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Archiv "Periphere und zentrale vestibuläre Schwindelformen" (22.07.2013)

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(1)

Periphere und zentrale

vestibuläre Schwindelformen

Therapie und Verlauf

Michael Strupp, Marianne Dieterich, Thomas Brandt

ZUSAMMENFASSUNG

Hintergrund: Es gibt neue Erkenntnisse zu Pathophysiolo- gie, Verlauf und Therapie vestibulärer Schwindelsyndrome.

Deren relative Häufigkeit ist wie folgt: Benigner peripherer paroxysmaler Lagerungsschwindel (BPPV): 17,1 %, phobi- scher Schwankschwindel: 15 %, zentrale vestibuläre Syndrome: 12,3 %, vestibuläre Migräne: 11,4 %, Morbus Menière: 10,1 %, Neuritis vestibularis 8,3 %, bilaterale Vestibulopathie: 7,1 %, Vestibularisparoxysmie: 3,7 %.

Methoden: Selektive Literaturrecherche mit Berücksichti- gung von Cochrane-Analysen und der Leitlinien der Deut- schen Gesellschaft für Neurologie.

Ergebnisse: Der BPPV lässt sich durch Befreiungsmanöver in mehr als 95 % der Fälle behandeln (kontrollierte Studi- en); die Langzeitrezidivquote liegt bei 50 %. Kortiko - steroide verbessern die Restitution bei akuter Neuritis vestibularis (eine kontrollierte, mehrere nichtkontrollierte Studien); das Rezidivrisiko liegt bei 2–12 %. Bei der bilate- ralen Vestibulopathie wurde ein neuer Subtyp identifiziert, das „Cerebellar Ataxia, Neuropathy, Vestibular Areflexia Syndrome“ (CANVAS); im Langzeitverlauf gibt es keine wesentliche Besserung. Beim Morbus Menière ist eine Hochdosis-Langzeittherapie mit Betahistin wahrscheinlich wirksam (nichtkontrollierte Studien); die Attackenfrequenz nimmt im Spontanverlauf (> 5 Jahre) ab. Die Therapie der Wahl bei der Vestibularisparoxysmie ist Carbamazepin (nichtkontrollierte Studie). Aminopyridine, Chlorzoxazone und Acetyl-DL-Leucin stellen neue Therapieprinzipien für verschiedene zerebelläre Erkrankungen dar.

Schlussfolgerungen: Für die meisten vestibulären Syndro- me gibt es Behandlungsmöglichkeiten, deren Wirksamkeit für Morbus Menière, Vestibularisparoxysmie und vestibu - läre Migräne weiter untersucht werden muss.

►Zitierweise

Strupp M, Dieterich M, Brandt T: The treatment and natural course of peripheral and central vertigo.

Dtsch Arztebl Int 2013; 110(29–30): 505–16.

DOI: 10.3238/arztebl.2013.0505

S

chwindel ist keine Krankheitseinheit, sondern das Leitsymptom verschiedener Erkrankungen unterschiedlicher Ätiologie, die von Innenohr, Hirn- stamm oder Kleinhirn ausgehen, aber auch psychische Ursachen haben können (1, 2). Internistische Ursachen sind bei reinem Drehschwindel unwahrscheinlich und werden meist überschätzt; bei Schwankschwindel ist an eine orthostatische Dysregulation oder Nebenwirkun- gen von Medikamenten wie Antihypertensiva oder An- tikonvulsiva zu denken.

Die Lebenszeitprävalenz von Dreh- und Schwank- schwindel liegt bei etwa 30 % (3) und auch in der Not- fallsituation ist Schwindel ein sehr häufiges Symptom.

Diese Übersicht wendet sich deshalb an Ärzte verschie- dener Fachrichtungen, vom Allgemeinmediziner bis zum Internisten, Neurologen, HNO-Arzt und Psychiater.

Trotz der hohen klinischen Relevanz besteht für das Leitsymptom Schwindel weiterhin eine Unter- und Fehlversorgung. Dies gilt sowohl für die Diagnose (lan- ge Latenz bis zur Diagnosestellung mit zu vielen und meist unnötigen apparativen Untersuchungen) als auch für die Therapie (Einsatz zu vieler, meist unwirksamer, oft rein symptomatischer Medikamente). In einer aktu- ellen Untersuchung der Autoren und einer Studie aus der Schweiz (4) konnte dies belegt werden. Das Bun- desministerium für Bildung und Forschung (BMBF) hat zur Verbesserung dieser Situation und zur Etablierung eines internationalen fächerübergreifenden Referenz- zentrums 2009 in München ein Integriertes Forschungs- und Behandlungszentrum für Schwindel, Gleichge- wichts- und Okulomotorikstörungen (IFB) („Deutsches Zentrum für Schwindel und Gleichgewichtsstörungen“) eingerichtet (5). In der Ambulanz dieses Zentrums fin- den sich folgende relative Häufigkeiten einzelner Dia - gnosen (Tabelle 1): Der benigne periphere paroxysmale Lagerungsschwindel (BPPV) ist mit knapp 17,1 % die häufigste Ursache vor dem phobischen Schwank-

Neurologische Klinik, Deutsches Zentrum für Schwindel und

Gleichgewichtsstörungen (IFB), Institut für Klinische Neurowissenschaften, Universitätsklinikum München, Campus Großhadern:

Punkte 3

cme

Teilnahme nur im Internet möglich:

aerzteblatt.de/cme

Definition

Schwindel ist das Leitsymptom verschiedener

Erkrankungen unterschiedlicher Ätiologie,

die von Innenohr, Hirnstamm oder Kleinhirn

ausgehen, aber auch psychische Ursachen

haben können.

(2)

schwindel (15 %), gefolgt von der Gruppe zentraler ves- tibulärer Schwindelsyndrome, überwiegend bei vasku- lären, entzündlichen (MS) und degenerativen Erkran- kungen des Hirnstamms oder Kleinhirns (12,3 %). Die vestibuläre Migräne ist mit 11,4 % die häufigste Ursa- che spontan auftretender episodischer Schwindelatta- cken. Weitere häufige Diagnosen sind Morbus Menière (10,1 %) und Neuritis vestibularis (8,3 %). Zusammen machen diese sechs Erkrankungen etwa 70 % aller Schwindelsyndrome aus. Laut Erfahrung der Autoren bestehen keine grundsätzlichen Unterschiede zur Häu- figkeitsverteilung in der Praxis.

Die folgende Übersicht konzentriert sich nicht nur auf die Therapie vestibulärer Schwindelformen als zen- trale ärztliche Aufgabe, sondern auch auf den Verlauf.

Der Therapieerfolg muss sich am Spontanverlauf und – besonders wichtig bei chronisch rezidivierenden episo- dischen Schwindelformen – an der Häufigkeit von Attacken oder Rezidiven im Langzeitverlauf messen.

Lernziele

Der Leser soll nach dem Lesen des Beitrags

Spontanverlauf und Rezidivrate der häufigsten vestibulären Syndrome kennen

physikalisch-medizinische Behandlungsverfahren der verschiedenen Formen des BPPV verinner- licht haben

einen Überblick über die Pharmakotherapie von Neuritis vestibularis, des Morbus Menière, der Vestibularisparoxysmie und der zerebellären Schwindelsyndrome, des Nystagmus und der Gangstörungen erlangt haben.

Grundlage für die Übersicht sind eine aktuelle selek- tive Literaturrecherche unter besonderer Berücksichti- gung von Cochrane-Analysen und der Leitlinien der Deutschen Gesellschaft für Neurologie (6) sowie die zweite Auflage eines Buchs zum Thema (1).

Es gibt neue Erkenntnisse, sowohl zum Verlauf als auch zur spezifischen Therapie der verschiedenen For- men:

des BPPV, ausgehend vom posterioren, horizonta-

len oder anterioren Bogengang

des Morbus Menière und der Darstellung des En- dolymphhydrops mit Hilfe der hochauflösenden Magnetresonanztomographie

der akuten Neuritis vestibularis

der bilateralen Vestibulopathie

der Vestibularisparoxysmie und

zentraler Schwindelsyndrome (7).

Vier Beispiele für die klinische Praxis relevanter Befunde zur medikamentösen Therapie sind, dass bei der akuten Neuritis vestibularis wahrscheinlich Korti- kosteroide die Erholung der peripheren Labyrinthfunk- tion verbessern; dies muss aber durch weitere Studien gestützt werden. Die offensichtlich wirksamste medi- kamentöse Therapie des Morbus Menière ist eine pro- phylaktische Hochdosis-Langzeittherapie mit Betahis- tin; dieses Pharmakon verbessert dosisabhängig die Durchblutung im Innenohr. Carbamazepin reduziert auch im Langzeitverlauf die Attacken bei der Vestibula- risparoxysmie (Tabelle 2).

Ein wichtiges pharmakologisches Therapieprinzip ist der Einsatz von Aminopyridinen (Kaliumkanalblo- cker) geworden für:

– Downbeat-Nystagmus (8) – Upbeat-Nystagmus

– zentralen Lagenystagmus (9) – episodische Ataxie Typ 2 (10)

– sowie Gangstörungen bei zerebellären Ataxien (11).

Benigner peripherer paroxysmaler Lagerungsschwindel (BPPV)

Der BPPV entsteht in den meisten Fällen durch eine so- genannte Canalolithiasis. Diese wird durch vom Utricu- lus abgesprengte Otokonien (Calcitkristalle) ausgelöst, die sich frei im Bogengang bewegen. Leitsymptom sind Sekunden dauernde, zum Teil heftige Drehschwindelat- tacken, die durch Kopf- oder Körperlageänderung ge- genüber der Schwerkraft (Umdrehen oder Aufrichten im Bett, Hinlegen oder Bücken) ausgelöst werden. Der BPPV kann von der Kindheit bis zum Senium auftreten;

die jährliche Inzidenz nimmt mit dem Lebensalter zu. In 95 % der Fälle bleibt die Ätiologie unklar.

Die häufigsten Ursachen sind:

Schädel-Hirn-Traumen

Zustand nach Neuritis vestibularis. Etwa 15 % al- ler Patienten mit akuter Neuritis vestibularis ent- wickeln innerhalb von Wochen bis Monaten nach der akuten Neuritis einen „postinfektiösen BPPV“, weil die Entzündung häufig auch das La- byrinth betrifft.

längere Bettlägerigkeit.

Ferner besteht ein Zusammenhang mit Morbus Me- nière und vestibulärer Migräne. Schließlich wurden beim „idiopathischen BPPV“ relativ häufiger eine Os- teopenie, Osteoporose und/oder erniedrigte Vitamin- D-Serumkonzentrationen beschrieben (12). Anato- misch lassen sich drei Formen unterscheiden.

Häufige Schwindelsyndrome sind

• Benigner peripherer paroxysmaler Lagerungsschwindel

• phobischer Schwankschwindel

• zentrale Schwindelsyndrome

• Morbus Menière

• Neuritis vestibularis

Erkrankungsalter

Der benigne periphere paroxysmale Lagerungs-

schwindel kann von der Kindheit bis zum

Senium auftreten; die jährliche Inzidenz nimmt

mit dem Lebensalter zu.

(3)

BPPV des posterioren Bogengangs (pc-BPPV)

Etwa 90 % aller Fälle gehen vom posterioren Bogen- gang aus. Diagnostisch beweisend ist bei diesem Sub- typ ein nach Kopflagerung in der Ebene des betroffe- nen Bogengangs zum unten liegenden Ohr rotierender und zur Stirn schlagender erschöpflicher Lagerungs- nystagmus. Beim pc-BPPV liegen die Erfolgsraten der Befreiungsmanöver nach Sémont oder der sogenannten Repositionsmanöver nach Epley nach mehrmaliger Be- handlung bei über 95 % (1). Bei starker Übelkeit soll- ten 30 Minuten vor Beginn der Befreiungsmanöver An- tivertiginosa, zum Beispiel Dimenhydrinat, verabreicht werden (Tabelle 2). Die meisten Patienten können nach sorgfältiger Anleitung durch Demonstration und Bild- material die Befreiungsmanöver auch allein erfolgreich zu Hause als Selbstbehandlung durchführen (Frequenz und Dauer der therapeutischen Manöver: dreimal mor- gens, dreimal mittags, dreimal abends über meist drei Tage); dabei ist insbesondere auf eine korrekte Kopf- haltung zu achten.

Die klinische Erfahrung zeigt, dass die Patienten meist erst nach einigen Tagen beschwerdefrei werden.

Anschließend kommt es – wahrscheinlich durch die Reposition der Otokonien auf die Macula des Utriculus – zu einem über viele Tage anhaltenden Schwank- schwindel im Sinne eines Otolithenschwindels; über diese zu erwartende Komplikation sollten die Patienten aufgeklärt werden.

BPPV des horizontalen Bogengangs (hc–BPPV)

Die seltenere hc-BPPV-Variante (etwa 5–10 %) ist durch einen geradlinigen horizontalen Nystagmus bei den Lagerungsmanövern gekennzeichnet, der bei einer Canalolithiasis zum unten liegenden Ohr schlägt (höhe- re Intensität auf der betroffenen Seite) und einer Cupu- lolithiasis (Otokonien haften an der Cupula) zum oben liegenden Ohr (höhere Intensität auf der nichtbetroffe- nen Seite). Für die Behandlung der Canalolithiasis des horizontalen Bogengangs sind diverse Behandlungsver- fahren beschrieben, von denen die folgenden am häufigsten angewandt werden: stufenweise 90°-Rotatio- nen um die Körperlängsachse zum nichtbetroffenen Ohr, für 12 h auf dem nichtbetroffenen Ohr liegen, die Kombination von beiden (1) oder das Gufoni-Manöver (sogenanntes „Ausbechern“) (13). Mit dem Gufoni-Ma- növer lassen sich sowohl Patienten mit einer Canalolit- hiasis (e1) als auch Patienten mit einer Cupulolithiasis (e2) erfolgreich therapieren. Aus sitzender Position wird der Patient einfach auf die Seite gelegt, auf der der

Nystagmus am geringsten ist. Danach erfolgt eine Drehung des Kopfes um 45 Grad nach unten („Ausbe- chern“) und anschließendes Aufrichten. Der Vorteil dieses Manövers ist, dass man dazu nicht unterschei- den muss, welche Form eines hc-BPPV vorliegt. Bei einer Cupololi thiasis eines horizontalen Bogengangs, kann diese alternativ zum Gufoni-Manöver erst in eine Canaloli thiasis umgewandelt werden. Dies kann durch die Brandt-Daroff-Manöver oder noch wirksa- mer durch Schütteln des um 90° nach vorne ge - beugten und damit in die Vertikalebene gebrachten Kopfes geschehen. Anschließend erfolgt dann eines der genannten Befreiungsmanöver für eine Canaloli - thiasis des horizontalen Bogengangs. Alle diese Ma- növer sind wirksam.

BPPV des anterioren Bogengangs (ac-BPPV)

Der ac-BPPV wird weiterhin kontrovers diskutiert, und es bestehen sogar Zweifel an dieser Entität. Die Angaben der relativen Häufigkeit schwanken deshalb zwischen 0

Es lassen sich drei Formen eines BPPV unterscheiden

• posteriorer BPPV (90 %)

• horizontaler BPPV (5-10 %) und

• anteriorer BPPV (< 5 %).

Gufoni-Manöver

Mit dem sogenannten Gufoni-Manöver lässt sich beim horizontalen BPPV sowohl eine Canalolithiasis als auch eine Cupulolithiasis erfolgreich behandeln.

TABELLE 1

Häufigkeiten verschiedener Schwindelsyndrome bei 17 718 Patienten einer interdisziplinären Spezialambulanz*1

*11988–2012: Schwindelambulanz der Ludwig-Maximilians-Universität und des Deutschen Zentrums für Schwindel und Gleichgewichtsstörungen.

*2andere Schwindelsyndrome sind zum Beispiel nichtvestibulärer Schwindel bei neurodegenerativen Erkrankungen oder nichtvestibuläre Okulomotorikstörungen bei Myasthenia gravis oder peripheren Augenmuskelparesen.

Schwindelsyndrome

benigner peripherer paroxysmaler Lagerungsschwindel somatoformer phobischer Schwankschwindel zentrale vestibuläre Syndrome

vestibuläre Migräne Morbus Menière Neuritis vestibularis bilaterale Vestibulopathie Vestibularisparoxysmie psychogener Schwindel (andere) Perilymphfistel

unklare Schwindelsyndrome andere*2

Gesamtzahl

Häufigkeit N 3 036 2 661 2 178 2 017 1 795 1 462 1 263 655 515 93 480 1 563 17 718

% 17,1 15,0 12,3 11,4 10,1 8,3 7,1 3,7 2,9 0,5 2,7 8,8 100,00

(4)

und 5 %. Schwindel und Nystagmus werden durch die- selbe diagnostische Lagerungsprobe wie beim pc-BPPV ausgelöst. Die Schlagrichtung des Nystagmus ist vertikal nach unten mit torsionaler Komponente, die mit dem oberen Augenpol zum betroffenen Ohr schlägt. Für das

Yacovino-Manöver (schrittweises Anheben des über- streckten Kopfes in Kopfhängegelage und dann Aufrich- ten) wurde in einer unkontrollierten Studie eine Remissi- onsrate von 85 % nach einmaliger Anwendung und von 100 % nach mehrfacher Anwendung beschrieben (14).

Medikamentöse Therapie

Antiepeleptika, Antivertiginosa, Beta-Rezeptorblo- cker, Betahistin, ototoxische Antibiotika, Kortiko - steroide, Kaliumkanalblocker, Carboanhydrase- hemmer und selektive Serotonin-Wiederaufnah- mehemmer können eingesetzt werden.

ac-BPPV

Schwindel und Nystagmus werden durch dieselbe diagnostische Lagerungsprobe wie beim pc-BPPV ausgelöst. Die Schlagrichtung des Nystagmus ist vertikal nach unten mit torsionaler Komponente.

TABELLE 2

Medikamentöse Therapie vestibulärer Schwindelsyndrome und Augenbewegungsstörungen, geordnet nach Wirkstoffgruppen*

BPPV, Benigner paroxysmaler Lagerungsschwindel

*modifiziert nach (1)

Medikamentöse Therapie Antiepileptika

Antivertiginosa

Beta-Rezeptorenblocker

Betahistin

Ototoxische Antibiotika

Kortikosteroide

Kaliumkanalblocker:

– 4-Aminopyridin – 3,4-Diaminopyridin Kaliumkanalblocker:

4-Aminopyridin Carboanhydrasehemmer:

Acetazolamid

Selektive Serotonin-Wieder- aufnahmehemmer (SSRI)

Indikation

– Vestibularisparoxysmie (neurovaskuläre Kompression) – paroxysmale Dysarthrophonie und Ataxie bei Multipler

Sklerose

– andere vestibuläre Paroxysmien – Obliquus superior-Myokymie – vestibuläre Epilepsie (sehr selten) vestibuläre Migräne

– symptomatisch gegen Übelkeit und Erbrechen bei akuten peripheren oder zentralen vestibulären Störungen

– Prophylaxe von Übelkeit und Erbrechen durch die Befreiungsmanöver beim BPPV

– Prophylaxe der Bewegungskrankheit – zentrales Lageerbrechen

vestibuläre Migräne

Morbus Menière – Morbus Menière

– Tumarkinsche Otolithenkrisen (vestibuläre Sturzatta- cken [Drop-Attacks])

akute Neuritis vestibularis

akutes Cogan-Syndrom und andere autoimmunologische Innenohrerkrankungen

– Downbeat-Nystagmus – Upbeat-Nystagmus

episodische Ataxie Typ 2 phobischer Schwankschwindel

Beispiel für Substanz und Dosierung Carbamazepin (400–800 mg/d) Oxcarbazepin (300–600 mg/d)

Carbamazepin (800–2 000 mg/d) oder andere Antikonvulsiva zur Prophylaxe:

– Topiramat (50–150 mg/d) – Valproinsäure (600–900 mg/d) – Dimenhydrinat (50 mg alle 4–6 h);

keine Langzeittherapie

– Diazepam (5–10 mg alle 4–6 h) zur Prophylaxe, z. B. Metoprololsuccinat (etwa 50–200 mg/d)

Betahistin-dihydrochlorid (3 × 48 mg/d) – Gentamycin (10–20 mg transtympanal

in Abständen von 8–12 Wochen) – 6-Methylprednisolon (100 mg/d, Dosis

jeden 4. Tag um 20 mg reduzieren) – 6-Methylprednisolon (1 000 mg/d i.v.

Reduzierung entsprechend Verlauf) – 4-Aminopyridin (2–3 × 5 mg/d) – 4-Aminopyridin retard (1–2 × 10 mg/d) – 4-Aminopyridin (2–3 × 5 mg/d) – 4-Aminopyridin retard (1–2 × 10 mg/d) – Acetazolamid (125–1 000 mg/d) – Citalopram (10–20 mg/d)

(5)

Verlauf des BBPV

Wird der BPPV nicht therapiert, persistiert er bei etwa 30 % der Patienten. Auffallend ist die hohe Rate einer Spontanheilung für den hc-BPPV von über 60 % inner- halb von vier Wochen. Nach Verlaufsbeobachtungen von 125 Patienten über im Mittel zehn Jahre lag die Rezidivrate zunächst geheilter Patienten mit pc-BPPV bei insgesamt 50 % (15). Die meisten dieser Rezidive (80 %) erfolgten innerhalb des ersten Jahres nach der Behandlung, unabhängig vom Typ des Befreiungsma- növers; Frauen waren mit 58 % häufiger von Rezidiven betroffen als Männer mit 39 %; die Rezidivrate war in der siebten Dekade deutlich geringer als in der 6. (15).

Die Therapie erfolgte wiederum durch ein für den be- troffenen Bogengang geeignetes Befreiungsmanöver.

Eine kontrollierte Einschränkung von Kopf- und Kör- perlagewechseln beeinflusst die Prognose in Bezug auf die Rezidivhäufigkeit nicht.

Neuritis vestibularis

Die Neuritis vestibularis (auch Neuropathia vestibularis genannt) entsteht wahrscheinlich durch Reaktivierung einer latenten Virusinfektion des Vestibularganglions mit Herpes-simplex-Virus Typ I, die zu einem inkom- pletten einseitigen, rein vestibulären Labyrinthausfall führt. Hauptsymptome sind ein akut einsetzender, über viele Tage anhaltender heftiger Drehschwindel mit Scheinbewegungen der Umgebung (Oszillopsien) und Übelkeit, ein horizontal rotierender Spontannystagmus zur nichtbetroffenen Seite sowie eine Gangabweichung und Fallneigung zur betroffenen Seite. Der Kopfimpuls- test zeigt eine Funktionsstörung des vestibulo-okulären Reflexes bei Drehung zum betroffenen Ohr; die kalori- sche Prüfung bestätigt die Unter- oder Unerregbarkeit des horizontalen Bogengangs. Akute audiologische und andere neurologische Symptome, insbesondere zentrale okulomotorische oder vestibuläre Zeichen (vor allem vertikale Divergenz (skew deviation), sakkadierte Blickfolge, Blickrichtungsnystagmus oder zentraler Fi- xationsnystagmus) fehlen (16), was zur Differenzierung gegenüber einer zentralen „Pseudoneuritis vestibularis“, durch lakunäre Hirninfarkte oder Multiple-Sklerose- Plaques, wichtig ist.

Therapie

Bei schwerer Übelkeit und Brechreiz können innerhalb der ersten Tage zur symptomatischen Therapie Antiver- tiginosa verabreicht werden (Tabelle 2), die jedoch bei längerer Gabe die zentrale Kompensation des peri -

pheren Vestibularisausfalls verzögern. Eine prospekti- ve, randomisierte, placebokontrollierte Studie mit 141 Patienten zeigte, dass eine Monotherapie mit Methyl- prednisolon zu einer signifikanten Verbesserung der Er- holung der peripheren vestibulären Funktion führte (17). Diese Befunde wurden durch eine weitere Studie bestätigt (e3). In einer Cochrane-Analyse wird dieser Trend einen Monat nach Erkrankung zwar auch gese- hen, allerdings wird aus Mangel an einer ausreichenden Zahl von Studien dazu keine allgemeine Behandlungs- empfehlung für Kortikosteroide gegeben (18). Die Wirksamkeit einer Physiotherapie mit dynamischen Übungen zur Gleichgewichtsregulation und Blickstabi- lisation zur Verbesserung der zentralen vestibulo-spina- len Kompensation ist durch eine prospektive, randomi- sierte, kontrollierte Studie (19) und eine Cochrane- Analyse (20) belegt. Es liegen bislang keine entspre- chenden klinischen Studien zu Verbesserung der zen- tralen Kompensation durch Medikamente vor; derzeit wird eine vom BMBF geförderte Studie zur Untersu- chung des Effektes von Betahistin auf die zentrale Kompensation durchgeführt (BETAVEST).

Verlauf und Komplikationen

Im Verlauf liegt die Erholungsrate der peripheren vesti- bulären Funktion zwischen 40 und 60 % in Abhängig- keit von einer frühen Behandlung mit Kortikosteroiden (21). In einer Langzeitverlaufsstudie von 103 Patienten über im Mittel fast 10 Jahre fand sich nur bei zwei Pa- tienten (1,9 %) ein Rezidiv, und zwar jeweils auf dem kontralateralen Ohr und mit deutlich geringeren Beschwerden aufgrund der Vorschädigung des anderen Nervs (22). In einer anderen Verlaufsstudie wurde bei 11,7 % der Patienten von Rezidiven berichtet (e4).

Etwa 15 % der Patienten mit Neuritis vestibularis ent- wickeln innerhalb von Wochen bis wenigen Monaten auf dem betroffenen Ohr einen „postinfektiösen BPPV“, weil nicht nur der Nerv, sondern auch das La- byrinth von der Entzündung betroffen ist (e5).

Bilaterale Vestibulopathie (BVP)

Leitsymptome der BVP sind bewegungsabhängiger Schwankschwindel mit Gang- und Standunsicherheit, verstärkt in Dunkelheit und auf unebenem Grund (ves- tibulospinale Funktionsstörungen), sowie Wackeln der Umwelt (Oszillopsien) und unscharfes Sehen beim Gehen sowie bei Kopfbewegungen (Funktionsstörung des vestibulo-okulären Reflexes). Die betroffenen Patienten sind im Sitzen und Liegen typischerweise

Benigner paroxysmaler Lagerungsschwindel

• hohe Spontanheilungsrate (> 70 %) • hohe Rezidivrate (etwa 50 %)

Therapieeffekt von Glukokortikoiden

Für die akute Neuritis vestibularis muss der

Therapieeffekt von Glukokortikoiden in weiteren

Studien untersucht werden.

(6)

beschwerdefrei. Es kommt außerdem zu Störungen des räumlichen Gedächtnisses und der Navigation mit einer umschriebenen Hippocampusatrophie (23). Die BVP ist die häufigste Ursache für bewegungsabhängigen Schwankschwindel beim älteren Patienten. Die Ursa- chen einer BVP sind vielfältig; die drei häufigsten nachweisbaren sind:

ototoxische Aminoglykoside

beidseitiger Morbus Menière

Meningitis (24).

Ein Zusammenhang mit degenerativen Kleinhirner- krankungen ist inzwischen gut belegt (24–26): „Cere- bellar Ataxia, Neuropathy and Vestibular Areflexia

Syndrome“ (CANVAS), bestehend aus BVP in Kombi- nation mit sensorischer axonaler Polyneuropathie und zerebellärer Ataxie und Okulomotorikstörungen, ein Syndrom, das nach Erfahrung der Autoren Ursache für etwa 30 % der bislang als idiopathisch eingstuften Fälle ist.

Therapie

Eine antibiotische Behandlung mit Aminoglykosiden ist die häufigste nachweisbare Ursache einer bilateralen Vestibulopathie (26). Daher sollten diese sehr restriktiv eingesetzt werden, zumal der ototoxische Effekt erst mit einer Latenz von vielen Tagen einsetzt.

Die physikalische Therapie mit Gang- und Gleichge- wichtstraining erleichtert die Anpassung an den Funkti- onsausfall durch Förderung der visuellen und sensomo- torischen Kompensationsmöglichkeiten. Zumindest für einseitige vestibuläre Funktionsstörungen konnte dies bestätigt werden (20). Allein die Aufklärung über Ursa- che und Mechanismus führt häufig schon zu einer deut- lichen Erleichterung mit Abnahme der subjektiven Be- schwerden. Die Dia gnose einer BVP wird aber trotz vieler Arztbesuche meist noch zu spät gestellt, was die Beschwerden der Patienten weiter verstärkt.

Verlauf

Verlaufsuntersuchungen von mehr als 80 Patienten mit BVP über etwa fünf Jahre zeigten bei mehr als 80 % keine signifikante Besserung der vestibulären Funkti- onsdefizite unabhängig von Ätiologie, Verlaufsform, Geschlecht und Lebensalter bei Manifestation der Er- krankung (27).

Bilaterale Vestibulopathie

Es sind neue Unterformen der bilateralen Vestibulopathie beschrieben, die mit zerebellären Störungen und einer Polyneuropathie einhergehen.

Endolymphhydrops

Der Endolymphhydrops beim M. Menière lässt sich mit Hilfe des MRT bildgebend darstellen.

Abbildung 1: Darstellung des Endolymphhydrops mit Hilfe der hochauflösenden Magnet resonanztomographie des Felsenbeins, 24 h nach transtympanaler Injektion von Gadolinium, das vorwie- gend in den Perilymphraum diffundiert.

a) Labyrinth einer gesunden Kontrollperson: Cochlea und Bogengän- ge kommen zur Darstellung.

b) Labyrinth eines Patienten mit Morbus Menière: Der Endolymphhy- drops ist indirekt durch die Kontrastmittelaussparung zu erkennen (modifiziert nach [28]).

Mit freundlicher Genehmigung von Robert Gürkov.

a

b

(7)

Morbus Menière

Die typischen Attacken des Morbus Menière sind durch rezidivierenden, Minuten bis Stunden anhaltenden Drehschwindel mit Hörminderung, Tinnitus und Ohr- druckgefühl auf dem betroffenen Ohr gekennzeichnet.

Gelegentlich gehen eine Verstärkung des Ohrge- räuschs, des Ohrdrucks oder eine Hörminderung dem Schwindel voraus. Ätiologie und Pathophysiologie des Morbus Menière sind trotz vieler Untersuchungen bis- lang nicht sicher geklärt. Der pathognomonische histo- pathologische Befund ist ein Endolymphhydrops, der sich jetzt auch bildgebend mit Hilfe der hochauflösen- den MRT des Felsenbeins nach transtympanaler Injek- tion von Gadolinium gut darstellen lässt (Abbildung 1) (28). Die Attacken entstehen wahrscheinlich durch eine Öffnung drucksensitiver Kationenkanäle und/oder die Ruptur der Endolymphmembran mit einer Erhöhung der Kaliumkonzentration im Perilymphraum, was zu- nächst zu einer Erregung, dann zu einer Depolarisation der Axone führt.

Therapie

Schwindel, Übelkeit und Erbrechen können akut symp- tomatisch mit Antivertiginosa (Tabelle 2) gemindert werden. Positive Effekte einer prophylaktischen Thera- pie zur Reduzierung der Attackenfrequenz wurden bis- lang für die transtympanale Instillation von Gentamicin und von Steroiden sowie die hoch dosierte, lang dau- ernde Gabe von Betahistin publiziert (1, 29). Die Wir- kung von Gentamicin beruht auf einer direkten Schädi- gung von vestibulären Typ-I-Haarzellen. Es liegen zwei prospektive, doppelblinde, randomisierte, kontrollierte Studien vor (e6, e7), die eine Wirksamkeit gezeigt ha- ben, die durch eine Cochrane-Analyse gestützt wird (30). Die Gefahr der Behandlung mit Aminoglykosiden liegt in der möglichen Hörschädigung. Die transtympa- nale Gabe von Glukokortikoiden wird vermehrt durch- geführt, obwohl bislang nur eine methodisch einwand- frei durchgeführte klinische Studie existiert, die einen Effekt nachgewiesen hat (31). Darüber hinaus konnte in einer randomisierten kontrollierten prospektiven Studie gezeigt werden, dass bei schwer behandelbaren Attacken die Gabe von kleinen Dosen Gentamicin transtympanal mit 93 % die Schwindelattacken deut- lich stärker reduziert als die intratympanale Dexame- thasongabe mit 61 % (32).

Metaanalysen belegen, dass Betahistin – ein schwa- cher H1-Agonist und stärkerer H3-Antagonist – einen prophylaktischen Effekt auf die Attackenfrequenz des

Morbus Menière hat. In einer Anwendungsbeobach- tung bei 112 Patienten konnte nachgewiesen werden, dass eine Höherdosierung mit 3 × 48 mg/d Betahistin vor allem bei Langzeitanwendung über ein Jahr der üb- lichen Dosierung von 3 × 24 mg/d signifikant überle- gen ist (33). In Einzelfällen erfolgte auch eine allmähli- che Dosissteigerung bis auf 480 mg/d (34). Als Wirk- mechanismus wird auf der Basis aktueller tierexperi- menteller Studien eine dosisabhängige Verbesserung der Durchblutung des Innenohrs angenommen, sowohl durch Betahistin (Grafik) (35) als auch dessen Metabo- liten. Derzeit wird eine prospektive randomisierte pla- cebokontrollierte multizentrische Dosisfindungsstudie zur Untersuchung des prophylaktischen Effekts von Betahistin-dihydrochlorid auf die Attackenfrequenz und die vestibuläre und audiologische Funktion durch- geführt (BEMED, gefördert durch das BMBF).

Rezidivierende vestibuläre „Drop-Attacks“ (Sturzat- tacken) sind bei Patienten mit Morbus Menière im Alltag außerordentlich beeinträchtigend und wegen der

Therapie des Morbus Menière

Die Hochdosis-Langzeittherapie mit Betahistin ist offensichtlich wirksam zur prophylaktischen Be- handlung der Schwindelattacken. Sie muss aber weiter in klinischen Studien untersucht werden.

Rezidivierende vestibuläre „Drop-attacks“

Sie sind bei Patienten mit Morbus Menière im Alltag sehr beeinträchtigend und wegen der hohen Verletzungsrate gefährlich.

1,5

1,4

1,3

1,2

1,1

1,0

Vervielfältigung des Blutflusses im Vergleich zum Basiswert

0,0001 0,001 0,01 0,1 1 10

Dosis (mg/kg Körpergewicht) 160 mg

48 mg 24 mg 16 mg GRAFIK

Blutfluss in der Cochlea im Tierversuch in Abhängigkeit von der Betahistin-dihydrochlorid-Dosis (mit nichtlinearer Re- gressionskurve; Mittelwert ± SD; *: p < 0,05) und errechnete korrespondierende orale Einzeldosen (modifiziert aus [35]). Es zeigt sich eine sigmoidale Dosis-Wirkungskurve. Dies korreliert mit den klinisch eingesetzten höheren Betahistin-Einzeldosen (rote Linie) von bis zu 160 mg zur prophylaktischen Behandlung des Mor- bus Menière.

(8)

hohen Verletzungsrate gefährlich. Falls die hochdosierte Behandlung mit Betahistin zu keiner Besserung führt, kann die transtympanale Gentamicin-Behandlung er- folgreich eingesetzt werden, vorausgesetzt, dass das be- troffene Ohr ausreichend sicher identifiziert werden kann.

Verlauf

Die Erkrankung beginnt einseitig mit sehr unregelmä- ßiger, zunächst zunehmender, dann wieder abfallender Attackenfrequenz. Je länger man Patienten mit Morbus Menière ärztlich begleitet, desto häufiger sieht man bi- laterale Erkrankungen; im frühen Stadium bis zu zwei Jahren in etwa 15 %, nach zehn Jahren etwa 35 % und

nach zwanzig Jahren bis zu 47 % (36). Dies stellt ein zusätzliches Problem bei der Gentamycintherapie dar.

Zunächst sind die Patienten im Intervall beschwerde- frei, dann entwickeln sich zunehmend Hörminderung (nicht nur Tieftonverlust), Tinnitus und Schwank- schwindel. Der Verlauf ist bei vielen Patienten benigne mit einer Abnahme der Attackenfrequenz innerhalb der ersten fünf bis zehn Jahre (36).

Vestibularisparoxysmie

Analog der Trigeminus-Neuralgie entsteht die Vestibu- larisparoxysmie wahrscheinlich durch hirnstammnahe neurovaskuläre Kompression des VIII. Hirnnervs (37, 38) (Abbildung 2) durch ephaptische Fehlschlüsse teil-

Verlauf des Morbus Meniére

Die Erkrankung beginnt einseitig mit sehr unre- gelmäßiger, zunächst zunehmender, dann wieder abfallender Attackenfrequenz. Je länger man Patienten mit Morbus Menière ärztlich betreut, desto häufiger sieht man bilaterale Erkrankungen.

Ursache der Vestibularisparoxysmie

Sie entsteht wahrscheinlich durch hirnstammnahe neurovaskuläre Kompression des VIII. Hirnnervs.

Abbildung 2: Kernspintomographie und intraoperative Mikroskopie bei einem Patienten mit rechtsseitiger Vestibularisparoxysmie a) Hochauflösende MRT des Kleinhirnbrückenwinkels mit Darstellung des Gefäß-Nervenkontaktes zwischen dem Nervus vestibulo-cochlearis

und der Arteria cerbelli anterior inferior (Constructive interference in steady-state Sequenz [CISS]; N. vest., Nervus vestibulo-cochlearis) b) Time-of-flight Sequenz (TOF) zur besseren Darstellung der Gefäße; AICA, Arteria cerebelli anterior inferior.

c) Intraoperativ zeigt sich auch ein Gefäß-Nervenkontakt.

d) Nach Entfernung des Gefäßes ist eine deutliche Kompression des Nervus vestibulo-cochlearis (Kreis) zu erkennen (modifiziert nach [38]).

Mit freundlicher Genehmigung von Lippincott Williams & Wilkins.

a

c

b

d

(9)

weise demyelinisierter Axone. Typisch für die Vestibu- larisparoxysmie sind kurze, Sekunden bis wenige Minuten dauernde Dreh- oder selten Schwankschwin- delattacken mit oder ohne Ohrsymptome (Tinnitus und Hörminderung), die sich häufig durch längere Hyper- ventilation provozieren lassen (37, 39). Bei Verdacht lässt sich durch die hochauflösende MRT des Hirn- stamms mit „constructive interference in steady- state“-Sequenz (CISS-Sequenz) in über 95 % ein Gefäß-Nervenkontakt im Austrittsbereich des VIII.

Hirnnerven nachweisen (38, 39, e8); bei gesunden Kontrollen findet sich dieser allerdings auch, so dass diese Untersuchung nicht spezifisch ist. Die klinische Definition der Vestibularisparoxysmie wurden in den letzten Jahren weiter präzisiert und deren Therapierbar- keit mit Carbamazepin gezeigt (37, 39).

Therapie

Bei mehr als zwei starken Attacken pro Monat ist ein Therapieversuch mit Carbamazepin in niedriger Dosis von 200–600 mg/d sinnvoll und auch diagnostisch verwertbar (37, 39) . Bei Unverträglichkeit stehen alter- nativ Phenytoin oder Valproinsäure zur Verfügung.

Bislang liegen aber für keine dieser Substanzen pro- spektive randomisierte kontrollierte Studien vor.

Verlauf

In einer Verlaufsstudie von 32 Patienten über einen mittleren Zeitraum von drei Jahren zeigten sich unter Therapie mit Carbamazepin/Oxcarbazepin eine signifi- kante anhaltende Reduktion der Attackenfrequenz auf 10 % der Ausgangswerte sowie eine Verminderung der Attackenintensität und -dauer (39).

Vestibuläre Migräne

Die häufige vestibuläre Migräne ist in Bezug auf die Attackenfrequenz und -dauer (meist Minuten bis Stun- den, aber auch bis zu Tagen) sowie die Symptome in Form von Dreh- oder Schwankschwindelattacken mit und ohne Kopfschmerz und vestibulären und/oder oku- lomotorischen Störungen das Chamäleon unter den epi- sodischen Schwindelformen (e9). Bei der vestibulären Migräne überwiegen Schwindelattacken (40). Die Di- agnose ist einfach, wenn den Attacken Kopfschmerzen folgen oder eine positive Familien- oder Eigen - anamnese für andere Migräneformen bestehen. Die Di- agnose ist schwieriger, wenn Kopfschmerzen und ande- re Migränesymptome fehlen (etwa 30 %). Es ist eine diagnostische Hilfe, dass bei mehr als 60 % der Patien-

ten mit vestibulärer Migräne auch im attackenfreien Intervall leichte zentrale Augenbewegungsstörungen wie Blickrichtungsnystagmus, sakkadierte Blickfolge oder ein zentraler Lagenystagmus vorliegen (e10, e11).

Während einer Attacke werden oft eine Stand- und Gangunsicherheit mit pathologischem Nystagmus und Lagenystagmus beobachtet, die entweder einer zentra- len oder peripheren vestibulären Dysfunktion zugeord- net werden können.

Therapie

Bislang fehlen prospektive kontrollierte Therapie - studien. Trotzdem wurden in Analogie zur Behandlung der Migräne ohne Aura die gleichen Prinzipien ange- wendet, die sich bislang in der Behandlung der Atta- cken und für die Migräneprophylaxe bewährt haben.

Mittel der ersten Wahl bei der Migräneprophylaxe ist die Gabe von Betablockern (zum Beispiel Metoprolol- succinat etwa 50 bis 200 mg/d) für die Dauer von sechs Monaten. Alternativen sind Topiramat oder Valproin- säure, für die bislang auch nur Anwendungsbeobach- tungen mit kleineren Fallzahlen vorliegen. Derzeit fin- det eine prospektive randomisierte placebokontrollierte multizentrische Studie zur Untersuchung des prophy- laktischen Effekts von Metoprolol auf die Attackenfre- quenz statt (PROVEMIG, gefördert durch das BMBF).

Verlauf

Im Rahmen einer Langzeitevaluation diagnostischer Kriterien wurde in der überwiegenden Mehrzahl der Fälle die Diagnose bestätigt; die Hälfte der Patienten mit möglicher vestibulärer Migräne entwickelten im Verlauf über im Mittel acht Jahren eine definitive Migräne (e12).Valide prospektive Studien zum Verlauf der Attackenfrequenz mit und ohne prophylaktische medikamentöse Therapie fehlen bislang.

Zerebelläre Schwindelsyndrome und deren Therapie

Neurodegnerative und hereditäre Kleinhirnerkrankungen führen oft zu Schwankschwindel, assoziiert mit Gang - störungen und typischen zerebellären Okulomotorik- störungen (16) wie dysmetrischen Sakkaden, Blickfol- gesakkadierung oder Blickrichtungsnystagmus sowie Downbeat-Nystagmus. Die klinische Erfahrung zeigt, dass oft erst diese zentralen Augenbewegungsstörun- gen oder der Downbeat-Nystagmus zur Diagnose eines zerebellären Syndroms als Ursache des Schwank- schwindels führen, insbesondere wenn die betroffenen

Vestibuläre Migräne

Für die Therapie der vestibularen Migräne liegen bislang keine kontrollierten Therapiestudien vor.

Aminopyridine, Chlorzoxazone und Acetyl-DL-Leucin

Sie sind neue pharmakologische

Therapieprinzipien zerebellärer Erkrankungen.

(10)

Patienten keine Extremitätenataxie oder Sprechstörung haben. Als neues pharmakologisches Therapieprinzip bei zerebellären Erkrankungen wurden Aminopyridine (Kaliumkanalblocker) zur symptomatischen Behand- lung etabliert für:

Downbeat-Nystagmus (8); die Wirksamkeit von 4-Aminopyridin wird durch eine prospektive rando- misierte placebokontrollierte Studie gestützt (e13)

zentralen Lagenystagmus (9)

episodische Ataxie Typ 2 (10)

Gangstörungen bei zerebellärer Ataxie (11).

Eingesetzt wird (jeweils Off-label-Use als individueller Heilversuch) entweder 4-Aminopyrdin (2–3 × 5 mg/d) oder dessen Retardform Fampiridin (1–2 × 10 mg/d) (e14, e15). Auch der Aktivator von Calcium-abhängigen Kaliumkanälen Chlorzoxazone führt zu einer Reduktion des Downbeat-Nystagmus (e16). Schließlich konnte in einer aktuellen Anwendungsbeobachtung bei 13 Patien- ten gezeigt werden, dass die modifizierte Aminosäure Acetyl-DL-Leucin (5 g/d) schon nach einer Woche einen signifikanten Effekt auf die zerebelläre Ataxia hat (e16).

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Interessenkonflikt

Prof. Strupp erhielt Gelder für Beratertätigkeiten von Abbott, Pierre-Fabre und Biogen Idec. Für die Vorbereitung von wissenschaftlichen Fortbildungsveran- staltungen wurde er honoriert von Abbott, Biogen Idec, CSC, Henning Pharma und GSK.

Prof. Dieterich und Prof. Brandt erklären, dass kein Interessenkonflikt besteht.

Manuskriptdaten

eingereicht: 31. 7. 2012, revidierte Fassung angenommen: 24. 4. 2013

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Anschrift für die Verfasser Prof. Dr. med. Michael Strupp, FANA

Neurologische Klinik und Deutsches Zentrum für Schwindel und Gleichgewichtsstörungen Universitätsklinikum München, Campus Großhadern Marchioninistraße 15, 81377 München Michael.Strupp@med.uni-muenchen.de

Zitierweise

Strupp M, Dieterich M, Brandt T: The treatment and natural course of peripheral and central vertigo. Dtsch Arztebl Int 2013; 110 (29–30): 505–16.

DOI: 10.3238/arztebl.2013.0505

@

Mit „e“ gekennzeichnete Literatur:

www.aerzteblatt.de/lit2913

The English version of this article is available online:

www.aerzteblatt-international.de

Weitere Informationen zu cme

Dieser Beitrag wurde von der Nordrheinischen Akademie für ärztliche Fort- und Weiterbildung zertifiziert.

Die erworbenen Fortbildungspunkte können mit Hilfe der Einheitlichen Fortbildungsnummer (EFN) verwaltet werden.

Unter cme.aerzteblatt.de muss hierfür in der Rubrik „Persönliche Daten“ oder nach der Registrierung die EFN in das entspre- chende Feld eingegeben werden und durch Bestätigen der Einverständniserklärung aktiviert werden.

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Wichtiger Hinweis

Die Teilnahme an der zertifizierten Fortbildung ist ausschließlich über das Internet möglich: cme.aerzteblatt.de Einsendeschluss ist der 20. 10. 2013. Einsendungen, die per Brief oder Fax erfolgen, können nicht berücksichtigt werden.

Die cme-Einheit „Erwachsenwerden ist schwer“ (Heft 25/2103) kann noch bis zum 22. 9. 2013 bearbeitet werden.

Die cme-Einheit „Riesenzellartheriitis“ Heft (21/2013) kann noch bis zum 18. 8. 2013 bearbeitet werden.

Bei der cme-Einheit „Generalisierte Angststörung“ (Heft 17/2013) werten wir, nach Rücksprache mit der zertifizierenden Stelle, der nordrheinischen Akademie für ärztliche Fort- und Weiterbildung, bei Frage 5 sowohl die Antwortmöglichkeiten b) und c) als richtig.

Für Heft 33–34/2013 ist das Thema „Atemnot und Husten bei Palliativpatienten“ vorgesehen.

(12)

Bitte beantworten Sie folgende Fragen für die Teilnahme an der zertifizierten Fortbildung. Pro Frage ist nur eine Antwort möglich. Bitte entscheiden Sie sich für die am ehesten zutreffende Antwort.

Frage Nr. 1

Ein 32-jähriger Patient wurde wegen einer Osteomyelitis mit Gentamycin behandelt. Drei Wochen nach dieser Therapie bemerkt er zunehmende Gangunsicherheit und Schwankschwindel beim Stehen. Auf Nachfragen berichtet er, dass beim Gehen auch Scheinbewegungen der Umgebung auftreten. Der Schwank- schwindel verstärkt sich im Dunkeln und auf unebenem Unter- grund. Die klinische Untersuchung zeigt einen beidseitigen Ausfall des Gleichgewichtsorgans und eine pathologische Fallneigung.

Was ist die richtige Diagnose?

a) episodische Ataxie Typ 2 b) Hirnstamminfarkt c) bilaterale Vestibulopathie d) psychogener Schwindel e) visueller Schwindel

Frage Nr. 2

Eine 48-jährige Patientin berichtet über immer wieder auftretende Attacken mit über Stunden anhaltendem Schwindel. Dieser gehe mit einem Druckgefühl auf dem rechten Ohr, rechtsseitiger Hörminderung und wechselndem rechtsseitigem Tinnitus einher.

In den letzten Monaten habe sie etwa eine Attacke pro Woche erlitten. Inzwischen sei das Hören auf dem rechten Ohr auch schlechter geworden. Was ist die Diagnose?

a) vestibuläre Migräne b) rezidivierende Otitis media c) Vestibularisparoxysmie d) Zoster oticus e) Morbus Menière

Frage Nr. 3

Ein 68-jähriger Patient berichtet über seit 24 Stunden bestehenden akut eingesetzten heftigen Dauerdrehschwindel, verbunden mit Scheinbewegungen der Umwelt sowie über eine Fallneigung nach links. In der klinischen Untersuchung finden Sie einen Nystagmus nach rechts und einen pathologischen Kopf - impulstest bei Kopfdrehung nach links. Es bestehen keine zentralen Okulomotorikstörungen. Was ist die richtige Diagnose?

a) Neuritis vestibularis

b) Ischämie im Bereich des Rückenmarks c) Wallenbergsyndrom

d) Mittelhirninfarkt e) visueller Schwindel

Frage Nr. 4

Eine 80-jährige Patientin erleidet einen Fahrradunfall und stürzt dabei mit dem Kopf auf den Boden. Am nächsten Morgen bemerkt sie beim Aufrichten im Bett heftigen Drehschwindel, der in Ruhe abgeklungen sei. Auf Nachfragen gibt sie an, das der Drehschwindel durch Kopflageänderung ausgelöst werde und die Attacken nur einige Sekunden anhielten. Was ist die richtige Diagnose?

a) zervikogener Schwindel b) phobischer Schwankschwindel c) vestibuläre Migräne

d) Downbeat-Nystagmussyndrom

e) benigner peripherer paroxysmaler Lagerungsschwindel

Frage Nr. 5

Aminopyridine werden zur Behandlung welcher Erkrankung eingesetzt?

a) Downbeat-Nystagmus b) Neuritis vestibularis c) Morbus Menière d) bilaterale Vestibulopathie e) phobischer Schwankschwindel

Frage Nr. 6

Welche Beschwerden oder Befunde finden sich häufig in Kombination mit der bilateralen Vestibulopathie?

a) Schwindel im Liegen

b) degenerative Erkrankungen des Kleinhirns c) Perilymphfistel

d) Dauerdrehschwindel e) Kopfschmerz

Frage Nr. 7

Was ist die medikamentöse Therapiemöglichkeit der Wahl bei der Vestibularisparoxysmie?

a) Dimenhydrinat b) Carbamazepin c) Diazepam d) Aminopyridin e) Acetazolamid

Frage Nr. 8

Wie hoch ist in etwa das Gesamtrezidivrisiko beim benignen peripheren paroxysmalen Lagerungsschwindel?

a) 5 % b) 15 % c) 30 % d) 50 % e) 80 %

Frage Nr. 9

Mit welchem Medikament lassen sich beim Morbus Menière die Attacken prophylaktisch behandeln?

a) Metoprolol b) Betahistin c) Carbamazepin d) Topiramat e) Dimenhydrinat

Frage Nr. 10

Eine 48-jährige Patientin berichtet über seit zehn Jahren bestehende, etwa einmal pro Monat auftretende für Stunden anhaltende Schwindelattacken, die teilweise mit einem nacken - betonten Kopfschmerz einhergehen. Bei der körperlichen Untersuchung finden Sie eine leichte zentrale Okulomotorikstörung.

Was ist die Diagnose?

a) Multiple Sklerose b) Vestibularisparoxysmie

c) rezidivierende Hirnstammischämien d) vestibuläre Migräne

e) neurodegenerative Kleinhirnerkrankung

(13)

Periphere und zentrale

vestibuläre Schwindelformen

Therapie und Verlauf

Michael Strupp, Marianne Dieterich, Thomas Brandt

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Punkte 3

cme

Teilnahme nur im Internet möglich:

aerzteblatt.de/cme

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