Redaktion:
Haedenkampstraße 5 5000 Köln 41 (Lindenthal) Telefon: (02 21) 40 04-1
Fernschreiber: 8 882 308 daeb d Verlag und Anzeigenabteilung:
Dieselstraße 2, Postfach 40 04 40 5000 Köln 40 (Lövenich) Telefon: (0 22 34) 70 11-1 Fernschreiber: 8 89 168 daev d
DEUTSCHES ÄRZTEBLATT
Ärztliche Mitteilungen
Herausgeber: Bundesärztekammer und Kassenärztliche Bundesvereinigung
Richtiggestellt:
Laborwerte
der Kassenärzte sind zuverlässig
. . . besorgt
über Pfusch in der „Welt"
„Jeder zweite ärztliche Labortest ist falsch! Wir Patienten werden falsch behandelt und in Lebensgefahr gebracht — aber der Riesenrei- bach in den Labors floriert weiter ... ! Der Reichtum der Medizin- Unternehmer stinkt zum Himmel. Schändlicher wurde von Leuten, die vorgeben, Mitmenschen helfen zu wollen, nie Geld verdient."
So „volkstümlich" formulierte das Polit- und Sex-Magazin „Praline"
in seiner Ausgabe vom 9. Februar 1978 die Kritik an der bundesrepu- blikanischen Labormedizin, die von der Tageszeitung „Die Welt" am 24. Januar 1978 in die Welt gesetzt worden war. Ursprünglich „nur"
als Kritik einer Gruppe von Fachärzten für Laboratoriumsmedizin vor allem an ärztlichen Laborgemeinschaften und Gruppenpraxen in die Öffentlichkeit lanciert, steigerte sich die Tendenz der solcherart veröffentlichten Meinung innerhalb von zwei Wochen wieder einmal zum Haßgesang gegen alles Ärztliche.
Dieses aus den letzten Jahren sattsam bekannte Spiel sollte eigent- lich längst davor gewarnt haben, komplizierte und komplexe Fach- und Sachfragen egozentrisch auf den öffentlichen Markt zu tragen, wo sie im besten Falle nach der Art des wahren Jakob ausgeschrien oder aber im schlimmsten Falle in pauschaler Simplifizierung — wie geschehen: — gegen die Labors oder gar gegen die Gesamtheit aller Ärzte, die Laborleistungen für den Patienten erbringen, ausgespielt werden.
Nichts gegen verantwortungsvolle Kritik, die etwa der Bevölkerung und deren ärztlicher Versorgung dienen möchte. Das Prädikat „ver- antwortungsbewußt" verdient aber nur, wer seine unbestritten freie Meinungsäußerung nicht nur mit ein paar ausgewählten Tendenzda- ten anreichert, sondern mit einem — dem behaupteten Problem angemessenen — unbestreitbaren Faktenbeweis fundiert.
„In vielen medizinischen Laboratorien wird gepfuscht — aus vorder- gründigen und handfesten wirtschaftlichen Überlegungen. Die Folge: Falsche Laborwerte können zu Fehldiagnosen des behan- delnden Arztes und damit zu einer lebensbedrohenden Gefährdung der Patienten führen. Das ist — auf einen Nenner gebracht — die Kritik von Ärzten, vor allem aber der Deutschen Gesellschaft für Laborato- riumsmedizin, die sich gegen die Mehrzahl der etwa 90 Laborge- meinschaften und 1600 Gruppenpraxen in der Bundesrepublik rich- tet." So hatte Peter Jentsch („ . . . besorgt über Pfusch im Labor")
Heft 9 vom 2. März 1978 469
Die Information:
Bericht und Meinung Laborwerte der Kassenärzte
seine „Welt"-Story am 24. Januar eingeleitet. Die falschen Tatsa- chenbehauptungen (schon die Zahlen der angeblich Kritisierten sind verkehrt bzw. irrelevant; es gibt in Wirklichkeit rund 500 ärztli- che Gruppen, die sich jeweils zu einer Laborgemeinschaft zusam- mengeschlossen haben — DÄ), mit denen er dieses tendenziöse Urteil
„untermauerte", wurden inzwi- schen von den verschiedensten Seiten berichtigt.
Als am 25. Januar eine gleichartige Story im „Münchner Merkur" er- schien, reagierte die Kassenärztli- che Vereinigung Bayerns am sel- ben Tage mit einer Pressemittei- lung, in der sie nachdrücklich dar- auf hinwies, daß jeder Kassenarzt, der Laborleistungen erbringt, an deren Qualitätssicherung, ent- sprechend den geltenden Rechts- vorschriften und nach der Satzung seiner Kassenärztlichen Vereini- gung, teilnimmt; er muß nicht nur für jede Laboruntersuchung gleichzeitig eine Kontrolle der Prä- zision und Richtigkeit durchfüh- ren, sondern daneben an allen Ringversuchen seiner Kassenärzt- lichen Vereinigung teilnehmen.
Darüber die KV Bayerns im einzel- nen: „An den seit 1975 durchge- führten sieben Ringversuchen wurden von ca. 4500 Laborleistun- gen erbringenden bayerischen Kassenärzten rund 157 000 für die- se unbekannte Kontrollproben ausgewertet. Beispielhaft sind beim sechsten Ringversuch bei der häufigsten Laboruntersu- chung, dem Blutzucker, bei 3351 Ärzten 6702 Kontrollergebnisse ausgewertet worden, wovon 94,7 Prozent als richtig zu bestätigen waren. Diese Werte lassen sich auf die übrigen Laboruntersuchungen bei allen sieben Ringversuchen übertragen." Der „Münchner Mer- kur" gab diese Richtigstellung im wesentlichen wieder.
In einem ausführlichen, sachlich informierenden Gespräch am 30.
Januar bemühte sich der Haupt- geschäftsführer der Kassenärztli- chen Bundesvereinigung, Dr. Ek- kart Fiedler, unterstützt von Dr.
Rusche, 2. Vorsitzender der Kas- senärztlichen Vereinigung Westfa- len-Lippe und Sachverständiger in Fragen der Qualitätssicherung im Labor, sowie von Dr. Crous, 2. Vor- sitzender des Verbandes deut- scher Gruppenpraxen, die wahren Verhältnisse im ärztlichen Labor darzulegen und den „Welt"-Jour- nalisten insbesondere davon zu überzeugen, wie dringlich ange- sichts der mit den veröffentlichten Fehlbehauptungen hervorgerufe- nen Beunruhigung der Bevölke- rung eine sachlich richtige Dar- stellung der Gegebenheiten in La- borgemeinschaften und der An- strengungen der Kassenärztlichen Vereinigungen bei der Qualitätssi- cherung wäre — nicht zuletzt auch zur korrekten Unterrichtung der
„Welt"-Leser in Bonn und anders- wo. Bis zum Redaktionsschluß dieses Heftes, am 20. Februar, war aber in „Die Welt" noch kein neuer (richtigstellender) Artikel zu lesen.
Dabei müßte die Vielzahl der ein- gegangenen Leserbriefe, von de- nen sogar auffallend viele, wenn auch nur in Auszügen, abgedruckt wurden, auch der Redaktion zu denken gegeben haben, wie weit- ab der Wahrheit der Artikel wohl gelegen hat.
Als „Leserbriefe" versteckt:
eine Fülle von Berichtigungen Als erstes gab „Die Welt" am 30.
Januar einer Stimme aus der Indu- strie Raum; die Firma, deren Auto- Analyzer den „Welt"-Artikel zierte (das Foto benutzte dann auch die
„Praline"), stellte richtig, daß ihr so pauschal diskreditierter Analy- ser nicht nur den gesetzlich zur Eichpflicht erlassenen Vorschrif- ten entspricht, sondern daß auch die Messungen mit diesem Gerät der ständigen strengen Qualitäts- kontrolle unterliegen.
Am 31. Januar kam Dr. Jens Doe- ring, der Vorsitzende der Kassen- ärztlichen Vereinigung Hamburg, in „De Welt" zu Wort: „In Ihrem Artikel stellen Sie heraus, daß ,in Hamburg sogar das Ehrenwort ge-
nügt, der Arzt habe irgendwann einmal erfolgreich an einem Ring- versuch teilgenommen'. Diese An- gabe ist nicht richtig. Nach der
Eichpflicht-Ausnahmeverordnung mußte ab Januar 1974 mit Quali- tätssicherungsmaßnahmen für La- borleistungen begonnen werden.
Die Vertreterversammlung der Kassenärztlichen Vereinigung Hamburg verpflichtete die Ham- burger Kassenärzte, bereits ab 1. 1. 1974 die Qualitätssicherung für Laborleistungen durchzufüh- ren. Ab Juli 1974 mußte an exter- nen Ringversuchen teilgenommen werden. Die KV Hamburg hat als erste Kassenärztliche Vereinigung die Abrechnung von Laborleistun- gen gesperrt, wenn die geforder- ten Qualitätssicherungsmaßnah- men nicht durchgeführt worden waren . "
Am 8. Februar druckte „Die Welt"
neben dem Dortmunder Arzt Dr.
med. Otto Brockmann: („. . Kon- trollserien laufen bei jedem einzel- nen Arbeitsgang im Labor mit; das Ergebnis muß aufgezeichnet wer- den. Die Laborgemeinschaften sorgen für eine laufende tägliche ärztliche Überwachung ihres La- bors.") Berichtigungen des 1. Vor- sitzenden der Kassenärztlichen Vereinigung Westfalen-Lippe, Dr.
med. Gustav Nitz: „. . Ich erkläre für den Bereich der Kassenärztli- chen Vereinigung Westfalen-Lip- pe ausdrücklich, daß die in kas- senärztlichen Praxen oder Labor- gemeinschaften erbrachten La- borleistungen korrekt und in den Aussagewerten vergleichbar sind.
In diesem Zusammenhang sei dar- auf hingewiesen, daß der Kassen- ärztlichen Vereinigung Westfalen- Lippe nicht bekannt ist, daß in Arztpraxen Geräte benutzt wer- den, die nicht den technischen Er- fordernissen entsprechen. Die Kassenärztliche Vereinigung Westfalen-Lippe fordert die Regie- rung auf, für die Fertigung von medizinisch-technischen Geräten fachgerechte Kontrollinstanzen einzurichten und die Abgabe die- ser Geräte von der Vorlage einer entsprechenden Kontrollbeschei- nigung abhängig zu machen."
470 Heft 9 vom 2. März 1978 DEUTSCHES ÄRZTEBLATT
Die Information:
Bericht und Meinung NACHRICHTEN
Selbst die Zuschriften des Deut- schen Verbandes Technischer As- sistenten in der Medizin e. V. und einzelner Ärzte aus Nord und Süd in der „Welt" vom 9. bzw. 13. Fe- bruar bestätigten keineswegs die
„Pfusch im Labor"-Tendenz der
„Welt", sondern gaben Korrektu- ren oder wiesen auf andere Sach- verhalte hin, von der Gegendar- stellung ganz zu schweigen, die von der Deutschen Gesellschaft für Laboratoriumsmedizin e. V.
selbst bei der „Welt" eingereicht worden ist.
Qualitätssicherung mit den wirksamsten Methoden
In der Ausgabe vom 16. Februar wies schließlich Prof. Dr. Dr.
J. Büttner, Medizinische Hoch- schule Hannover, die „Welt"-Un- terstellungen zurück: „In dem Arti- kel wird mir im Zusammenhang mit den Qualitätssicherungsmaß- nahmen der Kassenärztlichen Ver- einigungen das Urteil unterstellt, daß diese Maßnahmen ,entspre- chend lasch' seien. Dieser Aus- spruch entspricht nicht den Tatsa- chen und ist von mir nicht ge- macht worden. Tatsache ist, daß ich als Vorsitzender des Aus- schusses für Qualitätssicherung im Bereich der Kassenärztlichen Vereinigung Niedersachsen seit 1973 die Maßnahmen der Quali- tätssicherung für Laborleistungen entwickelt und eingeführt ha- be . . . Die zur Anwendung kom- menden Verfahren sind die derzeit wirksamste Methode zur Kontrol- le klinisch-chemischer Untersu- chungen und basieren auf einem international akzeptierten wissen- schaftlichen Konzept. Einer Ab- schwächung der Richtlinien für die Durchführung der Qualitätssi- cherungsmaßnahmen, wie sie ins- besondere von seiten der Labor- ärzte gefordert wurde, habe ich mich entschieden widersetzt . . ."
So schlägt die „Kritik" auf den an- geführten Urheber zurück. Ein Lehrstück. Ob jemand Lehren dar- aus zieht? DÄ
Eignungstests für
Medizin-Studienbewerber
Die Bundesländer haben Mitte Fe- bruar einen neuen Staatsvertrag über die Vergabe von Studienplät- zen geschlossen. Darin ist ein vier- stufiges Verteilungsverfahren vor- gesehen. Für die Medizin gilt da- bei die vierte Stufe, das „besonde- re Auswahlverfahren". Neu daran ist vor allem die Einführung von Eignungstests. Das DEUTSCHE ÄRZTEBLATT wird auf den Staats- vertrag noch näher eingehen, so- bald der Redaktion dessen Wort- laut vorliegt. NJ
Krebs — die am meisten
gefürchtete Kankheit
Krebs zählt nach Meinung der Bevölkerung nach wie vor zu den am meisten gefürchteten Krank- heiten. Dies geht aus einer Mehrthemenumfrage des Emnid- Instituts, Bielefeld, hervor, die En- de 1977 durchgeführt wurde und bei der zur Bewertung neun Krankheiten „vorgegeben" wur- den. In der Reihenfolge der pro-
Art der Erkrankung Krebs
Erblindung Kinderlähmung
Herz- und Kreislauferkrankungen Gehörverlust
Tuberkulose
Verlust eines Gliedes Arthritis
Sonstige Nennungen Keine Angaben
zentualen Häufigkeit der am mei- sten gefürchteten Erkrankungen folgt nach dem Krebs die Erblin- dung (siehe Tabelle unten).
Die Emnid-Umfrage ergab, daß sich die Rangfolge der Bewertung in den letzten elf Jahren kaum ver- ändert hat, lediglich die Prozent- werte selbst liegen insgesamt hö- her. „Kinderlähmung" ist die einzi- ge Krankheit, die zum jetzigen Be- fragungszeitpunkt mehr als dop- pelt so häufig genannt wird — er- staunlicherweise, obwohl die Be- kämpfung gerade dieser Krankheit insbesondere durch vorbeugende Schluckimpfungen sehr erfolg- reich verlief. Vor allem Jugendli- che fürchten die Kinderlähmung.
Von den Befragten im jugendli- chen Alter macht fast jeder dritte
diese Angabe. EB
Pharma-Informationen für Patienten
„Arzneimittel + Gesundheit" ist der Titel einer vierfarbigen, acht Seiten umfassenden neuen Infor- mationsschrift des Bundesverban- des der Pharmazeutischen Indu-
1977 1966
Prozent Prozent
66 51
42 32
19 8
13 12
11 2
11 4
9 4
7 1
1 1
3 5
Erkrankungen im Spiegel der Meinungen (Ergebnisse einer Emnid-Umfrage)
(Mehrfachnennungen)
DEUTSCHES ÄRZTEBLATT Heft 9 vom 2. März 1978 471