Übungsaufgaben 15
Pole und Nullstellen komplexer Funktionen
Aufgabe 1. Seiz0 2Cnfi; igein Punkt mitji z0j<j i z0j. Man bestimme jene Koeffizientenak 2 C für k 2 Z, für welche die Laurent-Reihe Pn
kDmak.z z0/k um den Mittelpunktz0 im Grenzprozeßn! 1undm! 1für jedesz 2Cim
1. Kreisinneren˚
z 2Cj jz z0j<ji z0j , 2. Kreisring˚
z 2 Cj ji z0j<jz z0j<j i z0j , 3. Kreisäußeren˚
z 2Cj j i z0j<jz z0j , jeweils gegen den Grenzwert
s.z/D 2i
.z i/.zCi/
konvergiert! ±
Lösung. 1. Im Teilbruchansatz 2i
.z i/.zCi/ D a
z i C b
zCi
werden die Koeffizientena,b 2Cbestimmt: Es gilt danna.zCi/Cb.z i/D2ifür z 2 C, woraus sich durch Koeffizientenvergleich vor Termen gleicher Ordnung inz sogleichaCb D0sowie.a b/i D2i, alsoaD1undb D 1ergibt. Daraus folgt die Teilbruchzerlegung
s.z/D 2i
.z i/.zCi/ D 1 z i
1
zCi für allez 2Cn fi; ig:
2. Ums WCnfi; ig !Cin eine Laurent-Reihe um den Punktz0 2Cnfi; igmit 0 < r0 D ji z0j< r1 D j i z0jzu entwickeln, betrachtet man die Darstellungen
s.z/D 1 i z0
i z0
.i z0/ .z z0/
1 iCz0
i z0
. i z0/ .z z0/ fürz 2Cmitjz z0j< r0,
s.z/D 1 z z0
z z0
.z z0/ .i z0/
1 iCz0
i z0
. i z0/ .z z0/ fürz 2Cmitr0 <jz z0j< r1,
s.z/D 1 z z0
z z0
.z z0/ .i z0/
1 z z0
z z0
.z z0/ . i z0/ fürz 2Cmitr1 <jz z0j.
3. Da die geometrische Reihe Pn kD0xk
für jedes x 2 C mit jxj < 1 gegen die Summe 11x 2Ckonvergiert, ergibt sich daraus fürz 2Czunächst
s.z/D 1 i z0
1
X
kD0
z z0
i z0
k
1 iCz0
1
X
kD0
z z0
i z0
k
fürjz z0j< r0;
s.z/D 1 z z0
1
X
kD0
i z0
z z0
k
1 iCz0
1
X
kD0
z z0
i z0
k
fürr0 <jz z0j< r1;
s.z/D 1 z z0
1
X
kD0
i z0
z z0
k
1 z z0
1
X
kD0
i z0
z z0
k
fürr1 <jz z0j: und somit jeweils die Darstellung
s.z/D
1
X
kD0
1
. i z0/kC1
1 .i z0/kC1
.z z0/k fürjz z0j< r0;
s.z/D
1
X
kD1
.i z0/k 1 .z z0/k C
1
X
kD0
.z z0/k
. i z0/kC1 fürr0<jz z0j< r1; s.z/D
1
X
kD2
.i z0/k 1 . i z0/k 1
.z z0/k fürr1<jz z0j:
als Laurent-Reihe vons WCn fi; ig !Cum den Mittelpunktz0.
Aufgabe 2. Seien k, ` 2 N mit 0 < k < ` sowie w D Exp `i
2 C gegeben.
Ferner werden für ein beliebig vorgegebenesr > 1die Wege1,2 WŒ0; r!Csowie 3W
0;2`
!Cund4 W2
` ; 2
!Cbetrachtet, die wie folgt definiert sind:
1.t /D.t; 0/ fürt 2Œ0; r; 3.t /DrExp.it / fürt 2 0;2`
; 2.t /Dt w2 fürt 2Œ0; r; 4.t /DrExp.it / fürt 2 2
` ; 2 : Man werte das Integral
Z
zk 1dz z`C1 2 C längs desgeschlossenenWeges D1˚3˚2 W
0; 2rC2`
!Caus und schließe daraus auf den Wert
Z 1 0
tk 1dt
t`C1 D
`sink`
des uneigentlichen Integrals! ³
Lösung. 1. Die durch h.z/D z`C1definierte ganze rationale Funktionh WC !C hat dieeinfachenNullstellenzm D Exp `i C 2 m` i
fürm 2 f0; 1; : : : ; ` 1g. Dabei ist w D z0 D Exp `i
die einzige Nullstelle von h, die vom Weg umschlungen wird. Man definiert die analytische Funktionf WCn fz1; : : : ; z` 1g !Cdurch
f .z/ D zk 1 P` 1
mD0z` 1 mwm und erhält
f .z/
z w D zk 1
.z w/P` 1
mD0z` 1 mwm D zk 1
z` w` D zk 1 z`C1
für allez 2Cn fz1; : : : ; z` 1g. Die Integralformel von Cauchy liefert die Darstellung Z
zk 1dz z`C1 D
Z
f .z/ dz
z w D
Z
f .w/ dz
z w D wk `
` Z
dz
z w D wk
` Z
dz z w : Da für die zusammengesetzten Wege D2˚4˚1 W
0; 2rC2 2`
!C und~ D3˚4 WŒ0; 2!Caufgrund des Integralsatzes von Cauchy
Z
dz
z w D
Z
dz
z w C
Z
dz
z w D
Z
~
dz
z w D2i gilt, ergibt sich daraus
Z
zk 1dz
z`C1 D 2iwk
` :
2. Andererseits gilt wegen D1˚3˚2 die Zerlegung Z
zk 1dz z`C1 D
Z
1
zk 1dz z`C1
Z
2
zk 1dz z`C1 C
Z
3
zk 1dz z`C1 D 1 w2k
Z r
0
tk 1dt t`C1 C
Z
3
zk 1dz z`C1 : Da sich für jedesz 2Cmitjzj Dr aus
ˇ ˇ ˇ ˇ
zk 1 z`C1
ˇ ˇ ˇ ˇD
ˇ ˇ ˇ ˇ
zk 1 z` w`
ˇ ˇ ˇ
ˇ jzjk 1
jzj` jwj` D rk 1 r` 1 stets die Abschätzung
ˇ ˇ ˇ ˇ Z
3
zk 1dz z`C1 ˇ ˇ ˇ ˇ 2
` rk r` 1 ergibt und außerdem wegen0 < k < `auch
rlim!1
2
` rk
r` 1 D0 gilt, folgt mit Schritt 1 daraus
w2k 1 Z 1
0
tk 1dt
t`C1 D 2iwk
` und somit schließlich
Z 1 0
tk 1dt
t`C1 D 2i
` wk w k D 2i
` Exp k` i
Exp k` i D
`sink`
für allek,`2N mit0 < k < `.
Aufgabe 3. Seien n 2 N sowie z1; : : : ; zn 2 C die (nicht notwendig voneinander verschiedenen) Nullstellen der durch f .z/ D Qn
kD1.z zk/ für z 2 C definierten ganzen rationalen Funktionf WC!C.
1. Man zeige (induktiv), daß Df .z/D
n
X
kD1
f .z/
z zk
für allez 2Cgilt!
2. Man weise nach, daß zu jeder Nullstellez 2 Cder AbleitungDf WC!Creelle Zahlen1; : : : ; n2Œ0; 1mitPn
kD1k D1existieren, so daßz DPn
kD1kzk gilt!± Lösung. 1. Die erste Aussage soll induktiv übern2N bewiesen werden:
Induktionsanfang:Im FallenD1giltf .z/Dz z1und somit tatsächlich Df .z/D1D f .z/
z z1
für jedesz 2 C:
Induktionsschritt: Unter der Annahme der Induktionsvoraussetzung, daß für die durchg.z/DQn 1
kD1.z zk/fürz 2Cgegebene Funktiong WC!Cstets Dg.z/D
n 1
X
kD1
g.z/
z zk
für allez 2 C
gilt, soll die Induktionsbehauptung für f bewiesen werden: Für alle z 2 C gilt f .z/D.z zn/g.z/und somit
Df .z/Dg.z/C.z zn/Dg.z/ D f .z/
z zn C
n 1
X
kD1
.z zn/g.z/
z zk D
n
X
kD1
f .z/
z zk
; womit die Induktionsbehaupung bewiesen ist.
2. Ist z 2 C eine Nullstelle der Ableitung Df W C ! C, dann sollen die beiden Fällef .z/ D0bzw.f .z/ ¤0unterschieden werden:
2.1. Giltf .z/D 0, so existiert ein`2 f1; : : : ; ngmitz Dz`, und man setzt` D1 undk D0für allek2 f1; : : : ; ngmitk¤`. Es folgt unmittelbarz DPn
kD1kzk. 2.2. Im Falle f .z/ ¤ 0gibt eskeink 2 f1; : : : ; ng mitz D zk, woraus sich wegen Df .z/D0und Schritt 1 die Beziehung
0D Df .z/
f .z/ D
n
X
kD1
1 z zk D
n
X
kD1
z zk
jz zkj2 und somit auch
n
X
kD1
z zk
jz zkj2 D0 ergibt. Setzt man
ˇk D 1
jz zkj2 > 0 fürk2 f1; : : : ; ng sowie ˇ D
n
X
kD1
ˇk > 0;
dann folgtˇz D Pn
kD1ˇkz D P
kD1ˇkzk. Definiert mank D ˇˇk 2 Œ0; 1für jedes k2 f1; : : : ; ng, so erhält manPn
kD1k D1undz DPn
kD1kzk.
Aufgabe 4. Man berechne jene Koeffizienten ak 2 C für k 2 Z, für welche die Laurent-Reihe Pn
kDmakk
im Grenzprozeßn! 1,m ! 1für jedes 2Cim 1. Punktierten Kreis˚
2Cj 0 <jj< 1 , 2. Kreisring˚
2C j1 <jj < 2 , 3. Kreisäußeren˚
2Cj jj > 2 , jeweils gegen den Grenzwert
s./D 6
.C1/. 2/
konvergiert!
Lösung. 1. Im Teilbruchansatz 6
.C1/. 2/ D a
C b
C1 C c
2 für 2 Cn f0; 1;2g werden die drei Koeffizientena,b,c 2Cbestimmt: Dann gilt
a. C1/. 2/Cb . 2/Cc .C1/D6 für alle 2C;
woraus sich durch Koeffizientenvergleich vor Termen gleicher Ordnung indie Glei- chungen 2a D 6, a 2b C c D 0 und a C b C c D 0, also a D 3 sowie
2bCc D 3undbCc D3ergeben. Daraus folgtb D2undc D1und somit
s./ D 6
.C1/. 2/ D 3
C 2
C1C 1
2 für alle 2 Cn f0; 1;2g: 2. Um die Funktions WCn f0; 1;2g ! Cin eine Laurent-Reihe um den Mittel- punkt0zu entwickeln, betrachtet man die Darstellungen
s./D 3
C 2
1 . / 1 2 2
2 für 2C,0 < jj< 1;
s./D 3 C 2
. 1/
1 2 2
2 für 2C,1 < jj< 2;
s./D 3 C 2
. 1/C 1
2 für 2C,jj> 2:
3. Da die geometrische Reihe Pn kD0xk
für jedes x 2 C mit jxj < 1 gegen die Summe 11x 2Ckonvergiert, ergibt sich daraus zunächst
s./D 3 C2
1
X
kD0
. /k 1 2
1
X
kD0
2
k
für 2C,0 <jj< 1;
s./D 3 C2
1
X
kD0
1 . /k
1 2
1
X
kD0
2
k
für 2C,1 <jj< 2;
s./D 3 C2
1
X
kD0
1
. /k C 1
1
X
kD0
2
k
für 2C,jj> 2:
Daraus folgt schließlich jeweils die Darstellung s./ D 3
C
1
X
kD0
2. 1/k 1 2kC1
k für 2 C,0 < jj< 1;
s./ D 1 C
1
X
kD2
2. 1/k 1 k
1
X
kD0
k
2kC1 für 2 C,1 < jj< 2;
s./ D
1
X
kD3
2. 1/k 1C2k 1
k für 2 C,jj> 2
als Laurent-Reihe vons WCn f0; 1;2g !Cum den Mittelpunkt0.
Aufgabe 5. Seien Koeffizienten a0; : : : ; an 2 Rmitan ¤ 0,n 2 N sowie die ganze rationale Funktionf WR!Rdurchf .x/DPn
kD0akxk fürx 2Rgegeben.
Man zeige (mit Hilfe des Fundamentalsatzes der Algebra), daß es Zahlen `, m 2 N [ f0gmit`C2m D n undx1; : : : ; x` 2 R,y1; : : : ; ym 2 R,d1; : : : ; dm 2 Rn f0g gibt, so daßf die Darstellung
f .x/D
n
X
kD0
akxk Dan
`
Y
kD1
.x xk/
m
Y
kD1
.x yk/2Cdk2
für allex2R als Produkt linearer und quadratischer Faktoren besitzt!
Lösung. 1. Definiert man durch g.z/ D Pm
kD0akzk für z 2 C die ganze rationale Funktion g W C ! C, so gilt wegen a0; : : : ; an 2 R genau danng.z/ D 0, wenn g.z/ D 0gilt. Dag wegen des Fundamentalsatzes der Algebra genaun Nullstellen in C besitzt, folgt daraus, daß es Zahlen `, m 2 N [ f0g mit ` C 2m D n sowie w1; : : : ; w` 2 C mit wk D .xk; 0/ fürk 2 f1; : : : ; `g und z1; : : : ; zm 2 C mit zk D .yk; dk/unddk ¤0fürk2 f1; : : : ; mggibt, so daß die Darstellung
g.z/D
n
X
kD0
akzk Dan
`
Y
kD1
.z wk/
m
Y
kD1
.z zk/.z zk/ für allez 2Cgilt:
2. Für allez D.x; 0/2 Cergibt sich daraus g.z/Dan
`
Y
kD1
.x xk; 0/
m
Y
kD1
.x yk; dk/.x yk; dk/
Dan
`
Y
kD1
.x xk; 0/
m
Y
kD1
.x yk/2Cdk2; 0 und somit schließlich
f .x/D
n
X
kD0
akxk Dan
`
Y
kD1
.x xk/
m
Y
kD1
.x yk/2Cdk2
für jedesx2 R.
Aufgabe 6. Seiw D 12p
Exp 4i
2 C gegeben. Ferner werden für beliebig vorge- gebenesr > 0die Wege1,3 WŒ0; 1!Csowie2,4 WŒ r; r!Cdurch
1.t /D.r; 0/C2t w; 3.t /D. r; 0/C2t w fürt 2 Œ0; 1;
2.t /D.t; 0/C2w; 4.t /D.t; 0/ fürt 2 Œ r; r;
definiert. Sei desweiteren die Funktionf WCn˚
.1C2n/w2Cj n2Z !Cdurch f .z/D Exp. z2/
1CExp. 4wz/ fürz 2 Cn˚
.1C2n/w2C jn2Z gegeben:
Man werte das IntegralR
f .z/ dzlängs desgeschlossenenWeges D1˚2 ˚3 ˚4 WŒ0; 2C4r!C aus und schließe daraus, daßR1
1exp. t2/ dt Dp gilt!
Lösung. 1. SeihWC!Cfürz 2Cdurchh.z/D1CExp. 4wz/definiert. Die Zahl z 2Cist genau dann eine Nullstelle vonh, wenn es einn2Zmit4wz DiC2in, alsoiz D4w2z D.1C2n/iwund somitz D.1C2n/wgibt.
Dabei istw 2CdieeinzigeNullstelle vonh, die vom geschlossenen Streckenzug umschlungen wird. Dah.z/D 1 Exp. 4w.z w//für jedesz 2 Cgilt, istw eine einfacheNullstelle vonh. Genauer gesagt, erhält man den Grenzwert
zlim!w
h.z/
z w D lim
z!w
h.z/ h.w/
z w D4w
und somit auch
zlim!w.z w/f .z/D lim
z!w
.z w/Exp. z2/
h.z/ D Exp. w2/
4w D 1
2ip : Die Integralformel von Cauchy liefert daher wegen ind.; w/D1die Darstellung
1 2i
Z
f .z/ dzD 1 2i
Z
.z w/f .z/ dz
z w D 1
2ip
1
2i Z
dz
z w D 1
2ip : 2. Andererseits gilt wegen D1˚2 ˚3 ˚4die Zerlegung
Z
f .z/ dzD Z
1
f .z/ dz Z
3
f .z/ dzC Z
4
f .z/ dz Z
2
f .z/ dz D
Z 1
0
2wexp. r2/Exp. 4rt w/Exp. it2/ dt 1CExp. 4rw/Exp. 2it / Z 1
0
2wexp. r2/Exp. 4r.1 t /w/Exp. it2/ dt Exp. 2it /CExp. 4rw/
C Z
4
f .z/ f .zC2w/
dz:
2.1. Es soll gezeigt werden, daß die beiden ersten Integrale auf der rechten Seite der letzten Ungleichung im Grenzprozeßr ! 1 verschwinden: Aus der Beziehung jExp. 4rw/j Dexp rp
2
< 1folgen die Abschätzungen j1CExp. 4rw/Exp. 2it /j 1 exp rp
2
; jExp. 2it /CExp. 4rw/j 1 exp rp
2 und damit wegenjExp. 4rsw/j Dexp rsp
2
1fürs 0tatsächlich ˇ
ˇ ˇ ˇ
Z 1
0
2wexp. r2/Exp. 4rt w/Exp. it2/ dt 1CExp. 4rw/Exp. 2it /
ˇ ˇ ˇ
ˇ 2jwjexp. r2/ 1 exp rp
2; ˇ
ˇ ˇ ˇ
Z 1
0
2wexp. r2/Exp. 4r.1 t /w/Exp. it2/ dt Exp. 2it /CExp. 4rw/
ˇ ˇ ˇ
ˇ 2jwjexp. r2/ 1 exp rp
2: 2.2. Beachtet man die für allez 2Cn˚
wC2nw 2Cjn2 Z geltende Identität f .z/ f .zC2w/D Exp. z2/
1CExp. 4wz/
Exp. .zC2w/2/ 1CExp. 4w.zC2w//
D Exp. z2/.1CExp. 4wz//
1CExp. 4wz/ DExp. z2/
im Integranden des dritten Integrals auf der rechten Seite der Ungleichung, so folgt durch die Auswertung der Realteile im Grenzprozeßr ! 1schließlich
Z 1 1
exp. t2/ dt D lim
r!1
Z r
r
exp. t2/ dt Dp
;
da der Integrand einegeradeFunktion ist.