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Archiv "Nebel über Lima" (19.09.1974)

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GUATEMALA

Exklusivreise

Zehntagereise Mitte Januar 1975 nur für Ärzte

Guatemala — Geschichte aus india- nischem Gold, spanischem Perga- ment und republikanischem Papier.

Besuch von Tikal im Regenwald.

Fahrt längs des Atitlan-Sees, um- ringt von rauchenden Vulkanen.

Höhepunkt: Markt der Quichös und Mayas und Tzutuhiles in Chichica- stenango. Ein Fest für das Auge die Zeremonien auf den Stufen von Santo Thomas — Weihrauch für die Götter.

Die Reise wird von deutscher Rei- seleitung geführt. Beste Unterbrin- gung auch im Hochland von Guate- mala in alten Hacienden.

Linienflüge für Hin- und Rückreise nach Guatemala-City.

Kommen Sie mit, reservieren Sie Ihren Platz für die Fahrt in das Land Cautlimallan, heute Guatemala.

hier abtrennen einsenden an ÄRZTE-REISE-ZENTRUM HAPAG-LLOYD REISEBÜRO GmbH

5 Köln 1, Hohenzollernring 1-3 Telefon 02 21 / 2 00 21 Ich interessiere mich für die Exklu- sivreise nach Guatemala für Ärzte.

Arztstempel/Telefon 1 ,ese rcl ionst

1-1 i nweise - A n regu 'igen ANZEIGE

Nach Soupe a l'Oignon und Mädail- lion de Langouste zwischen Paris und Lissabon, nach Cafä, Crois- sants und Omlette au Choix zwi- schen Lissabon und Caracas, nach abermaligem Frühstück zwischen Caracas und Bogota und nach Cavi- ar d'Iran, Pate en Croute und Pou- let a al Kiev zwischen Quito und Lima, nach verschwenderrischer Verwöhnung durch elegante Ho- stessen im luxuriösen Jet der Air France, Landung in Lima. — Be- stürzender erster Eindruck: Elend in einer Küstenwüste, graubraune Hütten in graubrauner öde. In der Vorstadt grelle Fassaden, einstök- kig, darüber tote Mauern, leere Fensterhöhlen, Dachsparren, Trä- gergewirr, Wäschegeflatter. Weit dahinter kahle Hänge; Reihen elen- der Hütten ziehen in Girlanden bergan. Dann wieder: Prunkfassa- den im Stil der Jahrhundertwende, neu aufpoliert, verkommend oder längst verkommen; daneben starre Moderne, halbfertig, fertig, nie fer- tig geworden oder schon wieder zerfallen.

Eine Stadt, die wuchert, wächst, sich dehnt, Wolkenkratzer aus sich heraustreibt, Türme gen Himmel schickt und kahle Nacktheit bietet, die nichts versteckt, Schutt bloß- legt, Scherben streut, jeden Fetzen Papier treiben läßt, Chaos und Re- gellosigkeit schamlos verrät. Ansät- ze zu ausgedehntem Feldbau zei- gen sich am Stadtrand und ebenso Ansätze zur Sanierung der Elends- viertel. Oft haben die Bewohner der Slums sogar genügend Geld, um in die von der Regierung ange- botenen Häuser — Preis 30 000 DM, in 20 Jahren abzahlbar, Monatsbe- trag etwa 140 DM — zu ziehen.

Aber sie bleiben wo sie sind. Das Wohnen in den Slums kostet nichts und Steuern bezahlt, wer dort haust, auch nicht.

Ströme von Menschen und Ströme von Autos fluten in den Straßen.

Autobusse mit Holzgasantrieb zie- hen schwarze Rauchfahnen hinter sich her. Dann eine Brücke, tief eingeschnitten das Flußbett — der Rio Rimac — die Ufer — steil anstei- gende Lehmwände, abfallübersäht.

Lehmhütten gehen nahtlos in die Böschung über. 25 000 Menschen kommen jährlich neu nach Lima.

Dreieinhalb Millionen Einwohner soll die Stadt schon haben — drei- einhalb von etwa 14 Millionen in ganz Peru.

Im Zentrum werden die Straßen zu Schluchten, in denen Benzindunst steht, wird der Strom der Men- schen und Autos noch dichter. Po- lizisten, dunkelgrün die Uniformen, weiß das Lederzeug, Gummigalo- schen an den Füßen, trillern auf Pfeifen, ahmen Vogelstimmen nach, freundlich zwitschernd, schrill befehlend.

Gold, Silber und edle Steine Von der Plaza San Martin zur Pla- ca de Armas zieht der Jiron de la Union, die Hauptgeschäftsstraße.

Laden neben Laden; Gold, Silber und edle Steine neben Pullis, Pon- chos, Decken und Mützen aus Lamawolle neben Teppichen aus Lamafellen und neben Lederwaren:

Touristenramsch. Freundlich die Gesichter hinter den Theken, ge- duldig wartend, lächelnd auch noch bei Verzicht. Auch auf den Gehsteigen Handeln und Feilschen:

zwei Quadratmeter blaue Kunst- stoffolie, Ware darauf, der Laden ist fertig. Schuhputzer flitzen; Kin- der tragen Bauchläden mit billigem Schmuck, mit Kaugummi, Streich- hölzern, Bonbons. Alles handelt, vom Greis bis zum Knirps, vom mageren Schulkind bis zur ver- krüppelten Alten.

An der Placa de Armas ein Bettler, zitternd vor Kälte, auf den Boden gekauert, an eine Säule gelehnt, REISE

Nebel über Lima

Perus Hauptstadt — Faszination aus Luxus und Elend

DEUTSCHES ÄRZTEBLATT Heft 38 vom 19. September 1974 2753

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Leserdienst

Hinweise -Anregungen

REISE

das Gesicht einer Bogenlampe zu- gewandt, einer Sonne, die keine Sonne ist, keine Wärme gibt. Nebel zieht, der Humboldstrom be- herrscht die Stadt, schickt den Garüas, kalten Nieselregen. Der Bettler wartet; ein Inkagesicht, breit, die Backenknochen fast mongolisch, nur die Nase nicht aufgeworfen, ein Konquistadoren- gesicht, grau vor Kälte, ausge- löscht, ausgeleert und stumpf. We- nige Schritte von ihm entfernt die Kathedrale, fremd, niedrig die Türme, gewaltig die Tore; in der rechten Seitenkapelle hinter Glas die Gebeine Francisco Pizarros — eine Mumie in Gold, ihr Gewand zerfasert, ihr Herz ein schwarzer Klumpen.

Glanz und Elend Tür an Tür Am Ende des Jiron Hualiaga, weni- ge Schritte hinter der Kathedrale, der Markt. Verstopft die Straße zu ihm hin. Auf eine schmale Fahr- bahn verengt durch Reihen von Ständen. Eine Prozession drängt durch das Gewirr. Christus am Kreuz, von Silbertand umgeben, schwankt über schwarzen Köpfen, über Bananenstauden, Gemüseber- gen, Schuhregalen, Hemden- schachteln; Qualm ungezählter Räucherkerzen steigt um ihn auf.

Frauen in Schleier gehüllt, die Ge- sichter verzückt dem Kreuz zuge- wandt, schreiten rückwärts von Männern gestützt. Ein alter Mann, sein Hemd, seine Hose hängen in Fetzen, schleppt ein selbstgezim- mertes Kreuz, verirrt sich, steht ratlos, grau sein Haar, verbrannt, gebleicht und wieder verbrannt sei- ne Haut. Ordner in lila Umhängen weisen ihn wieder ein. Ein Simon von Lima.

In den Gassen der Markthalle ver- dichtet sich das Gedränge. Fleisch hängt, Fische liegen, Muscheln zu Hauf, Berge Gemüse, Obst, Gewür- ze; Schweißgeruch, Abfalldunst;

die Füße glitschen; langsam ziehen die Menschenströme, teilen sich, fließen in Seitengassen, treffen sich wieder; Kleider hängen bis zur Decke, Stoffahnen schaffen bunte Straßen, Stimmengewirr, Gesich-

terwirrsal; Frauen tragen Kinder auf dem Rücken, säugen im Ge- hen.

Schätze der Vorinkazeit

Vor der Stadt in einem Park das

„Museo de Oro del Peru": Orgien in Gold und Colt; waffenstarrend das Erdgeschoß; Kanonen rings um das Haus; eine Mitrailleuse, glänzend Lack und Messing, im Vorplatz; Lanzen, Hellebarden, Schwerter, Degen, Rüstungen an den Wänden; dann Schränke voller Musketen, silbereingelegt, goldein- gelegt, elfenbeineingelegt und Schränke voller Colts, silberver- ziert, goldverziert, elfenbeinver- ziert.

Im Keller hinter einer schweren Pan- zertür: Gold, meist Vorinkazeit; das Gold der Inka haben die Spanier geraubt, das Gold der vorherigen Kulturen lag ihnen unzugänglich in der Erde. Acht Kulturen sind mit Steinwerkzeugen, Steinwaffen, Ke- ramik und Schmuck vertreten.

Wandgroße Goldflächen glänzen, daneben Silber, Rosenquarz, Peru- Türkis, Kristalle; eine Bola aus Stein, hunderte von Jahren alt;

Ponchos aus Papageienfedern; der Schädel eines Kriegers unter ei- nem Federhelm, ein Obsidiansplit- ter steckt tief im Schläfenbein, ein anderer in der Stirn, die Zähne starren, leer die Augenhöhlen, tief- grau, fast schwarz der Knochen, ermordet — erschlagen — Zeugnis vergangener Zeit.

Im Night-Club des Crillon

Abend im Night-Club des Crillon, 17 Stockwerke über der Avenida Nicolas de Pierola, die von der Pla- za 2. de Mayo zur Plaza San Martin führt. Weiche Sessel, vorzügliche Getränke, gedämpftes Licht; matt leuchtet die Frackbrust des Obers im Hintergrund. Vor den Fenstern ein Lichtermeer, immer wieder ver- schwimmend in Nebelschwaden.

Ketten von Lichtpunkten ziehen in den Straßen, Leuchtreklamen flam- men über den Dächern; blau die Nacht, schwarz die Häuser, um- spielt von leuchtenden Farben.

Eine Menschenmasse wälzt sich von der Plaza 2. de Mayo herauf.

Sprechchörd branden an den Häu- serwänden hoch, fallen zurück;

eine Fahne, blutrot, straßenbreit, wird vorangetragen, verzieht sich, spannt sich, wird wieder schlaff.

Wortfetzen schwappen. Protest ge- gen den Umsturz in Chile. — Auch Peru wird von einer Militärjunta regiert. Sie hat viele Reformvorha- ben, für die sich die Parteien ver- geblich einsetzen, verwirklicht. So gingen die Kupfer-, Eisen-, Zink- und Silberminen des Landes zu 50 Prozent in den Besitz der Bergar- beiter über. Selbst an die Enteig- nung des Großgrundbesitzers hat sich die Junta herangewagt. Trotz allem sind die kleinen Bauern — ausnahmslos Indios, die in der Regel nur kaum bebaubare, wenig ertragreiche Grundstücke besitzen oder überhaupt nur gepachtet ha- ben — arm geblieben. Sie fallen selbst im Bild dieser von riesigen Slums umgebenen und von einem Heer von Armen durchfluteten Stadt auf: Kleine Gestalten, mager, ausgemergelt, die Frauen ewig ein Kind auf dem Rücken, eingehüllt in farblose, staubüberzogene Kleider;

seltsamer Kontrast zu den bonbon- farbenen, von blühenden Gärten umgebenen Residencias der Rei- chen, zu den goldprunkenden, mit Kostbarkeiten überladenen Juwe- lierläden in der Jiron de la Union und zu den hohen, balkongezierten Fassaden der Regierungs- und Handelspaläste an der Plaza de Ar- mas. Keine schöne Stadt, keine be- ruhigende Stadt; aber wie immer, wenn 'Aufgang und Untergang, Lu- xus und Elend hart aufeinander- prallen, eine aufrüttelnde Stadt.

H. Lauterbach E

Lima ist unter anderem eine der Stationen eines zweimal wöchent- lich stattfindenden „Rund-um-die- Welt-Fluges" der Air-France, „Rou- te: Paris, Lima, Tahiti, Tokio und dann entweder auf der Südroute über Hong Kong oder auf der Nord- route über Moskau zurück nach Paris. Auskunft erteilen alle Air- France Büros und ebenso das Ärzte-Reise-Zentrum.

2754 Heft 38 vom 19. September 1974 DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

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