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Archiv "Das Porträt: Prof. Dr. med. Thomas Eichhorn, Chefarzt und Nothelfer – Einsatz in Wladikawkas" (07.01.2008)

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A12 Deutsches Ärzteblatt⏐⏐Jg. 105⏐⏐Heft 1–2⏐⏐7. Januar 2008

P O L I T I K

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er Chefarzt der HNO-Klinik ist nicht einfach zu finden.

Denn das Carl-Thiem-Klinikum in Cottbus mit seinen knapp 1 300 Bet- ten und 20 Kliniken und klinischen Fachabteilungen wird von Grund auf modernisiert – bei laufendem Betrieb. Vom Rückbau Ost ist hier nichts zu spüren. Hinter der edlen Jugendstilfassade aus der Grün- dungszeit des städtischen Klini- kums wird seit der Wende umge- baut, angebaut und neu gebaut. Dar- unter 16 OPs, acht sind fertig, der Rest ist im Bau.

Prof. Dr. med. Thomas Eichhorn, der HNO-Chef, ein hochgewachse- ner Mann von 55 Jahren, nimmt die baubedingten Molesten gelassen. Er ist es gewohnt, zu improvisieren und dennoch sorgfältig und effektiv zu arbeiten. Von morgens um acht bis nachmittags um vier Uhr ist er zumeist im OP anzutreffen.

Gelockt hatte den jungen Privat- dozenten aus Marburg vor 15 Jahren die Aussicht, das ganze operative Spektrum seines Fachs ausfüllen zu können, statt sich subspezialisieren zu müssen. Ein bisschen Idealismus war auch dabei, glaubte er doch, in Ostdeutschland wirklich gebraucht zu werden. Die Erwartungen gingen weitgehend auf. Eichhorn entwi- ckelte sich zum Spezialisten für Operationen im Mittelohr sowie für Krebserkrankungen im Rachen und des Kehlkopfs. Seine Abteilung mit 51 Betten versorgt kontinuierlich rund 2 200 Patienten jährlich. „An- gesichts rückläufiger Bevölkerung sind wir relativ also im Plus“, meint Eichhorn mit Augenzwin-

kern. Die in Cottbus stattfindende 8. Tagung der Norddeutschen Ge- sellschaft für Otorhinolaryngologie und zervikale Chirurgie im Mai 2008 darf als Anerkennung der Kollegen vom Fach gewertet wer- den. Auch über die Grenzen hinaus, treffen doch bei der Gelegenheit deutsche und polnische HNO-Ärzte zusammen.

Blick über die Grenzen und Im- provisationsgabe kennzeichnen auch drei ungewöhnliche Einsätze, die Eichhorn 2005 und 2006 zusammen mit einem kleinen Team absolvier- te. Der erste betraf einen OP-Kurs in Tartu, Estland. Ein Medizin- gerätehersteller, der den Kurs orga- nisierte, steckte in der Klemme – ein ins Auge gefasster Kursleiter war ausgefallen. Und 50 Kollegen aus dem Baltikum warteten. Inner- halb einer Woche musste eine Alter- native her. „Ich bat um eine Nacht Bedenkzeit. Am nächsten Morgen

fragte ich im OP vor den versam- melten Schwestern, wer mitmachen wollte“, erzählt Eichhorn, „denn ich brauchte jemanden, der den Operationsablauf kannte.“ OP- Schwester Grit Patzig, die sich spontan meldete, machte dann auch bei den Einsätzen in Pjöngjang, Nordkorea, und schließlich in Wla- dikawkas, Nordossetien, mit. Das war ein größeres Unternehmen. Ei-

ne Woche lang operierten Dr. med.

Christian Offergeld, ein Mittelohr- spezialist aus Freiburg, und Eich- horn Kinder aus Beslan, deren Trommelfelle bei dem berüchtigten Sturm auf die Schule im September 2004 geplatzt waren.

Sind solche Operationen auf Dauer erfolgreich, auch dann, wenn

die Spezialisten aus Deutschland wieder abgereist sind? „Ja“, sagt Eichhorn, „wenn vor Ort die medi- zinischen Basiskenntnisse da sind und wenn das Nachsorgemanage- ment beherrscht wird.“ Deshalb ha- be man zwei Ärzte aus Nordkorea und eine Ärztin aus Wladikawkas über Wochen in Cottbus geschult.

Langfristig müssten einheimische Kolleginnen und Kollegen an die

DAS PORTRÄT

Prof. Dr. med. Thomas Eichhorn, Chefarzt und Nothelfer

Einsatz in Wladikawkas

Vor 15 Jahren verschlug es den HNO-Spezialisten von Marburg nach Cottbus. Im anfangs fremden Osten ist er inzwischen beruflich zu Hause. In der Freizeit leistet er humanitäre Hilfe. Zum Beispiel für die Kinder von Beslan

Eichhorn mit Helfe- rin und Kleinkind in Wladikawkas. Das Kind leidet an einer akuten Mastoiditis und wird noch am selben Abend ope- riert.

Ich bin Arzt geworden, um zu helfen.

Da war auch ein Stück Idealismus dabei.

Foto:privat

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A14 Deutsches Ärzteblatt⏐⏐Jg. 105⏐⏐Heft 1–2⏐⏐7. Januar 2008

P O L I T I K

Stelle der Gäste treten. Deshalb werde ein erneuter Aufenthalt in Wladikawkas („Sofern meine Kräf- te reichen.“) auch ganz anders aus- sehen: „Beim ersten Mal schauten die Kollegen mir zu, beim nächsten Mal schaue ich ihnen über die Schulter.“ Und weshalb übernimmt er sich solch anstrengende Jobs, noch dazu ehrenamtlich? „Wenn ich helfen kann, dann helfe ich gern“, so Eichhorn kurz und bündig.

Seit Juni 2005 ist Eichhorn Ho- norarprofessor für biomedizinische Kommunikation an der Branden- burgischen Technischen Universi- tät Cottbus. „Ich vertrete damit die biologische Komponente der Kom- munikationstechnik.“ Für die ange- henden Techniker liest er jeweils ein Semester über „Hören“ und

„Sprechen“. Dazu tritt ein neuer Masterstudiengang „Biomedizini- sche Gerätetechnik“, an dem Eich- horn sowie der Herzchirurg Prof.

Dr. med. Joachim Knörig vom Sa- na-Herzzentrum in Cottbus betei- ligt sind.

Ist der Osten nach 15 Jahren Eichhorn zur Heimat geworden?

Beruflich gewiss. Und privat? Eich- horn weiß, dass er kein Einheimi- scher werden wird, aber auch, „dass wir so nette Nachbarn wie hier noch nie hatten“. Auf die Gretchenfrage, ob er daran denke, den Ruhestand in Cottbus zu verbringen, verweist Eichhorn diplomatisch auf seine Frau, die sei der Außenminister der Familie. Elke Eichhorn spricht vom regen Leben in der evangelischen Gemeinde, den Sprachkursen, die sie gibt, und den herzlichen, so nor- malen Menschen („Hier finden Sie kein ‚name dropping‘.“). Sie schließt unzweideutig: Sie wolle hier nicht mehr weg. „Na, sehen Sie“, kom- mentiert Eichhorn und überlässt die Schlussfolgerung dem Interviewer.

Doch das betrifft die fernere Zu- kunft. Akut ist hingegen ein Perso- nalproblem: Der erfahrene Oberarzt lässt sich nieder. Wer kann ihn er- setzen, wer kommt nach Cottbus, am Rande Deutschlands? Eichhorn hofft auf den „Überlaufeffekt Ber- lin“. Aber wer weiß, er selbst kam aus Marburg und fand die berufliche

Erfüllung im Osten. I

Norbert Jachertz

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ie Ärztegewerkschaft Mar- burger Bund (MB) fordert für die rund 55 000 Ärzte an kom- munalen Krankenhäusern durch- schnittlich zehn Prozent mehr Ge- halt sowie die Angleichung der Ost- gehälter an Westniveau. Darauf hat sich die Kleine Tarifkommission des MB verständigt. Zuvor hatte die Gewerkschaft die Vergütungstabel- le des im Jahr 2006 ausgehandelten eigenständigen Tarifvertrags für Kli- nikärzte fristgemäß zum 31. Dezem- ber 2007 gekündigt.

„Ich erwarte von den Arbeitge- bern Verständnis für Forderungen nach attraktiveren Arbeitsbedin- gungen, mit denen auch der Ärzte- mangel in Deutschland eingedämmt werden könnte“, sagte der Erste Vor- sitzende des MB, Rudolf Henke. Er begründete die Gehaltsforderungen

mit besseren Verdienstmöglichkei- ten im Ausland, die „seit Jahren zu einer regelrechten Ärzteflucht aus Deutschland“ führen. „Schlechtes Einkommen und überlange Arbeits- zeiten führen bei Ärzten zu Frust.“

Henke äußerte sich deshalb opti- mistisch, dass sich der MB und die Vereinigung der kommunalen Arbeit- geberverbände (VKA) bei der am 14.

Januar startenden Tarifrunde ohne Streiks einigen werden. Sollte es von- seiten der VKA erneut zu „tarifpoliti- schen Spielchen“ kommen, sei man jedoch auf einen Arbeitskampf vor- bereitet, warnte die Gewerkschaft. Im Sommer 2006 kamen MB und VKA

erst nach wochenlangen Streiks zu ei- nem Verhandlungsergebnis.

Die Fronten scheinen auch diesmal verhärtet. Wer Gehaltssteigerungen von zehn Prozent fordere, ignoriere die Finanzwirklichkeit der Kranken- häuser, sagte der Hauptgeschäftsfüh- rer der Deutschen Krankenhausge- sellschaft, Georg Baum. Der VKA- Hauptgeschäftsführer, Manfred Hoff- mann, kritisierte: „Die Ärzte haben bereits im Jahr 2006 Einkommens- steigerungen durchgesetzt, die zu durchschnittlichen Kostensteigerun- gen von bis zu 13 Prozent geführt haben.“

Henke wies dies zurück. Zwar sei- en Einbußen – die durch die Ein- führung des Tarifvertrags für den öf- fentlichen Dienst für Ärzte zu erwar- ten gewesen wären – verhindert wor- den. Gegenüber dem zuvor geltenden Bundesangestelltenta- rif seien die Gehälter aber nur im einstelli- gen Bereich gestiegen.

So bekämen Klinik- ärzte nach dem gelten- den Tarifvertrag ein Bruttoeinstiegsgehalt von 3 420 Euro, Fachärzte 4 450 Eu- ro, Oberärzte 5 650 Euro und leitende Oberärzte 6 500 Euro. Für die anste- hende Tarifrunde fordert der MB dif- ferenzierte Gehaltssteigerungen mit eigenen Beträgen für jede Entgelt- gruppe und für jede Entwicklungsstu- fe. Daraus ergeben sich 13 verschie- dene Tarifforderungen für die einzel- nen Arztgruppen, aus denen sich die Durchschnittsforderung nach zehn Prozent mehr Gehalt ergibt. Die Höhe der veranschlagten Tarife für die einzelnen Arztgruppen will der MB vor dem Start der Verhandlungen

veröffentlichen. I

Samir Rabbata

KOMMUNALE KRANKENHÄUSER

MB fordert rund zehn Prozent mehr Gehalt

Im Januar startet die Tarifrunde für Ärzte an kommuna- len Kliniken. Der Marburger Bund hofft auf eine schnelle Einigung, sieht sich aber auch für Streiks gut gerüstet.

Schlechtes Einkommen und überlange Arbeitszeiten führen bei Ärzten zu Frust.

Rudolf Henke,

Erster Vorsitzender des Marburger Bundes

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