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Staatsmedizin und ärztliche Selbstverwaltung Ein gesundheitspolitischer Jahresrückblick

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Bayerisches Ärzteblatt 12/2014

675 Leitartikel

Staatsmedizin und ärztliche Selbstverwaltung

Ein gesundheitspolitischer Jahresrückblick

Noch im Herbst kam der Entwurf des GKV-Versorgungsstärkungsgesetzes (GKV-VSG) auf den Tisch, der jedoch kei- ne großen Überraschungen mehr enthielt, handelte es sich hier doch mehr oder we- niger um ein korrektes Abarbeiten der im Koalitionsvertrag vereinbarten Regelun- gen. Bereits bei der ersten Betrachtung bekommt man den Eindruck, dass es sich hier eher um ein G-BA-Stärkungs- gesetz handelt, wandern doch immer mehr Aufgaben weg von der gemeinsamen Selbstverwaltung hin zum Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA) als eine Art Gesundheitsoberbehörde. Lassen Sie mich nur einige wenige Punkte herausgreifen.

Staatsmedizin

Es sollen Terminservicestellen eingerichtet werden, um die Wartezeit von gesetzlich Versicherten auf Facharzttermine zu ver- kürzen. Gleichzeitig sollen Vertragsarzt- sitze von der Kassenärztlichen Vereinigung aufgekauft werden, die nach Bedarfspla- nungskennzahlen (nach Vorgaben des G-BA) in angeblich überversorgten Ge- bieten liegen – ein Paradoxon per se. Des Weiteren sollen Krankenhäuser für die am- bulante Versorgung geöffnet werden. Fest steht: Gelingt dem Gesetzgeber die Ein- führung dieser Triade, ist ein ordnungspo- litischer Meilenstein hin zur Staatsmedizin gelegt. Ansprechen möchte ich auch den Innovationsfonds in Höhe von 300 Millio- nen Euro jährlich, der sowohl Versorgungs- forschung als auch innovative, sektorüber- greifende Projekte fördern soll. Bei den möglichen Antragstellern für diese Projekte wurde nur ganz geflissentlich, wie leider häufig, die Ärztekammer vergessen.

Richten wir unser Augenmerk auf die Bund-Länder-Arbeitsgruppe zur Kranken- hausreform. Hier befinden sich die Teilneh- mer zurzeit auf Tauchstation. Streitpunkt dürfte wohl die Ausgestaltung und Wei- terentwicklung der dualen Finanzierung des stationären Bereichs bezüglich der Abdeckung der Investitionskosten sein.

Es wird gerade diskutiert, inwieweit die Länder hierfür abschließend aufzukom- men haben oder ob der Bund sich daran zu beteiligen hat. Nur wer zahlt, schafft an.

Das heißt, bei der Krankenhausbedarfs- planung ist mit noch mehr staatlicher Ein- flussnahme zu rechnen. Der zweite Punkt ist die Finanzierung der Betriebskosten, wobei mittlerweile die hundertprozentige Abdeckung durch Fallpauschalen dem realen Bedarf nicht gerecht wird. Häuser der Grund- und Regelversorgung müssen Sicherstellungs- und Vorhaltekosten er- stattet bekommen. Häuser der Maximal- versorgung die Abdeckung der Kosten für die Versorgung besonders schwerer Fälle.

Dies fällt natürlich unseren Gesundheits- politikern schwer, wurde doch bewusst durch Einführung der DRG-Pauschalen die Ökonomie in die Häuser getragen.

Was dies für die Krankenhausversorgung bedeutet, wurde in den vergangenen Mo- naten auch in Bayern evident, denken wir nur an Augsburg und Bayreuth.

Als letztes Beispiel für die Bevormun- dung von uns Ärztinnen und Ärzten, aber auch der Bürgerinnen und Bürger durch den Staat ist die Diskussion über die Ta- rifeinheit statt Erhalt der im Grundgesetz verankerten Koalitionsfreiheit. Hier sehen wir einen fundamentalen Angriff auf die freie gewerkschaftliche Betätigung der Ar- beitnehmer, wie sie in Artikel 9 Absatz 3 des Grundgesetzes garantiert ist. Den 150.000 angestellten Ärztinnen und Ärz- ten in 2.000 Krankenhäusern soll das grundgesetzlich verbürgte Recht genom- men werden, unabhängig und eigenstän- dig über Gehälter sowie Arbeitsbedingun- gen mit den Arbeitgebern zu verhandeln und notfalls zu streiken.

Ärztliche Selbstverwaltung

Soviel zu den Eingriffen der Politik in die Autonomie von uns Ärztinnen und Ärzten, die natürlich auch an die Grundfeste der ärztlichen Selbstverwaltung gehen. Hier stellt sich natürlich die Frage, hat die ärzt- liche Selbstverwaltung überhaupt noch eine Chance, lohnt es sich, sich hier zu engagieren? Eine Frage, die sich gera- de unsere junge Ärztegeneration immer mehr stellt. Doch liebe Kolleginnen und Kollegen, Resignation an dieser Stelle wä- re das falsche Zeichen zu einer falschen Zeit an einem falschen Ort. Im Gegenteil,

gerade jetzt müssen wir auf allen Ebenen versuchen, Einfluss auf die Gesundheits- versorgung zu nehmen. Wir als Ärztinnen und Ärzte müssen die Herausforderung annehmen, in einer sich veränderten Ge- sellschaft die Sicherung der medizinischen Versorgung zu gewährleisten. Aus diesem Grund hat auch der Vorstand der Bayeri- schen Landesärztekammer (BLÄK) bei der letzten Novellierung des Heilberufe- Kammergesetzes 2013 für den Erhalt der Dreigliedrigkeit unserer Selbstverwaltung mit Ärztlichen Kreisverbänden, Ärztlichen Bezirksverbänden und der Landesärz- tekammer gekämpft. Wenn wir uns die Chance erhalten wollen, die Qualität in der ärztlichen Versorgung unserer Patien- tinnen und Patienten selbst zu bestimmen und nicht noch mehr fremdbestimmt zu werden, müssen wir unsere Selbstverwal- tung erhalten. Diese ist kein Selbstzweck, sondern letztendlich ein wesentliches Kennzeichen des freien Berufes. Aber Selbstverwaltung lebt vom Engagement und der Solidarität aller Ärztinnen und al- ler Ärzte. Hier sind wir alle gefordert, denn wer nicht verwaltet werden will, muss sich selbst verwalten. Deshalb appelliere ich an Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen, sich verstärkt für eine ehrenamtliche Tätigkeit in der Selbstverwaltung zu entscheiden.

Mit diesem Gedanken, liebe Kolleginnen und Kollegen, wünsche ich Ihnen und Ihren Familien zum Jahresausklang ein friedliches und harmonisches Weihnachts- fest und ein glückliches, erfolgreiches und gesundes neues Jahr 2015.

Autor

Dr. Max Kaplan, Präsident der BLÄK

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