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Archiv "Passivrauchen: Die Zeit ist reif für ein Nichtraucher-Schutzgesetz" (22.12.1997)

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A-3441 Heft 51–52, 22. Dezember 1997 (5)

S P E K T R U M LESERBRIEFE

Arbeitszeitgesetz

Zu dem Leserbrief „Fiktion“ von Klaus Löblein in Heft 46/1997:

Keine Möglichkeit zur Änderung

Es ist aus meiner Sicht und persönlichen Erfahrung nicht richtig, daß verantwortliche Leitende Krankenhausärzte die in vielen Krankenhäusern und Kliniken durch das Ar- beitszeitgesetz entstandene unbefriedigende Situation für ihre Kolleginnen und Kolle- gen nicht ändern wollen. Fakt ist, daß Leitende Kranken- hausärzte hierzu gar keine Möglichkeit haben, dies zu ändern, da in Kliniken und Krankenhäusern die perso- nellen Angelegenheiten ein- deutig von Geschäftsführern und Verwaltungsdirektoren bestimmt werden. Leitende Krankenhausärzte können nur immer wieder auf die un- befriedigende Situation hin- weisen. Die Befugnis, mehr Kolleginnen und Kollegen einzustellen respektive das Arbeitszeitgesetz, das ja von einem Teil der Ärzteschaft gewünscht wurde, zu ändern, besitzen sie nicht.

Dr. med. D. Bauer, Chefarzt Innere Medizin, Jakobi- Krankenhaus, Hörstkamp 12, 48431 Rheine

Passivrauchen

Zu dem Kurzbeitrag „Studie belegt:

Passivrauchen erhöht Lungenkrebsri- siko“ in Heft 38/1997:

Gesundheitsrisiko nicht belegt

Die Studien aus Bremen und Süddeutschland können ein Gesundheitsrisiko des Passivrauchens nicht belegen.

In Bremen (71 Fälle) war das relative Risiko für alle Expo- sitionsquellen nur bei den 10 Prozent der Nieraucher mit der höchsten Exposition schwach signifikant erhöht, obwohl die Einzelanalyse der Quellen Arbeitsplatz, Kind- heit, Partner oder andere Quellen in keinem Fall eine

statistisch signifikante Er- höhung zeigte. Bei der GSF- Studie in Süddeutschland mit über 300 Fällen war dies selbst bei extrem hoher dau- erhafter Belastung nicht der Fall. Sie zeigte aber eine si- gnifikante Erhöhung nach ex- tremer Belastung am Arbeits- platz, definiert als täglich achtstündige, über 10 bis 15 Jahre dauernde Exposition, keine hingegen selbst bei der am höchsten belasteten Gruppe nach Exposition während der Kindheit oder durch den Partner.

Eine Erklärung für diese vielen Differenzen zwischen den Zentren bieten die Auto- ren nicht. Die Daten stehen im Widerspruch zu fast allen bisherigen Studien zum Passivrauchen. Diese haben meist verheiratete Nichtrau- cherinnen, die mit einem rau- chenden Ehemann zusam- menlebten, untersucht, weil die Tabakrauchbelastung zu Haus und im Freizeitbereich zweifellos höher ist als am Arbeitsplatz. Expositionsstu- dien belegen, daß in Raucher- haushalten bei Nur-Haus- frauen die Exposition bis zu sechsmal höher war als am Arbeitsplatz. Die Umrech- nung der Meßdaten ergab ei- ne Tabakrauchbelastung, die der von sechs bis neun aktiv gerauchten Zigaretten pro Jahr bei den Nur-Hausfrauen entsprach, am Arbeitsplatz betrug sie 0,1 bis 0,2 Zigaret- ten.

Dr. Klaus Zapka, Untere Karspüle 13, 37073 Göttin- gen

Zu dem Leserbrief „Auch mißliebige Erkenntnisse veröffentlichen“ von Gerhard Constantin Treutlein und Fre- da von Stackelberg in Heft 47/1997:

Die Zeit ist reif für ein Nichtraucher- Schutzgesetz

. . . Bei der dosimetri- schen Risikoabschätzung wurde als Vergleichswert für die Belastung mit Karzinoge- nen die Nikotinkonzentration bei Passivrauchern bestimmt.

(2)

Dies ist falsch, weil Passivrau- cher vor allem den sogenann- ten Nebenstromrauch einat- men. Dieser entsteht zwi- schen den Zügen und ist des- halb so gefährlich, weil wegen fehlenden Luftzugs niedrige- re Verbrennungstemperatu- ren herrschen und damit im Vergleich zum Hauptstrom- rauch ein Vielfaches an Ni- trosaminen entsteht. Gemes- sen am Nikotingehalt, ist der Nebenstromrauch also viel gefährlicher als das, was Rau- cher inhalieren. Es ist deshalb nicht verwunderlich, daß das Krebsrisiko durch Passivrau- chen ansteigt, eine Erkennt- nis der meisten epidemiologi- schen Studien zu dieser Fra- ge. Diese Ergebnisse werden in der Interpretation mancher Experten bagatellisiert.

Neueste Studien zeigen außerdem, daß auch kar- diovaskuläre Erkrankungen

durch Passivrauchen nach- weisbar zunehmen. Ichiro Kawachi von der Harvard Medical School hatte zusam- men mit anderen Forschern das Schicksal von 32 000 Krankenschwestern (alle Nichtraucher!) über zehn Jahre prospektiv verfolgt.

Dabei hatten Frauen, die re- gelmäßig passiv mitrauchen mußten, ein fast doppelt so hohes Herzinfarktrisiko als jene, die nie mit Passivrauch in Berührung kamen (Circu- lation, Bd. 95, S. 2374). Eine Erkenntnis!

Meine Interpretation: Ge- sundheitsvorsorge hat Vor- rang! Vermeiden, was ver- meidbar ist! Die Zeit ist reif für ein Nichtraucher-Schutz- gesetz!

Dr. med. R. Guttenberger, Universitäts-Klinik Freiburg, Hugstetter Straße 55, 79106 Freiburg

A-3442 (6) Deutsches Ärzteblatt 94,Heft 51–52, 22. Dezember 1997

S P E K T R U M LESERBRIEFE

Forschungsbetrug

Zu dem Beitrag „Fall Herrmann/

Brach: Gutachter bestätigen den drin- genden Verdacht der Manipulation“

von Dr. med. Vera Zylka-Menhorn in Heft 42/1997:

Haftung einführen

Ich plädiere dafür, die sogenannte Produkthaftung auch für wissenschaftliche Ar- beiten und ultimative Äuße- rungen von „Wissenschaft- lern“ anzuwenden. Wenn es sich herausstellt, daß auf Grund gefälschter wissen- schaftlicher Arbeiten be- stimmte Methoden oder Ver- fahren in der Medizin Einzug halten, die sich später als falsch oder sogar schädlich herausstellen, sollten die ver- antwortlichen Wissenschaft- ler dafür haftbar gemacht werden. Ebenso die forschen Mitmenschen, die nur ihre Behandlungsmethoden für kunstgerecht proklamieren, ohne dies mit wissenschaftli- chen Methoden nachgewie- sen zu haben.

Natürlich darf ein Wissen- schaftler sich irren. Aber er darf nicht fälschen. Solange jemand seine Erkenntnisse

veröffentlicht und seine Schlußfolgerungen daraus als solche zu erkennen gibt, ist das in Ordnung. Sobald er aber daraus verbindliche For- derungen ableitet, die sich nicht halten lassen, sollte die Haftung für mögliche finanzi- elle und andere Folgen ein- treten. Ich vermute, daß wir damit auch die Flut der unnützen Publikationen ein- dämmen könnten, vor allem aber einen Teil der Kosten im Gesundheitswesen.

Dr. med. Jan Ulmer, Im Win- kel 9, 24955 Harrislee

Seit langer Zeit bekannt

Gibt es nicht sehr zu den- ken, daß der Stein im Falle Herrmann/Brach erst im März dieses Jahres ins Rol- len gekommen ist? Denn lan- ge Zeit vorher haben doch Doktoranden und Postdok- toranden aus der Arbeits- gruppe jedem, der es hören wollte, von den seltsamen Methoden des Prof. Fried- helm Herrmann erzählt, darunter namhafte Professo- ren und DFG-Fachgutachter.

Warum hat erst Prof. Hof-

schneider gehandelt? Oder gibt es nur noch bei der Max- Planck-Gesellschaft gute Wissenschaftler, die auch gute Menschen sind, obwohl

sie genau wissen, daß der gute Mensch als letzter ins Ziel kommt?

Dr. rer. nat. Jörg Klug, Kör- nerstraße 41, 35039 Marburg

Naturheilmittel

Zu dem Leserbrief „Es lebe der Dr.

Plazebo!“ von Dr. med. Hans Schwa- be in Heft 44/1997:

Rundumschlag

Der Kollege Schwabe holt zum üblichen Rundumschlag gegen die naturheilkundli- chen Medizinrichtungen aus, pauschal und undifferenziert, soweit nichts Neues.

Glücklicherweise disqua- lifiziert er sich zum Schluß selbst, indem er TV-Pfarrer Sommerauer gegen Sigmund Freud antreten läßt, wobei letzterer natürlich den Kürze- ren ziehen muß. Sehr wissen- schaftlich! . . .

Dr. Regine von Gerkan, Re- gensburger Straße 117, 28215 Bremen

Toleranz erwünscht

. . . Ich bin seit fast 15 Jah- ren als Kinderärztin nieder- gelassen, seit 14 Jahren be- handle ich mit homöopathi- schen Arzneimitteln. Kein Mensch wird behaupten, daß ein Säugling von sechs Mona- ten bei Fieber oder einer sehr schmerzhaften Otitis media, egal welcher Krankheit auch immer, auf ein Plazebo rea- gieren wird! Im Gegenteil, gerade ältere Kinder sagen mir sehr genau, wenn ich ein falsches Mittel verabreicht habe: es hilft nämlich ganz einfach nicht. Es gibt keinen Plazebo-Effekt, das heißt, es gibt ihn natürlich genauso wie in der sogenannten Schulme- dizin, wo er doch auch erlaubt und sogar gewünscht wird.

Auch Ihre Patienten müssen an Sie glauben und Ihnen ver- trauen.

Der nächste Einwand heißt dann Spontanheilung, auch die gibt es ganz sicher.

Warum dann so außerge- wöhnlich häufig bei den

Homöopathen? Dann soll- ten viel mehr Kollegen sich für Homöopathie begei- stern, zumindest wären die Krankenkassen entlastet. Ein durch Abstrich nachgewiese- ner Scharlach wird homöopa- thisch behandelt, der Kon- trollabstrich ist negativ. Pla- zebo oder Spontanheilung?

. . . Ich arbeite zwar aus- schließlich klassisch-homöo- pathisch, kenne meine Gren- zen und die der Homöopa- thie, weiß die Möglichkeiten der klinischen Medizin zu schätzen, halte mich aber für so tolerant, daß ich klinisch arbeitende Kollegen nie für

„im Feld der Dummheit be- fangen“ halten würde. Das, Herr Kollege, ist starker To- bak.

Und ganz zum Schluß:

Quarkwickel sind ein wun- derbares Mittel bei jeder Art von Entzündung: sei es eine Mastitis, Lymphadenitis colli oder auch unterstützend bei einer Pneumonie.

Dr. Gudrun B. Uhlenbrock, Trattstraße 11, 91362 Pretz- feld

In aller Regel billiger

Durch viereinhalb Jahr- zehnte habe ich sämtliche Anginen und Mandelentzün- dungen homöopathisch be- handelt, wobei ich nur bei ab- szedierenden Fällen zusätz- lich auf das Wissen der Akupunkteure zurückgreifen mußte.

Wieso verordnen bei sol- chen Krankheitszuständen typische Schulmediziner fast ausnahmslos teure Antibioti- ka, wenn es doch, wie alle na- turheilkundlich geschulten Kollegen wissen, in aller Re- gel mit billigen und für die Darmflora unschädlichen (!)

„Plazebos“ auch geht?

Dr. med. Helmut Weber, Bahnhofstraße 1, 84508 Burgkirchen/Alz

(3)

A-3443 Deutsches Ärzteblatt 94,Heft 51–52, 22. Dezember 1997 (7)

S P E K T R U M LESERBRIEFE

Politik

Zu dem Beitrag „Basisdemokratie und Selbstverwaltung“ von Prof. Dr.

med. Ernst-Eberhard Weinhold in Heft 41/1997:

Neues „Volk“ wählen

Bravo Kollege Weinhold, wieder ein Beitrag zur Steige- rung der Politikverdrossen- heit beim Wahlvolk. Es ist er- schreckend, was für verboge- ne Auffassungen bei den Volksvertretern herrschen.

Sie wurden gewählt, damit sie ihr Wahlvolk und nicht eine Privatmeinung vertreten, das heißt, sie sollen die populäre Meinung im Bundestag bezie- hungsweise die ihrer Wahl- lobby in den anderen Organi- sationen vertreten, sie müssen also Populisten und Lobby- isten sein, sonst haben sie ihre Aufgabe verfehlt. Ich sehe diese Basisdemokratie nur in den USA zum Teil verwirk- licht, wo Meinungsumfragen die Politik wesentlich mitbe- stimmen. Wenn ein Politiker meint, er müsse unpopuläre Entscheidungen treffen, sollte er die Gesellschaft schnell von seiner Last befreien. Sie rei- hen sich ein in die Wählerbe- schimpfungen, die Ärzte seien inkompetent, wobei die De- bakel bei EBM und Budgetie- rung zeigen, wer hier nobel- preisverdächtige Leistungen der Inkompetenz abgibt! Ge- rade bei einem so kleinen Haufen wie den Ärzten wäre Basisdemokratie möglich. Bei jeder Abgabe der Abrech- nung wird ein Fragebogen und ein Blatt zur Meinungs- äußerung ausgelegt, und schon wären die Politiker im Bilde. Die Kluft zwischen Ba- sis und Selbstverwaltung ha- ben ausschließlich die Berufs- politiker zu verantworten, die sich mit ihren Entscheidun- gen von ihrer Lobby entfernt haben! Sie tragen auch die Verantwortung für Folgen des Gesetzgebers. Am besten, Kollege Weinhold, Sie gehen dahin, wo Sie sich ein neues

„Volk“ wählen können.

Dr. med. Heiner Loos, Ul- menallee 30, 16356 Ahrens- felde !

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A-3444 (8) Deutsches Ärzteblatt 94,Heft 51–52, 22. Dezember 1997

S P E K T R U M LESERBRIEFE

Budgetierung

Zur Einkommenssituation einer Rönt- genpraxis in den neuen Ländern:

Zerstörte Motivation

Zusammen mit der Ho- norarabrechnung für das Quartal II/97 bekam ich von meiner zuständigen KV die Mitteilung, daß die Leistun- gen meiner Röntgenpraxis über den HVM mittels Basis- fallzahlen für die Quartale III/97 und IV/97 budgetiert werden. Ich bekomme die mir zugeteilten Fälle mit dem je- weils gültigen Punktwert ver- gütet, Fälle, die ich darüber hinaus zur Abrechnung brin- ge, werden mit nur 50 Prozent des aktuellen Punktwertes vergütet. Ich kann also in meinem Fall 4 180 Fälle pro Quartal abrechnen.

Wenn ich 4 180 Fälle ab- rechnen würde von 4 180 Pa- tienten, bei denen jeweils die kleine Zehe in zwei Ebenen geröntgt wurde. . . , sind das 58 887,84 DM. Wenn ich bei allen mir zugestandenen 4 180 Fällen eine Angiogra- phie durchführen würde be- ziehungsweise könnte, kä- men über die verschiedenen bei einer Angiographie abre- chenbaren GOP 1 254 000 DM zusammen . . .

Das heißt: bei gleicher Fallzahl von 4 180 ergibt sich eine Differenz der Einnah- men von etwa 1 195 112,20 DM. Bei dieser Art von Bud- getierung wird jeder Radiolo- ge aus wirtschaftlichen Grün- den versuchen, durch diverse Strategien innerhalb seiner budgetierten Fallzahlen nur (oder soviel wie möglich) „ge- winnbringende“ Untersu- chungen durchzuführen . . . Hat aber nicht der Patient, der

wegen einer gebrochenen Ze- he nicht mehr laufen kann, das gleiche Recht auf gute ärztliche Versorgung wie der Patient, der wegen einer AVK (die mittels Angiographie ab- geklärt werden muß) nicht mehr laufen kann? Diese Art der Budgetierung ist der Feind des Prinzips der Gleich- behandlung aller Patienten.

Wie soll es im Osten über- haupt weitergehen mit der ambulanten Medizin? Wir haben über private Kredite das gesamte ambulante Ge- sundheitswesen vorfinan- ziert. Es entstanden Massen an Praxen, die den Staat nichts gekostet haben, weil sie über private Kredite vorfi- nanziert wurden. Und nun folgt noch nicht mal das Geld der Leistung.

Es kann nicht sein, daß Praxen erst privat über Kredi- te geschaffen und vorfinan- ziert werden und dann viel- leicht nur noch dadurch vor dem Konkurs gerettet wer- den, indem die laufenden Ko- sten über Kredite finanziert werden oder der Praxisinha- ber privat nichts oder nur sehr wenig entnimmt und auf Kosten seines Ehepartners lebt oder die Praxis dadurch weiterexistiert, indem zur Deckung der laufenden Ko- sten bereits gebildete Rückla- gen wieder in den Praxishaus- halt zurückgeführt werden, nur weil die eigentliche Ver- gütung nicht reicht.

All das ist mit Sicherheit nicht förderlich, sich für den Patienten zu engagieren, und all das stimuliert wahrlich nicht zu hohen Leistungen und persönlichen Anstren- gungen zum Wohle des Pati- enten. Mit der gegenwärtigen Höhe der Vergütung im am- bulanten Gesundheitswesen

wird die Motivation der Ärzte und des Praxispersonals zur engagierten und hochqualifi- zierten Tätigkeit für den Pati- enten geradezu zerstört. Und ist die Motivation erst einmal zunichte gemacht, dauert es erfahrungsgemäß sehr lange, sie wieder herzustellen. Als ehemaliger DDR-Bürger weiß ich dies aus Erfahrung.

Dr. med. Uwe Kerner, Am Walkgraben 31, 09119 Chem- nitz

Schmerztherapie

Zu dem Beitrag „Arzneimittelkom- mission und Techniker Krankenkasse – Schmerztherapie: Patienten mehr einbinden“ in Heft 45/1997:

Leitlinien wurden erheblich abgeändert

Es geht in dem Artikel er- neut um die therapeutische Versorgung von Kopf-, Rücken- und Tumorschmer- zen. Hierfür waren von einer Arbeitsgruppe „Schmerzthe- rapie“ des ärztlichen Sach- verständigenbeirats für die Gesundheitsversorgung und Krankenversicherung des BMG Vorschläge für Leitlini- en interdisziplinär erarbeitet und mit allen in der AWMF vertretenen Fachgebieten abgestimmt worden. Für die Kommission „Rücken- schmerz“ bin ich der verant- wortliche Koordinator.

Alle drei Vorschläge für Leitlinien wurden dann von der Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft als

„Vorschläge zur Behandlung von Kopf-, Rücken- und Tu- morschmerzen“ in Form ei- ner Beilage im Deutschen Ärzteblatt allen niedergelas- senen Ärzten zur Verfügung gestellt. Die Vorschläge der Arzneimittelkommission hat jetzt die TKK übernommen und verbreitet.

Dieses Vorgehen ist insge- samt sicher sehr begrüßens- wert. Leider wurden aber die Leitlinien der BMG-Kom- mission „Rückenschmerz“

von der Arzneimittelkommis- sion in enger Kooperation

mit der Gesellschaft für Or- thopädie und Traumatologie eigenmächtig und ohne Rücksprache mit der BMG- Kommission erheblich ab- geändert, so daß auch die Therapieempfehlungen der TKK für Rückenschmerzen nicht den Vorstellungen der Kommission entsprechen.

Rückenschmerz wird nach den Vorstellungen der Arz- neimittelkommission und der Gesellschaft für Orthopädie und Traumatologie nur mo- nodisziplinär behandelt. Psy- chosomatische Zusammen- hänge sind wieder nur als

„Restkategorie“ (sogenannte extravertebrale Ursache) dar- gestellt im Gegensatz zu der Auffassung der Kommission, daß chronischer Schmerz im- mer multifaktoriell ist und si- multan somatische, psychi- sche und soziale Ebenen in Diagnostik und Therapie berücksichtigt werden müs- sen. In den Papieren der Arz- neimittelkommission und der TKK überwiegen erneut me- dikamentöse und somatische orthopädische Behandlungs- konzepte (Serien von Injek- tionen), die weder das Pro- blem der Chronifizierung von Rückenschmerzen verhin- dern noch einen wirkungsvol- len Beitrag zur Behandlung bereits chronifizierter Schmer- zen leisten können. Durch diese Papiere werden die bis- herigen (unwirksamen) Kon- zepte fortgesetzt und der enorme volkswirtschaftliche Schaden, der durch Rücken- schmerzen entsteht, ver- größert.

Da es neben den Vorschlä- gen der BMG-Kommission auch im Ausland bereits er- folgreich praktizierte alterna- tive Konzepte gibt, müssen sich ärztliche Standesvertre- ter, Gesundheitspolitiker, Krankenkassen und Renten- versicherungsträger fragen lassen, warum sie weiter nutz- lose und kostentreibende Be- handlungsstrategien favori- sieren.

Prof. Dr. med. J. Hildebrandt, Schmerzambulanz der Ge- org-August-Universität Göt- tingen, Robert-Koch-Straße 40, 37075 Göttingen

e-mail

Briefe, die die Redaktion per e-mail erreichen, werden aufmerksam gelesen. Sie können indessen nicht veröffent- licht werden, es sei denn, sie würden ausdrücklich als „Le- serbrief“ bezeichnet. Voraussetzung ist ferner die vollstän- dige Anschrift des Verfassers (nicht die bloße e-mail- Adresse). Die Redaktion behält sich ohne weitere Mittei- lung vor, e-mail-Nachrichten, die als Leserbrief erscheinen sollen, zu kürzen. DÄ

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