen und physiologischen Unterschiede zwischen dem Auge des Kaninchens und dem menschlichen Auge angesehen (Atkinson et al., 1992), was Zweifel an der Übertragbarkeit der Ergebnisse vom Kaninchen auf den Menschen aufkommen liess. Aus diesen Gründen wurde das

„Kaninchenmodell“ von verschiedenen Autoren als ungeeignet für die Vorhersage von Stoffen angesehen, die das menschliche Auge schädigen können (Ballantyne and Swanston, 1977; Buehler a nd Newmann, 1964; Coulston and Serrone, 1969;

Sharpe, 1985). Der Draize Test wurde aber auch kritisiert wegen der subjektiven Bewertung des Schadens (Scoring), den hohen Dosen, die eingesetzt werden, der Überschätzung der Reaktion beim Menschen und dem Einsatz von Tieren (Bruner, 1992). All diese Gründe führten zur Entwicklung von alternativen Methoden zum Draize Test. Diese Methoden zielten einerseits auf ein Refinement des in vivo Tests, andererseits aber auch auf einen Ersatz des Draize Tests ab. Bis heute ist es jedoch nicht gelungen, den Draize Test vollständig zu ersetzen. In der EU werden seit 1995 in vitro Methoden zur Einstufung stark Augen reizender Stoffe akzeptiert. Es handelt sich dabei um den HET-CAM (Hen’s Egg Test – Chorio-allantoic Membrane), BCOP (Bovine Corneal Opacity and Permeability Test), IRE (Isolated Rabbit Enucleated Eye Test) und ICE (Isolated Chicken Eye) Test. Die Bestätigung der

Unbedenklichkeit muss jedoch noch im Draize Test erfolgen. Die Gründe, warum bis heute kein Ersatz des Draize Tests möglich ist, sind vielfältig. Ein Hauptgrund ist sicher, dass der Draize Test im Gegensatz zu den Tests, die ihn ersetzen sollen, weder standardisiert ist noch validiert wurde, also keine Daten vorliegen, die dessen Zuverlässigkeit aufzeigen und dessen Reproduzierbarkeit belegen. Mit der

vorliegenden Arbeit sollen die Schwachpunkte des Draize Tests am Auge anhand der Prüfvorschriften und einer Analyse der Studien, die bis heute zur

Reproduzierbarkeit und Vorhersagbarkeit des Draize Tests durchgeführt wurden, aufgezeigt und diskutiert werden.

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2. Test auf Augen reizende Eigenschaften – behördliche Vorgaben

Substanzen und Produkte müssen vor ihrer Zulassung auf ihre Augen reizenden Eigenschaften und ihre Unbedenklichkeit hin untersucht werden. Diese Prüfung umfasst unter anderem auch das Testen auf mögliche Schädigungen am Auge.

Nebst den i nternationalen OECD Richtlinien verfügen verschiedene Länder, wie die USA, Kanada, die Europäische Union, Japan u.a. zusätzlich über nationale

Vorschriften und Richtlinien, die sich mehr oder weniger stark in ihrem Prüfvorgehen und der anschliessenden Klassifizierung der Substanzen unterscheiden. Um die aus den verschiedenen Prüfvorgehen resultierenden möglichen unterschiedlichen

Einstufungen von Chemikalien zu verhindern, wurde der Ruf nach einer

Harmonisierung der Klassifizierung laut. Die OECD Task Force on Harmonization of Classification and Labelling (Task Force on HCL) und die UNCETDG/ILO Working Group gaben den Anstoss zur Entwicklung des Globally Harmonized System of Classification and Labelling of Chemicals, das voraussichtlich im Jahre 2008 eingeführt wird (2.2.5).

2.1 Geschichte der Prüfung von Substanzen auf Augen reizende Eigenschaften

Beobachtungen von Wirkungen chemischer Substanzen auf die Augen gehen bis ins 19. Jahrhundert zurück, als G. J. Beer um 1813 feststellte, dass Säuren das Auge weniger stark schädigen als Basen (Seifried, 1986). Zahlreiche klinische und experimentelle Studien zur Wirkung von Säuren und Basen folgten während des ersten und zweiten Weltkriegs. Die Tatsache, dass bei Männern, die während des ersten Weltkriegs chemischen Agenzien ausgesetzt waren, verzögert eine Keratitis auftrat, veranlasste Mann und Pullinger dazu, die Aktivität von Senfgas am

Kaninchenauge zu testen (Mann and Pullinger, 1942). In diesen klassischen Studien wurden die Resultate am Kaninchen mit denjenigen beim Menschen verglichen.

Bereits bei diesen Studien zeigte sich, dass das Kaninchenauge im Allgemeinen empfindlicher reagiert als das menschliche Auge. Diese Ergebnisse wurden von Friedenwald et al. (1944) zum Anlass genommen, unter der Schirmherrschaft des U.S. Office of Scientific Research and Development, die Wirkung von anorganischen Säuren auf die Hornhaut des Kaninchenauges zu prüfen. Mit einem von dieser Gruppe entwickelten numerischen Wertesystem (Scoring System) wurde die

Reaktion am Auge quantitativ erfasst. Auch Carpenter und Smith (1946) beschrieben Auswirkungen von Chemikalien auf die Hornhaut von Kaninchen und präsentierten in ihrer Arbeit von 1946, die Resultate von 180 untersuchten Chemikalien enthielt, ein ähnliches Scoring System wie Friedenwald. In ihren Arbeiten wiesen die Autoren auf die geringere Kapazität des Kaninchenauges zur Regeneration hin und beschrieben strukturelle Unterschiede zwischen Auge von Kaninchen und Mensch. Ausgehend vom Scoring System von Friedenwald entwickelte John Draize von der FDA (Food and Drug Administration) 1944 ein standardisiertes und vereinfachtes Punktesystem für Augenschädigungen. Dieses erleichterte das Abschätzen potenzieller

Verletzungen bei Produkten, die Unfall bedingt ins Auge gelangten. Es ist das System von Draize aus dem Jahre 1944, das zum Teil in leicht abgeänderter Form bis heute in den meisten Richtlinien zur Prüfung auf Augen reizende Eigenschaften zur Anwendung kommt.

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2.1.1 Scoring Systeme für das Erfassen von Reizungen am Auge 2.1.1.a Scoring System von Friedenwald

Im Jahre 1944 publizierten John Friedenwald und Mitarbeiter (Friedenwald et al., 1944) in ihrem Artikel „Acid-base tolerance of the cornea“ eine numerische Methode, um das Ausmass und die Schwere von Verletzungen zu erfassen, die durch

korrosive Agenzien an der Hornhaut von Kaninchen entstanden (Tab. 1). Dabei stützten sie sich auf die Arbeiten von Sherman and Smith (1931), die in einer früheren Arbeit eine numerische Methode für die quantitative Bewertung der

Schwere bedeutender Krankheitsformen beschrieben hatten und auf Rothenschild et al. (1934), die deren Methode auf Verletzungen am Auge von Meerschweinchen übertrugen.

Tab. 1: Scoring System von Friedenwald et al. (1944). Das Ausmass von Verletzungen an der Hornhaut von Kaninchen ausgelöst durch korrosive Substanzen wird numerisch erfasst.

Merkmal Maximaler

Grad, Punkte Hornhauttrübung

Intensität 8

Fläche 4

Weniger als ein Viertel der Hornhaut = 1 Weniger als die Hälfte der Hornhaut = 2 Weniger als drei Viertel der Hornhaut = 3 Mehr als drei Viertel der Hornhaut = 4

Dauer 4

1 bis 3 Tage = 1 4 bis 6 Tage = 2 7 bis 13 Tage = 3 14 Tage und mehr = 4

Hornhautödem oder -schwellung (erkennbar mit Spaltlampe und Lupe)

4

Hornhautablösung oder Ulzeration 4

Ablösung des Epithels = 1 Mässige Ablösung = 2 Ausgeprägte Ablösung = 3 Perforation = 4 (100% Läsion)

Pannus (einschliesslich Dichte und Umfang) 4 Bindehaut

Rötung 2

Ödem 2

Nekrose 2

Absonderungen 2

Iritis 4

Enge Pupille und Photophobie = 1

Kongestion der Iris oder positiver Sehstrahl = 2 Exudative Iritis = 3

Panophtamitis = 4

40 x 2.5 100%

Für die Einstufung der Verletzungen wurden signifikante Symptome ausgewählt.

Diesen wurden, entsprechend ihrer relativen Bedeutung, unterschiedliche maximale

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Werte zugeordnet (Tab. 1). Diese Einzelwerte wurden zum Abschätzen des

Gesamtschadens zu einem Endwert addiert. Die Dauer der Hornhauttrübung wurde lediglich in die abschliessende Beurteilung der Verletzung miteinbezogen. Gemäss dem Schema von Friedenwald wurde für Verletzungen, die bei allen Symptomen den höchsten Grad erreichten, die maximale Punktzahl von 40 vergeben, was 100%

entspricht. Da die Perforation der Hornhaut einem maximalen Schaden gleichkommt wurde diese Verletzung als 100% eingestuft, unabhängig davon, ob bei der

Aufsummierung der Werte der Symptome ein geringerer Wert resultierte.

Friedenwald betonte, dass zwischen zwei Endwerten kein linearer Zusammenhang besteht, eine Punktzahl von 20 nicht auf eine halb so gravierende Verletzung hinweist wie eine Punktzahl von 40. Es wird einzig angenommen, dass bei zwei Verletzungen gleichen Alters der höhere Grad der schwerwiegenderen Verletzung zugeordnet wird. Friedenwald testete seine Methoden mit verschiedenen korrosiven Agenzien an 400 Kaninchenaugen und kam zum Schluss, dass das numerische Punktesystem ein brauchbares Werkzeug zur Abschätzung der Schwere von Verletzungen am Auge darstellt. Die Einstufungen durch verschiedene Beobachter ergaben für das gleiche Auge ähnliche Resultate. Zudem konnte Friedenwald zeigen, dass oberhalb eines pH´s von 11,5 und unterhalb von 2,5 an der Kornea sehr starke Schäden auftreten. Diese Beobachtung schuf die Voraussetzung für den Einbezug des pH Wertes als ein Kriterium beim Prä-Screening von Substanzen.

2.1.1.b Scoring System von Draize

Im Zuge seiner Untersuchungen an Chemikalien und deren reizenden und toxischen Eigenschaften auf Haut und Schleimhäute, bediente sich John Draize von der Food and Drug Administration des Scoring Systems von Friedenwald. Dieses System, das physiologischen Erscheinungen numerische Werte zuordnet, also erlaubt, qualitative Beobachtungen physiologischer Effekte in qua ntitative objektive Messungen zu transformieren, befand Draize als überzeugend. Zusammen mit seinen Mitarbeitern veränderte er das System von Friedenwald geringfügig und erweiterte das gleiche Prinzip auf die Evaluierung anderer physiologischer Effekte. Verletzungen an der Hornhaut, an den Schleimhäuten der Bindehaut und Augenlidern sowie an der Iris wurden einzeln bewertet (Draize et al., 1944; Tab. 2). Um eine Standardisierung des Scorings zu erreichen, ergänzte er die verschiedenen Verletzungen mit detaillierten Beschreibungen, was die Interpretation der Beobachtung und die Zuordnung des numerischen Wertes erleichtern sollte. Auf diese Weise sollte die Variabilität von Ergebnissen, erfasst durch verschiedene Beobachter, in Grenzen gehalten werden.

Der maximale okulare Reizscore ist die Summe aller Scores für Hornhaut, Iris und die Schleimhäute der Bindehaut multipliziert mit einem Gewichtungsfaktor und beträgt 110 Punkte. Verletzungen an der Kornea und Iris machen zusammen 80%

des Gesamtscores aus, wobei zu beachten ist, dass obwohl die minimalen Scores für Hornhaut und Iris gleich sind, der maximale Wert für die Iris nur das Doppelte des minimalen Hornhautscores und nur einen Achtel des maximalen Hornhautscores beträgt. Die unterschiedliche Gewichtung der Scores trägt der Bedeutung dieser Strukturen für den normalen visuellen Vorgang Rechnung. Schwerwiegende Verletzungen wie Pannus, Konjunktivalabszess und Zerreissen des Augapfels werden auch erfasst. Im Gegensatz zu Friedenwald werden bei Draize keine

Vergrösserungsvorrichtungen zur Bewertung der Augenreaktion eingesetzt (Draize, 1944). Erst 1955 verwies er auf die Vorteile der Vergrösserung, wie es vor ihm schon andere getan hatten und fügte diese in seinen Test ein (Draize, 1955). Zusätzlich zum Scoring S ystem machte Draize auch Angaben zur Durchführung des Tests am Kaninchen. Im klassischen Draize Test werden 9 Albino-Kaninchen eingesetzt. 0,1

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ml der zu testenden Substanz wird in den Bindehautsack eines Auges geträufelt. Das andere Auge dient als Kontrolle. 2 bis 4 Sekunden nach Einträufelung der

Testsubstanz werden die behandelten Augen von zwei Gruppen à 3 Tiere mit 20 ml lauwarmem Wasser gespült, dies, um nachweisen zu können, ob der Vorgang des Auswaschens positive oder negative Auswirkungen auf den weiteren Verlauf des Tests hat. Die Augen werden nach 1, 24, 48, 72 Stunden und nach 4 und 7 Tagen untersucht oder solange die Verletzung besteht. Die Untersuc hung nach einer Stunde bleibt in den Artikeln von 1955 und 1959 unerwähnt. Die Substanzen, die eine Verletzung der Hornhaut und Iris bewirken, die nach 7 Tagen nicht ausgeheilt ist, werden als stark Augen reizend eingestuft. Draize gibt zudem an, dass es mit seiner Methode möglich ist, das Ausmass der Verletzung abzuschätzen oder zu bewerten und dass Informationen über die Heilungschancen der Verletzungen erhalten werden können.

Tab. 2. Scoring System von Draize et al. (1944). Skala der gewichteten Scores für die Einstufung der Schwere von Verletzungen am Auge.

Der maximale Gesamtwert ist die Summe aller Werte für die Hornhaut, die Iris und die Bindehäute.

1. Hornhaut

A. Opazität – Trübungsgrad (für die Beurteilung wurde die dichteste Stelle genommen)

Verstreute oder diffuse Bereiche – Einzelheiten der Iris klar sichtbar 1 Leicht erkennbare, durchscheinende Bereiche, Einzelheiten der Iris leicht

verdunkelt

2 Opaleszierende Bereiche, keine Einzelheiten der Iris sichtbar, Grösser der Pupille kaum erkennbar

3

Opake Hornhaut, Iris nicht erkennbar 4

B. Betroffener Hornhautbereich

Ein Viertel (oder weniger) aber nicht null 1

Grösser als ein Viertel – weniger als die Hälfte 2

Grösser als die Hälfte – weniger als drei Viertel 3

Grösser als drei Viertel bis zur gesamten Hornhautfläche 4 Score entspricht A X B X 5 Maximaler Wert = 80

2. Iris A. Werte

Ausgesprochen vertiefte Falten, Kongestion, Schwellung, circum-corneale Injektion (eines dieser Symptome oder eine Kombination der verschiedenen Symptome), die Iris reagiert noch auf Licht (träge Reaktion ist positiv)

1

Keine Reaktion, Hämorrhagie, starke Zerstörung (eines oder alle Symptome) 2 Score entspricht A X 5 Möglicher maximaler Wert = 10

3. Bindehäute

A. Rötung (bezieht sich nur auf palpebrale Bindehäute)

Blutgefässe zeigen eine deutliche Hyperämie (Injektion) 1 Diffuse, karmesinrote Farbe, einzelne Gefässe nur schwer erkennbar 2

Diffuses kräftiges Rot 3

B. Chemosis

Jede über dem Normalen liegende Schwellung (einschl. Nickhaut) 1 Eindeutige Schwellung mit partieller Auswärtskehrung der Lider 2

Schwellung mit etwas halb geschlossenen Lidern 3

Schwellung mit mehr als halb geschlossenen bis ganz geschlossenen Lidern 4 C. Absonderungen

Jede vom Normalzustand abweichende Absonderung (betrifft nicht geringe Mengen, die normalerweise im inneren Augenwinkel beobachtet werden)

1

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Absonderungen mit einer Befeuchtung der Lider und Haare beinahe angrenzend an die Lider

2 Absonderungen mit einer Befeuchtung der Lider und eines beträchtlichen

Bereiches rund ums Auge

3 Score (A + B + C) X 2 Maximaler Wert = 20

Für das Testen von Feststoffen und Pasten liegen keine Angaben vor. Obwohl der Draize Test den Einsatz von 3 Gruppen à 3 Tiere vorschreibt, wurde das 2 Sekunden Auswaschen häufig weggelassen. Stattdessen wurden bei 6 Tieren die Augen nicht und bei 3 Tieren die Augen nach 4-5 Sekunden ausgewaschen (Seifried, 1986).

2.1.1.c Scoring System von Kay und Calandra

Auf der Grundlage des Scoring Systems von Draize entwickelten Kay und Calandra (1962) ein Bewertungssystem, das nicht nur möglich macht, die Reizantwort in eine einfache, verständliche Form zu übersetzen, sondern auch Vergleiche mit Resultaten von anderen Produkten erlaubt. Nach Durchführung des Tests werden die Scores analysiert und in einer einfachen, deskriptiven Form bewertet. Das wesentliche Kriterium für die Bewertung ist das Ausmass der Reizung, deren Persistenz und die Konsistenz der Daten. Das Augenmerk beim Klassifizierungssystem von Kay und Calandra liegt auf der Verletzung der Hornhaut und weniger auf der Reizung der Bindehäute und der Iris. Aufgrund der Klassifizierung wird ein Produkt einer von acht Reizstufen zugeordnet (Tab. 3).

Tab. 3: Deskriptive Einstufung von Reizungen am Auge (Kay und Calandra, 1962).

Klasse Deskriptive Einstufung Symbol

0 Nicht reizend (Nonirritating) N

1 Praktisch nicht reizend (Practically nonirritating) PN 2 Minimal reizend (Minimally irritating) M1

3 Leicht reizend (Mildly irritating) M2

4 Mässig reizend (Moderately irritating) M3

5 Stark reizend (Severly irritating) S

6 Äusserst reizend (Extremely irritating) E 7 Maximal reizend (Maximally irritating) MX

Die Klassifizierung von Produkten erfolgt in drei Schritten (Tab. 4, Tab. 5). In den ersten beiden Schritten wird eine provisorische Einstufung vorgenommen. Der dritte Schritt stellt sicher, dass bestimmte Anforderungen erfüllt sind, bevor eine vorläufige Einstufung zu einer definitiven Einstufung wird. Das System von Kay und Calandra wurde nicht entwickelt, um Resultate zu erhalten, die exakt die Reaktionen beim Menschen widerspiegeln. Mit der Methode von Kay und Calandra wird die maximale okulare Reizung erfasst, die beim Menschen auftreten kann. Die Autoren wandten ihr Klassifizierungssystem auf drei Arten von kosmetischen Produkten an. Dabei fanden sie heraus, dass unverdünnte Produkte meistens in die Kategorie „Moderately

Irritating“ fielen. Das Testen gleicher, aber verdünnter Produkte führte zu einer Einteilung in eine tiefere Klasse. Zudem zeigte sich, dass die meisten der

untersuchten kosmetischen Produkte unter den damals gegebenen Richtlinien als Augen reizend hätten eingestuft werden müssen. Kay und Calandra folgerten, dass es schwierig, wenn nicht gar unmöglich ist, ein numerisches System zu entwickeln, das geeignet ist, Augen reizende Substanzen zu bewerten und zu klassifizieren.

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Tab. 4: Klassifizierung von Ve rbindungen basierend auf den Eigenschaften der Augenreizung (Schritt 1 und 2) (Kay und Calandra, 1962).

Schritt 1: Ermittle den durchschnittlichen Gesamtscore für alle drei Gewebe innerhalb der ersten 96 Std. nach Applikation, für den die Inzidenz dieses Scores plus oder minus 5 Punkte mindestens 40% beträgt.

Schritt 2: Wähle eine provisorische Einstufung aufgrund des Scores aus Schritt 1 wie folgt:

Punktzahl aus Schritt 1 Provisorische Augenreizung 0.0 bis 0,5 Punkte Nicht reizend (Nonirritating)

0,5 bis 2,5 Punkte Praktisch nicht reizend (Practically nonirritating)

2,5 bis 15 Punkte Minimal reizend (Minimally irritating) 15 bis 25 Punkte Leicht reizend (Mildly irritating) 25 bis 50 Punkte Mässig reizend (Moderately irritating) 50 bis 80 Punkte Stark reizend (Severely irritating) 80 bis 100 Punkte Extrem reizend (Extremely irritating) 100 bis 110 Punkte Maximal reizend (Maximally irritating) Für Grenzwerte, wähle die höhere Einstufung

Tab. 5: Klassifizierung von Verbindungen basierend auf den Eigenschaften der Augenreizung (Schritt 3) (Kay und Calandra, 1962).

Provisorische Einstufung Anforderungen für die Beibehaltung

N MTS24 = 0; für MTS24 >0, erhöhe um eine Stufe

PN Wie für N

M1 MTS48 = 0; für MTS48 > 0, erhöhe um eine Stufe M2 MTS96 = 0; für MTS96 > 0, erhöhe um eine Stufe M3 1. MTSf ≤ 20; für MTSf > 20, erhöhe um eine Stufe

2. ITSf ≤ 10 (60%); falls nicht zutreffend, dann darf kein Kaninchen zeigen ITSf > 30; andernfalls erhöhe um eine Stufe

S 1. wie für M3 mit Ausnahme von MTSf ≤ 40

2. wie für M3 mit Ausnahme von ITSf ≤ 30 (60%) und für hohe 60

E 1. wie für M3 mit Ausnahme von MTSf ≤ 80

2. wie für M3 mit Ausnahme von ITSf ≤ 60 (60%) und für hohe 100

MX 1. MTSf > 80 (60%); für MTSf ≤ 80, erniedrige um eine Stufe 2. ITSf > 60 (60%); andererseits erniedrige um eine Stufe Symbole: MTS: mean total score (durchschnittlicher Gesamtwert), ITS: individual rabbit total score (Gesamtwert individueller Kaninchen). Tiefgestelltes bezeichnet die Scoring Intervalle: 24, 48, 96 Stunden. f: final score (Endwert) (7 Tage).

2.1.1.d Scoring System von Carpenter und Smith

Bereits im Jahre 1944 hatten Carpenter und Smith eine quantitative Testmethode für Substanzen beschrieben, die fähig sind, das Kaninchenauge zu schädigen

(Carpenter and Smith, 1944). Aufgrund von gehäuft auftretenden Augenverletzungen durch Substanzen, die unfallbedingt ins Auge gelangten, erachteten es die Autoren als der Mühe wert, die Schwere der Augenverletzungen, die durch eine Vielzahl von Chemikalien und Mixturen entstehen, in Grade einzuteilen. Die Untersuchungen starteten im Jahr 1938. Carpenter und Smith untersuchten 180 Chemikalien in verschiedenen Konzentrationen an über 4000 Kaninchen. Zur Evaluierung des Augenschadens setzten sie das von ihnen entwickelte Schema ein, das

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Verletzungen in numerische Werte übersetzt. Dieses ist demjenigen von Friedenwald et al. (1944) ähnlich (Tab. 6). Die Tests wurden an Albino Kaninchen d urchgeführt.

Die unverdünnte Substanz wurde in verschiedenen Konzentrationen (0,005 ml, 0.02 ml, 0,1 ml, 0,5 ml) auf die Hornhaut aufgetragen, während die Lider offen gehalten wurden. Nach einer Minute wurden die Lider losgelassen. Bei hohen

Konzentrationen wurden die Augenlider während einer Minute nach Applikation der Substanz geschlossen gehalten. Diese Prozedur sollte den engen Kontakt der Substanz mit der Hornhaut garantieren. Nach 18-24 Stunden wurde das behandelte Auge mit Hilfe von Fluorescein Färbung untersucht. Der Gesamtscore ergab sich aus dem Mittelwert der individuellen Werte aus üblicherweise 5 mit gleichen

Konzentrationen behandelten Kaninchen. Numerische Werte von 1 bis 10 gaben den Grad der Verletzung an (Tab. 7). Carpenter und Smith hielten nebst den Effekten, die die pH Pufferung auf das Augengewebe hat, die geringeren regenerativen

Eigenschaften des Kaninchenauges (im Vergleich zum menschlichen Auge) und strukturelle Unterschiede zwischen Kaninchenauge und menschlichem Auge fest.

(Seifried et al., 1986).

Tab. 6: System für die numerische Bewertung von Verletzungen am Kaninchenauge 24 Stunden nach Applikation einer Substanz (Carpenter und Smith, 1944).

Symptom erkennbar vor dem Einsatz von Fluorescein Färbung

Punkte Maximum

Hornhaut matt 2

Hornhaut opak, weniger als die Hälfte der Fläche 4

Hornhaut opak, mehr als die Hälfte der Fläche 6 6

Keratokonus 6

Iritis, leicht Kongestion im Innern 1

Iritis, starke Kongestion im Innern 2 2

Symptom erkennbar nach Fluorescein Färbung (im Falle einer diffusen Nekrose gebe Punkte entsprechend der Hälfte der

beobachteten Fläche dazu)

Nekrose auf weniger als 5% der Hornhaut 1

Nekrose auf 5 bis 12% 2

Nekrose auf 13 bis 37% 3

Nekrose auf 38 bis 62% 4

Nekrose auf 63 bis 87% 5

Nekrose auf 88 bis 100% 6 6

Total 20

Tab. 7: Grad der Verletzung für die Einstufung des relativen Schadens, der durch eine Chemikalie am Auge entstanden ist (Carpenter und Smith, 1944).

Grad der Verletzung

Definition

1 0,5 ml unverdünnt ergibt eine Verletzung von 0 bis 1,0 Punkte 2 0,5 ml unverdünnt ergibt eine Verletzung über 1,0 bis 5,0 Punkte

3 0,1 ml unverdünnt ergibt eine Verletzung von bis zu 5,0 Punke (0,5 ml gibt mehr als 5,0)

4 0,02 ml unverdünnt ergibt eine Verletzung von bis zu 5,0 points (0,1 ml gibt mehr als 5,0)

5 0,005 ml unverdünnt ergibt eine Verletzung von bis zu 5,0 points (0,02 ml gibt mehr als 5,0)

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6 Überschreiten von 40% Lösung ergibt eine Verletzung von bis zu 5,0 Punke (0,005 ml gibt mehr als 5,0)

7 Überschreiten von 15% Lösung ergibt eine Verletzung von bis zu 5,0 Punkte (40% gibt mehr als 5,0)

8 Überschreiten von 5% Lösung ergibt eine Verletzung von bis zu 5,0 Punkte (15% gibt mehr als 5,0)

9 Überschreiten von 1% Lösung ergibt eine Verletzung von bis zu 5,0 Punkte (5% gibt mehr als 5,0)

10 Übermass an 1%iger Lösung ergibt eine Verletzung von über 5,0 Punkten

2.1.3 Kritik der Scoring Systeme

Subjektive Scoring Systeme stehen seit Jahrzehnten in der Kritik, im Besonderen dasjenige von Draize et al. (1944), da dieses Einzug in nationale und internationale Richtlinien gefunden hat und Grundlage für die Klassifizierung von chemische n Substanzen bildet. Das Scoring System von Draize wird von verschiedenen Autoren kritisiert, weil es sich auf subjektive Beobachtung der Reaktion am Auge stützt, durchgeführt wird ohne Bezug zu nehmen auf die Wirkungen von

Referenzsubstanzen (York and Steiling, 1998), die Reaktion beim Menschen überschätzt, für die Erhebung der Resultate sehr gut ausgebildete Fachleute

erforderlich sind (Seifried, 1986), Auswirkungen auf nur drei Gewebetypen beschreibt und die Resultate als verzerrte Scores, abgeleitet von beobachteten Werten

angegeben werden (Ballantyne and Swanston, 1977).

Im Draize Test werden drei Gewebetypen untersucht: Hornhaut, Iris und die Bindehäute. Für die einzelnen Gewebe werden verschiedene Merkmale bewertet.

Dies sind bei der Hornhaut die Trübung und die Grösse der betroffenen

Hornhautfläche, bei der Iris die Reizung und bei den Bindehäuten die Rötung, die Schwellung und die Sekretion. Es gibt Stimmen, die bezweifeln, dass das Testen all dieser Parameter notwendig ist. Chambers et al. (1993) schreiben in ihrer Arbeit, dass, um zu bestimmen, ob ein Produkt reizende Eigenschaften hat, es nicht

notwendig sei, alle diese Parameter zu erfassen. Die wichtigsten Parameter, die es zu erfassen gibt, sind diejenigen, die eine bestimmte Verletzung am Auge bewirken oder den Sehvorgang beeinträchtigen. Hier zählen sie jede Form von Opazität dazu.

Die Untersuchung der Hornhautfläche jedoch ist gemäss den Autoren nicht notwendig, um Aussagen über das Vorhandensein einer Beeinträchtigung zu

machen. Dies vertraten auch Battista und McSweeney (1965), die folgerten, dass die Fläche der Hornhaut nicht im Scoring System erfasst werden sollte, weil bei diesem Parameter von einer gleichmässigen Exposition gegenüber der Testsubstanz ausgegangen wird und ausgehend vom Draize Test es keinen Grund gibt, anzunehmen, dass dies der Fall ist. Auch die Schwellung der Bindehäute hat gemäss den Autoren eine beschränkte Aussagekraft. Eine Untersuchung von Reaktionen auf Reizungen am Auge von Chemikalien in Datenbanken der US Consumer Product Safety Commission/US Food and Drug Administration und der US Environmental Protection Agency (EPA) hat aufgezeigt, dass Chemosis bei der Bestimmung irritierender Effekte eine untergeordnete Rolle spielt. Die

Augensekretion ist ein sehr unspezifisches Phänomen, deren Quantifizierung schwierig ist, weshalb diese Untersuchung für die Bestimmung reizender Effekte nicht notwendig ist. Auch Battista und McSweeney hatten den Einschluss von Ausfluss aber auch Chemosis in das Scoring der Bindehautschleimhäute bereits 1965 kritisiert (Battista and McSweeney, 1965). Dies, weil der Draize Test nicht zwischen dem Ausfluss unterscheidet, der durch chemisch bedingten Insult und demjenigen, der durch bakterielle Infektionen entsteht. Diese Untersuchungen trugen dazu bei, dass die Augensekretion aus den regulatorischen Richtlinien gestrichen

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wurde. Der Iris hingegen messen die Autoren eine grössere Bedeutung bei, weil sich deren Schädigung auf die Sehkraft auswirken kann.

Es werden aber nicht nur bestimmte Parameter kritisiert, sondern auch die Tatsache, dass der Test auf Augenreizung nach Draize auf bestimmte Gewebetypen und Effekte beschränkt ist (Ballantyne and Swanston, 1977; Seifried, 1986; York and Steiling, 1998). Die Untersuchung ausgewählter Effekte auf drei Gewebetypen ist Teil des Problems, da diese zu einem nicht vollständigen Bild der Reaktion am Auge, ausgelöst durch eine bestimmte Chemikalie, führen kann. (Seifried, 1986). York and Steiling (1998) bemängeln bspw., dass die Hornhaut erheblich geschädigt sein kann (weitgehender Verlust von kornealem Epithel), ohne dass eine Trübung der Hornhaut vorliegt. Einen der hauptsächlichen Schwachpunkte des Draize Tests sehen sie in der Unfähigkeit des Tests den Verlust von kornealem Epithel einfach zu identifizieren und zu erfassen. Es ist in diesem Zusammenhang schwierig, zwischen primärer Opazität, die durch die Testsubstanz ausgelöst wird und sekundärer Opazität, die durch die Störung der Wasserbalanz der Hornhaut entsteht, zu unterscheiden. Die Schwierigkeit, zwischen diesen zwei Typen der Opazität unterscheiden zu können, kann zu fundamentalen, methodologischen Unzulänglichkeiten führen, insofern, als dass zwei vollständig unterschiedliche biologische Reaktionen durch denselben numerischen Score repräsentiert werden können.

Es besteht ein allgemeines Problem mit der Transformation von beobachteten

Läsionen in numerische Werte. Diese Transformation bewirkt, dass die tatsächlichen Effekte extrem vereinfacht, ungenau wiedergegeben und falsch bewertet werden.

Dies wird noch verstärkt durch die Tatsache, dass die Testergebnisse von

verschiedenen Untersuchern unterschiedlich interpretiert werden (Ballantyne and Swanston, 1977). Diese subjektive Auswertung stellt die Hauptquelle für

Abweichungen in den Resultaten innerhalb und zwischen Labors dar. Zudem können ungleiche Verletzungen zu einem identischen Gesamtscore führen, was die

Interpretation erschwert und den Test als Ganzes abwertet (York and Steiling, 1998).

Im Schema von Draize unterscheiden sich die Graduierungsbereiche je nach

untersuchtem Gewebetyp. Es sind dies für die Hornhaut ein Bereich von 0-4, für die Iris von 0-2, für die Bindehaut von 0-3 (Rötung und Absonderungen) und 0-4

(Chemosis). Zusätzlich werden für die Berechnung des Gesamtscores die

individue llen Werte mit unterschiedlichen Gewichtungsfaktoren multipliziert. Diese Faktoren unterscheiden sich je nach Bedeutung, die den jeweiligen Gewebetypen beigemessen wird. Die höchste Gewichtung erfahren die Hornhaut (Schwere des Schadens x betroffene Fläche x 5) und Iris (Score x 5), die drei Scores der Bindehaut werden addiert und mit Faktor 2 multipliziert. Diese Gewichtungsfaktoren haben einen starken Einfluss auf den endgültigen Draize Wert und können grosse

numerische Unterschiede in der Darstellung der Gesamtreaktion erzeugen, wo nur unbedeutende biologisch bedingte Unterschiede bestehen. Ausgehend von einem totalen Score von 110 Punkten, stammen 73% vom kornealen Score, 18% vom Bindehaut-Score und 9% vom Iris-Score, folglich ergibt sich daraus ein gewichtetes Verhältnis von 8:2:1 für Hornhaut, Bindehaut und Iris (Ballantyne and Swanston, 1977). Zudem erleichtern der Einsatz und die Präsentation des Draize Gesamtscores als alleinigem Wert das Verständnis für die Schwere der Reaktionen nicht, diese führen zu einem Verlust an Informationen (York and Steiling, 1998). Durch die scheinbare Einfachheit des Systems kann es zu Schwierigkeiten bei der

Interpretation der Resultate und zu variablen Ergebnissen führen. Es kann davon ausgegangen werden, dass das Draize Scoring System die Verletzungen, die durch diesen Test hervorgerufen werden, nicht angemessen zu reflektieren vermag und dass dies zu Fehlinterpretationen der Reaktionen am Auge führt.

(13)

2.2 Behördliche Vorschriften und Richtlinien

Es gibt eine Fülle von internationalen und nationalen Richtlinien, die Vorgaben zur Prüfung von Substanzen auf Augen reizende Eigenschaften machen. Obwohl allen das gleiche Prinzip zugrunde liegt (Draize et al., 1944), unterscheiden sich die einzelnen Richtlinien mehr oder weniger stark voneinander.

In einem ersten Teil wird dargelegt, welche Anpassungen in den Richtlinien im Laufe der Zeit vorgenommen wurden. Danach werden die verschiedenen Richtlinien

miteinander verglichen. Der letzte Teil beschreibt ein Dokument der OECD zur Harmonisierung der verschiedenen Richtlinien (2.2.5).

2.2.1 OECD Richtlinie “Acute Eye Irritation/Corrosion”

Der Sinn und Zweck der OECD Richtlinien sind in einem Papier der OECD aus dem Jahre 2003 beschrieben: “In order to harmonise test methods among i ndustrial nations, the Organization for Economic Cooperation and Development (OECD) published its 1981 test guidelines, including the eye irritancy test (Test Guideline 405). The Guidelines are used by government, industry and independent laboratories to characterise potential hazards of new and existing chemical substances and

chemical preparations/mixtures such as pesticides and pharmaceuticals. These methods cover tests for physical and chemical properties, effects on human health and wildlife, and accum ulation and degradation in the environment. The Test

Guidelines are periodically updated in order to keep pace with progress in science. In addition, new Test Guidelines are developed and agreed upon, based on specific needs identified by OECD Member countries. The OECD Test Guidelines are recognised worldwide as the standard reference tool for chemical testing”.

Die im Jahre 1981 publizierte OECD Richtlinie „Acute Eye Irritation/Corrosion“

(OECD, 1981) wurde zweimal überarbeitet, in den Jahren 1987 (OECD, 1987) und 2002 (OECD, 2002) (Tab. 8). Wichtige Änderungen in der 1987er Version gegenüber 1981 betreffen die Tierzahlen sowie die Möglichkeit eines vorzeitigen

Versuchsabbruchs. Die Richtlinie von 1981 schreibt den Test an mindestens 3 Tieren vor. Diese Za hl erhöht sich um 6 auf 9 Tiere, falls Substanzen nach Durchführung des Tests als reizend einzustufen sind. Diese Substanzen werden bei 2 Gruppen à je 3 Tieren mit Auswaschen der Augen kurz nach Einträufelung der Testsubstanz

geprüft. Im Gegensatz dazu empfiehlt die Richtlinie von 1987, beim Testen von Substanzen vorerst mit einem Tier zu starten. Im Falle von stark reizenden oder korrosiven Substanzen ist kein weiteres Testen notwendig. Bei reizenden

Substanzen können weitere Tests an höchstens 3 Tieren mit Auswaschen der Augen nach Einträufelung der Testsubstanz angezeigt sein. In der Richtlinie von 1987 wird explizit darauf hingewiesen, Tiere, die leiden oder Anzeichen von starkem und anhaltendem Schmerz zeigen, Schmerz frei zu töten. Resultate aus validierten Alternativmethoden wurden in der Richtlinie von 1987 erstmals berücksichtigt.

Tiefgreifendere Änderungen wurden in die Richtlinie von 2002 integriert. An einem OECD Workshop 1996 in Solna, Schweden, welcher Prüfstrategien zum Thema hatte, kamen die Teilnehmer überein, dass sequenzielle Teststrategien „should be considered for each new and revised guideline as appropriate, as a means to reduce the number of animals and, in particular, to avoid unnecessary pain and discomfort.

At this meeting it was also agreed on a testing strategy for eye irritation/corrosion to be included in an updated OECD Guideline 405 in order to reflect sound science and concern for animal welfare” (OECD, 1999). In der Richtlinie von 2002 ist diese

Teststrategie aufgenommen worden. Anders als in den zwei vorherigen Versionen empfiehlt die OECD vor der Durchführung von in vivo Versuchen alle relevanten Informationen, die über eine Substanz hinsichtlich ihres reizenden/korrosiven

(14)

Potenzials am Auge verfügbar sind, vor der Durchführung des Tests zu prüfen. Diese vorgängige Prüfung umfasst: Evaluierung bestehender Daten aus Tierversuchen und aus Berichten beim Menschen, Analyse der SAR (structure activity relationships), physiko-chemische Eigenschaften und chemische Reaktivität, Einbezug bestehender Informationen, Resultate aus in vitro und ex vivo Tests, Beurteilung, inwieweit die Substanz in Hautstudien reizende oder korrosive Reaktionen zur Folge hatte, in vivo Test an Kaninchen.

Tab. 8: Geschichte der OECD Richtlinie “Acute Eye Irritation/Corrosion“

Änderungen sind fett hervorgehoben Richtlinie

1981 1987 2002

Bemerkungen Kein Test notwendig, falls

-pH ≤ 2 oder ≥ 11,5 -stark Haut reizend

Kein Test notwendig, falls

-pH ≤ 2 oder ≥ 11,5 - stark Haut reizend -stark reizend in validierter

Alternativmethode

Sequentielle Test Strategie (Daten aus Tierversuchen, Daten von Menschen, SAR, pH, Hautstudien, alternative Methoden) vorgängig zu in vivo Tests

Anwendung Einzeldosis in 1 Auge Einzeldosis in 1 Auge Einzeldosis in 1 Auge

Tierart Gesunde,

erwachsene Albino Kaninchen

Gesunde,

erwachsene Albino Kaninchen

Junge, gesunde, erwachsene Albino Kaninchen

Anzahl Tiere Mindestens 3 Tiere 1 Tier falls stark reizend oder mindestens 3 Tiere

Anfänglich 1 Tier, falls nicht korrosiv bis zu 2

zusätzlichen Tieren

Dosis 0,1 ml

(Flüssigkeiten), 0,1 ml oder ein Gewicht von nicht mehr als 100 mg (Feststoffe, Pasten)

0,1 ml (Flüssigkeiten), 0,1 ml oder ein

Gewicht von nicht mehr als 100 mg (Feststoffe, Pasten)

0,1 ml

(Flüssigkeiten), 0,1 ml oder ein Gewicht von nicht mehr als 100 mg (Feststoffe, Pasten)

Beobachtungsperiode Ausreichend, um die Reversibilität oder Irreversibilität der beobachteten Effekte zu erfassen

Ausreichend, um die Reversibilität oder Irreversibilität der beobachteten Effekte zu erfassen

Ausreichend, um die Reversibilität oder Irreversibilität der beobachteten Effekte zu erfassen

Vorgehensweise

-Applikationsort Bindehautsack Bindehautsack Bindehautsack -Lider zusammen

gehalten

ja ja ja

-lokale Anästhetika möglich möglich möglich

-Auswaschen der Augen

Kein Auswaschen während 24 Stunden nach Applikation

Kein Auswaschen während 24 Stunden nach Applikation

Kein Auswaschen während 24 Stunden nach Applikation, ausser für

Feststoffe und im Fall von sofortigen korrosiven oder reizenden Effekten Beobachtung:

Zeitpunkte

1, 24, 48 und 72 Std. 1, 24, 48 und 72 Std. 1, 24, 48 und 72 Std.

(15)

Hilfsmittel Binokulare Lupe, Spaltlampe, Biomikroskop

Binokulare Lupe, Spaltlampe, Biomikroskop

Binokulare Lupe, Spaltlampe, Biomikroskop Scoring Ähnlich wie Draize,

korneale Fläche und Absonderungen der Bindehaut werden nicht erfasst

Ähnlich wie Draize, korneale Fläche und Absonderungen der Bindehaut werden nicht erfasst

Ähnlich wie Draize, korneale Fläche und Absonderungen der Bindehaut werden nicht erfasst

Gewichtete Scores nein nein nein

Versuchsabbruch möglich

nein ja ja

Abbruchkriterien definiert

nein nein ja

Nebst dieser Teststrategie wurden noch andere Tierschutz relevante Änderungen aufgenommen. Die Tierzahlen wurden weiter reduziert. Es wird dringend empfohlen, den in vivo Test mit einem Tier zu starten. Falls die Testergebnisse auf eine

korrosive oder stark reizende Substanz hinweisen, soll keine weitere Testung erfolgen. Bei reizenden Substanzen oder negativen Testergebnissen sollen die Resultate mit bis zu zwei zusätzlichen Tieren bestätigt werden. Zusätzliche Tiere werden zum Teil für die Bestätigung von schwachen oder mässig reizenden

Resultaten benötigt. Eine Verbesserung im Sinne eines Refinements wurde bei der Behandlung nach Einträufelung der Testsubstanz eingebracht. Bei Feststoffen und im Falle sofortiger korrosiver oder reizender Effekte ist das Auswaschen der Augen nun erlaubt. Eine Satellitengruppe, die dazu dient, den Einfluss des Auswaschens zu untersuchen, wird nicht empfohlen, ausser es sprechen wissenschaftliche Gründe dafür. Auch mit der Richtlinie von 2002 ist ein vorzeitiger Versuchsabbruch möglich, zusätzlich zu dieser Möglichkeit werden definierte Abbruchkriterien aufgelistet.

Das Klassifizierungssystem der OECD geht von zwei Kategorien aus (Tab. 9):

Kategorie A (Augen reizend) und Kategorie B (irreversible Effekte am Auge). Die Augen werden an den Tagen 1, 2 und 3 gescort. Ein Tier gilt als positiv, falls der durchschnittliche Wert über die 3 Tage die in Tabelle 9 aufgeführten Werte für die getesteten Endpunkte erreicht. Eine Testsubstanz wird als reizend eingestuft (Kategorie A), wenn 2 von 3 Tieren eine n positiven Durchschnittswert aufweisen.

Kategorie A kann in zwei Unterkategorien aufgeteilt werden:

-Kategorie A1: Die Kriterien der Kategorie A müssen erfüllt sein. Falls dann alle Tiere bis zum Tag 7 klar sind, wird die Substanz in die Kategorie A1 eingeteilt.

-Kategorie A2: Die Kriterien der Kategorie A müssen erfüllt sein. Falls dann Tiere am Tag 7 noch positiv, aber bis Tag 21 klar sind, wird die Substanz in die Kategorie A2 eingeteilt (klar heisst: Opazität = 0, Iritis = 0, Rötung = 0 oder 1, Chemosis = 0 oder 1). Eine Substanz wird in die Kategorie B eingestuft (irreversible Effekte am Auge), falls 1 von 3 Tieren einen durchschnittlichen Score über 3 Tage entsprechend den Werten i n der Tabelle 9 aufweist. Die gleiche Einstufung erfolgt, wenn an Tag 21, 1 von 3 Tieren die folgenden Kriterien erfüllt: Opazität ≥ 1, Iritis ≥ 1, Rötung ≥ 1, Chemosis ≥ 1, Verfärbung der Hornhaut durch eine n Farbstoff, Adhäsion und Pannus. Als irreversibel wird auch eingestuft, wenn zu irgendeinem Zeitpunkt bei wenigstens 1 Tier ein Opazitätsgrad von 4 oder die Zerstörung der Hornhaut vorliegt (OECD, 1999).

(16)

Tab. 9: Vorschlag für ein OECD Klassifizierungssystem für Augenreizung/-korrosion (OECD, 1999).

Effekt Kategorie A Kategorie B

Opazität ≥ 1,0 ≥ 3,0

Iritis ≥ 1,0 > 1,5

Rötung ≥ 2,0

Chemosis ≥ 2,0

2.2.2 EEC Richtlinie “Acute Toxicity: Eye Irritation/Corrosion”

Im Jahre 1967 wurde die “Council Directive 67/548/EEC on the approximation of the laws, regulations and administrative provisions relating to the classification,

packaging and labelling of dangerous substances” erlassen. Anhang V der Direktive ist den Methoden und Richtlinien vorbehalten, die die Analyse und Beurteilung toxischer Effekte beschreiben. Dieser wurde erstmals im Jahre 1984 mit Angaben zu Methoden für die Bestimmung der physiko-chemischen Eigenschaften, der Toxizität und Umwelttoxizität von Substanzen und Präparaten versehen. Dieser Anhang wurde einige Male auf den neusten technischen Stand gebracht. Die letzte

überarbeitete Version ist diejenige aus dem Jahre 2004 (2004/73/EC). In der Folge werden nur die überarbeiteten Versionen besprochen, die für den Bereich der Augenreizung relevant sind. Auch in den Richtlinien der Europäischen Union ist im Vergleich über die Jahre dem Tierschutz eine immer grössere Bedeutung

beigemessen worden (Tab. 10). Die Massnahmen, die vor der Durchführung des in vivo Tests getroffe n werden, sind stetig ausgebaut worden. In der aktuellen Richtlinie aus dem Jahre 2004 wird die sogenannte sequenzielle Teststrategie aufgeführt. Ziel dieser Strategie ist, durch Einsatz von SAR, Hautstudien, alternativen Methoden u.a.

die Anzahl und das Leiden der Tiere in den in vivo Studien zu reduzieren. Eine

weitere Massnahme zur Reduzierung der Tierzahlen liegt darin, dass der Test anstatt an allen Tieren gleichzeitig, anfänglich an einem Tier durchgeführt und bei korrosiven oder stark reizenden Effekten nicht weiter geführt wird. Der Versuchsabbruch ist seit 1992 möglich, zusätzliche Abbruchkriterien sind in der überarbeiteten Version von 2004 definiert.

Tab. 10: Entwicklung der EEC Richtlinie „Acute Toxicity: Eye Irritation/Corrosion“

Änderungen sind fett hervorgehoben

Council Directive 84/449/EEC 92/69/EEC 2004/73/EC Bemerkungen Kein Test notwendig

falls

-stark basische oder saure

Testsubstanzen - korrosive Wirkung an der Haut

Kein Test notwendig falls

-pH ≤ 2 oder ≥ 11,5 -korrosive oder reizende

Eigenschaften in validierten alternativen Methoden - korrosive oder reizende Wirkung an der Haut

Sequentielle Test Strategie (Daten aus Tierversuchen, Daten von

Menschen, SAR, pH, Hautstudien,

alternative Methoden)

vorgängig zu vivo Tests

Anwendung Einzeldosis in 1 Auge

Einzeldosis in 1 Auge

Einzeldosis in 1 Auge

Tierart Gesunde,

erwachsene Albino

Gesunde,

erwachsene Albino

Junge, gesunde, erwachsene Albino

(17)

Kaninchen Kaninchen Kaninchen Anzahl Tiere Mindestens 3 Tiere 1 Tier falls korrosiv

oder stark reizend oder mindestens 3 Tiere

Anfänglich 1 Tier, falls nicht korrosiv bis zu 2

zusätzlichen Tieren

Dosis 0,1 ml

(Flüssigkeiten), 0,1 ml oder ein Gewicht von nicht mehr als 100 mg (Feststoffe, Pasten)

0,1 ml

(Flüssigkeiten), 0,1 ml oder ein Gewicht von nicht mehr als 100 mg (Feststoffe, Pasten)

0,1 ml

(Flüssigkeiten), 0,1 ml oder ein Gewicht von nicht mehr als 100 mg (Feststoffe, Pasten)

Beobachtungsperiode Ausreichend, um die Reversibilität oder Irreversibilität der beobachteten Effekte zu erfassen

Ausreichend, um die Reversibilität oder Irreversibilität der beobachteten Effekte zu erfassen

Ausreichend, um die Reversibilität oder Irreversibilität der beobachteten Effekte zu erfassen

Vorgehensweise

-Applikationsort Bindehautsack Bindehautsack Bindehautsack -Lider zusammen

gehalten

Ja Ja Ja

-Lokale Anästhetika Kein Hinweis Möglich Möglich -Auswaschen der

Augen

Kein Auswaschen während 24 Stunden nach Applikation

Kein Auswaschen während 24 Stunden nach Applikation

Kein Auswaschen während 24 Stunden nach Applikation, ausser für

Feststoffe und im Fall von sofortigen korrosiven oder reizenden Effekten Beobachtung:

Zeitpunkte

1, 24, 48 und 72 Std. 1, 24, 48 und 72 Std. 1, 24, 48 und 72 Std.

Hilfsmittel Binokulare Lupe, Spaltlampe,

Biomikroskop, nach 24 Std. Fluorescein möglich

Binokulare Lupe, Spaltlampe,

Biomikroskop, nach 24 Std. Fluorescein möglich

Binokulare Lupe, Spaltlampe,

Biomikroskop, nach 24 Std. Fluorescein möglich

Scoring Ähnlich wie Draize, korneale Fläche und Absonderungen der Bindehaut werden nicht erfasst

Ähnlich wie Draize, korneale Fläche und Absonderungen der Bindehaut werden nicht erfasst

Ähnlich wie Draize, korneale Fläche und Absonderungen der Bindehaut werden nicht erfasst

Gewichtete Scores nein nein nein

Versuchsabbruch möglich

nein ja ja

Abbruchkriterien definiert

nein nein ja

Die Klassifizierung der getesteten Substanzen erfolgt nach dem Schema in Tabelle 11 und umfasst die Gefährdungsstufen R36 (Augen reizend) und R41 (Gefahr

ernster Augenschäden). Die Werte für die Klassifizierung sind die Durchschnittswerte aus den getesteten Endpunkten: Hornhauttrübung , Iris Läsion, Rötung der

Bindehäute und Bindehautödem (Chemosis) über die drei Zeitpunkte 24, 48 und 72 Stunden.

(18)

Tab. 11: EU Klassifizierungssystem für Augentoxizität

R36 – reizt die Augen R41 – Gefahr ernster Augenschäden Hornhauttrübung 2,0 ≤ Durchschnittswert < 3,0

oder

2,0 ≤ 2 Tiere < 3,0

Durchschnittswert ≥ 3,0 oder 2 Tiere ≥ 3,0

Iris Läsion 1,0 ≤ Durchschnittswert ≤ 1,5 oder

1,0 ≤ 2 Tiere < 2,0

Durchschnittswert > 1,5 oder 2 Tiere = 2,0

Rötung der Bindehäute

Durchschnittswert ≥ 2,5 oder 2 Tiere ≥ 2,5

Bindehautödem (Chemosis)

Durchschnittswert ≥ 2,0

2.2.3 Richtlinien in den USA

In Amerika schreiben verschiedene Behörden Richtlinien für das Testen von

Substanzen auf Augen reizende Wirkungen vor. Die Food and Drug Administration (FDA), die U.S. Consumer Product Safety Commission (CPSC), die US Occupational Safety and Health Administration und die US Environmental Protection Agency

(EPA). Die drei erstgenannten setzen die im Federal Hazardous Substances Act (erlassen im Jahre 1960) beschriebene Methode für die Prüfung reizender Substanzen ein. Die EPA bedient sich sowohl der von der National Academy of Science (NAS) entwickelten Richtlinie (NAS, 1977) als auch der Methoden, die im Federal Insecticide, Fungicide and Rodenticide Act (erlassen im Jahre 1996) und Toxic Substances Control Act (erlassen im Jahre 1976) beschrieben sind.

2.2.3a Richtlinien der FDA

Der im Federal Hazardous Substances Act (FHSA) beschriebene Test für Augenreizung wurde in verschiedenen Editionen herausgegeben. Am Inhalt der Methode hat sich seit 1973 nichts geändert (Tab. 12). Die Klassifizierung der

Substanzen geschieht nach dem „pass/fail“ System (reizend oder nicht reizend) und folgt dem in Tabelle 13 aufgezeigten Schema. In der Richtlinie werden Kriterien angegeben, die als positive Reaktion beim Tier gewertet werden. Dies sind: falls die Testsubstanz bei irgend einem Beobachtungszeitpunkt folgende Reaktion hervorruft:

-Ulzeration der Hornhaut oder -Hornhauttrübung oder

-Entzündung der Iris oder

-eine geringe Verdunklung der Falten (oder Rugae) oder -eine geringe circum-korneale Injektion von Blutgefässen oder

-falls eine solche Substanz in den Bindehäuten eine deutliche Schwellung mit teilweiser Umstülpung der Lider hervorruft oder eine diffuse karmesinrote Farbe entsteht und einzelne Gefässe nur schwer erkennbar sind (FHSA, 2004).

Ausgedrückt in Zahlen wird ein Tier als positiv bewertet, wenn Opazität ≥ 1

Iritis ≥ 1 Rötung ≥ 2 Chemosis ≥ 2

Das Ausmass der Reaktion ist nicht definiert. (OECD, 1999).

(19)

Tab. 12: FHSA Test auf Augenreizung FDA (FHSA)

1973, 1979, 1997, 1988, 2003, 2004 Bemerkungen keine

Anwendung Applikation in 1 Auge

Tierart Albino Kaninchen

Anzahl Tiere 6 Tiere

Dosis 0,1 ml (Flüssigkeiten), 0,1 ml oder ein Gewicht von nicht mehr als 100 mg (Feststoffe, Pasten)

Beobachtungsperiode nicht erwähnt Vorgehensweise

-Applikationsort Ins untere Augenlid -Lider zusammen

gehalten

ja

-lokale Anästhetika nicht erwähnt -Auswaschen der

Augen

Kein Auswaschen während 24 Stunden nach Applikation Beobachtung:

Zeitpunkte

24, 48 und 72 Std.

Hilfsmittel Binokulare Lupe, Spaltlampe, oder andere Hilfsmittel, nach 24 Stunden Fluorescein möglich

Scoring Ähnlich wie Draize, korneale Flächen und Absonderungen der Bindehaut werden nicht gescort

Gewichtete Scores nein

Versuchsabbruch Nicht erwähnt Abbruchkriterien

definiert

Nicht erwähnt

Tab. 13: FHSA Klassifizierungssystem

Test ist positiv falls ≥ 4 Tiere eine positive Reaktion zeigen Test ist negativ falls nur 1 Tier eine positive Reaktion zeigt Test wird wiederholt falls 2 oder 3 Tiere eine positive Reaktion

zeigen Testwiederholung mit einer neuen Gruppe à 6 Tiere

Zweiter Test positiv falls ≥ 3 Tiere eine positive Reaktion zeigen Zweiter Test wird wiederholt mit einer

anderen Gruppe von 6 Tieren falls

nur 1 oder 2 Tiere eine positive Reaktion zeigen

Sollte ein dritter Test notwendig sein, wird die Substanz als reizend eingestuft, falls eines der Tiere eine positive Reaktion zeigt.

2.2.3b Richtlinien der EPA

Im Zuge der Harmonisierung hat das Office of Prevention, Pesticides and Toxic Substances (OPPTS) der EPA im Jahre 1998 die Richtlinie Health Effects Test Guidelines OPPTS 870.2400 Acute Eye Irritation entwickelt. Diese vereint die Anforderungen “that existed in the Office of Pollution Prevention and Toxics (OPPT) and appeared in Title 40, Chapter I, Subchapter R of the Code of Federal

Regulations (CFR), the Office of Pesticide Programs (OPP) which appeared in publications of the National Technical Information Service (NTIS) and the guidelines published by the Organization for Economic Cooperation and Development (OECD).

The purpose of harmonizing these guidelines into a single set of OPPTS guidelines is to minimize variations among the testing procedures that must be performed to meet

(20)

the data requirements of the U.S. Environmental Protection Agency under the Toxic Substances Control Act and the Federal Insecticide, Fungicide and Rodenticide Act”.

In der harmonisierten Richtlinie der EPA werden im Gegensatz zu 1981 die Absonderungen der Bindehaut nicht mehr erhoben (Tab. 14). Die Resultate aus validierten in vitro Tests werden nun berücksichtigt. Substanzen, die in solchen Tests korrosiv oder reizend wirken, müssen nicht mehr am Tier getestet werden. Der in vivo Test wird in der überarbeiteten Richtlinie an weniger Tieren durchgeführt.

Gestartet wird mit einem Tier. Falls sich die getestete Substanz als korrosiv oder stark reizend herausstellt, wird der Test beendet, ansonsten wird dieser an

mindestens 3 Tieren durchgeführt. Ein Versuchsabbruch ist in der harmonisierten Richtlinie der OPPTS möglich, falls abzusehen ist, dass eine Substanz starke Schmerzen verursachen wird.

Ein Tier wird gemäss EPA als positiv eingestuft, wenn es zu irgend einem Beobachtungszeitpunkt die folgenden Werte aufweist:

Opazität ≥ 1 Iritis ≥ 1 Rötung ≥ 2 Chemosis ≥ 2

Einstufung in die Kategorie “reizend” erfordert 1 oder mehr positive Tiere.

Kat I: Korrosiv (Irreversible Zerstörung des Augengewebes) oder korneale Beteiligung oder Reizung, die länger als 21 Tage anhält.

Kat. II: Korneale Beteiligung oder Reizung, die in 8-21 Tagen klar ist.

Kat. III: Korneale Beteiligung oder Reizung, die in 7 oder weniger Tagen klar ist.

Kat. IV: Minimale Effekte, die in weniger als 24 Stunden klar sind.

Tab. 14: Entwicklung der EPA Richtlinie „Acute Eye Irritation“

Änderungen sind fett hervorgehoben

EPA (FIFRA/TSCA) 1981

EPA (OPPTS) 1998

Bemerkungen Kein Test bei stark sauren und basischen Substanzen (z.B. pH

≤ 2 oder ≥ 11,5) und Stoffe, die in einer Hautstudie korrosive oder stark reizende

Eigenschaften gezeigt haben

Kein Test bei stark sauren und basischen Substanzen (z.B. pH

≤ 2 oder ≥ 11,5), Stoffe, die in einer Hautstudie korrosive oder stark reizende Eigenschaften gezeigt haben, korrosiv oder reizend in validierten

alternativen Tests Anwendung Einzeldosis in 1 Auge Einzeldosis in 1 Auge Tierart Gesunde, erwachsene Albino

Kaninchen

Gesunde, erwachsene Albino Kaninchen

Anzahl Tiere Mindestens 6 Tiere 1 Tie r im Falle korrosiver oder stark reizender Substanzen, sonst mindestens 3 Tiere Dosis 0,1 ml (Flüssigkeiten), 0,1 ml

oder ein Gewicht von nicht mehr als 100 mg (Feststoffe, Pasten)

0,1 ml (Flüssigkeiten), 0,1 ml oder ein Gewicht von nicht mehr als 100 mg (Feststoffe, Pasten) Beobachtungsperiode Ausreichend, um die

Reversibilität und Irreversibilität der beobachteten Effekte zu erfassen, sollte nicht über 21 Tage hinausgehen

Ausreichend, um die

Reversibilität und Irreversibilität der beobachteten Effekte zu erfassen, sollte nicht über 21 Tage hinausgehen

Vorgehensweise

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