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Fachbroschüre Bedeutung von Mikronährstoffen bei Osteoporose

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Fachbroschüre

Bedeutung von Mikronährstoffen bei Osteoporose

Mit Orthomol.

Bereit. Fürs Leben.

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Inhalt

04 Einleitung

05 Krankheitsbild Osteoporose 05 Knochenmasse im Verlauf des Lebens 05 Definition der Osteoporose

06 Epidemiologie und Bedeutung der Osteoporose 09 Risikofaktoren bei Osteoporose

10 Diagnose 11 Therapie

14 Besondere Bedeutung der Mikronährstoffe 14 Wichtige Knochenbausteine

16 Exkurs: Vitamin D – Synthese und Bedeutung 18 Calcium und Vitamin D

21 Kaliumcitrat und Konzept der Säurepufferung 27 Vitamin K

31 Fluorid

31 Rolle des Homocysteins und Effekte von B-Vitaminen (B6, B12, Folsäure)

(3)

33 Sonstige Mikronährstoffe 33 Vitamin C

34 Spurenelemente

38 Exkurs: Knochenmarködem 40 Literaturverzeichnis

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04

Die Osteoporose ist die häufigste Knochenerkrankung, die vor allem Menschen ab dem 50. Lebensjahr betrifft und zu erheblichen Bewegungs- einschränkungen, zur Einschränkung der Lebensqualität und zur Früh- invalidität führen kann.

Im Hinblick auf die Osteoporosetherapie ist die Behandlungsrate gering.

Einer Berechnung von Krankenkassendaten zufolge erhalten 21% der Os- teoporosefälle eine pharmakologische Therapie.29

Besonderes Kennzeichen der Erkrankung ist eine verminderte Knochen- mineraldichte: Die Knochen werden zunehmend weniger belastbar, verlieren an Stabilität und können bei geringer Belastung brechen. Es kommt zu Frakturen bereits nach Bagatellverletzungen, wobei charakteristische sog.

Fragilitätsfrakturen vor allem Wirbelkörpereinbrüche sind. Daneben sind Oberschenkelhals und Trochanter-Region am Hüftgelenk sowie der distale Radius betroffen.67

Die Anzahl der Frakturen steigt mit zunehmendem Alter an, und besonders gefährdet sind ältere Menschen in Pflegeheimen.67

Einleitung

Einleitung

(5)

05

Knochenmasse im Verlauf des Lebens

Die Knochenmasse des Menschen (üblicherweise in g/cm2 angegeben) wächst in der Kindheit und Jugend rasch an und wird begleitet von Verände- rungen der Wachstumshormon- und Sexualhormon-Sekretion.5 Hierbei wird die maximale Knochenmasse (sog. peak bone mass) etwa am Ende des 2. Lebensjahrzehnts erreicht (s. Abb. 1). Nach einer Plateauphase kommt es anschließend altersbedingt zu einem langsamen Abfall.21,88

Die Tatsache, dass Frauen gegenüber Männern vermehrt osteoporose- gefährdet sind, hat folgende Gründe:

Das Knochengerüst der Frau ist genetisch bedingt eher zierlich gestaltet.

Die Estrogenwirkung erzeugt nicht den gleichen Knochenzuwachs wie das Testosteron beim Mann.

Mit der Menopause erfolgt ein Estrogenverlust, dem etwa 10 Jahre lang ein beschleunigter Knochenabbau folgt, ehe das Knochenabbau-Tempo wieder dem Altersverlust wie beim Mann entspricht.

Der durch Estrogenmangel beschleunigte Knochenabbau („high turn - over“) beruht auf der Zunahme osteolytischer Zytokine, er ist also un ab- hängig vom Parathormon. Nach etwa 10 Jahren schließt sich eine

Phase der Normalisierung bis Verlangsamung des Knochenstoff wechsels („low turnover“) an, wenn nicht andere Faktoren den „high turnover“ weiter unterhalten. Dies kann beispielsweise ein Mangel an Calcium und Vitamin D sein, wie er vor allem bei der Osteoporose Typ II vorliegt.

Definition der Osteoporose

Bei der Osteoporose (M80–M82 nach ICD-10-Code) handelt es sich um eine systemische, den Knochenstoffwechsel betreffende Skeletterkrankung, die durch einen Abbau an Knochenmasse und eine Verschlechterung der Knochenstruktur charakterisiert ist. Die Bruchanfälligkeit des Knochens

Krankheitsbild Osteoporose

Krankheitsbild Osteoporose

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06 Krankheitsbild Osteoporose

Abb. 1: Veränderungen der Knochenmasse im Laufe des Lebens88

Knochenmasse in verschiedenen Lebensphasen und Zusammenhang mit dem Frakturrisiko. Modifiziert nach 88 Knochenmasse (g/cm2)

nimmt zu, sodass es schon bei geringfügigen äußeren Anlässen zu Knochenbrüchen, sog. Fragilitätsfrakturen, kommen kann.67

Epidemiologie und Bedeutung der Osteoporose

Von der Pathophysiologie her kann eine Osteoporose grundsätzlich bei allen Menschen auftreten, ob es im Einzelfall aber zu einer Osteoporose kommt, hängt von der erblichen Belastung, dem Lebensstil in jungen Jahren und der weiteren gesundheitlichen Entwicklung im späteren Leben ab.

Die Osteoporose ist eine Erkrankung, die durch Prävention verhindert bzw.

nach Manifestation therapiert werden kann. Dabei treten bei Osteoporose Typ I typischerweise Wirbelfrakturen auf, im späteren Alter steht im Rahmen der Osteoporose Typ II die Schenkelhalsfraktur, häufig auch kombiniert mit Wirbelfrakturen, im Vordergrund.5

Alter (Lebensjahre)

10 20 30 40 50 60 70 80

0 0,8 0,9 1,0 1,1 1,2

Menopause Spitzenknochenmasse

„peak bone mass“

Frakturrisikozone normal

verfrüht Mittelwert

Streuung Beschleunigter

Umbau Beginn des langsamen Umbaus

(7)

07 Krankheitsbild Osteoporose

Bei der Osteoporose Typ II, die zunehmend auch den älteren Mann14 betrifft, spielen veränderte Sexualhormonspiegel eine untergeordnete Rolle. Im Vor- dergrund steht die im Alter zunehmende Unterversorgung mit Calcium und Vitamin D. Kleinere Essmengen bedingen eine verminderte Calciumzufuhr, verminderte körperliche Beweglichkeit bedeutet oft auch geringeren Aufent- halt im Freien (Sonneneinstrahlung) und unzureichende Vitamin-D-Versor- gung (s. auch „Risikofaktoren bei Osteoporose“, Seite 9, und „Calcium und Vitamin D“, Seite 18).5 Folge ist ein sekundärer Hyperparathyreoidismus mit beschleunigtem Knochenumbau.5,21

Prävalenz der Osteoporose und Frakturhäufigkeit. Internationale

Schätzungen gehen davon aus, dass 40 % bis 50 % der Frauen und 12 % bis 22 % der Männer mit diagnostizierter Osteoporose mindestens einmal einen osteoporosebedingten Knochenbruch erleiden. Für Deutschland berichten Hadji et al. (2013,33 zitiert nach 67), dass 52 % der Versicherten mit einer diag- nostizierten Osteoporose innerhalb des Beobachtungszeitraums von 2006 bis 2009 eine oder sogar mehrere Frakturen erlitten. Extrapoliert man diese Zahlen auf die Gesamtbevölkerung Deutschlands, würde dies einer geschätzten Prävalenz von 6,3 Millionen Osteoporosepatienten entsprechen.

Abb. 2: Gesunder und osteoporotischer Knochen

Normaler Wirbelkörper Osteoporotischer Wirbelkörper

(8)

08

Die Häufigkeit von Wirbelfrakturen lässt sich nur mit Röntgenuntersuchun- gen erfassen. Entsprechende Daten für Deutschland stammen u. a. aus der

„Europäischen Studie zur vertebralen Osteoporose” (EVOS). Danach fand sich bei 7,6 % der Frauen und 4,9 % der Männer zwischen 50 und 79 Jahren mindestens ein durch Osteoporose bedingter Wirbeleinbruch.67 In Abbildung 3 sind Daten zur Inzidenz für Hüftfrakturen dargestellt. Auch hier ist der An- teil bei Frau höher als bei Männern und nimmt mit dem Alter zu. Aus einer umfangreichen Analyse von Daten aus mehreren europäischen Ländern (Frankreich, Deutschland, Italien, Spanien, Schweden, Großbritannien) geht hervor, dass es 2017 in Deutschland ca. 765.000 neue Fragilitätsbrüche gab. Für die genannten Länder berechnen die Autoren für die Jahre 2017 bis 2030 einen Anstieg der Frakturen um 23 % von 2,7 Mio. auf 3,3 Mio.

Dadurch wird eine Zunahme der jährlichen frakturbedingten Kosten von 27 % erwartet.13

Krankheitsbild Osteoporose

Abb. 3: Alters- und geschlechtsspezifische Inzidenz für Hüftfrakturen

Deutsche Datenbasis (Krankenhausdiagnose-Statistik 2004); Angaben je 100.000 Einwohner67 Inzidenz (n pro 100.000)

4.000

3.000

2.000

1.000

0

60-64 65-69 70-74 75-79 80-84 85-89 90+

Altersgruppe (Jahre)

Männer Frauen

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09

Risikofaktoren bei Osteoporose

Zur Entstehung von Osteoporose trägt eine Vielzahl von Faktoren bei. Dazu gehören nicht modifizierbare Faktoren wie zunehmendes Alter, weib- liches Geschlecht und familiäre Veranlagung sowie verhaltensbasierte, beeinflussbare Risikofaktoren wie Bewegungsmangel und Fehlernährung, Grunderkrankungen und Medikationen, die ursächlich behandelt oder an- gepasst werden können.28

Die wichtigsten Risikofaktoren osteoporotisch bedingter Frakturen sind in Tabelle 1 zusammengefasst, darunter auch die Faktoren, die zu einem er- höhten Sturzrisiko führen.

Das individuelle Frakturrisiko ist, soweit möglich, in der Praxis für jeden Patienten zu ermitteln. Hierzu gehören Fragen nach der Häufigkeit von Stürzen, Ermittlung von Stolperfallen und Sturzteste,24 wie Einbeinstand, Tandemstand oder der Aufstehtest („rising chair test“: 5-maliges Aufstehen in 10 Sekunden).70

Krankheitsbild Osteoporose

Tabelle 1: Risikofaktoren bei Osteoporose4,22 Faktoren für osteoporotisch bedingte Frakturena – Lebensalter, Geschlecht

– Immobilität

– Untergewicht (Body Mass Index <20 kg/m²) – Vitamin-D- und Calciummangel

– Homocystein, Folsäure- und Vitamin-B12-Mangel

– Osteoporose begünstigende Medikamente (z. B. Glukokortikoide, Antidepressiva) Faktoren für ein erhöhtes Sturzrisiko

– schlechter Visus

– Stolperfallen (z. B. Teppichkanten, Türschwellen)

– Bewegungsmangel, Immobilität (mangelnde Koordination) – Medikamente (z. B. sedierende Antidepressiva, Sedativa)

a Auswahl nach DVO-Leitlinie 2017; s. auch 70.

(10)

10

Diagnose

Generell wird die Basisdiagnostik bei Frauen ab 70 und Männer ab 80 Jahren empfohlen, wenn der Diagnose eine therapeutische Konsequenz folgen könnte. Eine ausführliche Anamnese ist vor allem im Hinblick auf vorliegen- de Risikofaktoren im höheren Alter wichtig. Dabei muss auch detailliert auf die Ernährung eingegangen werden.

Ab einem Alter von 70 Jahren sollten jährlich eine Sturzanamnese durch- geführt sowie mit geeigneten Testverfahren Kraft und Balance überprüft werden.

Im Labor kann nicht nur eine sekundäre Osteoporose erfasst werden, es lassen sich auch Risikofaktoren erkennen z. B. durch die Bestimmung von Caclium-, Vitamin-D- und Phosphat-Spiegeln. Im Rahmen der Therapie- planung muss zudem eine mögliche Niereninsuffizienz überprüft und be- achtet werden.22

Die Knochenmineraldichtemessung informiert über das bestehende Osteoporoserisiko und kann beispielsweise zwischen Normalbefund, Osteopenie bzw. Osteoporose unterscheiden.73 Die am häufigsten ange- wandte Methode ist die Doppelenergie-Röntgenabsorptiometrie (DXA, dual energy x-ray absorptiometry). Die Angabe der Knochenmineral- dichte erfolgt mit dem Wert T (sog. T-Score). Liegt der T-Score höher als -1, entspricht dies einem Normbalbefund. Der Bereich von -1 bis -2,5 wird als Osteopenie (Vorstufe der Osteoporose) angesehen. Bei Werten von -2,5 und darunter liegt eine Osteoporose vor, gleichbedeutend mit einem er- höhten Frakturrisiko.5

Krankheitsbild Osteoporose

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11

Therapie

Prophylaxe. Heute erhalten immer noch zu wenig Osteoporosepatienten eine angemessene Therapie, sodass die Patienten auf Dauer eine erhebliche Einbuße ihrer Lebensqualität erfahren.13,29

Daher ist gerade bei der Osteoporose eine frühzeitig beginnende und langfristige Prophylaxe sinnvoll. Viele der Risikofaktoren sind bekannt und können ohne Einbuße der Lebensqualität (eher im Gegenteil) umgesetzt werden. Darüber hinaus dienen einige der Maßnahmen zur Osteoporose- prophylaxe auch der Vorbeugung anderer Erkrankungen, sodass insgesamt die Lebensqualität steigt.6

Krankheitsbild Osteoporose

Abb. 4: Knochenmineraldichtemessung bei einer 78-jährigen Patientin (Hüftgelenk)

Bei der 78-jährigen Frau wurde der Durchschnittswert aus Femurhals, großem Trochanter, intertrochanterem Bereich für die Messung berücksichtigt. Die so errechnete Knochenmineraldichte (BMD, bone mineral density) liegt bei dieser Patien- tin mit einem T-Wert von -1,5 noch im gelben Bereich. Dieses Ergebnis wird als Osteopenie klassifiziert. Für dieses Alter ist das jedoch ein normaler Durchschnittswert. Gemäß DVO-Leitlinie wird keine medikamentöse Behandlung empfohlen, sondern sie wird von weiteren Risikofaktoren abhängig gemacht.

BMD T-Wert

Alter 1,4

1,2 1,0 0,8 0,6 0,4

20 30 40 50 60 70 80 -1,0 -2,5

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12

Therapiestrategien bei Osteoporose sind:

Primärprävention – Maßnahmen zur Verhinderung der Krankheits- entstehung

Sekundärprävention – Maßnahmen zur Verhinderung von Frakturen

Tertiärprävention – Maßnahmen zur Verhinderung von Folgefrakturen.

Bei allen Strategien erfolgt als obligatorische Basistherapie neben der Förderung der körperlichen Aktivität die Gabe von Calcium und Vitamin D.

„Körperliche Aktivität und Wirbelsäulengymnastik steigern die Knochen- masse, stärken die Muskulatur, verringern die Fallneigung, verbessern den Allgemeinzustand und gehören daher zur Basistherapie sowohl im Rahmen der Prävention als auch in der Rehabilitationsphase nach Fraktur.“7

Vor allem bei älteren Personen und Menschen in Pflegeheimen besteht in der Regel ein Mangel an Calcium, Vitamin D und Proteinen. Calcium- und Vitamin-D-Supplementierung verringert gerade bei älteren Personen den sekundären Hyperparathyreoidismus und reduziert das Risiko für Ober- schenkelhalsfrakturen.

Für die spezifische medikamentöse Therapie der Osteoporose steht heute eine Vielzahl effektiver Substanzen zur Verfügung. Sie wirken entweder antiresorptiv oder osteoanabol, verfolgen aber gleiche Ziele:

Optimierung des Knochenumbaus

Steigerung der Knochenmasse

Verbesserung der Knochenqualität

Reduktion des Frakturrisikos – vertebral und nichtvertebral.7

Krankheitsbild Osteoporose

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13

Zur Osteoporosetherapie eingesetzte Arzneimittel wurden ausführlich in der DVO-Leitlinie (2017)22 für verschiedene Einzelindikationen und -situationen evidenzbasiert aufgearbeitet. Dabei sind die Bisphosphonate weiterhin der „Gold-Standard“. Zu ihnen zählen Alendronat, Risedronat, Ibandronat und Zoledronat.

Krankheitsbild Osteoporose

Tabelle 2: Medikamentöse Osteoporosetherapie auf Basis des Risikoprofils Lebensalter

in Jahren T-Score

Frau Mann -2,0 bis -2,5 2,5 bis -3,0 -3,0 bis -3,5 -3,5 bis -4,0 >-4,0

50-60 60-70 Nein Nein Nein Nein Ja

60-65 70-75 Nein Nein Nein Ja Ja

65-70 75-80 Nein Nein Ja Ja Ja

70-75 80-85 Nein Ja Ja Ja Ja

> 75 > 85 Ja Ja Ja Ja Ja

Indikation für eine medikamentöse Osteporosetherapie nach Risikoprofil (in Abhängigkeit von Geschlecht, Lebensalter, DXA-Knochenmineraldichte und weiteren Risikofaktoren). Modifiziert nach DVO-Leitlinie Osteoporose (2017)22

(14)

14 Besondere Bedeutung der Mikronährstoffe

Wichtige Knochenbausteine

Für Aufbau und Erhalt des Knochengewebes sind die optimale Zusam- mensetzung der Nahrung und ausreichende Zufuhr von Bausubstanzen (Calcium, Phosphat, Eiweiß), außerdem von Vitamin D – zusammen mit einer optimalen körperlichen Belastung – wesentliche Voraussetzungen.

Dabei ist die normale endokrine Funktion von Ovarien bzw. Testes von großer Bedeutung. Abweichungen von diesen optimalen Bedingungen, z. B. durch verzögerte Pubertät, können das Risiko des Nichterreichens der maximalen Knochenmasse bzw. eines vorzeitigen Knochenabbaus mit sich bringen.

Das zentrale Element im Knochenstoffwechsel ist Calcium. Die Gesamt- menge Calcium im Körper des Erwachsenen beträgt 1,0–1,5 kg (entspre- chend ca. 1,5 % des Gesamtkörpergewichts). 99 % dieses Calciums sind in die Knochen und die Zähne eingebaut, das restliche 1 % des Calciums wird größtenteils im aktiven Stoffwechsel benötigt. Sinkt die Calcium- konzentration im Plasma, kann dies u. a. reguliert werden, indem Calcium aus den Knochen mobilisiert wird.

Besondere Bedeutung der Mikronährstoffe

a. 1 μg = 40 I.E., 1 I.E. = 0,025 μg b. <19 Jahre 1.200 mg

Tabelle 3: Empfohlene Zufuhr von Calcium und Schätzwerte für eine angemessene Vitamin-D-Zufuhr25

Altersgruppe Calcium (mg) Vitamin D (I.E. / μg)a bei fehlender endogener Synthese Jugendliche und Erwachsene

15 bis unter 19 Jahre

19 bis 65 Jahre und älter 1.200

1000 800 / 20

800 / 20

Schwangere und Stillendeb 1.000 800 / 20

(15)

15 Besondere Bedeutung der Mikronährstoffe

Die Verfügbarkeit von Calcium aus der Nahrung beträgt ca. 40 %. Mit dem Alter nimmt die Resorptionrate ab und kann auch unabhängig vom Alter z. B.

durch eine exzessive Phosphatzufuhr, einen Vitamin-D-Mangel, Phytinsäure beeinträchtigt werden.

Der Calciumgehalt der Knochen ist nicht nur abhängig von der Calciumauf- nahme, sondern auch von der Calciumbilanz. Nur bei positiver Calciumbilanz (d. h., die ausgeschiedene Menge ist nicht größer als die resorbierte) kann der Osteoporose vorgebeugt werden.

Der menschliche Körper enthält ca. 700 g Phosphor, wobei der Großteil im Knochengewebe lokalisiert ist. Calcium ist zusammen mit Phosphat in Form des Hydroxylapatits (Ca10[PO4]6[OH]2) Bestandteil von Knochen und Zähnen und bestimmt wesentlich die Festigkeit der Hartgewebe.77

Zum Aufbau des Kollagens Typ I in der Grundstruktur des Knochens werden Aminosäuren benötigt, die als Proteine mit der Nahrung aufgenommen werden. Erwachsene sollten 0,8 g Protein pro kg Körpergewicht zu sich nehmen. Ab einem Alter von 65 Jahren liegt der Schätzwert für die täg- liche Zufuhr bei 1,0 g Protein pro kg Körpergewicht. Das sind z. B. bei einer normalgewichtigen, etwa 60 kg schweren Frau von unter 65 Jahren 48 g Protein pro Tag.25

(16)

Exkurs: Vitamin D – Synthese und Bedeutung

Insbesondere durch seinen Steroidcharakter nimmt Vitamin D unter den Mikronährstoffen eine Sonderstellung ein. Außerdem wird das Vitamin – an- ders als die anderen Vitamine – bei ausreichender Sonneneinstrahlung vom Körper selbst vollständig und in ausreichender Menge in der Haut gebildet.

Bildung des aktiven Vitamins (Calcitriol)

Calcitriol, oder 1,25-(OH)2-Vitamin-D3, wird in mehreren Reaktions- schritten gebildet:80

1. Cholecalciferol (Haut): Ausgangssubstrat in der Haut ist das 7-Dehydro cholesterol, dessen B-Ring unter Einfluss von UV-B-Licht gespalten wird. Dabei entsteht unter Einfluss von Wärme Cholecalciferol (Vitamin D3). Das Cholecalciferol gelangt in die Blutbahn, wo es an ein spezifisches Protein gebunden und dann zur Leber transportiert wird.

2. Calcidiol (Leber): Cholecalciferol wird durch einfache Hydroxylierung zu Calcidiol. Die Menge an Calcidiol, oder abgekürzt 25-OH-D3, im Serum gilt als zuverlässigster Indikator der Vitamin-D-Versorgung.

3. Calcitriol (Niere): Der letzte Schritt der Bio aktivierung von Vitamin D er- folgt in der Niere. Nach einer weiteren Hydroxylierung entsteht das eigent- liche biologisch aktive Calcitriol.

Das hierfür verantwortliche Enzym (1α-Hydroxylase) unterliegt einer genauen Regulation: Calcium und Phosphat stellen die wichtigsten Repressoren,

H3C CH3 H

H CH2

HO OH

CH3

CH3

HO

Calcitriol

16 Besondere Bedeutung der Mikronährstoffe

(17)

17 Besondere Bedeutung der Mikronährstoffe

Parathormon den wichtigsten Induktor dar. Ent sprechend ist die Calcitriol- synthese bei unzureichendem Angebot an Calcium und Phosphat gestei- gert, bei ausreichender Versorgung dagegen gehemmt.

Klassische Wirkungen und Bedeutung

Calcitriol ist an der Regulation des Calcium- und Phosphathaushalts primär beteiligt. Am Knochen entfaltet Calcitriol sowohl anabole als auch katabole Effekte. Seine anabole Wirkung beruht darauf, dass es Osteo- blasten zur Synthese von Proteinen anregt, die an der Knochenminerali- sation und am Aufbau der Knochenmatrix beteiligt sind. Bei einem Abfall des Blutcalciumspiegels bewirkt Calcitriol hingegen den gegenteiligen Effekt und steigert die Aktivität und die Anzahl der Osteoklasten – ein Vorgang, der zur Auslagerung von Calcium aus den Knochen führt.77 In Beobachtungsstudien war der Vitamin-D-Status sowohl bei jünge- ren als auch bei älteren Personen positiv mit der Knochenmineraldichte korreliert.8,74

Die Versorgung mit Vitamin D ist jedoch in Deutschland sowie in Europa insgesamt nicht optimal, was zu einer Beeinträchtigung der Knochenge- sundheit führen kann.55,66

In einer Metaanalyse von 12 qualitativ hochwertigen randomisierten kontrollierten Studien konnte für Vitamin-D-Supplemente (12–19 μg/d) eine signifikante Verminderung nichtvertebraler Frakturen um 20 % (gepooltes RR: 0,80) errechnet werden.10 In einer weiteren Metaanalyse derselben Gruppe wurden anhand von kontrollierten Studien die Vitamin- D-Serumspiegel in Verbindung mit Gesundheitsrisiken bewertet. Danach ergab sich für 25-OH-D3-Spiegel von 75–110 nmol/l ein optimaler Nutzen bezüglich der untersuchten Endpunkte (Sturz- und Fraktur prävention).9

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18

Calcium und Vitamin D

Das Skelettsystem befindet sich in einem steten Umbau („Remodelling“), der von Osteoblasten und Osteoklasten reguliert wird. Beide Zelltypen werden über den Calciumrezeptor gesteuert. Ein Anstieg der extrazellulären Calcium- konzentration aktiviert über diesen Rezeptor die Proliferation und Differen- zierung der Osteoblasten und fördert die Knochenmineralisation. Dagegen kommt es vermehrt zur Apoptose von Osteoklasten. Kurz gesagt, fördert Calcium die Knochenmineralisation und hemmt die Knochenresorption.76 Die Rolle der Calciumversorgung für die Knochengesundheit wurde 2009 von Nordin in einer Metaanalyse63 untersucht. Er bezog in die Analyse 32 kontrollierte Interventionsstudien mit insgesamt 3.169 Frauen im Alter von 50 bis 83 Jahren ein, die zwischen 1 und 5 Jahren behandelt wurden.

Die Gesamtzufuhr an Calcium (Nahrung und Supplemente) betrug 1.675 mg (Spanne 900–3.150 mg) pro Tag. Bei den Frauen, die Calcium erhalten hatten (durchschnittlich 1.000 mg/Tag), war der jährliche Knochenabbau mit -0,27 % signifikant geringer ausgeprägt als in der Kontrollgruppe (-1,07 %; p < 0,001).63

So ist eine ausreichende Zufuhr von Calcium für den Erhalt der Knochenge- sundheit wesentlich, jedoch ist Calcium wie die meisten Mikronährstoffe ein typisches Beispiel für ein synergistisches Element, welches seine vollständi- ge Wirkung nur in Verbindung mit anderen Mikronährstoffen, wie vor allem Vitamin D, entfalten kann.76

Nach den Empfehlungen zur Osteoporoseprophylaxe und -therapie22 soll jeweils eine ausreichende Versorgung mit Calcium und Vitamin D sicher- gestellt werden, bei Bedarf durch entspechende Supplementierung. Daher werden im Folgenden die klinischen Erfahrungen bei der kombinierten Supplementierung von Calcium und Vitamin D besprochen.

18 Besondere Bedeutung der Mikronährstoffe

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19 Besondere Bedeutung der Mikronährstoffe

Die erste wichtige Studie zur Kombination Calcium + Vitamin D wurde 1992 von Chapuy et al. veröffentlicht (siehe Abb. 5; nach 17, s. auch 16, 18).

Ab da bis 2012 verzeichnete man an qualitativ hochwertigen Arbeiten ins- gesamt 8 Studien. Diese umfassten 30.970 Studienteilnehmer, welche die Kriterien für die Primäranalyse erfüllten, mit 195 Hüftgelenksfrakturen bzw.

2.231 Frakturen insgesamt. Sechs Studien von 8 setzten Calciumdosierungen von 500 mg bis 1.200 mg pro Tag sowie Vitamin-D-Dosierungen von 400 I.E.

bis 800 I.E. ein. Als Wirksamkeitsparameter waren die Frakturzahlen bezüg- lich des Hüftgelenks und die Gesamtfrakturinzidenz herangezogen worden.

Die Studienergebnisse flossen in die Metaanalyse der National Osteoporosis Foundation ein,87 die 2016 veröffentlicht wurde. Die wichtigsten Ergebnisse sind in Abb. 6 a und b dargestellt.87

Abb. 5: Calcium + Vitamin D: Effekte auf BMD und Frakturinzidenz

Placebo (n = 1.636) Calcium (1.200 mg) + Vitamin D (800 I.E.) (n = 1.634)

Änderung der Knochenmineraldichte und Anzahl der Frakturen unter Supplementierung von Calcium und Vitamin D über einen Zeitraum von 18 Monaten bei insgesamt 3.270 älteren Frauen. Modifiziert nach 17

a. proximale Femurregion, b. pro 1.000 Frauen pro Jahr für alle peripheren Frakturen 3

2 1 0 -1 -2 -3 -4 -5

Knochenmineraldichte (BMD, Δ %)a

100 80 60 40 20 0

Frakturinzidenz (n)b

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20 Besondere Bedeutung der Mikronährstoffe

Die Metaanalyse ergab eine statistisch signifikante Reduktion des Risikos für Gesamtfrakturen von 15 % sowie von 30 % hinsichtlich der Hüftgelenksfraktu- ren durch die Gabe von Calcium und Vitamin D.

Damit konnte diese Arbeit die Ergebnisse des Evidence Report von Chung et al. (2009)19 bestätigen.

Abb. 6: Metaanalyse zur Supplementierung von Calcium + Vitamin D87

SRRE: summary relative risk estimate KI: Konfidenzintervall A. Effekte auf die Gesamtfrakturinzidenz

Studie Relatives Risiko und 95%-KI

Chapuy, 1992 Chapuy, 2002 Dawson Hughes, 1997 Porthouse, 2005 Salovaara, 2010 Grant, 2005 Harwood, 2004 Prentice, 2013 SRRE 0,85 (0,73–0,98) Heterogenität 0,06

Erhöhtes Risiko Reduziertes Risiko

0,1 0,2 0,5 1 2 5 10

B. Effekte auf die Inzidenz der Hüftgelenksfrakturen

Studie Relatives Risiko und 95%-KI

Chapuy, 1992 Chapuy, 2002 Dawson Hughes, 1997 Porthouse, 2005 Salovaara, 2010 Prentice, 2013 SRRE 0,70 (0,56–0,87) Heterogenität 0,74

Erhöhtes Risiko Reduziertes Risiko

0,1 0,2 0,5 1 2 5 10

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21 Besondere Bedeutung der Mikronährstoffe

Kaliumcitrat und das Konzept der Säurepufferung

Das Konzept der Säurepufferung richtet sich auf die Korrektur oder Justierung des Gleichgewichts zwischen Säuren und Basen innerhalb des sog. Säure- Basen-Haushalts. Dieser wird oft kontrovers diskutiert, wobei viele neuere Publikationen die Bedeutung der Ernährung für die Homöostase „Säuren : Basen“ herausstellen.78 Im Rahmen der Osteoporose-Thematik hatten Sebastian et al. bereits in den 1990er-Jahren die „mineral balance“ in einem vielbeachteten Beitrag im New England Journal of Medicine diskutiert.68,78 Grundlagen. Wesentlich für alle Prozesse des Organismus sind Temperatur, Elektrolyt- und Glucosegehalt sowie pH-Wert des Blutes. Diese lebens- wichtigen Stellgrößen werden in engen Grenzen gesteuert. Dazu verfügt der Organismus über spezielle Homöostase-Mechanismen, einer davon ist der Säure-Basen-Haushalt. Die Bedeutung der ständigen engen pH-Wert- steuerung liegt in diesen pH-abhängigen Körperfunktionen:

Struktur und Aktivität von Enzymproteinen

Permeabilität von Zellmembranen (Stofftransport)

Aktivität von Ionenkanälen (Verteilung der Elektrolyte, Reizleitung von Nerven, Erregbarkeit der Muskelzellen)

hormonelle Kontrolle und Aktivität von Mediatoren bei der Signalüber- mittlung (Hormone wie Cortisol, Wachstumshormone usw.)78

Der Säurepool ergibt sich durch Bildung und Verbrauch von Protonen. So besteht der Protonenpool beim Erwachsenen aus etwa 2 μmol an freien und einem Vielfachen an gebundenen Wasserstoffionen, und der tägliche Gesamtkörperumsatz an Protonen wird auf etwa 150.000 mmol geschätzt.

Gespeist wird der Säurepool durch Stoffwechselreaktionen, wie oxidativen Abbau von Makronährstoffen, aerobe Glykolyse, Ketogenese oder Gluko- neogenese.78

(22)

22

Zu den Säurelieferanten zählen

schwefelhaltige Aminosäuren aus Nahrungsprotein (freigesetztes Cystein, Methionin)

organische Säuren aus tierischen und pflanzlichen Lebensmitteln

Nahrungschlorid, -phosphat und -sulfat Zu den Basenlieferanten zählen

mineralische Salze schwacher organischer Säuren (Calciumcitrat, Magnesiumlactat oder Kaliummalat). Die entsprechenden organischen Mineralsalze finden sich vornehmlich in Obst, Gemüse und Kartoffeln zu- sammen mit den Gegenionen Kalium oder Calcium

Hydrogencarbonate

Zu den Lebensmittelgruppen mit geringer (bzw. negativer) renaler Säurelast zählen Obst und Obstsäfte, Gemüse, Kräuter, alkalireiche Getränke (z. B. Wein, Kaffee), am anderen Ende der Skala mit einer hohen renalen Säurelast finden sich Fisch, Fleisch und Fleischwaren, Milch, Milchprodukte wie Käse (verschie- dene Sorten) oder Eier.78

Im Hinblick auf die Lebensmittelauswahl und Nährstoffzufuhr ist jedoch zu berücksichtigen, dass insbesondere eine ausreichende Versorgung mit Proteinen wichtig für die Knochengesundheit ist. Groenendijk et al. unter- suchten den Zusammenhang zwischen Proteinzufuhr und Frakturrisiko so- wie Knochen mineraldichte bei Personen, die mindestens 65 Jahre alt waren.

In dem systematischen Review bzw. der Metaanalyse stand eine Proteinauf- nahme von über 0,8 g pro kg Körpergewicht mit einem signifikanten ge- ringeren Risiko für Hüftfrakturen in Verbindung. Auch für die Knochenmine- raldichte zeigte sich ein positiver Trend.31

Besondere Bedeutung der Mikronährstoffe

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23 Besondere Bedeutung der Mikronährstoffe

Bedeutung der Säurelast für den Knochenstoffwechsel. Eine er- nährungsbedingte Acidose, die durch einen Abfall des Blut-pH-Werts gekennzeichnet ist, tritt bei einem Gesunden nicht auf. Aus Untersuchungen geht jedoch hervor, dass eine langjährige überhöhte Säurebelastung die Knochengesundheit beeinträchtigt. Dies ist insbesondere im höheren Lebensalter kritisch, da mit zunehmenden Alter die Fähigkeit der Niere zu Säureausscheidung abnimmt. Bei so einer geringfügigen, chronischen Acidose, bedingt durch die Ernährungsweise, liegt der pH-Wert meistens noch im unteren Normbereich, die Pufferkapazität ist jedoch eingeschränkt.

Um dies zu kompensieren, wird u. a. Calcium aus den Knochen freigesetzt, die Knochenresorption aktiviert und die Knochenneubildung durch die

Abb. 7: Zusammenhang von übermäßiger Säurebelastung und Knochengesundheit

Säurezufuhr

z. B. durch erhöhte Zufuhr tierischer Proteine

ausgeglichene oder negative

renale Säurelast Säureüberschuss

durch eingeschränkte Nierenfunktion und/oder bei geringer Obst- und

Gemüseaufnahme

Kompensation u. a. durch Calcium- Freisetzung aus den Knochen

Erhöhte Calciumausscheidung und verstärkter Knochenabbau

(24)

24 Besondere Bedeutung der Mikronährstoffe

Osteoblasten gehemmt. Eine chronische Säureüberlastung durch die Er- nährung steht daher mit einer erhöhten Calciumausscheidung und einem verstärkten Knochenabbau in Zusammenhang.34

Studiendaten: Epidemiologie und Klinik. In einigen prospektiven Be- obachtungsstudien und Querschnittstudien war eine Ernährungsweise mit Säureüberschuss mit verminderter Knochen mineraldichte, erhöhtem Kno- chenumsatz und erhöhtem Frakturrisiko verbunden. Positive Effekte auf die Knochengesundheit werden erzielt, wenn eine an Basenlieferanten reiche Ernährung mit einer ausreichend hohen Proteinzufuhr zusammentrifft.78 In Interventionsstudien kam es unter Gabe von Kaliumcarbonat, Kaliumcitrat oder bicarbonatreichen Mineralwässern zu einer verminderten Calcium- ausscheidung mit dem Urin, einer verbesserten Calciumbilanz sowie einer Senkung von Markern der Knochenresorption. Außerdem sanken die Corti- solspiegel.78

Die Auswirkungen von Kostformen mit erhöhter Säurelast auf den Bewe- gungsapparat wurden auch detailliert in einem Übersichtsartikel44 dargestellt und dabei wurde nochmals die positive Bedeutung der Säurepufferung für die Knochengesundheit betont.

Ausgewählte Studienbeispiele. Untersucher an der Tufts University (Boston, USA)23 prüften die Wirksamkeit zweier Dosierungen Kaliumhydro- gencarbonat (KHCO3) im Vergleich zu Placebo auf die Marker des Knochen- umsatzes und auf die Calcium- und Stickstoffausscheidung. In einer random- isierten placebokontrollierten Doppelblindstudie erhielten 244 Männer und Frauen über 50 Jahre über 3 Monate täglich 1 mmol/kg KG oder 1,5 mmol/kg KG Kaliumhydrogencarbonat (entsprechend im Median 81 mmol bzw. 122 mmol pro Tag) bzw. Placebo. Bei 233 Patienten (welche

(25)

25 Besondere Bedeutung der Mikronährstoffe

die Studie beendeten) zeigten die Patienten der Verumgruppe (niedrigere KHCO3-Dosis) eine signifikant reduzierte Ausscheidung von N-Telopeptid (NTX) und Stickstoff mit dem Urin und eine Reduktion des Serumspiegels von P1NP (Propeptid Typ I des Procollagens). In beiden KHCO3-Gruppen ging die Calciumausscheidung im Urin signifikant vs. Placebo zurück (p < 0,001). Die Auswirkungen einer niedrigeren KHCO3-Dosis auf den Knochenstoffwechsel waren offenbar effektiver.23

Besondere Bedeutung des Kaliumcitrats. Dass basische Puffersub- stanzen, wie z. B. Kaliumsalze oder kaliumreiches Obst und Gemüse, dem Calciumverlust durch vermehrte Calciumausscheidung aufgrund der Säurelast bei typisch westlicher Ernährung entgegenwirken können, sollte in einer klinischen Studie überprüft werden. In dieser placebokontrollierten Doppelblindstudie mit 161 Frauen in der Postmenopause (Alter 58,6 Jahre), die mit T-Scores -1 bis -4 eine reduzierte Knochenmineraldichte aufwiesen, wurde eine Gruppe mit Kaliumcitrat, die andere mit Kaliumchlorid behandelt (jeweils 30 mEq Kalium, orale Gabe).45

Studienergebnisse (s. Abb. 8):

Zwischen den Gruppen ergab sich eine hochsignifikante Differenz im prozentualen Anstieg der Knochenmineraldichte zugunsten des Kalium- citrats: +1,87 % Steigerung in den Lendenwirbeln 2 bis 4, +1,39 % im Oberschenkelhals und +1,98 % im Hüftgelenk.

Innerhalb der Gruppe mit Kaliumcitratgabe stieg die Knochenmineral- dichte in den Lendenwirbeln 2 bis 4 innerhalb von 12 Monaten mit einer Differenz von +0,89 % signifikant an, während sich in der Kalium- chlorid-Gruppe eine Abnahme von -0,98 % zeigte.

Folglich konnte die Kaliumcitrateinnahme bei Frauen mit postmenopausaler Osteopenie die Knochenmineraldichte signifikant steigern.45

(26)

26 Besondere Bedeutung der Mikronährstoffe

In einer weiteren randomisierten placebokontrollierten Doppelblindstudie an den Universitäten Basel und San Francisco43 sollten die Wirksamkeit von Kaliumcitrat in der Neutralisierung der diätetisch aufgenommenen Säuren sowie der Effekt auf die Frakturprognose untersucht werden.

Die Studie umfasste insgesamt 201 ältere (> 65 Jahre) gesunde Männer und Frauen, die entweder mit 60 mEq Kaliumcitrat oder Placebo (jeweils oral) behandelt wurden. Alle Studienteilnehmer erhielten außerdem Calcium und Vitamin D.

Abb. 8: Effekte zweier Kaliumsalze auf den Knochenstoffwechsel45

Prozentuale Zunahme der Knochenmineraldichte in der Lendenwirbelsäule (L2–L4) durch Kaliumcitrat (vs. Kaliumchlorid).

Differenz zwischen den Gruppen: p < 0,001 Knochenmineraldichte (Δ %)

Kaliumcitrat Kaliumchlorid

0 3 6 9 12

1

0

-1

Monate

1,9%

(27)

27 Besondere Bedeutung der Mikronährstoffe

Primäre Zielvariable war die Änderung der flächenbezogenen Knochen- mineraldichte (areal BMD oder aBMD) im Bereich der Lendenwirbelsäule (LWS), die nach 24 Monaten mittels Dualenergie-Röntgenabsorptiometrie (DXA) bestimmt wurde. Der mittlere Ausgangs-T-Wert in der LWS betrug -0,6. Weitere Zielkriterien waren die Änderung der volumenbezogenen BMD und der Mikroarchitektur, die mit CT-Technik in den beiden Speichen (Radii) und beiden Schienbeinen (Tibiae) ermittelt wurde, sowie des Frakturrisikos anhand der FRAXa-Risikoanalyse.

Die Kaliumcitratgabe erhöhte die aBMD in der LWS nach 24 Monaten um 1,7 % ± 1,5 % (95%-KI 1,0–2,3 %, p < 0,001) Nettogewinn gegenüber Placebo. In der Computertomographie war die Dichte der Trabekel in der Tibia bzw. im Radius gesteigert (1,3 % bzw. 2,0 %, p < 0,001). Im Radius stieg das Verhältnis Trabekelvolumen : Gewebevolumen um 0,9 % an, die Trabekelstärke erhöhte sich um 1,5 % und die Zahl der Trabekel um 1,9 %.

Kaliumcitrat verminderte bei beiden Geschlechtern signifikant den Fraktur- vorhersagewert in der FRAX-Analyse.

Somit führt die Gabe von Kaliumcitrat in unterschiedlichen Skelettbezirken von älteren Personen ohne Osteoporose zu signifikant verbesserten Para- metern des Knochenstoffwechsels. Aufgrund der Beeinflussung des Fraktur- risikos kann die Kaliumcitratgabe außerdem einen Nutzen im Hinblick auf zukünftige Frakturen bedeuten.43

Vitamin K

Vitamin K spielt neben Vitamin D eine entscheidende Rolle im Knochenstoff- wechsel und damit in der Prävention und Therapie der Osteoporose. Vitamin K ist für wichtige Bereiche im Organismus von wesentlicher Bedeutung, ins- besondere für die Blutgerinnung und den Knochenstoffwechsel.2

a. Weitere Informationen zur FRAX-Analyse: www.shef.ac.uk/FRAX/

(28)

28 Besondere Bedeutung der Mikronährstoffe

Man unterscheidet mehrere sog. Vitamere des Vitamins K:30 Gemeinsame Grundstruktur ist das Menadion (Vitamin K3), das in der Natur nicht vor- kommt. Die wichtigsten natürlich vorkommenden K-Vitamine sind das Phyllochinon (Phytomenadion), welches vor allem in grünen Pflanzen vor- kommt und als Vitamin K1 bezeichnet wird.

Daneben kommt Menachinon (Vitamin K2) vor, das von Darmbakterien (z. B. Bacteroides) gebildet wird. Bislang wurden mehrere Vitamin-K-ab- hängige Proteine im Knochengewebe identifiziert. Dazu zählen neben dem von Osteoblasten synthetisierten Osteocalcin das Matrix-Gla-Protein (MGP) und das Knochenprotein S, welche an der Knochenmineralisierung und -regulierung beteiligt sind.79 Dabei macht Osteocalcin ca. 20 % aller Matrix- proteine des Knochens aus.

Vorkommen von Vitamin K1 und K2 in Lebensmitteln30

Vitamin K1: Grünkohl, Rosenkohl, Brokkoli und Spinat; Soja- oder Rapsöl Vitamin K2: tierische Lebensmittel (Rinderleber), bakteriell fermentierte Lebensmittel (Joghurt, einige Käsesorten, Natto aus fermentierten Soja bohnen)

Tabelle 4: Wichtigste Funktionen von Vitamin K30

Knochenstoffwechsel – reguliert den Calciumstoffwechsel und die Calcium- verwertung

– steigert bei Frauen in der Postmenopause die Knochen mineraldichte

– senkt das Risiko für Hüftgelenksfrakturen

– verbessert die Knochenwirksamkeit von unterschied- lichen Osteoporosemedikamenten

Blutgerinnung – reguliert die Blutgerinnung und die Blutfließeigenschaften – verhindert lebensbedrohliche Blutungen bei Neugeborenen

(29)

29 Besondere Bedeutung der Mikronährstoffe

Epidemiologische und klinische Studien. Laut einer Studie von 198436 stehen die Blutspiegel von Vitamin K in direkter Beziehung zur Knochen- mineraldichte und zum Auftreten von Frakturen. Darüber hinaus hatten Wissenschaftler (Vermeer et al. 1992)85 eindeutige Zusammenhänge zwi- schen der Versorgung mit Vitamin K und dem Auftreten von Osteoporose nachgewiesen: Je höher die Aufnahme von Vitamin K, desto seltener trat eine Osteoporose auf bzw. desto höher war die Knochenmineraldichte.

Patientinnen mit Hüftfrakturen wiesen signifikant niedrigere Vitamin-K- Serumspiegel auf als gleichaltrige gesunde Frauen. Offensichtlich lag bei den Patientinnen ein Vitamin-K-Mangel vor.39 Auch spätere Studien (z. B. Kanai et al. 1997)46 bestätigten, dass das Vitamin den Knochenabbau reduziert und den Knochenaufbau fördert. Der Zusammenhang zwischen geringer Knochenmineraldichte und niedrigen Vitamin-K-Spiegeln war bei Frauen in der Postmenopause festgestellt worden (Tabelle 5).

Auch eine weitere Beobachtungsstudie beim Menschen unterstreicht den Zusammenhang zwischen der Zufuhr von Vitamin K und der Knochenmine- raldichte, wobei Frauen mit der höchsten Aufnahme (von 309 μg Vitamin K täglich) eine signifikant höhere Knochenmineraldichte in Oberschenkelhals und Wirbelkörpern aufwiesen als Frauen, die nur 70 μg täglich zuführten

Tabelle 5: Beziehungen zwischen verminderter Knochenmineraldichte und niedrigen Vitamin-K-Spiegeln46

Frauen in der Postmenopause (Durchschnittsalter 54 J.) Parameter (Mittelwerte) Normale Knochen -

mineraldichte (n=52) Verminderte Knochen- mineraldichte (n=19)

Knochenmineraldichte (g/cm2) 0,99 0,73

Vitamin-K-Spiegel (K1 + K2, ng/ml) 1,74 1,16

(30)

30 Besondere Bedeutung der Mikronährstoffe

(12, zitiert nach 73). Unter den Teilnehmerinnen der Nurses‘ Health Study wurde ein ca. 30 % erhöhtes Risiko für Hüftfrakturen bei einer Vitamin-K- Zufuhr unter 109 μg täglich beobachtet.27 Dementsprechend verringerte sich bei Frauen, die regelmäßig Vitamin-K-reiche Lebensmittel verzehrten, das Risiko für Osteoporose um ca. 50 %.27 In der Framingham Heart Study zeigte sich ein ähnlicher Trend. Hier war das Hüftfrakturrisiko in der Gruppe mit der höchsten Vitamin-K-Zufuhr um 35 % geringer als in der Gruppe mit der niedrigsten Aufnahme.11

Eine Arbeitsgruppe an der Universität York (England)20 führte eine Meta- analyse zu randomisierten, kontrollierten Studien durch, in denen die Effekte von Vitamin K analysiert wurden. Die Untersucher wählten nach strengen Kriterien 13 Studien aus, in denen Erwachsene mindestens 6 Monate lang Vitamin K oral aufgenommen hatten. Der Wirksamkeitsparameter war die Knochenmineraldichte bzw. in 7 Studien die Häufigkeit von Knochenbrüchen bei frakturgefährdeten Personen. Bei 12 der 13 Studien wirkte sich die Sup- plementierung von Vitamin K positiv auf die Knochenmineraldichte aus.20 Bei den 7 Studien mit Angaben zu Frakturen traten im Beobachtungs- zeitraum wesentlich seltener Knochenbrüche auf – Reduktion bei Wirbel- frakturen -60 %, bei Hüftfrakturen -77 % und bei allen peripheren (extra- vertebralen) Frakturen -81%. Demnach deuten die Ergebnisse der Meta - analyse darauf hin, dass Vitamin K den Verlust an Knochenmasse reduzieren und das Frakturrisiko gefährdeter Personen beträchtlich senken kann.20 Vitamin K und Vitamin D ergänzen sich in ihrer Funktion im Knochenstoff- wechsel. Dies ist unabhängig von der Vitamin-K-Form. So zeigte sich in einer Studie, dass sowohl die tägliche Supplementierung von Calcium (800 mg) und Vitamin D (10 µg) mit Vitamin K2 (100 µg) als auch mit Vitamin K1 (100 µg) den Knochenstoffwechsel wie z. B. die Knochendichte positiv beeinflussen kann.47

(31)

31 Besondere Bedeutung der Mikronährstoffe

Fluorid

Bei Fluorid handelt es sich um ein ubiquitär in der Natur verbreitetes Spuren- element, welches – nach Austausch von Hydroxidionen des Hydroxylapatits – als Fluorapatit in die Knochenmatrix eingelagert werden kann. Damit werden Widerstandsfähigkeit und Härte des Knochens gesteigert.

Außerdem ist Fluorid ein potenter Aktivator der Osteoblasten, indem es die Wirkung endogener Wachstumsfaktoren verstärkt: Die Knochenneubildung wird stimuliert, sodass diesem Spurenelement ein potenzieller Nutzen in der Primär- und Sekundärprävention der Osteoporose zukommt.

In einer frühen Beobachtungsstudie wurde ein Zusammenhang zwischen Fluorid und Osteoporoserisiko festgestellt.79

Rolle des Homocysteins und Effekte von B-Vitaminen (B6, B12, Folsäure) Bei der Verstoffwechselung der essenziellen Aminosäure Methionin entsteht (als Produkt des Intermediärstoffwechsels) Homocystein. Dies ist ein im Organismus unerwünschtes, weil schädliches Zwischenprodukt, das bei guter Versorgung mit den B-Vitaminen B6, B12 und Folsäure in der Niere rasch zu Cystein weiterverarbeitet und ausgeschieden wird.

In Verbindung mit einem Vitamin-B12-Mangel wurde 2009 (von einer Wissen schaftlerin am Brigham and Women’s Hospitel, Boston) die Hyper - ho mocysteinämie bei Frauen in der Postmenopause als Risikofaktor für vermehrte Hüftgelenksfrakturen erkannt.53 Offenbar führt die hohe Konzen- tration des Homocysteins zu einer starken Stimulation der Osteoklasten- aktivität, die Osteoblasten werden dagegen nur wenig angeregt.37 Eine größere epidemiologische Studie hinsichtlich des Zusammenhangs zwischen Homocysteinspiegel und Auftreten von Hüftgelenksfrakturen bei älteren Menschen wurde 2004 im New England Journal of Medicine ver-

(32)

32 Besondere Bedeutung der Mikronährstoffe

öffentlicht.58 Darin wurden insgesamt 825 Männer und 1.174 Frauen aus der Framingham-Kohorte untersucht, die zwischen 59 und 91 Jahre alt waren und deren Homocysteinwerte im Plasma vorlagen. Es kam im Verlauf der Nachbeobachtungsphase von rund 14 Jahren zu 41 Hüftgelenksfrakturen bei den Männern und 146 Frakturen bei den Frauen. Die Homocysteinkon- zentration erwies sich als bedeutender Risikofaktor für die Hüftgelenksfraktur bei älteren Menschen: Ansteigend mit den vier Quartilen des Homocystein- spiegels – vom Quartil mit den niedrigsten bis zu dem mit den höchsten Konzentrationen – traten 1,96, 3,24, 4,43 bzw. 8,14 Frakturen pro 1.000 Personenjahre auf. Bei den Männern war das Risiko im höchsten Quartil des Homocysteinspiegels vs. dem niedrigsten Quartil 4-mal so hoch, bei den Frauen 1,9-mal so hoch.58

Die Autoren von US-amerikanischen und japanischen Studien3,50,61 ermittel- ten, dass es sich beim Homocysteinwert um einen signifikanten Risikofaktor

Fleisch, Eier, Milch, Käse, Weißmehl, stark verarbeitete Lebensmittel

Vitamin B12, Folsäure

Vitamin B6

Abb. 9: Homocysteinstoffwechsel

Modifiziert nach 57

Methionin

Cystein Homocystein

Methyltransferase

Cystathion-β-Synthetase

(33)

33 Besondere Bedeutung der Mikronährstoffe

für den Schweregrad von Wirbelkörperfrakturen50 oder für das Risiko einer Osteoporose der Lendenwirbelsäule handelte.3 In der Studie von Morris (2005)61 erwiesen sich Homocystein und Vitamin B12 (hohes Homocystein, geringer Vitamin-B12-Status) als korreliert mit einer niedrigen Knochen- mineraldichte. Von Swart et al. wurde eine Interventionsstudie (die B-PROOF Study) durchgeführt.81 Insgesamt 2.919 Patienten im Alter von 65 Jahren und älter, die erhöhte Homoysteinspiegel (12–50 μmol/l) aufwiesen, erhielten täglich Vitamin B12 (500 μg), Folsäure (400 μg), Vitamin D3 (600 I.E.) bzw.

Placebo (inkl. 600 I.E. Vitamin D3). Nach 2-jähriger Behandlung mit Vitamin B12 und Folsäure vs. Plabebo zeigte sich in der Gesamtgruppe keine signi- fikant größere Wirkung auf die altersbedingte körperliche Leistung, die Griff- stärke und die Sturzneigung, aber es ergaben sich vorteilhafte Effekte auf den Gang sowie die körperliche Leistungsfähigkeit der Probanden im Alter über 80 Jahren.81 Laut den Empfehlungen der D-A-CH-Liga Homocystein72 sollten zur Homocysteinsenkung Supplemente mit Folsäure, Vitamin B12 und Vitamin B6 eingesetzt werden.

Sonstige Mikronährstoffe Vitamin C

Neben Osteocalcin, einem bedeutenden Peptidhormon im Knochen und in den Zähnen, ist Kollagen das wichtigste Protein der Knochenmatrix.

Vitamin C ist ein wichtiger Kofaktor für die Bildung von Kollagen. Eine höhere Aufnahme von Vitamin C wirkt sich daher bei Frauen in der Postmeno -pause günstig auf die Knochenmineraldichte und Osteoporose aus. Bei den Frau- en, die mindestens 500 mg Calcium pro Tag aufnahmen, führte eine höhere Vitamin-C-Aufnahme zu einer signifikanten Verbesserung der Knochenmine- raldichte.35 Die günstige Wirkung einer Vitamin-C-Supple mentierung zeigte sich jedoch, wie erwartet, erst bei einer längerfristigen Ein nahme.54 Eine niedrige Vitamin-C-Aufnahme verdreifachte das Risiko für Hüftfrakturen.

(34)

34 Besondere Bedeutung der Mikronährstoffe

Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass eine längerfristige Supple- mentierung von Vitamin C die Knochenmineraldichte erhöht und das Risiko für Hüftfrakturen und Osteoporose senkt unter der Voraussetzung, dass genügend Calcium vorhanden ist, um zusammen mit Kollagen die Knochen- matrix zu mineralisieren.59

Unter den zahlreichen Studien, die sich mit der Rolle des oxidativen Stresses im Zusammenhang mit Erkrankungen befassen, findet sich auch eine Ver- öffentlichung,71 in der über die Ergebnisse bei 95 Frauen in der Postmeno- pause berichtet wird. Bei den Frauen im Alter von 21 bis 65 Jahren, darunter Frauen, die eine postmenopausale Osteoporose hatten (n = 35), fanden die Untersucher im Vergleich zu Frauen im jüngeren Erwachsenenalter sowie solchen in der Postmenopause ohne Osteoporose, dass die Serumspiegel für die antioxidativen Enzyme Glutathionperoxidase und Katalase sowie der gesamtantioxidative Status bei den Osteoporosepatientinnen signifikant niedriger (p < 0,005) waren. So spielt der oxidative Stress möglicherweise in der Pathogenese der postmenopausalen Osteoporose eine Rolle.

Spurenelemente

Die Knochenmatrix ist ein komplexes mineralisiertes Gewebe, das auch organische Bestandteile, wie Kollagen und andere Proteine, enthält.

Die Spurenelemente Zink, Kupfer und Mangan sind für den Aufbau des organischen Teils der Knochenmatrix von wesentlicher Bedeutung.

Ein Mangel an diesen Spurenelementen wirkt sich negativ auf die Bildung und Stabilität der Knochenmatrix aus.

Zink und Kupfer. Tabelle 6 fasst die wichtigen Eigenschaften der beiden Spurenelemente zusammen.

(35)

35 Besondere Bedeutung der Mikronährstoffe

Tabelle 6: Bedeutung von Zink und Kupfer für den Knochenstoffwechsel79 Physiologie Effekte auf den Stoffwechsel Zink – Kofaktor verschiedener Enzyme

wie z. B. alkalische Phosphatase und Kollagenase, denen eine Be- deutung im Knochenstoffwechsel zukommt

– Tierexperimentell reduziert sich bei ausgeprägtem Zinkmangel der Zinkgehalt im Knochen – Die renalen Zinkverluste sind bei

Osteoporosepatienten erhöht, ohne dass die klinische Relevanz dieser Beobachtung bekannt ist Kupfer – Bestandteil des kupferhaltigen

Enzyms Lysyl-Oxidase, das an der Synthese von Typ-I-Kollagen und seiner Quervernetzung im Knochen beteiligt ist

– Tierexperimentell ist bei Kupfer- mangel die Knochenbildung beeinträchtigt

Eine entsprechende Supplementierung der genannten Spurenelemente kann möglicherweise die Knochenverluste auffangen. Eine Kombination von Zink, Mangan und Kupfer, ergänzt durch Calcium, wurde in einer Inter- ventionsstudie bei Frauen in der Postmenopause eingesetzt.75 Die Dosierun- gen waren: Calcium (als Citratmaltat, 1.000 mg), Zink 15 mg, Mangan 5 mg und Kupfer 2,5 mg. Die 59 gesunden älteren Frauen (Durchschnittsalter 66 Jahre) wurden in dieser placebokontrollierten Doppelblindstudie 2 Jahre lang behandelt. Die Veränderungen der Knochenmineraldichte im Bereich der Lendenwirbelsäule betrugen im Median -3,53 % ± 1,24 % (Placebo), -1,89 %

± 1,40 % (nur Spurenelemente, -1,25 ± 1,46 % (nur Calcium) und 1,48 %

± 1,40 % (Calcium plus Spurenelemente; s. Abb. 10). Signifikante Änderun- gen lagen im negativen Sinne bei Placebo vor und positive (Zuwachs der BMD) in der Gruppe mit der umfassenden Kombination (p = 0,0099).

(36)

36 Besondere Bedeutung der Mikronährstoffe

Die Ergebnisse zeigen, dass eine Supplementierung von Calcium, ergänzt durch weitere Spurenelemente, wie Zink, Kupfer und Mangan, den Knochen- abbau bei Frauen in der Postmenopause aufhalten kann.

Mangan. Das Spurenelement Mangan ist im Zusammenhang mit der Bildung von Proteoglykanen und auch für die Knochenbildung von Be- deutung, denn die dazu benötigten Glycosyltransferasen und Xylosyl- transferasen reagieren in Tiermodellen sensibel auf die Manganaufnahme bzw. den Manganstatus. Ein Mangel an Mangan beeinträchtigt bei ver- schiedenen Spezies die normale Skelettentwicklung.

Abb. 10: Effekte von Calcium und ausgewählten Spurenelementen auf die Knochenmineraldichte

n = 59 *p = 0,0099

Effekte einer Supplementierung von Calcium und Spurenelementen (Zink, Mangan, Kupfer) auf die Knochenmineraldichte.

Modifiziert nach 75

Knochenmineraldichte (Δ%) 2

1 0 -1 -2 -3 -4

*

Placebo Spuren-

elemente Calcium +

Spurenelemente Calcium

(37)

37 Besondere Bedeutung der Mikronährstoffe

Einzelne Fälle von Manganmangel bei Menschen zeigten, dass es in dieser Situation zur Einschränkung von Wachstum und Knochenentwicklung kommt. Aufgrund der vorliegenden Evidenz formulierte die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) 2009 eine entsprechende

„gesundheitsbezogene Angabe“, nach der Mangan zur Aufrechterhaltung normaler Knochen beiträgt.26

(38)

38 Besondere Bedeutung der Mikronährstoffe

Exkurs: Knochenmarködem

Ein mögliches interessantes Anwendungsgebiet, das Knochenmarködem, ergab sich nach einer neueren Fallstudie64 für eine spezielle Mikronähr- stoffkombination.a Beim Knochenmarködem, einem erstmals 1998 be- schriebenen Krankheitsbild, liegt eine krankhafte Veränderung durch vermehrte Flüssigkeitsansammlung im Knochen vor. Den verschiedenen Formen der Erkrankung, zu denen als Sonderform auch das „komplexe regionale Schmerzsyndrom“ (CRPS) – früher: Morbus Sudeck – gehört, ist eine ischämische Komponente gemeinsam.

Diagnose und Verlaufskontrolle des Knochenmarködems erfolgt mittels MRT, und erst mit dem allgemeinen Einsatz dieser Bildgebungstechnik konnte die Erkrankung näher definiert und diagnostiziert werden.

Die retrospektive Untersuchung umfasste insgesamt 115 Patienten, davon 68 Männer, im Alter von durchschnittlich 46 (9 bis 77) Jahren.

Folgendes Therapieschema wurde angewandt.

strikte Vermeidung von Überlastungen, keine belastende sportliche Tätigkeit; abschwellende Maßnahmen, Schmerztherapie;

geführte Bewegungen, Theraband;

Supplementierung der Mikronährstoffkombination;

vor Wiederaufnahme sportspezifischer Tätigkeiten Ausgleich von Muskel- minderungen, Kraft-, Ausdauer- und Koordinationsdefiziten.

a. mit Calcium, Vitamin D3, Vitamin C, B6, B12, Folsäure, K, Zink, Kupfer, Mangan, Fluorid, Kaliumcitrat (entspr. 30 mEq neutralisierende basische Potenz)

(39)

39 Besondere Bedeutung der Mikronährstoffe

Rationale der Mikronährstofftherapie:

Calcium + Vitamin D3 als zentrale Substanzen fur den Knochenstoffwechsel;

Vitamin C und B6: Beteiligung an der Quervernetzung der Typ-I-Kollagen - fasern im Knochen;

Vitamin K: Verminderung der Knochenverluste und Forderung des Knochenaufbaus.

Wichtige Knochenproteine (Matrix-Gla-Protein und Osteocalcin) sind von einer ausreichenden Vitamin-K-Versorgung abhangig;

Kaliumcitrat (neutralisierende basische Potenz): möglicherweise bedeut- sam wegen des durch Osteoklasten erzeugten, umschriebenen sauren Milieus bei Knochenmarködem.

Von 115 Patienten wurden 77 nachuntersucht, 69 gaben nach einem Vierteljahr eine Beschwerdebesserung bis Beschwerdefreiheit an. Bei 17 Patienten trat Beschwerdefreiheit erst nach 6 Monaten ein. Dabei ging die Rückbildung des MRT-Befunds des Knochenmarködems mit der klinischen Besserung einher.

a. MRT-Bild zu Beginn der Mikronährstoff- therapie, Osteonekrose im medialen Femurcondylus nach Renovierungs- arbeiten;

b. MRT-Kontrolle nach rund 4 Monaten Behandlung, rückläufiger Befund, keine Osteonekrosen

Abb. 11: MRT-Bilder eines 60-jährigen Patienten

a b

Bilder freundlicherweise überlassen von Dr. Hans-Joachim Patzak, Bad Nauheim

(40)

40 Literaturverzeichnis

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Referenzen

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