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Archiv "Gesundheitsstrukturreform: Kontrastprogramme" (16.02.1996)

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uch Bundesgesundheitsmini- ster Horst Seehofer nimmt für seinen Ansatz in Anspruch, ein „geschlossenes Konzept“

eingebracht zu haben, um eine Sofort- bremsung im ausgabenexpansiven Krankenhaussektor zu erreichen.

Aus der Sicht der Bundesregierung ist eine rasche und zum 1. Januar rück- wirkende Verabschiedung des „Ge- setzes zur Stabilisierung der Kranken- hausausgaben 1996“ Grundvoraus- setzung, um auch den ambulanten Be- reich zu disziplinieren und strukturel- le Weichenstellungen vorzunehmen.

Seehofer hofft auf die Konsens- und Kompromißbereitschaft der Länder und die Unterstützung sowohl der Krankenkassen als auch der Lei- stungserbringer, daß das als Vor- schaltgesetz konzipierte Stabilisie- rungsgesetz für den Kliniksektor ver- abschiedet wird. Falls dieses scheitert, werde es keine Strukturreform in der Krankenversicherung und keinen strukturellen Systemumbau geben, prophezeite Seehofer.

Sosehr die beiden Reformkon- zepte noch auseinander liegen, das Hauptziel ist identisch: Das 1995 ent- standene Defizit bei den gesetzlichen Krankenkassen in Höhe von 10 Milli- arden DM soll mit aller Macht auf Null zurückgefahren werden. Sowohl Re- gierungsparteien als auch Opposition wollen das System langfristig finanziell stabilisieren, befürworten gleiche Startbedingungen aller Krankenkas-

sen und Kassenarten als Vorausset- zung für einen sozial austarierten Wettbewerb innerhalb der Kranken- versicherung. Während CDU/CSU und FDP das System durch flexiblere Vertrags- und Leistungsgestaltung auflockern wollen und das Stabilisie- rungsziel mit strengen Regeln für Bei- tragserhöhungen bewehren wollen, sieht die SPD das Heil in einer zentra- listischen Globalbudgetierung mit ei- ner Durchgriffshaftung auf alle Sekto- ren, falls die jährlichen Ausgabenstei- gerungen einer Kasse je Mitglied die Veränderungsraten des Brutto-In- landsproduktes übersteigen. Was groß- spurig sowohl von der Koalition als auch der Opposition als strukturelle Erneuerung und als eine ordnungspoli- tische Wende angekündigt wurde, ist in Wahrheit nichts weiter als eine erneute drakonische Finanzreform der gesetz- lichen Krankenversicherung unter strikten Kostendämpfungsvorgaben.

Die SPD verlangt, wie die Bünd- nis-Grünen, eine Gesamtbudgetie- rung zumindest bis Ende 1996. „Eine isolierte Gesetzgebung, wie sie von der Bundesregierung präsentiert wird, führt zwangsläufig zu Verlage- rungseffekten zwischen einzelnen Gesundheitsbereichen“, warnte der gesundheitspolitische Sprecher der SPD-Fraktion, Klaus Kirschner.

Nicht akzeptabel ist für die SPD eine

„Vermanschung“ tragender Elemen- te der gesetzlichen mit denen der pri- vaten Krankenversicherung. Eine Beitragsrückerstattung bei Nicht- inanspruchnahme der Kassen, eine Kostenerstattung oder ein Splitting in Regel- und Wahlleistungen im Be- reich des Zahnersatzes kämen nicht in Frage. Dies sei ein Privatisierungsmo- dell „durch die Hintertür“ (SPD). So- sehr der Koalitions- vom SPD-Ent- wurf inhaltlich abweicht, Überein- stimmung gibt es insoweit, daß so- wohl der Gesetzentwurf der Regie- rung als auch der der SPD die bisher stringente sektorale Budgetierung ab- lehnen. Dadurch ergäben sich Fehl- steuerungen im System; bestehende

Strukturen würden zementiert, intra- sektorale Innovationen unterbunden, und der Leistungswettbewerb zwi- schen den Sektoren würde gebremst.

Auch befinden sich beide Entwürfe auf dem „sozialen Wettbewerbstrip“

in der Krankenversicherung – als ob vom Gesetzgeber diktierter Wettbe- werb die heile Ausgabenwelt im Ge- sundheitswesen bescheren würde!

Als Beitrag zur Modernisierung des Gesundheitswesens „verkauft“ die SPD die Förderung kooperativer Pra- xisformen, wählbare Hausarztmodel- le, die Förderung kombinierter Bud- gets verschiedener Leistungsbereiche oder Kooperationsverträge von Kas- senärzten und Krankenhäusern.

Kampfansage an Ärzte

Die Kassenärztliche Bundesver- einigung (KBV) hat die SPD-Vor- schläge, die auf eine Zerschlagung der Kassenärztlichen Vereinigungen hin- auslaufen, denn auch als eine Kampfansage an die Kassenärzte be- zeichnet. Zum Schaden der Patienten solle die wohnortnahe fachärztliche Betreuung durch freiberuflich tätige Ärzte geopfert werden. Die SPD will die Krankenhäuser weit über den jetzt schon gegebenen Rahmen hinaus in- stitutionell für die ambulante fachärzt- liche Versorgung öffnen. Daran sind auch die Krankenhausträger, zum Teil auch die Krankenkassen, interessiert.

In diesem zentralen Punkt unterstüt- zen dagegen die Organisationen der Ärzteschaft Bundesgesundheitsmini- ster Seehofer, der dem teuersten Sek- tor des Gesundheitswesens, den Kran- kenhäusern, nicht noch die fachärztli- che Versorgung zuschanzen will. Mit Recht befürchtet Seehofer, daß bei ei- ner Schaffung neuer Kapazitäten im ambulanten Bereich die ambulanten Leistungen zwangsläufig ausgeweitet werden, ohne daß gleichzeitig die Ausgaben für stationäre Leistungen zurückgehen werden. Der umgekehr- te Weg ist dagegen erfolgverspre- chend: Eine engere personale Verzah- nung und eine Neuorientierung der hochspezialisierten Medizin sind die Voraussetzung für durchgreifende Konsolidierungsbemühungen im Ge- sundheitswesen. Dr. Harald Clade A-360 (16) Deutsches Ärzteblatt 93,Heft 7, 16. Februar 1996

P O L I T I K AKTUELL

Gesundheitsstrukturreform

Kontrastprogramme

Die Strukturreform im Gesundheitswesen gehen die Regierungsparteien und die SPD mit getrennten Gesetzentwürfen an, die parallel am 31. Januar in erster Lesung im Bundestag behandelt wurden.

Während die Koalitionsparteien ein auf-

einander abgestimmtes schrittweises Vor-

gehen präferieren, beinhaltet der SPD-

Entwurf einen Global-Budgetierungsan-

satz „aus einem Guß“. Die FDP will unter al-

len Umständen ein Lahnstein II vermeiden.

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