A 260 Deutsches Ärzteblatt
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Jg. 107|
Heft 7|
19. Februar 2010 Noch immer erhalten circa 80 Prozent allerBrustkrebspatientinnen mit einem nodal-nega- tiven Brusttumor eine Chemotherapie, obwohl dies nur bei etwa 30 Prozent der Patientinnen dieser Gruppe notwendig wäre. Der Grund: Es ist unbekannt, welche Patientinnen zu den 30 Prozent mit einem hohen Rückfallrisiko ge- hören. Diese Frage soll in Zukunft durch die molekularpathologische Analyse des Tumorge- webes beantwortet werden, um das Problem der Übertherapierung zu lösen.
Im genetischen Profil des Tumors stecke ge- nügend Information über dessen Aggressivität und damit über das Rückfallrisiko der individu- ellen Patientin, sagt Prof. Dr. med. Edgar Dahl (Rheinisch-Westfälische Technische Hoch- schule Aachen). Die Arbeitsgruppe hat in Biop- sien von etwa 300 Brusttumoren mehrere Ge- ne gefunden, deren Aktivität im Tumor verloren
geht. Ein von Dahl neu kloniertes Tumorsup- pressorgen mit dem Namen ITIH5 ist offenbar sehr wichtig für die Vorhersage der Heilungs- chancen von Patientinnen mit nodal-negativen Brusttumoren. Kann noch ITIH5 im Gewebe nachgewiesen werden, haben die Frauen ein geringes Rückfallrisiko und daher eine sehr gute Prognose, so das Ergebnis der Analysen.
Tumormarker wie das Gen ITIH5 werden in der modernen Behandlung von Krebspatienten im- mer wichtiger; allerdings stehen deren systema- tische Analyse und die Anwendung in der Kli- nik noch in den Anfängen.
Den Forschern kommt bei ihren Analysen aber zugute, dass Gene sehr stabil sind. Bei entsprechender Lagerung lassen sie sich auch noch nach Jahren analysieren. Die sorgfältige und sachgemäße Aufbewahrung von Tumorgeweben in Tumorbanken habe
fundamentale Bedeutung für eine effiziente Krebsforschung und die künftige Behandlung der Patienten, sagt Dahl.
Sein Team forscht auch an einer neuen Me- thode zur Früherkennung von Brustkrebs mit- tels Blutuntersuchung. „Dies ist technisch mög- lich, weil Tumoren kleinste Mengen an DNS ins Blut abgeben und wir somit die genetischen Veränderungen im Tumor mit hochsensitiven Methoden im Blut nachweisen können“, so der Forscher. Die Arbeitsgruppe hat sich auf Verän- derungen in der DNS-Methylierung spezialisiert.
Dies ist eine natürlich vorkommende chemische Veränderung an der DNS, die zum Abschalten von Tumorsuppressorgenen führen kann. Das Team um Dahl untersucht, ob verschiedene DNS-Methylierungsmarker dazu geeignet sind, Brustkrebs im Blut zu entdecken. Die ersten Er- gebnisse sind offenbar vielversprechend. nsi
BRUSTKREBSMARKER SOLLEN ÜBERTHERAPIE VERMEIDEN
Die meisten jungen US-Amerikaner meinen, eine Schwangerschaft sollte geplant sein, doch etwa die Hälfte verhütet nicht regelmäßig. In einer Studie der „National Campaign to Prevent Teen and Unplanned Preg-
nancy“ gaben 29 Prozent der un - verheirateten Frauen zwischen 18 und 29 Jahren zudem an, dass sie in den kommenden drei Monaten möglicherweise ungeschützten Ge- schlechtsverkehr haben werden. Bei den Männern waren es 42 Prozent.
63 Prozent aller Befragten sagten, dass sie nur wenig oder gar nichts über die Antibabypille wüssten, 30 Prozent waren kaum über den Ge- brauch von Kondomen informiert.
SEXUALITÄT
Junge Amerikaner nur lückenhaft aufgeklärt
US-Gesundheitsexperten erklä- ren sich diese Diskrepanz zwischen Wissen und Handeln damit, dass an vielen amerikanischen Schulen nur mangelhaft aufgeklärt wird: Die Lehrer erziehen die Schüler nach
einem Bundesgesetz von 1996 zu „abstinence only“, statt ihnen zu erläutern, wie sie sicheren Geschlechts- verkehr haben können. Die Regierung des ehemaligen Präsidenten George W.
Bush investierte etwa eine Milliarde US-Dollar in die- se Art der moralischen Er- ziehung. Der amtierende Präsident Barack Obama unterzeichnete nun ein Ge- setz, das 114 Millionen Dollar für die Aufklärung der amerikanischen Jugendlichen freisetzt und die staat- lichen Investitionen in die Absti- nenzkampagne beendet.
Die USA haben die höchste Ra- te von Teenagerschwangerschaften unter den westlichen Industrienatio- nen. Im Jahr 2006 kamen auf 1 000 Mädchen im Alter von 15 bis 19 Jahren 41,9 Geburten. In Deutsch- land liegt die Zahl bei 10,1. nos Die Bundesregierung sucht einen
Nachfolger für den Leiter des Instituts für Qualität und Wirt- schaftlichkeit im Gesundheitswe- sen (IQWiG), Prof. Dr. med. Peter Sawicki. In diesen Tagen werde die Stelle öffentlich ausgeschrieben, teilte die Bundesregierung am 9.
Februar nach einer Sitzung des Ge- sundheitsausschusses mit. Die FDP- Fraktion mahnte die rasche Benen- nung eines Nachfolgers an, um den Ruf des Kölner Instituts nicht zu beschädigen. Der Institutsvorstand soll sich am 18. Februar mit der Personalie befassen.
Sawickis am 31. August 2009 auslaufender Vertrag war nicht verlängert worden, weil die Regie- rung das Vertrauensverhältnis zu ihm getrübt sah. Ihm wurden Un- regelmäßigkeiten bei der Abrech- nung von Reisekosten und der An- schaffung eines Dienstwagens vor- geworfen. Der IQWiG-Chef stieß wegen seiner kritischen Bewer- tung von Arzneien bei Pharmafir- men auf Widerstand. Vertreter der Opposition sehen darin die ei - gentliche Ursache für Sawickis
Ablösung. afp
IQWIG
Neuer Leiter gesucht
Aufklärungs- unterricht über
sicheren Ge- schlechtsver- kehr findet in den USA häufig nicht statt.
Foto: AP