MEDIZIN
Indikationspalette gegeben ist. Dar- auf hat M. Trede bei Eröffnung des diesjährigen Chirurgenkongresses be- sonders hingewiesen (102). Infolge dieser Indikationsausweitung steigen die Gesamtkosten und die Gesamt- mortalität wird nicht zurückgehen wie beispielsweise bei der laparoskopi- schen Cholezystektomie (100).
Zwecks Abwendung arztrechtli- cher Komplikationen wegen nicht zu rechtfertigender Operationsindikati- on wurden als Ergebnis einer Konsen- suskonferenz von Chirurgen und In- ternisten auf der dem Chirurgenkon- greß nachfolgenden 100. Tagung der Deutschen Gesellschaft für Innere Medizin Richtlinien zur Behandlung von Patienten mit Gallensteinen vor- gestellt. Diese Richtlinien werden si- cher sehr schnell Eingang in die Rechtsprechung finden.
Angesichts der explosiven Ent- wicklung der minimal invasiven Ope- rationsmethoden bedürfen auch die Weiterbildungsordnungen aller ope- rativen Fächer einer Anpassung und nicht nur die der allgemeinen Chirur- gie. Der Operateur, und nicht nur der auf dem Gebiet der Allgemeinchirur- gie tätige, muß nach wie vor die her- kömmlichen operativen Methoden beherrschen, um gegebenenfalls die mit laparoskopischer Technik nicht beherrschbaren Komplikationen mit einer nachfolgenden Laparotomie er- folgreich anzugehen, worauf bereits hingewiesen wurde.
Wenn aber heute schon etwa 80 Prozent der in einem Krankenhaus der Regelversorgung anfallenden ab- dominellen Eingriffe endoskopisch durchgeführt werden können und die Patienten nach entsprechender Aufklärung diese Operationstechnik auch beanspruchen werden, dann stellt sich die Frage, wie im Rah- men der chirurgischen Weiterbildung genügend Erfahrung mit der Laparo- tomie gesammelt werden kann. Hier sei daran erinnert, daß nach einer ver- sicherungsrechtlich relevanten Ent- scheidung des Bundesgerichtshofes aus dem Jahr 1992 ein im fünften Jahr der chirurgischen Weiterbildung be- findlicher Arzt mit 150 selbständig ausgeführten Blinddarmoperationen nicht die Voraussetzung erfüllt, um ei- nem Berufsanfänger zu assistieren.
Welche Konsequenzen dies vor allem
ZUR FORTBILDUNG / FÜR SIE REFERIERT
für kleinere Krankenhäuser hat, be- darf keiner Erläuterung. Vielleicht sorgt der Einzug der virtuellen Rea- lität in die Medizin mit den faszinie- renden Zukunftsperspektiven für neue „Trainingsmöglichkeiten" in der Weiterbildung (31, 95), so wie sie im Rahmen der Ausbildung mittels
„Computer-Sektion" (unter anderem Anatomie) bereits im Ansatz erkenn- bar sind, Eventuell wird eines Tages ein Roboter als Operationsassistent eingesetzt, wie jetzt erstmals in Que- bec, Kanada, bei einer laparoskopi- schen Cholezystektomie (28).
Möge die Beachtung der arzt- rechtlichen Hinweise dazu beitragen, daß die segensreichen operativen Fortschritte nicht durch Außeracht- lassung der „rechtlichen Spielregeln"
in Mißkredit geraten und die Weiter- entwicklung der apparativen Medizin nicht erneut mit dem negativ gemein- ten Schlagwort von der „Apparate- medizin" angeprangert wird.
Für die Zahlen der Projektgeschäftsstelle Qualitätssicherung und der Gutachterkom- mission für ärztliche Behandlungsfehler bei der Ärztekammer Nordrhein bedanken wir uns bei den Herren Dr. H. G. Huber und U.
Smentowski.
Zitierweise dieses Beitrags:
Dt Ärztebl 1995; 92: A-270-276 [Heft 5]
Die Zahlen in Klammern beziehen sich auf das Literaturverzeichnis im Sonderdruck, anzufordern über die Verfasser.
Anschrift der Verfasser:
Prof. Dr. med. Dr. dent.
Heinz Pichlmaier Dr. med. Samir Said
Klinik und Poliklinik für Chirurgie der Universität zu Köln
Josef-Stelzmann-Straße 9 50924 Köln
Em. Prof. Dr. med.
Hans-Joachim Wagner Ehem. Direktor des
Instituts für Rechtsmedizin der Universität des Saarlandes Gebäude 42
66421 Homburg/Saar
Allergien durch Nahrungsmittel sind selten
Intoleranzen bei Nahrungsmit- teln waren schon den alten Griechen bekannt, echte allergische Phä- nomene sind jedoch auch im Zeital- ter von IgE-Antikörpern schwierig zu beweisen, da keine einfachen spe- zifischen In-vitro- oder In-vivo-Te- ste zur Verfügung stehen.
Die Autoren führten eine Um- frageaktion bei zwei Populationen von je 7 500 Haushalten durch. Etwa 20 Prozent der angesprochenen Pro- banden klagten über Nahrungsinto- leranzen. 93 Probanden nahmen an einer Doppelblind-Plazebo-kontrol- lierten Provokations-Studie teil, da- von zeigten 19,4 Prozent eine positi- ve Reaktion auf ein von acht gete- steten Nahrungsbestandteilen wie Kuhmilch, Hühnerei, Weizen, Soja, Zitrusfrüchte (Orangen), Fisch, Nüsse und Schokolade.
Die Prävalenz einer echten Nahrungsmittelallergie wurde mit 1,4 bis 1,8 Prozent ermittelt.
Frauen klagten häufiger über eine Nahrungsmittelintoleranz und zeigten auch eine höhere Rate posi- tiver Provokations-Tests. Offen- sichtlich besteht eine erhebliche Diskrepanz zwischen vom Patienten empfundenen Nahrungsmittel- intoleranzen und beim Expositions- versuch nachweisbaren allergischen Phänomenen.
Die Autoren verweisen auf eine frühere Studie bezüglich Nahrungs- mittel-Konservierungsstoffen, wo 7,4 Prozent der Population über In- toleranzen klagten, aber nur bei 0,01 bis 0,23 Prozent dies in einem Expo- sitionsversuch verifiziert werden konnte.
Young E, M D Stoneham, A Petruckevitch et al.: A population study of food intole- rance. Lancet 1994; 343: 1127-1130 Amersham Hospital, Department of Der- matology Amersham, Bucks MP7 OJD, United Kingdom
A-276 (46) Deutsches Ärzteblatt 92, Heft 5, 3. Februar 1995