Teure Krankenhäuser
1979 1982 79 82 79 82 Durchschnittlicher
allgemeiner großer 161
Pflegesatz der Anstaltskranken- hauser
Durchschnittl.
Tagessatz im Zweibettzimmer
Durchschnitt!.
Tagessatz im Einbettzimmer
Der Krankenhausaufenthalt wird immer teurer. Er kostet im Durch- schnitt mittlerweile pro Tag fast 200 DM. Bei Unterbringung im Einbettzimmer kommen noch- mals rund 90 DM hinzu, beim Zweibettzimmer etwa 60 DM, Be- träge, über die die Kliniken teil- weise frei verfügen können und mit denen sie nicht selten den Pflegesatz für die allgemeinen Krankenhausleistungen subven- tionieren. Die Pflegesätze in öf- fentlich-rechtlichen und freige- meinnützigen Krankenhäusern liegen dabei oftmals erheblich über denen der privaten Kran- kenhäuser Condor
Spektrum der Woche Aufsätze • Notizen
DEUTSCHES
ÄRZTEBLATT
Heft 46 vom 19. November 1982
Die Kosten-
und Leistungsrechnung ist noch lückenhaft
Die Kosten- und Leistungsrech- nung in den rund 3150 bundes- deutschen Krankenhäusern wird als Instrument der Betriebsfüh- rung, der externen wie internen Steuerung und des Managements noch unzureichend und zudem von Hospital zu Hospital noch in sehr unterschiedlichem Maße ge- nutzt. Zu diesem Ergebnis kommt eine detaillierte empirische Erhe- bung im Rahmen eines vom nord- rhein-westfälischen Ministerium für Wissenschaft und Forschung geförderten Forschungsprojektes (Projektnehmer: Prof. Dr. Günter Sieben, Direktor des Treuhandse- minars der Universität Köln, und das Deutsche Krankenhausinstitut unter fachlicher Beratung der Fachvereinigung der Verwaltungs- leiter Deutscher Krankenanstal- ten), die voraussichtlich im Früh- jahr 1983 veröffentlicht werden soll. Laut Umfrage, an der sich 655 Krankenhäuser im März 1981 be- teiligt hatten, haben zwar fast sämtliche Krankenhäuser (bis auf einen verschwindend kleinen Teil von einem Prozent) von der bisher üblichen Kameralistik auf die seit 1980 beziehungsweise 1981 obli- gatorische kaufmännische (dop- pelte) Buchführung umgestellt und mithin den einschlägi- gen krankenhausrechtlichen Vor- schriften (Krankenhausfinanzie- rungsgesetz, Bundespflegesatz- verordnung, Krankenhausbuch- führungsverordnung) Rechnung getragen. Doch genüge laut Gut- achter die Art und Weise sowie die Detaillierung des Rechnungswe- sens noch keineswegs den Anfor- derungen einer nach industrie- wirtschaftlichen Gesichtspunk- ten ausgerichteten Rechnungsle-
gung. Ebenso werden die kran- kenhausspezifischen Informati- onssysteme noch weithin nicht den Absichten des Gesetzgebers gerecht, mit Hilfe eines komplet- ten Kosten- und Leistungsrech- nungswesens die externe Doku- mentation und Kontrolle zu er- möglichen und zu erleichtern. Da- mit werde aber die vom Verord- nungsgeber in § 8 der Kranken-
hausbuchführungsverordnung (KHBV) angestrebte Konfliktlö- sung mit Hilfe der Kosten- und Lei- stungsrechnung kaum erreicht.
Eine Verbesserung sei aber wün- schenswert, um so die Pflegesätze exakter und kontinuierlicher kal- kulieren zu können, die Chefarzt- abgaben zu ermitteln und die Ko- sten der Forschung und Lehre von den laufenden Benutzerkosten ab- zugrenzen.
Die gängigen Instrumente der in- ternen Betriebssteuerung und Sta- tistik sind, jedenfalls nach einer Interpretation von Referenten des Bundesarbeitsministeriums, nicht als Vollkostenrechnung im klassi- schen Sinne zu interpretieren.
Auch von amtlicher Seite wird es als ausreichend dargestellt, wenn zum Jahresende für Zwecke der Preisfindung einmal eine Kosten- umlage sämtlicher Kosten durch- geführt wird.
Zum Erhebungszeitpunkt (März 1981) hatten fast 70 Prozent der zur Einrichtung einer Kostenstel- lenrechnung verpflichteten Häu- ser diese Auflage bereits erfüllt. Im einzelnen hatten Großkliniken (Anforderungsstufe IV; mehr als 650 Planbetten) zu 73 Prozent die Auflagen erfüllt, während die klei-
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Spektrum der Woche Aufsätze ·Notizen Krankenhäuser
neren Krankenhäuser der Anfor- derungsstufe I und II (bis zu 250 beziehungsweise 350 Betten) nach einer mehr oder weniger funktionierenden Kostenstellan- rechnung arbeiteten.
Sehr unterschiedlich ist der Aus- wertungsrhythmus; es ergab sich keine Dominanz für eine monatli- che, quartalsweise oder die jährli- che systematische Analyse. Ten- denziell ergab sich folgendes Bild: Weniger als die Hälfte der Klein- krankenhäuserwerten die Kosten- und Leistungsrechnung nur ein- mal jährlich aus, wohingegen bei den Anforderungsstufen 111 und IV die quartalsweisen Auswertungen überwogen. in der Gruppe der Krankenhäuser mit Maximalver- sorgung werden die Kosten- und Leistungsdaten zu 25,4 Prozent monatlich und zu 31,3 Prozent jährlich ausgewertet (die übrigen:
quartalsweise oder halbjährlich).
Ähnlich wie in der Industrie nimmt auch bei den Krankenhäusern die Anzahl der Kostenstellen entspre- chend der Betriebsgröße zu. ln Gruppe I haben 90 Prozent aller Krankenhäuser 100 und weniger Kostenstellen, wovon 41,3 Prozent weniger als 51 Kostenstellen ein- gerichtet haben. Der Anteil der Hospitäler in Anforderungsstufe II, die weniger als 101 Kostenstellen haben, beträgt 67,1 Prozent; die übrigen 32,9 Prozent der Häuser gehören zu der Gruppe zwischen 101 und 200 Kostenstellen. ln der höchsten Anforderungsstufe (IV) haben 40 Prozent der Hospitäler 101 bis 200 Kostenstellen einge- richtet; jeweils 25,5 der Großkran- kenhäuser haben zwischen 201 und 300 beziehungsweise 301 und mehr Kostenstellen. Wünschens- wert wäre nach Meinung der Gut- achter eine zügige Umstellung auf eine monatliche Auswertung, um
die interne Betriebssteuerung zu
erleichtern und Fehlentscheidun- gen zu vermeiden.
~ Noch im argen liegt offenbar die Erfassung und Auswertung von sogenannten sekundären Da- ten und Leistungsstatistiken. So
werden Diagnosestatistiken im stationären Bereich lediglich von 29 Prozent (davon Auswertungper EDV: 58,6 Prozent), im ambulan- ten Bereich sogar nur von neun Prozent (davon Auswertung per EDV: 27,5 Prozent) der befragten Krankenhäuser geführt. Sowohl im stationären als auch im ambu- lanten Bereich überwiegt dabei die jährliche Analyse, während der monatliche sowie der gelegentli- che Auswertungsrhythmus in bei- den Bereichen etwa gleich stark vertreten ist. Dagegen werden im Laborbereich von 96 Prozent aller befragten Krankenhäuser Statisti- ken geführt (46,4 Prozent monat- lich). Jährlich werten 31 Prozent der Häuser aus, quartalsweise 16,7 Prozent und gelegentlich 5,6 Pro- zent (dieser Anteil geht zurück).
Auch die Personalstatistiken las- sen noch weithin zu wünschen üb- rig, dies um so mehr, als der Per- sonalbereich des Hospitals wegen seiner hohen Kostenintensität (70 bis über 80 Prozent der Betriebs- kosten sind Personalkosten) um- fassender Informationen bedarf.
Mangelhaft sind verdichtete Infor- mationen etwa über Fehlzeiten, Fluktuation, Arbeitszeitregelun- gen, Vergütungsstrukturen oder gar die Stellenplanbesetzungen.
Trotz hoher Absentismusraten in den Krankenhäusern (durch- schnittlich ist regelmäßig 20 Pro- zent des Fachpersonals krank ge- meldet oder fehlt wegen eines Un- falls) werten immerhin 43,4 Pro- zent der befragten Häuser die
Fluktuationsursachen nicht aus.
Damit fallen wichtige Informatio- nen für die Beurteilung des Perso- nalbedarfs und des -zusatzbedarfs aus. Ebensowenig können da- durch personelle und organisato- rische Schwachstellen in den ein- zelnen Abteilungen rechtzeitig aufgezeigt, abgestellt und Fluk- tuations- und Absentismuskosten abgebaut werden.
Dagegen treffen 74,5 Prozent im Bereich von Diagnostik und The- rapie, im Pflegebereich zu 54,3 Prozent und im Wirtschafts- sowie Versorgungsbereich 62,1 Prozent
bereits Regelungen, um ge- wünschte Qualitätsstandards zu überwachen und zu gewährlei- sten. Im diagnostisch-therapeuti- schen Bereich überwiegen dabei die Ringversuche im Labor (55 Prozent), Kontrolluntersuchungen durch Ärzte (13 Prozent), Weitar- bildungsmaßnahmen (13 Prozent) und Teambesprechungen (11 ,5 Prozent). Zwischen 14 und fast 19 Prozent pendeln die Frequenzen von regelmäßig unternommenen Hygieneuntersuchungen im Wirt- schafts- und Versorgungsbereich, Lebensmitteluntersuchungen und Teambesprechungen als Quali- tätssicherungsmaßnahmen. Zu- sätzlich wurden die Weiterbildung (6,4 Prozent) und Patientenbefra- gungen (5,5 Prozent) genannt.
Das Gutachten kritisiert, daß ledig- lich 68,5 Prozent der Häuser regel- mäßig Lieferantenkarteien führen und nur von 25,7 Prozent der be- fragten Häuser Lieferantenum- satzanalysen durchgeführt wer- den und nur 20 Prozent der Hospi- täler mit Nutzer- beziehungsweise Anforderungskarteien arbeiten.
Erstaunlich sei es auch, daß fast 14 Prozent der Häuser keine Fi- nanzpläne erstellen; damit fällt ein wichtiges Instrument der Liquidi- tätsplanung vollkommen aus. Da- bei schneiden öffentliche Kran- kenhausträger (97 Prozent unter- halten Finanzpläne) weitaus bes- ser ab als Häuser in privater Trä- gerschaft (70 Prozent).
Auch ist die ökonomische Funk- tion des Controlling als wichtige Ergänzung und Verstärkung des Krankenhausmanagements und als Fundierung der betrieblichen Informationswirtschaft noch unzu- reichend genutzt. Die Gutachter fordern deshalb, die vorhandenen Instrumente der betriebswirt- schaftlichen Leistungs- und Ko- stenerfassung systematisch und zügig zu ergänzen und das gesam- te System der internen wie exter- nen Betriebssteuerung mittelfri- stig zu einem leistungsfähigen Ge- samtsystem zu verknüpfen.
Harald Clade
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