BEKANNTMACHUNG
Zur „Negativliste"
Erklärung im Wortlaut
„Der Bundesverband der Orts- krankenkassen, der Bundesver- band der Betriebskrankenkassen, der Bundesverband der Innungs- krankenkassen, der Bundesver- band der landwirtschaftlichen Krankenkassen, der Verband der Angestellten-Krankenkassen eV, der Verband der Arbeiter-Ersatz- kassen eV, die Bundesknapp- schaft einerseits sowie die Kas- senärztliche Bundesvereinigung andererseits geben angesichts der erheblichen Auslegungsschwie- rigkeiten des § 182 f, Abs. 2, RVO bzw. des § 16 a, Abs. 2, KVLG, wonach
1. Arzneimittel zur Anwendung bei Erkältungskrankheiten und grippalen Infekten einschließlich bei diesen Krankheiten anzuwen- dender Schnupfenmittel, husten- dämpfender und hustenlösender Mittel, Schmerzmittel,
2. Mund- und Rachentherapeuti- ka, ausgenommen bei Pilzinfek- tionen,
3. Abführmittel,
4. Arzneimittel gegen Reise- krankheit
aus der Leistungspflicht der ge- setzlichen Krankenversicherung ab 1. April 1983 ausgeschlossen sind, folgende erste Erklärung zur Anwendung dieser Vorschriften in der ambulanten kassen-/vertrags- ärztlichen Versorgung ab:
Zu Abs. 2 Nr. 1
Die Begriffe „Erkältungskrank- heit" bzw. „grippaler Infekt" sind wissenschaftlich nicht eindeutig definiert. Im allgemeinen versteht man darunter Lokalinfektionen der oberen und mittleren Luftwe-
ge, die mit Fieber, Kopfschmer- zen, Rhinitis, Pharyngitis, trocke- nem Husten, Conjunctivitis o. ä.
einhergehen können. Dabei wird in Schweregrade nicht unter- schieden.
Der Herausnahme der im Gesetz aufgeführten Arzneimittelgruppen in den genannten Anwendungsge- bieten aus der Leistungspflicht der gesetzlichen Krankenversiche- rung soll in Anlehnung an die Be- gründung zum Gesetz der Tatbe- stand der „Befindlichkeitsstö- rung" zugrunde liegen. Entspre- chend dürfen bei „Erkältungs- krankheiten" bzw. „grippalen In- fekten", die sich als „Befindlich- keitsstörung" darstellen, Arznei- mittel nicht zu Lasten der Kran- kenkassen verordnet werden. In diesen Fällen soll — wenn über- haupt — auf bewährte Hausmittel verwiesen werden. Die Vertrags- partner appellieren an die Kassen- /Vertragsärzte, diesem Gesichts- punkt verstärkt Rechnung zu tra- gen. Sollte dennoch im Einzelfall die Verordnung eines Arzneimit- tels gewünscht werden, so ist die- se auf Privatrezept vorzunehmen.
Bei stärker ausgeprägter Sympto- matik sowie Verdacht auf Kompli- kationen handelt es sich nach Auf- fassung der Vertragspartner nicht mehr nur um eine „Befindlich- keitsstörung".
Zu Abs. 2 Nr. 2
Mund- und Rachentherapeutika sind grundsätzlich*) bei Erkran- kungen des Mund- und Rachen- raumes aus der Leistungspflicht
") Von dem Ausschluß sind lokal anzuwen- dende Arzneimittel nicht betroffen, die bei ulcerierenden Erkrankungen, nach operativen Eingriffen und bei Pilzerkran- kungen im Mund-Rachenraum verordnet werden. Dies gilt auch für die Verordnung von künstlichem Speichel.
Die Information:
Bericht und Meinung
der gesetzlichen Krankenversiche- rung ausgeschlossen. Zur Linde- rung entsprechender Beschwer- den sind lokal anzuwendende Mund- und Rachentherapeutika mit antiphlogistischer, antisepti- scher, anästhesierender, adstrin- gierender oder abschwellender Wirkung auf Privatrezept zu ver- ordnen.
Zu Abs. 2 Nr. 3
Abführmittel sind aus der Lei- stungspflicht der gesetzlichen Krankenversicherung ausge- schlossen. Bei entsprechender In- dikation ist die Verordnung eines Abführmittels nicht mehr auf Kas- sen-, sondern auf Privatrezept vorzunehmen.
Zu Abs. 2 Nr. 4
Arzneimittel gegen Reisekrankhei- ten sind aus der Leistungspflicht der gesetzlichen Krankenversiche- rung ausgeschlossen. Bei der In- dikation Reisekrankheit sind die entsprechenden Arzneimittel nicht mehr auf Kassen-, sondern auf Privatrezept zu verordnen.
Die Vertragspartner werden die Auswirkungen der Vorschriften des § 182 f RVO/§ 16 a KVLG insbesondere im Hinblick auf die von ihnen erklärte Anwendung des Absatzes 2 auf die ambulante kassen-/vertragsärztliche Versor- gung anhand der bis zum 31. 3.
1984 anfallenden Ergebnisse sorgfältig prüfen. Ihr Ziel wird es dabei auch sein, insbesondere diese Aussage für die Herausnah- me der bei Erkältungskrankheiten und grippalen Infekten anzuwen- denden Arzneimittel aus der Lei- stungspflicht der gesetzlichen Krankenversicherung zu präzi- sieren."
Bonn, Essen, Bergisch Gladbach, Kassel, Siegburg, Bochum, Köln, 3. März 1983
Ausgabe A DEUTSCHES ÄRZTEBLATT 80. Jahrgang Heft 11 vom 18. März 1983 25