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Archiv "Intensivpatienten: Corticosteroide häufig kontraproduktiv" (14.04.2006)

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Ärzteproteste

Hamburger Protest-

Wartezimmer

Mit Plakaten und Post- karten mobilisieren Ärzte ihre Patienten.

D

ie Hamburger Ärztinnen und Ärzte wenden sich seit dem 3. April mit Plakaten und Postkarten in den Wartezim- mern an ihre Patienten. „Wir wollen die Verschlechterung der medizinischen Versorgung

und die zunehmende heimli- che und stille Rationierung von Medikamenten und medi- zinischen Leistungen durch die Gesundheitspolitik von Ulla Schmidt unseren Patien- ten verdeutlichen“, erklärte Dr. Dirk Heinrich, Sprecher des Protestaktionskomitees, das von den Fachausschüssen der Kassenärztlichen Vereini- gung Hamburg und den dorti- gen ärztlichen Berufsverbän- den getragen wird. Eine breite Diskussion über die Zukunft des zurzeit noch hervorragen- den Gesundheitswesens sei dringend nötig. „Die Medizin des 21. Jahrhunderts ist nicht mit dem Geld von 1991 zu be- kommen“, sagte Heinrich. EB A K T U E L L

Deutsches Ärzteblatt⏐⏐Jg. 103⏐⏐Heft 15⏐⏐14. April 2006 AA969

Intensivpatienten

Corticosteroide häufig kontraproduktiv

A

uf vielen Intensivstationen ist der Einsatz von Corticosteroiden in den letzten Jahren ausgeweitet worden.

Das Überschreiten der Indikations- grenzen birgt jedoch Risiken, wie eine Fall-Kontroll-Studie in Archives of Surgery (2006; 141: 145–49) zeigt. Die Gefahr von Infektionen steigt, was auch die Kliniken teuer zu stehen kommt. Eine hoch dosierte Steroidthe- rapie wurde bereits in den 1950er- und 1960er-Jahren durchgeführt, bis dann 1987 zwei größere Multicenter-Studien zu dem Ergebnis kamen, dass die Sterb- lichkeit der Patienten nicht gesenkt wurde (NEJM 1987; 317: 659–65) be- ziehungsweise sogar anstieg (NEJM 1987; 317: 653–58). Danach ging der Einsatz zurück. Seit einigen Jahren

werden Steroide wieder häufiger ange- wendet, wenn auch in niedrigerer Do- sierung und nur bei Vorliegen einer Ne- benniereninsuffizienz. Als weitere evi- denzbasierte Indikation sind Rücken- markverletzungen hinzugekommen, wo sie heute Therapiestandard sind, wie Rebecca Britt von der Eastern Virginia Medical School in Norfolk ausführt.

Steroide würden auf chirurgischen In- tensivstationen jedoch auch zur Be- handlung von Atemwegsödemen und Stridor eingesetzt, ohne dass dies durch randomisierte kontrollierte Studien ge- stützt sei.

Ü

ber die gute symptomatische Wir- kung dürfen nach Ansicht von Britt jedoch nicht die (bekannten) Risiken der Steroide vergessen werden. Dazu zählt in erster Linie ein erhöhtes Risiko auf Infektion. Um diese Bedenken zu untermauern, hat die Chirurgin Britt die Daten von 100 Intensivpatienten ausgewertet, die mit Steroiden behan- delt wurden. Ihnen wurde eine Kon-

trollgruppe mit den gleichen Verletzun- gen (Trauma, Verbrennungen) und dem gleichen Schweregrad (APACHE- II-Score) gegenübergestellt.

D

as Ergebnis war ernüchternd: Die mit Steroiden behandelten Patien- ten entwickelten mehr als doppelt so häufig eine Pneumonie (26 versus 12 Prozent; Odds Ratio 2,64 in einer Mul- tivariat-Analyse). Auch Bakteriämien waren deutlich häufiger (19 versus 7 Prozent, Odds Ratio 3,25), ebenso Harnwegsinfektionen (17 versus 8 Pro- zent; Odds Ratio 2,31). Dabei hing die erhöhte Infektionsrate nicht von der Art des Corticosteroids oder der Dauer der Therapie ab. Steroid-behan- delte Patienten hatten eine längere Liegezeit auf der Intensivstation (17,6 versus 10,2 Tage), und sie mussten län- ger beatmet werden (9,9 versus 4,9 Ta- ge). Nur 39 der 100 Patienten erhielten nach den Recherchen der Autorin Steroide für evidenzbasierte Indika-

tionen. Rüdiger Meyer

Akut

Bundesrat

„Ethische Schieflage“

Kommerzialisierung von Selbsttötungen soll unter Strafe gestellt werden.

D

ie „geschäftsmäßige Ver- mittlung von Gelegenhei- ten zur Selbsttötung“ soll un- ter Strafe gestellt werden. Das sieht ein Gesetzesantrag der Länder Thüringen, Hessen und Saarland vor, der am 7.

April in den Bundesrat einge- bracht wurde. Die CDU-re- gierten Länder wollen damit einer Kommerzialisierung von Selbsttötungen entgegenwir- ken, weil entsprechende Orga- nisationen neben Mitglieds- beiträgen auch für ihre Einzel- leistungen Geld fordern.

Das Anliegen dieser Institu- tionen sei es, einer Vielzahl von Menschen eine „effiziente“

Möglichkeit für eine Selbsttö- tung zu verschaffen. Im Vor- dergrund stehe dabei nicht ein Beratungsangebot über le-

bensbejahende Perspektiven, sondern allein die rasche Ab- wicklung des bereits gefass- ten Selbsttötungsentschlus- ses, heißt es in dem Antrag.

Besonders problematisch sei, dass diese Organisationen auch solchen Menschen eine scheinbar leichte und schmerz- lose Selbsttötungsmöglichkeit anböten, die nicht an unerträg- lichen und unheilbaren Krank- heiten litten, so die Länder.

In der Vergangenheit hat sich auch der Präsident der Bundesärztekammer, Prof.

Dr. med. Jörg-Dietrich Hop- pe, gegen die professionelle Vermittlung von Sterbehilfe ausgesprochen. „Wir müssen alle Mittel ausschöpfen, um die Etablierung dieser Orga- nisationen in Deutschland zu verhindern. Wenn wir in die- ser Frage nachgeben, werden wir in dieser Gesellschaft in eine ethische Schieflage gera- ten“, sagte Hoppe. Die Grü- nen lehnten es ab, kommerzi- elle Angebote unter Strafe zu stellen. Deren rechtspoliti- scher Sprecher Jerzy Montag sah darin den Versuch, Men- schen an ihrem Lebensende zu entmündigen. SR/kna

Eine stille Rationierung von Gesund- heitsleistungen werfen die Ärzte der Politik auf Plakaten vor.

Foto:KV Hamburg

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