• Keine Ergebnisse gefunden

Archiv "Mißhandlungen durch den Ehemann" (01.11.1990)

N/A
N/A
Protected

Academic year: 2022

Aktie "Archiv "Mißhandlungen durch den Ehemann" (01.11.1990)"

Copied!
1
0
0

Wird geladen.... (Jetzt Volltext ansehen)

Volltext

(1)

Die Deutsche Gesellschaft für Kinder- und Jugendpsychiatrie hat schon in früheren Stellungnahmen die Abschaffung des Züchtigungs- rechtes gefordert.

Es

ist natürlich nicht zu er- warten, daß die hier geforderten legislativen Maßnahmen dem gravierenden Problem der intra- familiären Gewaltausübung ein Ende bereiten. Sie dürften aber eine Signalwirkung haben und mittel- bis langfristig die immer noch weitverbreitete Normvor- stellung verändern, wonach das Kind als eine Art Objekt Besitz der Eltern ist, mit dem sie will- kürlich und unter Mißachtung seiner Rechte verfahren können.

Es ist zu hoffen, daß diese und andere Vorschläge der Ge- waltkommission realisiert wer- den. Erst dann hat sich ihre Ar- beit gelohnt.

Literatur

Edfeldt, A. W.: Swedish Research and Theory an Violence towards children. Re- search Bulletins from the Institute of Educa- tion, University of Stockholm. Vol. XI (1985).

Remschmidt, H./Schmidt, M./Strunk, P.:

Plädoyer für die Abschaffung des elterlichen Züchtigungsrechtes. Ein Bericht aus der Ar- beit der „Gewaltkommission" der Bundesre- gierung. Spektrum 19/1990, 58-62

Remschmidt, H./Müller-Luckmann, E./

Hacker, F./Schmidt, M. H./Strunk, P.: Ursa- chen und Prävention von Gewalt aus psychia- trischer Sicht. Gutachten der Unterkommissi- on Psychiatrie der Gewaltkommission, 1990 (im Druck).

Schneewind, K. A./Beckmartn, M./Engfer, A.: Eltern und Kinder. Stuttgart 1983.

Schwind, H.-D./Schneider, H.-J./Win- ter, M.: Endgutachten der Gewaltkommissi- on. Manuskript. Bochum 1989

Sessar, K.: Über die verschiedenen Aus- sichten, Opfer einer gewaltsamen Tötung zu werden. In: Kirchhoff, G. F./Sessar, K.

(Hrsg.): Das Verbrechensopfer. Bochum 1979, 301-320

Anschrift des Verfassers:

Prof. Dr. Dr.

Helmut Remschmidt Klinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie der Philipps-Universität Hans-Sachs-Str. 4-6 W-3550 Marburg

Mißhandlungen durch den Ehemann

Da quantitative Angaben über Frauenmißhandlungen weitgehend fehlen, sollte untersucht werden, wie hoch prozentual der Anteil mißhan- delter Frauen in einer Rehabilitati- onsklinik ist. Es muß herausgestellt werden, daß es sich bei dieser Klinik nicht um eine Sucht- oder um eine psychosomatische Klinik handelt.

Methodik. In einem Vorge- spräch wurde mit den Patientinnen des Hauses über Frauenmißhand- lungen durch Ehemänner oder Part- ner gesprochen und herausgestellt, daß Arzte und Psychologen erst ein- mal wissen müssen, wie häufig dies in der Bevölkerung vorkomme, um dann zu therapeutischen Ansätzen zu gelangen. Die Patientinnen wur- den darauf hingewiesen, daß die Be- fragung anonym erfolge und freiwil- lig sei, aber wegen der besonderen Wichtigkeit doch alle um ihre Mitar- beit gebeten wurden.

In den Monaten Oktober 1989 sowie Januar, April und Juni 1990 wurden die Patientinnen befragt.

Die Fragebögen bezogen sich auf den Familienstand (ledig, verheira- tet, verwitwet oder geschieden) so- wie darauf, ob überhaupt Mißhand- lungen stattgefunden hätten und, wenn ja, ob diese selten, öfter oder regelmäßig geschehen seien.

Ergebnisse: Befragt wurden an diesen Terminen insgesamt 197 Pa- tientinnen, beantwortet wurden die Fragebögen 176mal. Die Rücklauf- quote lag damit bei 90 Prozent. Die Frage nach stattgehabter Mißhand- lung beantworteten 133 = 75,5 Pro- zent mit nein, 17mal = 9,6 Prozent waren die Angaben unklar oder un- vollständig; sie wurden ebenfalls dem Nein-Kollektiv zugeordnet, 26 oder 15,3 Prozent der Patientinnen waren irgendwann einmal in der Ehe selten oder häufiger geschlagen wor- den. Das bedeutet, daß jede siebte Frau mißhandelt wurde.

Auffallend war, daß die prozen- tualen Ja-Ergebnisse für Januar, April und Juni nahe beieinander la- gen, jedoch das Ergebnis vom Okto- ber geringer als die Hälfte der drei anderen ausfiel. Eine Erklärung

könnte sein, daß die Überzeugungs- arbeit beim Vorgespräch noch nicht so ausgefeilt war wie später.

Die Menge von 26 mißhandelten Frauen ist noch zu klein, um sichere Aussagen über die Schweregrade der Häufigkeit zu machen. Es entfielen 15 auf „selten", sechs auf „öfter" und drei auf „regelmäßige" Mißhandlun- gen. Die Aufschlüsselung der Grup- pe der betroffenen Frauen (26 Nen- nungen) führt aber insofern weiter, als bei einer Aufteilung in Verheira- tete und Geschiedene die geschiede- nen dreimal häufiger mißhandelt worden sind als die verheirateten Pa- tientinnen.

Folgerungen: Wir haben den Eindruck, daß sich die Patientinnen unserer Klinik soziologisch nicht we- sentlich von der allgemeinen Bevöl- kerung unterscheiden. Daher legen die Untersuchungsergebnisse nahe, daß bei einer Befragung der Gesamt- bevölkerung ähnliche Ergebnisse zu- stande kommen würden wie die hier erzielten. Das heißt also, daß jede sechste oder siebte Frau physische und/oder psychische Gewalt durch den Ehepartner erlitten hat. Wenn man noch bedenkt, daß die Dunkel- ziffer gerade bei solchen Befragun- gen hoch ist, kann man erst das Aus- maß der Tragödie erahnen Daß nämlich körperliche oder seelische Gewalt als pathogenetischer Faktor bei dieser Patientinnengruppe für die verschiedensten Erkrankungen wirksam werden kann, darf angenom- men werden. Es gilt also, bei der Ana- mneseerhebung von Frauen Gewalt in der Ehe als auslösenden Faktor oder als Teilursache der vorliegenden Erkrankung mit ins Kalkül zu ziehen.

Ausblick: Die Behandlung sol- chermaßen geschädigter Frauen setzt erst einmal voraus, daß ihnen der Arzt Gesprächsbereitschaft sig- nalisiert, mit ihnen über solche krän- kenden Vorfälle zu sprechen. Schon das allein schafft in vielen Fällen ei- ne Druckentlastung. Weiterhin kä- men dann Einzel- oder Familienthe- rapie oder auch das Mittun in Selbst- hilfegruppen infrage.

Anschrift des Verfassers:

Dr. Hubertus Schmidt Holthauser Tal Straße 9 W-5828 Ennepetal 1 A-3406 (36) Dt. Ärztebl. 87, Heft 44, 1. November 1990

Referenzen

ÄHNLICHE DOKUMENTE

Aufgabe H1 (Satz von Fubini-Tonelli für integrierbare Funktionen) (1 Punkt) In Abschnitt 5.6 der Vorlesung haben wir den Satz von Fubini-Tonelli für nicht-negative messbare Funk-

Kreuze alle Zahlen an, bei denen die linke Ziffer ungerade und die rechte Ziffer

[r]

Da ihm ihr Krank- heitsbild anschließend nicht bekannt gewesen sei, habe er aber nicht ausschließen kön- nen, dass sich eine Zuspitzung mit einer sich daraus erge-

§ 45 SGB V besteht der Anspruch auf Vergü- tung für die Dauer von 10 Tagen, und nur wenn das Kind noch keine 12 Jahre alt ist. Außerdem besteht gemäß § 45 SGB V ein Anspruch auf

Wer Sorgen hat, dass die Apothekenleitung die Kündigung ignoriert, nimmt eine Kollegin oder einen Kollegen als mögliche Zeugen mit, wenn sie ausgehändigt wird, oder lassen Sie

Wenn aber der Arbeitgeber den Arbeitneh- mer dazu auffordert, die Apotheke komplett zu reinigen, also zum Beispiel die Fenster oder gar die Toilette zu putzen, dann kann man die

Kann man den Ausbruch jetzt noch verhindern oder ist schon nichts mehr zu retten. Kann man jetzt noch