• Keine Ergebnisse gefunden

Osteoporose

N/A
N/A
Protected

Academic year: 2022

Aktie "Osteoporose"

Copied!
9
0
0

Wird geladen.... (Jetzt Volltext ansehen)

Volltext

(1)

FORTBILDUNG OSTEOPOROSE

34 DIE PTA IN DER APOTHEKE | April 2012 | www.pta-aktuell.de

(2)

Löchrig

wie ein Schwamm

© AntiMartina / w

Wenn die Knochen an Substanz

und Masse verlieren, treten häufig

Brüche auf. Durch eine Reizung

der Knochenhaut sind außerdem

extreme Schmerzen möglich. u

(3)

D

ie Osteoporose (osteo = Knochen, porose = offen) ist eine Skeletterkran- kung, bei der ein Verlust an Knochenmasse gemeinsam mit einer Verschlechterung der Mi- kroarchitektur und dadurch ab- nehmender Knochenfestigkeit zum Stabilitätsverlust des Kno- chens führen. Die Folge ist eine erhöhte Frakturneigung. Dies äußert sich meist in spontanen Wirbelkörperbrüchen sowie in peripheren Frakturen, wie bei- spielsweise Brüchen des Ober- schenkels, des Oberschenkelhal- ses oder des Handgelenks. Die peripheren Brüche kommen in

den meisten Fällen durch einen Sturz zustande. Da der Prozess des Knochenabbaus schleichend verläuft, sind es oftmals erst die- se Brüche, durch die eine Osteo- porose bemerkt wird.

Keine seltene Erkrankung Osteoporose zählt zu den zehn häufigsten Erkrankungen in Deutschland. Man geht davon aus, dass hier zu Lande etwa acht Millionen Menschen be- troffen sind. Grundsätzlich un- terscheidet man zwischen pri-

mären oder idiopathischen und sekundären Osteoporoseformen.

Die primäre Osteoporose lässt sich nicht auf eine be- stimmte Ursache zurückführen, man kann sie jedoch nach Le- bensabschnitten einteilen. Die juvenile Osteoporose oder früherwachsene Form der Osteoporose tritt schon vor Erreichen des 50. Lebensjahres auf und kommt nur sehr selten vor. Wesentlich häufiger ist die postmenopausal bedingte oder Typ-I-Osteoporose, die durch den verminderten Estro- genspiegel nach den Wechsel- jahren ausgelöst wird. Rund 80 Prozent aller Fälle können hier

eingeordnet werden. Von der Alters- oder Typ-II-Osteopo- rose, die jenseits des 70. Lebens- jahres auftritt, sind Männer und Frauen in gleichem Maße be- troffen. Man geht davon aus, dass etwa die Hälfte aller Men- schen über 70 Jahre mehr oder weniger stark ausgeprägt an die- ser Form leiden. Die Gefahr Os- teoporose-assoziierter Knochen- brüche nimmt dabei mit stei- gendem Alter exponenziell zu, was nicht nur am zunehmenden Abbau der Knochendichte, son-

dern auch an nachlassender Muskelkraft und Koordinati- onsfähigkeit und damit an einer erhöhten Sturzgefahr liegt – ein wichtiges Thema, wenn es um die Prophylaxe von Knochen- brüchen geht. Die sekundäre Osteoporosetritt stets in Zu- sammenhang mit einer anderen Grunderkrankung auf. Dies kön- nen Diabetes mellitus, aber auch Hormonstörungen von Schild- drüse, Nebenschilddrüse oder Nebennierenrinde sein. Manch- mal löst auch die Einnahme be- stimmter Medikamente eine sekundäre Osteoporose aus.

Man kennt dies von Glukokor- tikoiden als Dauertherapie.

Eine entscheidende Vorausset- zung dafür, ob und wie eine Os- teoporose behandelt werden muss, ist die Einteilung in die präklinische und die mani- feste Osteoporose. Die Dif- ferenzierung hängt vor allem davon ab, ob bereits Folgen der Osteoporose, wie Knochenbrü- che, zu finden sind. Wird die Er- krankung nur aufgrund einer erniedrigten Knochendichte di- agnostiziert, handelt es sich um eine präklinische Osteoporose.

Ob sie behandlungsbedürftig ist

oder nicht, hängt wiederum von der Knochenabbaurate ab, die in einer Laboruntersuchung oder durch eine in einer bestimmten Zeit nachfolgende Kontrollmes- sung ermittelt werden kann.

KnochenSie dienen dem me- chanischen Halt des Körpers und zählen damit zu den Stütz- geweben. Gleichzeitig sind Kno- chen auch ein wichtiger Kalzi- umspeicher. Etwa 99 Prozent des im Körper gespeicherten Kalziums befinden sich im Kno- chen. Die Oberfläche des Kno- chens, die Rindenschicht oder Substantia corticalis, auch ver- einfacht nur Kortikalis genannt, ist hart und kompakt. Innen, in der Substantia spongiosa oder Spongiosa, befindet sich ein schwammartiges Gerüstwerk feiner Knochenbälkchen. Dieses Geflecht besteht aus horizontal und vertikal verlaufenden Strän- gen, die die Bewegungen und die davon ausgehenden Kräfte auffangen. Ändert sich die Be- lastung, kann die Mikroarchi- tektur der Knochenbälkchen um- gebaut werden. Knochen sind in einer Art Leichtbauweise aufge- baut. Der Zug und Druck wirkt an der Oberfläche am stärksten.

So kann man innerhalb des Knochens Material und Ge- wicht sparen. Außen und an be- sonders beanspruchten Stellen finden sich sehr viele Knochen- bälkchen, während das Innere des Knochenschafts fast kno- chenbälkchenfrei ist. Dieser Raum wird stattdessen von Knochenmark ausgefüllt. We- gen ihres Aufbaus sind Knochen relativ leicht und trotzdem stark belastbar. Zudem besitzen sie eine gewisse Elastizität, die dafür sorgt, dass sie nicht so schnell brechen. Außen liegt dem Knochen eine dünne Bin- degewebsschicht auf. Dies ist die Knochenhaut oder das Periost.

Sie dient hauptsächlich dem Schutz und der Ernährung des

36 DIE PTA IN DER APOTHEKE | April 2012 | www.pta-aktuell.de

FORTBILDUNG OSTEOPOROSE

T-WERT & PEAK BONE MASS

Da die verschiedenen Messmethoden zur Bestimmung der Knochen- dichte nicht miteinander vergleichbar sind, sollten mit Ausnahme der QCT und der pQCT keine absoluten Dichten angegeben werden. Be- stimmt wird stattdessen der T-Wert oder T-Score, eine dimensionslose Größe, die die Abweichung vom Normalen angibt. Nach der Definition der WHO liegt eine Osteoporose vor, wenn der T-Wert mindestens 2,5 Standardabweichungen unter dem Durchschnitt der geschlechtsglei- chen 30-Jährigen liegt. In diesem Alter hat die Knochendichte ihren Maximalwert erreicht, die Peak bone mass. Ein T-Wert von bis zu – 1 gilt als normal. Von Osteoporose spricht man ab – 2,5.

(4)

schmerzempfindlich ist. Vom Periost geht die Heilung nach einem Bruch aus. Außerdem dient es dem Ansatz von Sehnen und Bändern.

Der Knochen lebtKnochen ist kein lebloses Material. Sein Grundgerüst, die Knochenma- trix, enthält organische und an- organische Substanzen. Die or- ganischen Stoffe, wie Kollagen, machen etwa ein Drittel der Kno- chenmatrix aus. Die restlichen zwei Drittel sind Mineralien.

Gesunder Knochen wird stän- dig umgebaut, damit er sich ver- änderten Bedingungen optimal anpassen kann. Der Auf- und Abbau der Knochenmatrix wird dabei von drei Arten von Zellen übernommen: Osteoblasten, Os- teozyten und Osteoklasten. Die beiden ersten sind für den Kno- chenaufbau, letztere für den Knochenabbau zuständig. Ver- sorgt wird der Knochen durch Gefäße, die bei der Knochenbil- dung und beim -wachstum qua- si ummauert werden. Diese Ge- fäße sprossen aus dem Periost ein. Die Osteoblasten, die ebenfalls aus der Knochenhaut stammen, synthetisieren die In- terzellular- oder Matrixsubstanz, das Osteoid, und mauern sich damit quasi ein. Schon kurz da- nach beginnt die sezernierte Ma- trix zu verknöchern, indem Hy- droxylapatitkristalle, Ca5(PO4)3 (OH) oder 3 Ca3(PO4)2· Ca(OH)2, eingebaut werden. Man findet die Osteoblasten im ganzen Knochen auf der Oberfläche der Knochenbälkchen. Zunächst haben sie ein kubisches bis pris- matisches Aussehen. Je weiter die Syntheseleistung abnimmt, desto flacher werden sie. Osteo- blasten stehen mit ihren Nach- barzellen über kleine, dünne

von Matrixsubstanz umgeben sind, bezeichnet man als Os- teozyten. Ein Teil der Osteo- blasten bleibt allerdings ober- flächennah erhalten, um weiter Knochensubstanz aufzubauen.

Osteozyten haben eine eher ab- geflachte Form und auch der Syntheseapparat ist nicht mehr sehr gut ausgebildet. Das deutet darauf hin, dass die Synthese- leistung im Vergleich zu den Osteoblasten stark abgenom- men hat. Trotzdem sind sie zur Erhaltung des Knochens essen- ziell. Entfernt man sie, wird der Knochen sofort von Osteoklas- ten abgebaut. Osteoklasten sind sehr große Zellen, die gro- ße Mengen Enzyme enthalten.

Damit lösen sie Knochensubs- tanz an und phagozytieren sie anschließend. Im Inneren der Osteoklasten werden die Kno- chenbestandteile abgebaut und die Reste an die Blutgefäße ab- gegeben. So entstehen Löcher im Knochen, in die nun wieder Osteoblasten einwandern und neue Knochenmatrix aufbauen.

Der Knochen ist also kein star- res Gebilde, es besteht ein Gleich- gewicht zwischen Aufbau und Abbau der Knochensubstanz.

Außen um die Knochenbälk- chen herum befindet sich eine Zone, in der der Knochenauf- bau gegenüber dem -abbau durch die Osteoklasten über- wiegt, während er sich im Inne- ren des neu entstehenden Kno- chens eher die Waage hält. Da- durch entsteht außen die kom- pakte äußere Schicht, die Subs- tantia compacta.

Knochenbruch Ein Knochen bricht, sobald er über Gebühr unphysiologisch belastet wird.

Das ist der Nachteil der Leicht- bauweise: Zug- und Druck-

u

(5)

u

kräften, die stark von den normalen Spannungsverhältnis- sen abweichen, kann der Kno- chen nicht standhalten, weil die ganze Struktur auf den Normal- zustand eingerichtet ist. Bei ei- nem Bruch werden sowohl In- terzellularsubstanz als auch Os- teozyten zerstört. Außerdem blutet es stark, da die den Kno- chen ernährenden Blutgefäße in der Regel ebenfalls in Mitlei- denschaft gezogen werden. Um die Fraktur zu heilen, müssen

also sowohl die Blutgefäße rege- neriert als auch neue Knochen- substanz gebildet werden. Dazu wachsen Mesenchymzellen, die Vorläufer der Osteoblasten, zu- sammen mit neuen Blutgefäßen in die Bruchstelle ein. Sie bilden zunächst Knorpel, der im Laufe der Heilung, wenn sich die Me- senchymzellen zu Osteoblasten differenziert haben, zu Knochen umgebaut wird. Im Bruchgebiet

ist die Matrixsynthese grund- sätzlich stärker als es zur reinen Regeneration notwendig wäre.

Das überschüssige Gewebe be- zeichnet man als Kallus. Ist der Bruch verheilt und der Knochen wird wieder normal belastet, so wird der neu gebildete Knochen an die Spannungsverhältnisse angepasst. Bei einem optimal verheilten Bruch entspricht da- her der Aufbau nach einiger Zeit wieder dem Zustand vor dem Unfall.

Hormone steuern den Kno- chenstoffwechselEs sind ver- schiedene Hormone, die in den Knochenauf- und -abbau ein- greifen. Kalzitonin, das in der Schilddrüse gebildet wird, hemmt die Aktivität der Osteo- klasten und begünstigt die Auf- nahme von Kalzium in den Knochen. Es fördert also den Knochenaufbau. Das Parat- hormonaus den Nebenschild-

drüsen ist sein Gegenspieler. Es aktiviert die Osteoklastentätig- keit und damit den Knochenab- bau. Dabei spielt der Kalzium- spiegel im Blut eine entschei- dende Rolle. Er muss stets in- nerhalb enger Grenzen konstant gehalten werden. Ein Absinken führt zur Ausschüttung von Pa- rathormon. Die Osteoklasten werden aktiviert, sie lösen Kal- zium aus dem Knochen und geben es ins Blut ab. Gleichzei- tig wird auch die Resorption

von Kalzium aus dem Darm durch das Parathormon geför- dert sowie die Ausscheidung über die Niere gehemmt. Vita- min D ist ebenfalls über den Kalziumhaushalt am Knochen- stoffwechsel beteiligt. Auch Vi- tamin D fördert die Kalzium- aufnahme aus dem Darm, gleichzeitig aber auch den Ein- bau von Kalzium in den Kno- chen. Es ist also wie Kalzitonin,

nur über einen anderen Mecha- nismus, für den Knochenaufbau verantwortlich. Ein Mangel an Vitamin D führt zu einem Ab- sinken des Kalziumspiegels im Blut und damit über das Parat- hormon zu einer verstärkten Osteoklastentätigkeit. Auch die Sexualhormone beeinflussen den Knochenstoffwechsel. Es- trogen stimuliert die Osteoblas- ten und bremst die Osteoklas- ten. Bei Frauen nach den Wechseljahren ist durch den sinkenden Estrogenspiegel das Gleichgewicht gestört und das Osteoporoserisiko dementspre- chend erhöht. Dabei wirken sich besonders die ersten fünf bis zehn Jahre nach der Menopause aus. Ob sich daraus tatsächlich eine Osteoporose entwickelt, hängt auch von genetischen Faktoren ab und davon, ob die Frau präventive Maßnahmen zu Verhinderung der Osteoporose ergriffen hat.

Es muss nicht immer ein Sturz seinDie Osteoporose ist im fortgeschrittenen Stadium meist mit zum Teil starken Schmerzen verbunden, beson- ders häufig sind Rückenschmer- zen durch Wirbelkörperfrak- turen. Osteoporotisch verän- derte Wirbel brechen oftmals auch ohne dass die Betroffenen gestürzt sind. Man spricht von Sinterungsfrakturen, bei denen die Wirbelkörper langsam zu- sammenfallen. Wegen ihrer Schmerzlosigkeit bleiben sie zu- nächst unentdeckt. Das Risiko für weitere Frakturen ist jedoch dramatisch erhöht. Ein Größen- verlust von mehr als vier Zenti- metern innerhalb eines Jahres kann ein Hinweis für Wirbel- körperbrüche sein. Durch die im Laufe der Zeit veränderte Statik der Wirbelsäule, wie bei- spielsweise den „Witwenbuckel”, kommt es dann zu chronischen oder rezidivierenden Schmer- zen. Manchmal sind es auch

38 DIE PTA IN DER APOTHEKE | April 2012 | www.pta-aktuell.de

© Judy Allan / www.iStockphoto.com

Bewegung bereits in jungen Jahren hilft, der Osteoporose vorzubeugen.

FORTBILDUNG OSTEOPOROSE

(6)

Frakturen werden dagegen meist durch einen Sturz ausge- löst. Bei einer großen Zahl von Osteoporosepatienten sinkt im Laufe der Erkrankung die Le- bensqualität. Denn zusätzlich zum Schmerz nimmt bei vielen das Selbstwertgefühl durch die Verformungen der Wirbelsäule ab. Nicht wenige Betroffen zie- hen sich deswegen von Alltags- aktivitäten zurück. So geraten sie in einen Teufelskreis, denn wer sich weniger bewegt, dessen Muskelkraft und Knochenmasse nehmen weiter ab und auch das Frakturrisiko steigt. Motivieren Sie betroffene Kunden, sich zwar sicher, aber ausreichend zu bewegen und aktiv zu bleiben.

DiagnoseBei einem Verdacht auf Osteoporose wird die Kno- chenmineraldichte bestimmt.

Dafür stehen verschiedene Ver- fahren zur Verfügung. Die Mes- sung mittels Ultraschall an der Ferse oder am Fingerknochen, die Osteosonografie, die von einigen Apotheken durchge- führt wird, ist im Grunde keine echte Knochendichtemessung.

Sie hat nur eine geringe Aussa- gefähigkeit und dient lediglich zur groben Einschätzung des Knochenbruchrisikos. Die Me- thode der ersten Wahl, die auch von der Weltgesundheitsorgani- sation WHO und der Deutschen Gesellschaft für Osteologie an- erkannt wird, ist das DXA-Ver- fahren (Doppelröntgenabsorp- tiometrie). Dabei wird mithilfe einer speziellen Röntgentechnik eine sehr geringe Strahlung durch den Körper geschickt, um den Mineralgehalt der Knochen zu bestimmen. Dieser Knochen- mineralgehalt steht in direkter Beziehung zur Knochenfestig- keit. Gemessen wird an der Wir-

lich. Andere technische Verfah- ren sind möglich, haben jedoch deutliche Nachteile. So kann man mit einer herkömmlichen Röntgenuntersuchung erst eine Abnahme des Knochenmi- neralgehalts von mehr als 30 Prozent erfassen. Daher eignet sie sich nicht zur Früherken- nung, jedoch zur Aufdeckung von Wirbelkörperfrakturen. Die quantitative Computertomo- grafie an der Lendenwirbel- säule (QCT) ist mit einer relativ hohen Strahlenbelastung ver- bunden und daher nicht emp- fehlenswert. Ebenso ist die pe- riphere quantitative Com- putertomografie am Unter- arm (pQCT) umstritten, da Rückschlüsse auf die Knochen- dichte an der Wirbelsäule oder am Oberschenkelhals nicht möglich sind.

Auch eine körperliche Untersu- chung gehört zur Diagnose- sicherung und vor allem zur Aufdeckung des Sturzrisikos.

Um die Motorik, die für den Alltag benötigt wird zu testen, eignet sich zum Beispiel der Timed-up-and-go-Test. Dabei wird die Zeit gemessen, die der Patient braucht, um von einem Stuhl aufzustehen, drei Meter zu laufen, sich umzudrehen, zu- rück zu laufen und sich wieder hinzusetzen. Der Functional- Reach-Test untersucht, wie weit sich der Patient mit nach vorne gestreckten Armen vorbeugen kann, ohne die die Füße zu be- wegen oder das Gleichgewicht zu verlieren.

Präventive MaßnahmenMan unterscheidet bei der Osteopo- rose zwischen Primär-, Sekun- där- und Tertiärprävention. Ers- tere soll die Entstehung einer Osteoporose verhindern.

u

(7)

u

Bei der Sekundärprävention geht es um die frühzeitige Diag- nostik und Therapie einer be- reits bestehenden Osteoporose.

So soll das Auftreten osteoporo- tischer Frakturen vermieden und die Progression des Kno- chenabbaus aufgehalten werden.

Ziel der Tertiärprävention ist es, bei bereits erfolgtem Knochen- bruch weitere osteoporotische Frakturen und Spätkomplikatio- nen zu verhindern und auch hier das Fortschreiten der Os- teoporose zu verhindern. Mit der Primärprävention sollte schon in der Kindheit durch ausreichend Bewegung und eine ausgewogene Ernährung begon- nen werden. Der Lebensstil wirkt sich lebenslang auf die Knochenstruktur aus und ist damit von entscheidender Be- deutung zur Vermeidung einer Osteoporose. Auch Sport trägt wesentlich dazu bei, die Kno-

chenmasse aufzubauen. Da sich Knochen der mechanischen Be- anspruchung anpassen, wirkt sich körperliche Aktivität im- mer positiv auf die Knochen- dichte aus. Die Anpassung an steigende Belastung ist auch noch im Alter möglich. Darüber hinaus sollte auf das Gewicht geachtet werden. In Bezug auf

die Osteoporose wirkt sich Un- tergewicht negativer aus als Übergewicht. Je geringer die Schwerkraft ist, die auf die Kno- chen wirkt, umso weniger stabil müssen die Knochen sein, und wie gesagt, sie passen sich den Bedingungen an. Dazu kommt, das Untergewichtige häufig nicht optimal mit allen Nähr- stoffen versorgt sind. Bei der Er- nährung ist generell besonders auf eine ausreichende Kalzium- zufuhr zu achten. Die Leitlinie des DVO (Dachverband Osteo- logie e. V.) zur Prophylaxe, Di- agnose und Therapie der Osteo- porose im Erwachsenenalter

empfiehlt als Basismaßnahme zur Osteoporose- und Fraktur- prophylaxe eine tägliche Kalzi- umzufuhr von 1000 Milli- gramm. Große Mengen Kalzi- um sind in Milch und Milch- produkten, grünem Gemüse, Hülsenfrüchten und verschiede- nen Mineralwässern enthalten.

Wenn die nahrungsbedingte

Aufnahme nicht ausreicht, kann Kalzium individuell supplemen- tiert werden. Dabei sollte die Gesamtzufuhr eine Menge von 1500 Milligramm nicht über- schreiten. Zu bedenken ist auch, dass bestimmte Menschen einen erhöhten Kalziumbedarf haben.

Dazu zählen Hochleistungs- sportler, Schwangere, Frauen nach den Wechseljahren, Vege- tarier und Veganer, Säuglinge und Kleinkinder. Für die Ver- wertung von Kalzium ist Vita- min D3notwendig, daher reicht es nicht, genügend Kalzium auf- zunehmen. Auch auf eine aus- reichende Versorgung mit die-

sem Vitamin ist zu achten. Viel Vitamin D3enthalten beispiels- weise Fisch, Eier und Butter. Vi- tamin D3kann jedoch nur be- grenzt über die Nahrung aufge- nommen werden. Zum Teil wird es unter Sonneneinwirkung in der Haut gebildet. Ein regelmä- ßiger Aufenthalt bei Tageslicht im Freien ist daher wichtig. Der

DVO empfiehlt täglich eine min- destens 30-minütige Sonnen- lichtexposition von Armen und Gesicht. Gerade in den Winter- monaten kann es jedoch leicht zu einem Mangel kommen, so- dass sich auch das Osteoporose- risiko erhöht. Dies zeigt sich vor allem bei älteren, weniger mobi- len Menschen. Ihnen wird in der DVO-Leitlinie zu einer Sup- plementierung mit 800 bis 2000 I.E. Vitamin D3 täglich oder einer adäquaten Dosis mehr- wöchentlich empfohlen.

BasistherapieDie Grundlage jeder Osteoporosebehandlung ist neben Schmerzmitteln, so- fern sie benötigt werden, und möglichen nichtmedikamentö- sen Maßnahmen, wie einer Sturzprophylaxe, die ausrei- chende Zufuhr von Kalzium und Vitamin D. Ob Medika- mente verordnet werden müs- sen, die in den Knochenmeta- bolismus eingreifen, hängt vom Frakturrisiko ab. Die DVO-Leit- linie empfiehlt als Therapie- schwelle ein 30-prozentiges Ri- siko, in den nächsten zehn Jah- ren einen Bruch von Ober- schenkel oder Wirbelkörper zu erleiden. Dies kann im Rahmen der Untersuchung errechnet werden. Üblicherweise werden als Basistherapie 1000 bis 1500 Milligramm Kalzium und 800 bis 2000 I.E. Vitamin D3emp- fohlen. Der Nutzen der Basis- therapie ist heute unbestritten.

Gerade bei alten Menschen kann das Frakturrisiko so signi- fikant gesenkt werden. Sinnvoll sind Kombinationspräparate.

Sie wirken sich positiv auf die Compliance aus.

40 DIE PTA IN DER APOTHEKE | April 2012 | www.pta-aktuell.de

FORTBILDUNG OSTEOPOROSE

RISIKOGRUPPEN

+ Ältere Menschen (Frauen ab 50, Männer ab 60)

+ Menschen mit unausgewogener Ernährung (Mangel an Kalzium, z. B. durch geringen Verzehr von Milchprodukten)

+ Untergewichtige (BMI < 20)

+ Familien, in denen Knochenbrüche ohne adäquate Unfälle auftreten + Familien, in denen Osteoporose häufig auftritt

+ Frauen, bei denen die Wechseljahre vor dem 45. Lebensjahr eingesetzt haben + Frauen, bei denen frühzeitig die Eierstöcke entfernt wurden

+ Raucher und Menschen mit hohem Alkoholkonsum

+ Patienten, die über längere Zeit kortisonhaltige Medikamente eingenommen haben + Patienten, die an Morbus Crohn oder Colitis Ulcerosa leiden

»Osteoporose zählt zu den

zehn häufigsten Erkrankungen

in Deutschland.«

(8)

tiresorptiva. Der Name sagt aus, dass sie die osteoklastenbe- dingte Auflösung und Aufnah- me von Knochen in die Blut- bahn, also die Resorption von Knochenmasse, verhindern. Ne- ben den rückläufigen Estroge- nen und Kalzitoninen werden vor allem die Bisphosphonate verordnet. Führend ist hier Alendronat, das einmal wö- chentlich in einer Dosierung von 70 Milligramm oral genom- men wird. Weitere Bisphospho- nate sind Risedronat, Ibandro- nat und Zoledronat. Sie hem- men alle die Aktivität der Os- teoklasten und senken das Frakturrisiko um etwa 50 Pro- zent. Problematisch sind mögli- che gastrointestinale Nebenwir- kungen, wie Völlegefühl, Re- fluxsymptome und Dyspepsie, die vor allem bei falscher An- wendung der Medikamente auf- treten. Eine wenn auch seltene, dennoch gefürchtete Komplika- tion sind Osteonekrosen im Kiefer, das sind örtlich be- grenzte abgestorbene Regionen im Knochen. Bisphosphonate werden am besten morgens et- wa 30 Minuten vor der ersten Mahlzeit mit etwas Wasser ein- genommen. Nach der Einnah- me sollte man sich aufrecht hal- ten, um eine rasche Passage in den Magen zu ermöglichen.

Ebenfalls zu den Antiresorptiva zählt der Estrogenrezeptoranta- gonist Raloxifen. Er wirkt an den Estrogenrezeptoren der Knochen und bewirkt eine Zu- nahme der Knochendichte.

Nachteilig ist allerdings die un- günstige Wirkung auf klimakte- rische und urogenitale Sympto- me sowie eine Erhöhung des Thromboserisikos. Im Juni 2010 wurde Denosumabals huma- ner monoklonaler Antikörper

teoklasten, vermindert dadurch die Knochenresorption und er- höht die -dichte. Die Wirkung konnte bei postmenopausalen Frauen und bei Männern unter Antiandrogentherapie gezeigt werden. Denosumab wird alle sechs Monate subkutan gespritzt und erhöht die Knochendichte stärker als Alendronat. Mögli- che Nebenwirkungen sind In- fektionen der Harnwege und oberen Atemwege sowie Obsti- pation und Hautausschläge.

Strontiumranelatzeigt einen dualen Wirkmechanismus. Ne- ben einer antiresorptiven Wir- kung sind auch knochenaufbau- ende Effekte beschrieben. Das Risiko einer Fraktur kann da- durch um circa 40 bis 50 Pro- zent gesenkt werden. Als Ne- benwirkungen treten in seltenen Fällen Übelkeit und Durchfall auf. Bei Patientinnen mit erhöh- tem Risiko für thromboemboli- sche Erkrankungen darf Stron- tiumranelat nur mit besonderer Vorsicht angewandt werden.

Weitere Osteoporosemittel Ist die Osteoporose durch einen Estrogenmangel bedingt, so kann ihr auch mit einer Hor- monersatztherapiebegegnet werden. Allerdings ist das er- höhte Risiko für Brustkrebs und Thromboembolien zu beachten.

Eine Hormonsubstitution sollte daher kritisch hinterfragt wer- den. Nutzen und Risiko müssen individuell gegeneinander ab- wogen werden. Kalzitonin hemmt die Aktivität der Osteo- klasten und damit den Knochen- abbau und kann daher auch in der Osteoporosetherapie einge- setzt werden. Die Wirkung ist jedoch geringer als die der Bis- phosphonate. Der Vorteil liegt in einer gleichzeitigen anal-

u

(9)

u

getischen Wirkung. Damit ist es vor allem für Patienten mit schmerzhaften Wirbeleinbrü- chen geeignet sowie für solche, die keine Bisphosphonate ver- tragen. Das Parathormonanalo- gon Teriparatidhat eine deut- lich den Knochenaufbau stimu- lierende, osteoanabole Potenz.

Bei einmal täglicher subkutaner Injektion stimuliert es die Proli- feration und Differenzierung der Osteoblasten. Die Knochen- substanz vermehrt sich und auch die Mikrostrukturen wer- den wieder hergestellt. In einer

randomisierten Doppelblindstu- die konnte gezeigt werden, dass die Häufigkeit mittelschwerer und schwerer Wirbelkörper- frakturen um 90 Prozent ab- nahm. Teriparatid gehört jedoch wegen seines hohen Preises und der strengen Indikationsstellung nicht zu den häufig verordneten Arzneimitteln.

Nichtmedikamentöse The- rapie und Sturzprophylaxe Eine nichtmedikamentöse Be- handlungsoption ist die Umstel- lung auf eine kalziumreiche und phosphatarme Ernährung. Auch die Bewegung gehört dazu.

Selbst bei akuten Wirbelkörper- frakturen ist eine schnelle Mo- bilisierung zur Vermeidung von Folgekomplikationen anzustre- ben. Dabei kann es nötig sein, die akuten Schmerzen mit Anal- getika zu behandeln. Da der Knochen sich der Belastung an- passt, wirkt sich Krafttraining,

natürlich im Rahmen des Mög- lichen, positiv aus. Wichtig ist eine statische Belastung des Knochens. Bewegungsformen ohne Knochenbelastung, wie beispielsweise Schwimmen, sind zwar allgemein gut, bringen den Knochen jedoch nichts. Neben der eigentlichen Behandlung der Krankheit spielt die Sturz-

prophylaxe eine wichtige Rolle, um die gefürchteten Knochen- und Wirbelbrüche zu verhin- dern. Dazu sollten zunächst ein- mal Stolperfallen im eigenen Zuhause gesucht und abgebaut werden. Auch waghalsige Aktio- nen, wie auf eine Leiter zu stei- gen, sollten vermieden werden.

Gehhilfen, Rollatoren und Hal- tegriffe im Bad können die Sturzgefahr und die -angst re- duzieren. Zur Sturzprophylaxe ist auch wieder gezieltes Mus- keltraining sinnvoll, denn ge- stärkte Muskeln und eine gute

Koordination helfen dabei, Stürze zu vermeiden oder sich beim Fallen richtig abzufangen.

Last but not least sind auch re- gelmäßige Sehtests sinnvoll, denn schwächer werdende Augen oder eine unpassende Brille bergen ebenfalls eine Sturzgefahr. Selbst der Einsatz von sedierend oder auf den

Kreislauf wirkenden Medika- menten muss überprüft werden.

Ein Wort zur Compliance Der Nutzen der spezifischen Osteoporosemedikation ist in Studien belegt. Dennoch könnte die Versorgung besser sein. In Deutschland wird nur jede vierte Frau und jeder achte Mann mit Osteoporose über- haupt behandelt. Bei älteren Menschen ist der Anteil der the- rapierten Patienten sogar noch geringer, obwohl gerade im Al- ter die meisten Knochenbrüche passieren. Neben der ungenü- genden Versorgungsrate ist vor allem die Compliance, also die Therapietreue, ein Problem. Ei- ne retrospektive Analyse von etwa 4000 Frauen, die Bisphos- phonate verordnet bekamen, zeigte, dass nach einem Jahr nur noch 30 Prozent die Therapie befolgten, obwohl die Einnahme nur einmal wöchentlich oder sogar nur einmal monatlich notwendig war. Bei Medika- menten, die täglich eingenom- men werden mussten, waren nur noch sieben Prozent com- pliant. Arzneimittel, wie Deno- sumab, die nur einmal in einem halben Jahr appliziert werden müssen, könnten hier einen Compliancevorteil bieten. Auf der anderen Seite zeigt dies auch, welch wichtige Rolle Sie als PTA übernehmen können.

Ermutigen Sie Ihre Osteoporo- sepatienten, die Einnahme fort- zusetzen, auch wenn sie nicht sofort Linderung verspüren. Er- innern Sie sie auch daran, dass sie zusätzlich die Basistherapie mit Kalzium und Vitamin D fortsetzen müssen.

p

Sabine Bender, Apothekerin / Redaktion

42 DIE PTA IN DER APOTHEKE | April 2012 | www.pta-aktuell.de

FORTBILDUNG OSTEOPOROSE

© piccerella / www.iStockphoto.com

Hartkäsesorten wie Parmesan enthalten viel Kalzium.

Referenzen

ÄHNLICHE DOKUMENTE

Pa- tienten müssen stärker Präventionsmaß- nahmen, wie calciumreiche Ernährung und Bewegung im Freien bei Sonnen- schein ergreifen, Ärzte und Co-Thera- peuten

Abwesenheit von Magnesium fiihrt Fluorid zu ei- ner Erniedrigung des Quotienten, wiihrend es bei gleichzeitiger Gabe von Magnesium und Fluorid zu einer geringen

Auch Erwachsene sollten Alkohol verantwortungsvoll konsumieren. Als Faustregel gilt, dass ein gesunder erwachsener Mann täglich zwei Standardgläser Alkohol trinken kann, ohne

Osteoporose ist eine Erkrankung der Knochen: Da sich die Knochen- masse immer stärker zurückbildet, können Sie Ihre Knochen nicht mehr so belasten wie früher – Ihr Skelett

malerweise wird zunächst eine neoadjuvante Polychemotherapie durchgeführt, um den Tumor zu verkleinern und Metastasen zu

Seine Wirkung kommt vielmehr daher, dass es den Abbau der körpereigenen Endocannabinoide hemmt.. Mit der Einnahme von CBD kann also die Wirkung der körpereigenen Substanzen

Forschergruppe aus Neuseeland ergaben, dass Laktoferrin die Aktivität der Osteo- klasten nicht verändert, allerdings das Wachstum dieser Zellen verringern kann, wodurch

Daneben könnten aber auch indirekte Einträge (z.B. via Dusche, Kläranlage) eine Rolle spielen, da UV-Filter Sonnenschutzmitteln beim Baden nicht vollständig abgewaschen werden und