Charisma Capuno
Entwicklungschancen und Risiken von Kindern in der Auflösungsphase der Ehe- bzw. Partnerbeziehung aus
sozialwissenschaftlicher Sicht
Diplomarbeit
Geisteswissenschaft
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Charisma Capuno
Entwicklungschancen und Risiken von Kindern in der Auflösungsphase der Ehe- bzw. Partnerbeziehung aus sozialwissenschaftlicher Sicht
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Studiengang
Diplom Sozialwissenschaften
Diplomarbeit
Entwicklungschancen und Risiken von Kindern in der Auf- lösungsphase der Ehe- bzw. Partnerbeziehung aus sozial-
wissenschaftlicher Sicht
Vorgelegt von: Charisma Capuno
Oldenburg, den 28. Juli 2008
I Inhaltsverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis---II
Abbildungsverzeichnis---III
Tabellenverzeichnis ---IV
1. Einleitung --- 8
1.1 Problembeschreibung: Die elterliche Trennung bzw. Scheidung – Bruch oder Fortbestand des Familiensystems? --- 9
1.2 Aufbau und Ziel der Untersuchung --- 11
2. Die Trennungs- und Scheidungsentwicklung in Deutschland ---- 13
2.1 Partnergemeinschaften und ihre Auflösung im Wandel der Zeit - 15
2.2 Exkurs: Das Scheidungsrecht im Wandel --- 18 2.2.1 Vom Schuldprinzip zum Zerrüttungsprinzip--- 18 2.2.2 Die elterliche Sorge--- 19
2.3 Daten und Fakten zur Trennungs- bzw. Scheidungsentwicklung-22
2.4 Ursachen für den Scheidungsanstieg bzw. für das Trennungsrisi-
ko nichtehelicher Lebensgemeinschaften--- 28
2.4.1 Der Prozess der Modernisierung --- 30
2.4.2 Das veränderte Rollenverständnis der Frau --- 32
2.4.3 Soziodemographische Einflüsse --- 34
2.4.4 Rechtliche Rahmenbedingungen--- 38
2.4.5 Die Scheidungsspirale --- 40
2.5 Theoretische Erklärungsansätze zur Instabilität von Partner- schaft bzw. Ehe --- 42
2.5.1 Der rollentheoretische Erklärungsansatz--- 42
2.5.2 Der austausch- und entscheidungstheoretische Erklä- rungsansatz --- 45
2.5.3 Der mikroökonomische Erklärungsansatz --- 46
2.5.4 Die Theorie der Frame Selection--- 48
2.5.5 Die intergenerationale Scheidungstransmission --- 49
3. Die elterliche Trennung bzw. Scheidung als kritisches Lebenser- eignis --- 51
3.1 Die Situation der Kinder im Trennungs- bzw. Scheidungs- prozess--- 53
3.1.1 Die Vortrennungsphase--- 55
3.1.2 Die Trennungsphase --- 56
3.1.3 Die Scheidungsphase --- 58
3.1.4 Die Nachtrennungs- bzw. Nachscheidungsphase --- 60
3.2 Die Auswirkungen von Trennung und Scheidung auf die Kinder --- 62
3.2.1 Kindliche Reaktionsmuster auf die elterliche Trennung bzw. Scheidung --- 63
3.2.1.1 Reaktionen der Kinder als Folgevariable des familialen Settings--- 64
3.2.1.2 Geschlechtsspezifische Reaktionen der Kinder --- 66
3.2.1.3 Altersspezifische Reaktionen der Kinder --- 68
3.2.1.3.1 Kinder im Kleinkindalter --- 68
3.2.1.3.2 Kinder im Vorschulalter --- 69
3.2.1.3.3 Kinder im Schulalter--- 70
3.2.1.3.4 Heranwachsende --- 71
3.2.1.4 Weitere Einflussfaktoren auf die kindlichen Re- aktionen --- 72
3.2.2 Die Langzeitfolgen: Das Trennungs- bzw. Scheidungskind als Erwachsener --- 74
3.2.2.1 Psychische Erkrankungen--- 75
3.2.2.2 Die Delinquenz--- 77
3.2.2.3 Die Gestaltung von Partnerschaften --- 78
3.2.2.4 Intergenerative Transmission trennungs- bzw. scheidungsspezifischer Reaktionen --- 80
3.3 Die kindliche Neudefinition der Familiensituation nach der elterli- chen Trennung bzw. Scheidung --- 81
3.3.1 Die kindliche Übergangssituation in die binukleare Familie --- 82
3.3.2 Die Ein-Eltern-Familie als neuer Familienstatus aus der Perspektive des Kindes --- 83
3.3.3 Die Stieffamilie: Eine weitere Herausforderung für das Kind --- 86
3.4 Die elterliche Trennung bzw. Scheidung – Trauma oder Chance? --- 90
3.5 Exkurs: Triple P – Ein Präventivprogramm zur Steigerung der Elternkompetenzen --- 94
4. Kinder in der Trennungs- bzw. Scheidungsberatung --- 97
4.1 Schwerpunkte der Trennungs- und Scheidungsberatung mit Kindern--- 99
4.1.1 Beratung vor der Trennung--- 99
4.1.2 Beratung während der Trennung --- 101
4.1.3 Beratung während der Scheidung --- 103
4.1.4 Beratung nach der Trennung bzw. Scheidung--- 105
4.2 Familienmediation --- 106
4.3 Die Grenzen der Beratung und Mediation --- 108
5. Fazit --- 110
Literaturverzeichnis und Quellenangaben---V
II
Abkürzungsverzeichnis
a.a.O. am angeführten / angegebenen Ort
Abs. Absatz
Art. Artikel
AWO Arbeiterwohlfahrt
BAFM Bundes-Arbeitsgemeinschaft für Familien-Mediation e.V.
BGB Bürgerliches Gesetzbuch
BMFSFJ Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend bzw. beziehungsweise
ca. zirka
d.h. das heißt
e.V. eingetragener Verein
f. / ff. folgende / fortfolgende (Seite) FAZ Frankfurter Allgemeine Zeitung
GG Grundgesetz
Hrsg. Herausgeber
i.e.S. im engeren Sinne
ILSO Integrierte Lehre Soziologie JWG Jugendwohlfahrtsgesetz
Kap. Kapitel
KAS Konrad Adenauer Stiftung KJHG Kinder- und Jugendhilfegesetz
LSVD Lesben- und Schwulenverband in Deutschland o.J. ohne Jahresangabe
o.S. ohne Seitenangabe
PAS Parental Alienation Syndrome
s. siehe
S. Seite
SPFH Sozialpädagogische Familienhilfe
u.a. unter anderem
u.a.m. und anderes mehr usw. und so weiter u.v.m. und vieles mehr
vgl. vergleiche
z.B. zum Beispiel
III Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1: Anteil der Ehescheidungen an allen Eheauflösungen in
Deutschland 1950 - 2005 --- 23
Abbildung 2: Eheschließungen und Ehescheidungen 1990 - 2006 --- 25
Abbildung 3: Ehedauerspezifische Scheidungsziffern 2006 --- 26
Abbildung 4: Ehescheidungen und Ehescheidungen mit minderjährigen Kindern (in Tausend) --- 52
IV Tabellenverzeichnis
Tabelle 1: Durchschnittliches Erstheiratsalter nach Jahren --- 42
Tabelle 2: Ehescheidungen insgesamt und Zahl der von Scheidung betroffenen Kinder 1996 - 2000--- 52
Tabelle 3: Erzieherische Hilfen in Deutschland 1991 und 2006--- 98
8 1. Einleitung
In Deutschland wird inzwischen mehr als jede dritte Ehe von einem Scheidungsrich- ter beendet. Die dramatische Entwicklung der Scheidungsrate ist sowohl in den Me- dien als auch in wissenschaftlichen Veröffentlichungen ein immer wiederkehrendes Thema. Einerseits zeigt ein Perspektivenwechsel ein scheinbar ernüchterndes Bild:
Die meisten Ehen (etwa zwei Drittel) werden nicht geschieden! Andererseits lässt sich daraus nicht ableiten, dass diese Ehen bestehen bleiben, da verheiratete Paare nicht selten getrennte Wege gehen, ohne sich jemals gerichtlich scheiden zu lassen.
In etwa der Hälfte der Scheidungsfälle sind minderjährige Kinder betroffen. Hinzu kommen die Kinder, deren verheiratete Eltern den Trennungsentschluss ohne Ehe- scheidung fassen und die Kinder, die im Rahmen einer nichtehelichen Lebensge- meinschaft die schmerzhafte Trennung der leiblichen Eltern erleben. All diese Kinder bleiben von „Scheidungsfolgen“ nicht unberührt. Darüber hinaus kann ein Kind durch die Gründung von Stieffamilien mehr als einmal den Verlust einer nahe stehenden Person durch Trennung oder Scheidung erfahren.
Im Rahmen meiner Abschlussarbeit für den Studiengang Diplom Sozialwissenschaf- ten setze ich mich mit dem Thema Entwicklungschancen und Risiken von Kindern in der Auflösungsphase der Ehe- bzw. Partnerbeziehung aus sozialwissenschaftlicher Sicht auseinander. Dazu dienen mir elementare Forschungsergebnisse insbesonde- re von NAVE-HERZ, FTHENAKIS und FIGDOR als Grundlage für die vorliegende Arbeit.
Ferner werden eigene empirische Erkenntnisse, die ich während einer zweijährigen Arbeit in der Beratungsstelle der Arbeiterwohlfahrt (AWO) für Kinder, Jugendliche und Eltern als Co-Beraterin mit verschiedenen Klientengruppen sammeln konnte, in die Untersuchung einfliesen. Schwerpunkte meiner Beratungsarbeit waren u.a. Er- ziehungsprobleme, AD(H)S1 betroffene Kinder, Haus- und Schulbesuche – aber vor allem Ehe- bzw. Paarberatungen von Eltern mit verhaltensauffälligen Kindern meist vor dem Hintergrund einer Trennung oder Scheidung. Aus diesem Grund orientierte sich mein Interesse bei der Themenauswahl stets an dieser Gruppe von Familien,
1 Aufmerksamkeits-Defizit-Syndrom (mit Hyperaktivität) ist eine neurologische Störung. Impulsives Verhalten und eine ausgeprägte Konzentrations- und Aufmerksamkeitsschwäche – manchmal verbun- den mit motorischer Unruhe (Hyperaktivität) – sind kennzeichnende Manifestationen der Störung.
9 deren Kinder aufgrund von Problemen in der horizontalen Familienebene2 als „Sym- ptomträger“ bzw. „Problemkinder“ der Beratungsstelle vorgestellt wurden. Dabei ha- ben die Eltern nur selten vermutet, selbst eine wesentliche Ursache der kindlichen Verhaltensauffälligkeit zu sein. Da die meisten Erstgespräche erst nach einer vollzo- genen Trennung stattfanden, entstand bei mir das Interesse, die Situation der Kinder im gesamten Trennungs- und Scheidungsprozess genauer zu analysieren. Daher wird in der vorliegenden Arbeit ausschließlich die Kindperspektive in den Vorder- grund gerückt, ohne damit die Situation der Erwachsenen verharmlosen zu wollen.
1.1 Problembeschreibung: Die elterliche Trennung bzw. Scheidung – Bruch oder Fortbestand des Familiensystems?
Die Beratungspraxis hat deutlich gezeigt: Je jünger ein Kind ist, umso weniger kann es die elterliche Trennung nachvollziehen und umso mehr leidet es. Um zu verste- hen, warum ein Kind derart von Konflikten betroffen sein kann, die sich im Grunde ausschließlich auf der Erwachsenenebene abspielen, bedarf die Familie einer ge- naueren Betrachtung.
Nach NAVE-HERZ definiert sich Familie3 wie folgt: Sie ist eine Lebensform, die aus zwei Generationen besteht und von einer Reproduktions- und Sozialisationsfunktion geprägt ist. Ferner beinhaltet die Familie ein besonderes Kooperations- und Solidari- tätsverhältnis, das sich aus ihrer spezifischen Rollenstruktur ergibt: Nur die Familie besitzt Rollenbezeichnungen wie Mutter, Vater, Sohn, Schwester usw. mit genau de- finierten Verhaltenserwartungen, Pflichten und Aufgaben (vgl. Nave-Herz 2002, S.15). Aus den Rollendefinitionen ergibt sich ein konstantes und relativ stabiles Be- ziehungsnetz (Struktur), das eine Familie zu einem System macht (vgl. a.a.O., S.11).
Ein Familienmitglied steht folglich mit jedem anderen Systemangehörigen in Zu- sammenhang, beeinflusst die Interaktion der jeweiligen Subsysteme und erfüllt eine bestimmte Funktion. Löst sich die Partnerschaft der Eltern durch Trennung oder Scheidung auf, verändert sich damit nicht nur die Erwachsenenebene, sondern die gesamte Familienstruktur: Das Mutter- und Vater-Kind-Subsystem erfährt Verände- rungen in den Interaktions- und Kommunikationsstrukturen, was mit einer veränder- ten Sozialisation des Kindes verbunden ist. Der Trennungsentschluss bezieht sich
2 In der gesamten Untersuchung wird sich die Bezeichnung horizontale Familienebene ausschließlich auf das Eltern-Subsystem eines Familiensystems beziehen, d.h. das Geschwister-Subsystem wird in diesem Fall (aufgrund der Thematik) ausgeschlossen. Dagegen bezeichnet die vertikale Familienebene das Eltern-, Mutter- oder Vater-Kind-Subsystem.
3 Aufgrund der Themenstellung wird hier von einer Kernfamilie, d.h. Eltern-/ Mutter- bzw. Vater- Kind-Einheit ausgegangen und nicht von einer Mehr-Generationen-Familie, die (Ur-)Großeltern mit einbeziehen würde (vgl. Nave-Herz 2002, S.15f.).