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Archiv "Birgit kahle: Nicht das Ende" (23.03.2007)

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A810 Deutsches Ärzteblatt⏐⏐Jg. 104⏐⏐Heft 12⏐⏐23. März 2007

K U LT U R

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er Totentanz, den Bernd Not- ke um 1463 in der Lübecker Marienkirche malte, wurde 1942 bei einem Bombenangriff zerstört.

Doch jetzt haben ihn 25 Künstlerin- nen und Künstler wieder erstehen lassen, auf ihre Weise und nicht in der Marienkirche. Die künstlerische

Neuentdeckung ist ab 10. März in ei- ner Ausstellung in Kassel zu besich- tigen. Ein Besuch kann auch mit der documenta XII verbunden werden.

Notkes Totentanz wurde in einem erstmals 1866 erschienenen und seit- dem mehrfach aufgelegten Buch re- produziert, auf der rechten Seite je- weils die Abbildung einer Totentanz- sequenz, die linke blieb frei. Mit die- sen Reproduktionen arbeiteten nun die Künstler, angeregt durch den Kölner Psychotherapeuten Dr. med.

Hartmut Kraft. Sie nutzten die freie linke Seite, sie übermalten, über- druckten und überzeichneten aber auch Notkes Bilder. Der Tod trifft

Bauer und Bischof, Ritter und Kaiser, die schöne junge Frau und den hinfäl- ligen Alten. Der Tod kommt unerwar- tet, zum Schrecken des einen, will- kommen dem anderen. Das sind die Themen des mittelalterlichen Toten- tanzes, wie sie Notke und viele andere dargestellt haben. Und das sind nach wie vor die Themen, wenn auch der Tod heute vielfach verdrängt wird.

Wie positiv die Auseinanderset- zung mit Sterben und Tod für uns Le- bende sein kann, weiß auch Psycho- therapeut Kraft, der Initiator der Aus- stellung: „Wir leben bewusster, wenn wir die Begrenztheit des Lebens vor Augen haben.“ Norbert Jachertz

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ie Kölner Künstlerin Birgit Kahle ist nun mitten hinein- gesprungen in Bernd Notkes Toten- tanz, den Reigen der Lebenden und tanzenden Toten. Das großformatige Foto (200 × 300 cm) entstand unter Verwendung einer Abbildung des letzten Teils des zerstörten Lübecker Totentanzes, dort, wo Junggesell, Jungfrau und Wiegenkind den Ab- schluss der Tanzpaare bilden. Hier tanzen die potenziellen Eltern, hier werden die Kinder geboren. Es ist auffällig und ungewöhnlich, dass der lachende Tod die Jungfrau gar nicht am Körper, sondern nur an ihrem Federbusch berührt. Hier nun tanzt die Künstlerin vor der Jung- frau: Auf ihren nackten Körper wird mittels eines Diapositivs das Bild

der rot gekleideten Jungfrau proji- ziert, beide Figuren verschmelzen miteinander. In diesem Moment ent- stand das vorliegende Foto. Auf eine verblüffend direkte Weise holt die Fotokünstlerin damit das alte Bild- motiv in die Jetztzeit und dokumen- tiert somit seine Aktualität und Gül- tigkeit. Totentanz hin oder Totentanz her – diese junge Frau mag vom Tod wissen, aber sie tanzt doch ganz im Hier und Jetzt des Lebens. Das Kind in der Wiege wird vom Tod über- haupt nicht berührt. Es zeigt den

„ohne Titel“

(Arbeit zum Projekt

„TANZ mit dem TOTENTANZ“, Kassel 2007), Großfoto auf Leinwand, 200 × 300 cm, rückseitig signiert und datiert 2006 Thomas Gatzemeier:

Doppelseite in Misch- technik bearbeitet und mit Textfragmen-

ten von Paul Celan versehen, 2003

Biografie Birgit Kahle

Geboren 1957 in Köln. Als Fotokünstlerin Autodidaktin. Mitbegründerin des Projekts „Lo Spirito del Lago“ (zusammen mit P. Gilles und G. Zanzi) auf der Isola Bella/Stresa am Lago Maggiore. Lebt in Köln und Stresa (Italien).

Literatur

Kahle B: Zwielicht. Niederrheinischer Kunstverein, Wesel 1989.

Kahle B: Licht. Wilhelm-Hack-Museum, Ludwigshafen 1995.

Kahle B: Nel profondo – In der Tiefe (zusammen mit P. Gilles, F. Greco, F. Simonelli). Sylvana Editoriale, Mailand 2005.

BIRGIT KAHLE

Nicht das Ende

Fortgang des Lebens inmitten aller Sterblichkeit: Zerstörung und Tod sind nicht das Ende. Hartmut Kraft

AUSSTELLUNG IN KASSEL

Der wiedererstandene Totentanz

Foto:Museum für Sepulkralkultur,VG Bild-Kunst,Bonn 2007

IInnffoorrmmaattiioonneenn::Ausstellung „Tanz mit dem Totentanz“ vom 10. März bis 22. Juni 2007 im Museum für Sepulkralkultur, Weinbergstraße 25–27, Kassel, Telefon: 05 61/91 89 30 (www.sepulkralmuseum.de).

Zur Ausstellung ist ein Buch/Katalog erschienen (Salon Verlag, Köln) mit den Abbildungen der neuen Totentanzbilder, kurzen Künstler- biografien sowie einer Interpretation durch Hartmut Kraft. – Die Dokumenta XII findet statt vom 16. Juni bis 23. September 2007 (www.dokumenta12.de).

Referenzen

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