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Archiv "Diuretika in der Praxis" (28.11.1974)

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Diuretika in der Praxis

Gustav Kuschinsky

Aus dem Pharmakologischen Institut der Universität Mainz

Von einem Diuretikum wird erwar- tet, daß es nicht nur die renale Ausscheidung von Wasser erhöht, sondern vor allem die Ausschei- dung von Natrium. Um dieses Schwergewicht der Wirkung zu be- tonen, wird deshalb bei den im oben genannten Sinne wirksamen Diuretika auch von "Saluretika"

oder "Natriuretika" gesprochen.

Einige Substanzen können zwar unter bestimmten Bedingungen eine Diurese erzeugen, werden aber nicht den Diuretika zugerech- net. Sie greifen extrarenal an. Aus- lösung einer extrarenal bedingten Diurese ist möglich durch

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Erhöhung der Herzleistung, zum Beispiel bei Herzinsuffizienz, bei der Digitalis die renalen Stauungs- erscheinungen beseitigt,

f) intravenöse Injektion von Albu- min und Mobilisierung peripherer Ödeme bei Hypoproteinämie,

8

Hemmung der Freisatzung von antidiuretischem Hormon des Hy- pophysenhinterlappens, zum Bei- spiel nach Wasser, Alkohol.

..,.. Eine reine Wasserdiurese ist nur selten indiziert, zum Beispiel zum Durchspülen der Harnwege etwa zur Prophylaxe der Steinbildung.

..,.. Alle therapeutisch verwendeten Diuretika greifen an der Niere selbst an. Im Verlaufe des gesam- ten Nephrons wird normalerweise aus dem Glumerulumfiltrat Natrium zurückresorbiert; dabei wird Was- ser mitgenommen.

Angriff im proximalen Tubulus Im proximalen Tubulus, in dem 60 bis 70 Prozent des Primärharns isotonisch zurückresorbiert wer- den, verhindern osmotische Diure- tika die Rückresorption von Was- ser und dadurch auch von Natrium.

Auch einige der unten genannten Diuretika haben hier gewisse Wir- kungen.

Angriff im Bereich der Henleschen Schleife

Im Bereich der Henle'schen Schlei- fe, in dem normalerweise etwa 25 Prozent des filtrierten Natrium ak- tiv zurückresorbiert werden, grei- fen Furosemid (Lasix®) und Eta- crynsäure (Hydromedin®) an; sie werden auch "Schleifen-Diuretika"

genannt.

Angriff im distalen Nephron:

proximaler Teil

Im proximalen Teil des distalen Ne- phrons greifen die Thiazide (Ben- zothiadiazin-Derivate) an.

Angriff im distalen Nephron:

distaler Teil

Im distalen Teil des distalen Ne- phrons findet normalerweise ein Austausch von Natrium, der noch aus dem Filtrat stammt, gegen Ka- lium statt, das aus den Zellen in das Lumen abgegeben wird. Eine Behinderung dieses Austausches führt zur Retention von Kalium. Die

ln weitaus den meisten Fäl- len wird von einem Diureti- kum erwartet, daß es zu ei- ner erhöhten Natrium-Aus- scheidung führt: "Salureti- kum". Alle therapeutisch ver- wendeten Diuretika greifen an der Niere selbst an. Je nach dem Wirkungsort in verschiedenen Teilen des Nephron lassen sich die Di- uretika in verschiedene Grup- pen mit unterschiedlichen In- dikationen einteilen. Ein be- sonderes Problem entsteht durch die bei der Therapie mit Saluretika auftretenden Kaliumverluste. Sie müssen durch zusätzliche orale Ka- liumsalz-Zufuhr kompensiert werden. Gleichzeitige Gabe von kaliumratinierenden Sal- uretika kann gleichfalls Ka- liumverluste kompensieren, schafft aber weitere Schwie- rigkeiten der Handhabung.

in diesem Teil des Nephrons an- greifenden Diuretika bewirken also neben einer Natriurese eine mehr oder minder starke Kaliumreten- tion. Zu dieser Gruppe gehören:

0

Spironolacton (Aidactone®) f) Triamteren (Jatropur®)

8

Amilorid (Arumil®)

Stärke der natriuretischen Wirkung Die Vertreter der verschiedenen Gruppen sind verschieden stark natriuretisch wirksam:

0

Schwach wirksam: Spironolac- ton, Triamteren, Amilorid

8

Mäßig stark wirksam: Thiazide

8

Sehr stark, eventuell exzessiv wirksam: Furosemid, Etacrynsäure.

Im folgenden sollen die Besonder- heiten der einzelnen Gruppen der Diuretika besprochen werden. I>

DEUTSCHES .ARZTEBLATr Heft 48 vom 28. November 1974 3485

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Zur Fortbildung Aktuelle Medizin Diuretika

Thiazide und

verwandte Sulfonamid-Saluretika Die Vertreter dieser Gruppe gehö- ren zu den am häufigsten verwen- deten Diuretika überhaupt. Sie werden nach oraler Zufuhr gut re- sorbiert. Die Wirkung beginnt nach ein bis zwei Stunden. Die Wirkungs- dauer ist bei den verschiedenen Präparaten in Abhängigkeit von der Verweildauer im Organismus sehr unterschiedlich. Außer Furo- semid haben alle Sulfonamid-Salu- retika qualitativ ungefähr die glei- chen gewünschten und uner- wünschten Wirkungen.

Es ist daher nicht sinnvoll, ein Di- uretikum dieser Gruppe nur deshalb zu bevorzugen, weil es „stärker"

wirkt, also mit geringeren Milli- grammdosen den selben Effekt hat, wie ein anderes, von dem mehr Milligramm gegeben werden müs- sen.

Es kommt allein auf die thera- peutische Breite an, das heißt den relativen Abstand von der thera- peutischen zur toxischen Dosis, der hier überall gleich ist.

Indikationen für Thiazide und deren Analoga Ödeme verschiedener Genese

Diese Mittel sind sehr gut geeignet zur Beseitigung und Verhinderung kardial bedingter Ödeme. Die The- rapie der Herzinsuffizienz mit Digi- talis wird dadurch nicht überflüs- sig; allerdings erhöht sie auch die Gefahr der Hypokaliämie. Auch Ödeme anderer Genese, wie bei- spielsweise bei nephrotischem Syndrom, und sogar mechanisch bedingte, lassen sich beseitigen.

Bei bereits bestehender Schwan- gerschaftstoxikose sind sie gleich- falls indiziert, wenn Serumalbumin nicht unter 3 g°/o und der Hämato- kritwert bei fehlender Anämie nicht über 40 liegt. Bei Leberzirrhose ist die Gefahr der Auslösung bezie- hungsweise Verstärkung einer Hy- pokaliämie besonders groß.

Hypertonie

Ein sehr wichtiges Indikationsge- biet für diese Arzneimittelgruppe ist die Hypertonie verschiedener Genese. Diese Mittel können bei

leichten Fällen allein, bei mittel- schweren und schweren Fällen stets in Kombination mit einem an- deren Antihypertonikum gegeben werden, dessen Wirkung verstärkt wird. Da es sich gerade hier häufig um eine Langzeittherapie handelt, ist die Gefahr der Hypokaliämie auch hier gegeben.

Diabetes insipidus

Die Brauchbarkeit der Thiazide zur Therapie des Diabetes insipidus soll hier nur kurz erwähnt werden.

Besonders gut ist die Wirkung bei der renalen Form, die gegen Hypo- physenhinterlappen-Hormon resi- stent ist. Eine Übersicht über eine Reihe gebräuchlicher Thiazide und deren Analoga gibt Tabelle 1 wie- der.

Nebenwirkungen der Thiazide und Verwandten

Gelegentlich werden allergische Reaktionen beobachtet, die wieder- um nur selten bedrohlich sind, zum Beispiel bei Thrombozytopenie und Leukopenie.

Tabelle 1: Übersicht über einige gebräuchliche Thiazide und deren Analoga Wirkungsdauer 6 bis 20 Stunden, bei Chlorthalidon 48 bis 72 Stunden

Freiname Präparate-Name

Dosis

Milligramm/Tag

Milligramm in einer

Tablette OP Stück Chlotride ®

Esidrix®

Esmarin Brinaldix®

Baycaron ® Drenusil

® Aquamox®

Saltucin®

Aquaphor

500 — 1000 25 — 50 2 — 8 10 40 12,5 — 50

0,5 — 2 25 — 100 2,5 — 10 20 — 80

25 20 20 20 30 30 12 20 20 Dosis

Milligramm/Woche Chlorothiazid

Hydrochlorothiazid Trichlormethiazid Clopamid Mefrusid Polythiazid Quinethazon Thiabutazid Xipamid

Chlorthalidon 2 — 3x50 — 100

2 — 3x50 — 100 Hygrotone

Hygroton mite®

100 50

12 20 500

25 4 20 25 1 50

5 40

3486 Heft 48 vom 28. November 1974 DEUTSCHES .ÄRZTEBLATT

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Harnsäurespiegel im Blut

Nach Thiaziden, aber auch nach den sogenannten Schleifen-Diureti- ka Furosemid (Lasix) und Etacryn- säure (Hydromedin) wird der Harn- säurespiegel im Blut erhöht. Nur wenn der Harnsäurespiegel im Se- rum längere Zeit über 10 mg ,%

liegt, sollte ein anderes Diuretikum erwogen oder Allopurinol zur Harn- säure-Senkung eingesetzt werden.

Dies gilt auch für die Fälle, bei de- nen es zu klinischen Erscheinun- gen einer Gicht kommt, oder eine bestehende Gicht verschlimmert wird. Nach den im distalen Teil des distalen Nephrons angreifenden kaliumretinierenden Diuretika Spi- ronolacton (Aldactone), Triamteren (Jatropur) und Amilorid wurde kei- ne Hyperurikämie beobachtet.

Kohlenhydratstoffwechsel

Thiazide und „Schleifen-Diuretika"

können, soweit sie Hyperurikämie erzeugen, auch die Kohlenhydrat-

toleranz vermindern, aber nicht un- bedingt beides gleichzeitig bei denselben Patienten. Auch diese Wirkung ist meistens reversibel; al- lerdings kann ein Prädiabetes mani- fest werden.

Die besonders bei längerer Zufuhr beobachteten Störungen des Elek- trolytstoffwechsels dürfen nicht un- beachtet bleiben. Dabei ist an die Entstehung einer Hyponatriämie zu denken.

• Die wichtigste Nebenwirkung ist die Kaliumverarmung des Organis- mus.

Dabei kann es zu allgemeiner Mus- kelschwäche, Obstipation, Appetit- losigkeit kommen; die Kaliumver- armung wird erhöht bei chroni- schen Diarrhoen, Laxantienabusus und Digitalistherapie.

Der Serumkaliumspiegel ist fast immer gesenkt. Bei chronischer Zufuhr dieser Medikamente sollte

er von Zeit zu Zeit kontrolliert wer- den. Trotz einer bedrohlichen Si- tuation muß der Kaliumspiegel aber nicht immer stark gesenkt sein, auch wenn das intrazelluläre Kalium schon mehr reduziert ist.

Die dadurch eintretende Schädi- gung der Herzfunktion läßt sich im Elektrokardiogramm ablesen, das in Zweifelsfällen neben dem Se- rumkalium unbedingt geprüft wer- den muß. Hier finden sich zum Bei- spiel ST-Depression, niedrige oder umgekehrte T-Welle, die eventuell mit der U-Welle verschmilzt, so daß der Eindruck des verlängerten QT- Intervalls entsteht.

Möglichkeiten, die

Kaliumverarmung gering zu halten O Reichliche Zufuhr von Kalium in Nahrung und Getränken, viel Vege- tablien und Fruchtsäfte.

• Eine Gesamtzufuhr durch Nah- rung und Medikamente von etwa 80 mÄq Kalium pro Tag ist anzustre- ben (Tabelle 2).

• Intermittierende Therapie mit Einlage von Pausen.

O Kaliumsalze per os. Dabei sollte Kaliumchlorid bevorzugt werden, weil mit einem gewissen Verlust an Chlorid beziehungsweise hypochlo- rämischer Alkalose gerechnet wer- den muß.

Kaliumchlorid schmeckt schlecht und reizt lokal. Es wird am besten mit reichlich Flüssigkeit oder auch als Brausetabletten, Granulat oder als Präparat mit verzögerter Abga- be verordnet, weil gewöhnliche Kapseln zu Dünndarmgeschwüren geführt haben. Kaliumzitrathaltige Präparate kommen besonders bei hyperchlorämischer Azidose in Be- tracht.

Kaliumsalze sollten, wenn möglich, nicht gleichzeitig mit den Diuretika gegeben werden, das heißt an ei- nem anderen Tage oder zu einer anderen Tageszeit desselben Ta- ges.

Tabelle 2: Möglichkeiten der Kaliumzufuhr bei Thiazidmedikation Kalium-Präparate

Bei Verordnung von gewöhnlichen Tabletten und Dragees bitte Ausführungen im Text beachten!

1 Milli-Äquivalent = mÄq = mval Kalium = 39 mg 1 Milli-Äquivalent Chlorid = 35,5 mg

1 Milli-Äquivalent Kaliumchlorid = 74,5 mg

Zugeführte Tagesmenge aus Nahrung und Medikation auf etwa 80 mÄq Kalium einstellen!

Kaliumchloridhaltige Präparate

Kalium-Duriles® Tabletten (0,75 g = etwa 10 mÄq Kalium) mit verzögerter Abgabe; 1 OP = 50 Stück

KCI-retard Zyma® Dragees (0,6 g = 8 mÄq Kalium) mit verzögerter Abgabe; 1 OP = 40 Stück

Kalinor-retard ® Dragees (1,0 g = 13,4 mÄq Kalium) 1 OP = 40 Stück

Rekawan® Granulat 1 Meßlöffel = 13,4 mÄq Kalium;

1 OP = 70 g, Tabletten 1,0 g = 13,4 mÄq Kalium; 1 OP = 40 Stück Kaliumzitrathaltige Präparate

Kalium citricum „Giulini" Tabletten (1,0 g mit 0,36 g = 9,2 mÄq Ka- lium) 1 OP = 35 Stück

Kalinor® Brausetabletten mit je 2,05 g Kaliumzitrat; 2,0 Kaliumbikar- bonat; 2,05 Zitronensäure; 1,9 g Zucker; Kaliumgehalt 1,56 g = 40 mÄq

1 OP = 15 Stück

3488 Heft 48 vom 28. November 1974 DEUTSCHES ,,ARZTEBLATT

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Zur Fortbildung Aktuelle Medizin Diuretika

Tabelle 3: Kaliumretinierende Saluretika

Freiname Präparate-Name Dosis/Tag Milligramm

Milligramm in Tablette

beziehungsweise Dragee

OP Stück

Spironolacton Triamteren Amilorid

Aldactone ® Jatropur

® Arumil®

50 — 100 (— 200) 100 — 200

10 (— 20)

25 bzw. 50 50

5

20 20

lyt- und Wasserverschiebung ge- eingeschränkter Nierenfunktion faßt sein; so kann es vorüberge- sind hier als weitere Indikationen hend zu Hörverlust kommen. für Furosemid zu nennen.

Kontraindikationen der Kaliumzufuhr

Bei Niereninsuffizienz ist es nach Kaliumzufuhr möglich, daß es zur Hyperkaliämie kommt; sie kann, auch ohne Vorboten, zu einem plötzlichen Herztod führen. Mei- stens werden allerdings vorher deutliche Symptome beobachtet, wie Muskelschwäche (wie bei Hy- pokaliämie!), aber auch Muskelsteif- heit, Parästhesien an Händen und Füßen, metallischer Geschmack.

Im Elektrokardiogramm finden sich eine niedrige P-Welle, eine hohe T- Welle und ein verbreitertes QRS. In Zweifelsfällen ist das Serumkalium zu bestimmen.

Kontraindikationen der kaliumreti- nierenden Diuretika sind gleichsin- nig wie bei Kaliumzufuhr.

„Schleifen-Diuretika"

Die im Gebiet des aufsteigenden Schenkels der Henle'schen Schlei- fe angreifenden Pharmaka Furose- mid (Lasix) und Etacrynsäure (Hy- dromedin) haben bei hoher Dosie- rung eine enorm starke diuretische Wirkung. Dadurch können bei un- vorsichtiger Handhabung beträcht- liche Störungen entstehen: Ortho- statische Hypotonie und starke Ka- liumverluste, die bei Leberzirrhose und stark digitalisierten Patienten besonders gefährlich sind. Außer- dem verliert die Niere die Fähig- keit, die Tonizität der Körperflüs- sigkeit zu erhalten.

Diese Schilderung soll nicht davon abhalten, so stark wirksame Mittel zu verwenden; man muß aber auf die Folgen einer enormen Elektro-

Die beiden Substanzen haben am Angriffspunkt an der Niere die glei- che Wirkung. In der Praxis hat sich gezeigt, daß Furosemid eine fla- chere Dosis-Wirkungs-Kurve hat;

es ist also leichter zu handhaben.

Ferner hat Furosemid unter Um- ständen günstige Gefäßwirkungen, die wohl nicht bei Etacrynsäure be- schrieben wurden, mit der auch bei den anderen Indikationen für hohe Dosierung keine entsprechenden Erfahrungen vorliegen.

Indikationen von Furosemid Lungenödem: Neben anderen je- weils notwendigen Maßnahmen wird es oft durch Furosemid 0,5 bis 1 Milligramm pro Kilogramm intra- venös, eventuell mit Wiederholung nach 20 Minuten gut beeinflußt.

Hirnödem: Es ist in analoger Weise beeinflußbar; auch hier ist dies nur ein Teil der Therapie.

Akute Niereninsuffizienz: Sie wird zum Beispiel postoperativ und bei septischen Prozessen mitunter durch sehr hohe Dosen, zwischen 60 und 2000 (bis 3200) Milligramm Furosemid täglich, auf mehrere In- fusionen verteilt, günstig beein- flußt. Die Menge von vier Milli- gramm pro Minute darf nicht über- schritten werden. Vor der Anwen- dung sind nähere Informationen unbedingt einzuholen.

Chronische Niereninsuffizienz und auch Nephrose-Syndrom mit stark

Akutes Herzversagen

Bei Herzinfarkt und Lungenödem läßt sich durch intravenöse Infu- sion von 50 bis 100 Milligramm Fu- rosemid eine Entlastung des Her- zens erreichen.

• Furosemid erweitert in diesen hohen Dosen nicht nur die Nieren- gefäße, sondern vor allem auch die Kapazitätsgefäße des großen Kreislaufs.

Kontraindikationen für hohe Furosemid-Dosen

Bei Glomerulumfiltratwerten über 20 Milliliter pro Minute darf Furose- mid niemals in den oben angege- benen hohen Dosen gegeben wer- den, weil gefährliche Elektrolyt- und Wasserverluste die Folge wä- ren. Bei einer Insuffizienz von Nie- ren oder Leber durch Gifte ist die- se Therapie gleichfalls nicht indi- ziert.

Kallumretinierende Saluretika

Die Vertreter dieser Gruppe, die, wie berichtet, im distalen Teil des distalen Nephrons angreifen, wir- ken verhältnismäßig schwach na- triuretisch. Gleichzeitig wird die re- nale Kaliumausscheidung mehr oder weniger vermindert. Diese Ka- liumretention kann sich je nach- dem günstig oder ungünstig aus- wirken.

DEUTSCHES ARZTEBLATT Heft 48 vom 28. November 1974 3489

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Spironolacton

Spironolacton (Aidactone®) ist ein oral wirksamer Aldosteron-Antago- nist. Da Aldosteron zur Retention von Natrium und zu erhöhter Aus- scheidung von Kalium führt, müs- sen wir für den Antagonisten das Gegenteil erwarten, also Natrium- ausscheidung und Kaliumretention.

Indikationen von Splronolacton Da eine erhöhte Sekretion von Al- dosteron wenigstens teilweise zu der Flüssigkeitsretention bei Le- berzirrhose und nephrotischem Ödem beiträgt, ist gerade hier Spi- ronolacton indiziert. Bei kardialen Ödemen ist es viel weniger wirk- sam. Weil es auch sonst verhältnis- mäßig schwach natriuretisch wirk- sam ist, wird es oft mit einem Thi- azid kombiniert. Besonders bei ei- nem Versagen des Thiazids läßt sich mitunter erst durch die Kombi- nation eine ausreichende Wirkung erzielen. Dadurch wird gleichzeitig der durch Thiazide erzeugte Kali- umverlust reduziert, aber oft nicht ausgeglichen.

Spironolacton ist auch bei Hyper- tonie wirksam. Seine Verwendung wird allgemein durch den verhält- nismäßig hohen Preis einge- schränkt, zumal in vielen Fällen, besonders bei Hypertonie, andere Mittel zur Verfügung stehen.

Das Maximum der Diurese ist erst nach einigen Tagen zu erwarten.

Die erforderlichen Dosen sind Ta- belle 3 zu entnehmen. Bei Ausblei- ben der Wirkung am fünften Tag ist die Tagesdosis auf 200 Milligramm zu erhöhen. Auf die Möglichkeit der Therapie von Hyperaldostero- nismus und Conn-Syndrom soll nur hingewiesen werden.

Nebenwirkungen von Spironolacton Die mit der Hyperkaliämie zusam- menhängenden Nebenwirkungen und Kontraindikationen entspre- chen dem der anderen kaliumrati- nierenden Saluretika. Zusätzliche Nebenwirkungen sind selten; aber nach Spironolacton kann es zu Gy- näkomastie und Potenzstörungen,

bei Frauen zu leichten androgenen Störungen (Hirsutismus, Vertiefung der Stimme) und Menstruationsstö- rungen kommen. Diese hormona- len Störungen sind nach Triamta- ren und Amilorid nicht zu erwarten.

Triamteren

Triamteren ist kein Aldosteron-An- tagonist, wirkt aber ähnlich wie diese. Es kann sonst in analoger Weise wie Spironolacton eingesetzt werden, also in Kombination mit Thiaziden. Die Nebenwirkungen sind oft beträchtlich: Erbrechen, Durchfälle, Schwächegefühl, Erhö- hung der Harnstoffwerte im Blut und selbstverständlich Gefahr der Hyperkaliämie.

Amilorid

Amilorid zeigt eine chemische Ver- wandtschaft mit Triamteren. Auch die pharmakologischen Wirkungen und die Indikationen sind analog.

Indikationen

der kaliumretinierenden Saluretika Die Mittel dieser Gruppe bieten, abgesehen von den oben angeführ- ten Besonderheiten der Aldoste- ron-Antagonisten, eine Alternative zur oralen Kaliumsalz-Zufuhr als Prophylaxe der Kaliumverarmung des Organismus durch die übli- chen Diuretika.

Es erscheint bestechend, die nega- tiven Auswirkungen der Saluretika auf die Kalium-Bilanz durch derar- tige Mittel auszugleichen. Dies darf nur unter dem steten Bewußtsein geschehen, daß eine eventuell ent- stehende Hyperkaliämie äußerst gefährlich ist und zum Tode führen kann. Folgende Regeln sind zu be- achten:

~ Mit kleinen Dosen beginnen und möglichst auskommen

~ Serum-Kalium und Elektrokar- diogramm regelmäßig kontrollieren

~ Patienten beobachten

~ Bei eingeschränkter Nierenfunk- tion, besonders auch bei gleichzei- tigem Diabetes mellitus, nicht ver- wenden.

3490 Heft 48 vom 28. November 197 4 DEUTSCHES ARZTEBLATT

Fixe Kombination von Amilorld mit Hydrochlorothiazld

Im Präparat Moduretik® liegt eine solche Kombination vor. Der Vor- teil der einfacheren Einnahme ist offensichtlich. Allerdings läßt sich dann die Dosis der Einzelkompo- nenten nicht unabhängig variieren.

Diese Therapie sollte nur unter kli- nischen Bedingungen oder unter genauer Überwachung durchge- führt werden.

Osmotische Diuretika

Substanzen, die nach Passage des Nierenfilters im Tubulus nicht zu- rückresorbiert werden und dabei Wasser mitnehmen, wirken als os- motische Diuretika. Diese Wirkung beginnt schon im proximalen Ne- phron. Der Hauptvertreter der Gruppe ist Mannit (Mannitol). Nach intravenöser Infusion einer etwa isotonen Lösung wird eine Harnflut erzeugt. Dabei wird verhältnismä- ßig wenig Natrium herausbefördert.

Nach hypertoner Lösung wird dem Gewebe Wasser entzogen.

Indikation für isotone Lösung (etwa fünfprozentig) von Mannit

0

Zur Verhinderung von Tubulus- nekrose, zum Beispiel bei Schock.

f) Zur forcierten Diurese bei Ver- giftungen, bei denen das Gift re- nal eliminiert wird, zum Beispiel Salicylat, Barbiturat, Bromid.

Indikation für hypertone Lösung (10- bis 20prozentig) von Mannit

0

Zur Reduktion von intrakrania- lem oder intraokulärem Druck.

8

Bei Hirnödem und Hirnschwel- lung (häufig durch Furosemid zu ersetzen).

Kontraindiziert bei Lungenödem, das verschlimmert werden kann.

Literatur beim Verfasser

Anschrift des Verfassers:

Professor Dr. med. Gustav Kuschinsky 65 Mainz

Obere Zahlbacher Straße 67

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