Deutsches Ärzteblatt
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Jg. 110|
Heft 42|
18. Oktober 2013 A 1981 OSTEOLOGIEAntiresorptivum ohne störenden Einfluss auf die Knochenformation
Für die spezifische Osteoporosetherapie soll neben den bisherigen Antiresorptiva bald auch ein Cathepsin-K-Inhibitor zur Verfügung stehen. Sein Vorteil:
Er stört nicht die Signalgebung, welche die Knochenformation fördert.
P
atienten mit Osteoporose pro- fitieren in der Regel von ei- ner Therapie mit einem Antiresorp- tivum, etwa einem Bisphosphonat, das ist unumstritten. Auch das viel diskutierte Risiko von Kiefer-Os- teonekrosen oder atypischen Fe- murfrakturen ändert laut einer aktu- ellen Übersichtsarbeit nichts an de- ren günstigem Nutzen-Risiko-Ver- hältnis: „Beide Ereignisse treten sehr selten auf“, betonte Prof. Dr.med. Markus Gaubitz, Münster.
Daher sei eine Therapiepause auch nach fünf Jahren Bisphosphonat- therapie nicht immer angezeigt: Pa- tienten mit hohem Frakturrisiko (T-Score < –2,5, vorbestehenden Hüft- oder Wirbelfrakturen oder fortgesetzter hochdosierter Gluko- kortikoidbehandlung), sollten wei- ter therapiert werden (1).
Hemmung der Endoprotease als alternative Option
Eher wenig beachtet wird bisher ein anderer, regelmäßig auftretender Nachteil der Bisphosphonate: „Sie inhibieren nicht nur die Knochen abbauende Wirkung der Osteoklas- ten, sondern auch andere Effekte wie die erwünschte Kommunikati- on mit den Osteoblasten“, gab Prof.
Dr. med. Lorenz Hofbauer, Dres- den, zu bedenken.
Als neue Alternative beschrieb er die Hemmung der Endoprotease Cathepsin K. Sie wird aus den Ly- sosomen der Osteoklasten in die Resorptionslakune abgegeben und baut im dort herrschenden sauren Milieu Kollagenfibrillen aus dem Knochengewebe ab. Damit eignet sich Cathepsin K als therapeuti- sches Ziel bei Patienten mit Osteo- porose. Ein spezifischer Inhibitor
von Cathepsin K ist Odanacatib: Es hemmt den Knochenabbau durch Cathepsin K, tötet aber die Osteo- klasten nicht ab und stört nicht ihre anderen Funktionen – etwa die Sig- nalgebung an die Osteoblasten, welche die Knochenneubildung för- dert (2).
Odanacatib befindet sich derzeit in klinischer Entwicklung; die Er- gebnisse einer Phase-III-Studie werden im Sommer 2013 erwartet.
Im Gegensatz zu einigen ähnlichen Substanzen, die getestet worden waren, ist Odanacatib hochspezi- fisch für das im Knochen vorkom- mende Isoenzym Cathepsin K.
Cathepsin-Isoenzyme, die in ande- ren Organsystemen gehäuft zu fin- den sind (Cathepsin B, L und S) werden praktisch nicht beeinträch- tigt (3, 4).
Prof. Dr. med. Michael Amling, Hamburg, berichtete über die po - sitiven Ergebnisse einer Dosis - findungsstudie mit Odanacatib ein- schließlich ihrer bis zum Jahr fünf dauernden Extensionsstudie. So war die Knochendichte an der Lendenwirbelsäule von Frauen, die fünf Jahre lang mit 50 mg Odana - catib (oral) einmal wöchentlich behandelt worden waren, um 11,9 Prozent gegenüber dem Aus- gangswert angestiegen. Bei Frauen, die nach nur zwei Jahren unter Oda- nacatib auf Placebo umgestellt wor- den waren, zeigte sich dagegen zu- letzt ein leichtes Absinken der Kno- chendichte um 0,4 Prozent unter den Ausgangswert. Ähnlich waren die Ergebnisse für Gesamthüfte, Schenkelhals und Trochanter.
Darüber hinaus präsentierte Am- ling die Ergebnisse einer soeben ver- öffentlichten randomisierten, dop-
pelblinden Studie (Dauer: über zwei Jahre), in welcher 214 Frauen mit niedriger Knochendichte untersucht wurden. Die Patientinnen wurden mit einer oralen Gabe von 50 mg Odanacatib einmal wöchentlich oder mit Placebo behandelt. Alle Frauen erhielten außerdem eine Basisthera- pie mit Vitamin D3 und Kalzium.
Knochendichte nimmt innerhalb eines Jahres zu
Primärer Studienendpunkt war die Änderung der (räumlichen) Kno- chendichte an der Lendenwirbel- säule nach einem Jahr. Sie war bei den mit Odanacatib behandelten Frauen schon nach dieser kurzen Zeit um 3,5 Prozent höher als bei den Frauen der mit Placebo behan- delten Kontrollgruppe. Dieser Un- terschied war statistisch signifikant (p < 0,001).Darüber hinaus war der Kno- chenabbaumarker C-terminales Kollagen-Typ-I-Telopeptid (CTX) nach sechs Monaten sowie nach 24 Monaten unter Odanacatib signifi- kant niedriger als unter Placebo (p < 0,001). Der Knochenaufbau- marker Prokollagen-Typ-I-N-termi- nales-Propeptid (PINP) dagegen sank nur initial etwas ab und lag nach zwei Jahren auf Placeboniveau (5). Dies untermauert die These, dass Odanacatib das für die Kno- chenformation wichtige Coupling der Osteoklasten und Osteoblasten nicht behindert – und somit nur den Knochenabbau, aber nicht den für Osteoporosepatienten notwendigen Knochenaufbau hemmt.
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Simone Reisdorf Symposium
„Osteoporosetherapie:
Hinter dem Horizont geht’s weiter!“ in Wei-
mar im Rahmen des Osteologiekongresses,
Veranstalter: MSD
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Literatur im Internet:www.aerzteblatt.de/lit4213
P H A R M A
LITERATURVERZEICHNIS HEFT 12/2013, ZU:
OSTEOLOGIE
Antiresorptivum ohne störenden Einfluss auf die Knochenformation
Für die spezifische Osteoporosetherapie soll neben den bisherigen Antiresorptiva bald auch ein Cathepsin-K-Inhibitor zur Verfügung stehen. Sein Vorteil:
Er stört nicht die Signalgebung, welche die Knochenformation fördert.
LITERATUR
1. McClung M, et al.: Bisphosphonate therapy for osteoporosis: benefits, risks, and drug holiday. The American journal of medicine 2013, 126, 13–20.
2. Khosla S: Odanacatib: location and timing are everything. Journal of Bone and Mineral Research 2012; 27: 506–8.
3. Rodan SB, Duong LT: Cathepsin K – A new molecular target for osteoporosis. BoneKEy 2008; 5: 16–24.
4. Gauthier JY, et al.: The discovery of odana- catib (MK-0822), a selective inhibitor of cathepsin K. Bioorganic & medicinal che- mistry letters 2008, 18, 923–8.
5. Brixen K, et al.: Bone density, turnover, and estimated strength in postmenopausal wo- men treated with odanacatib: A randomized trial. The Journal of clinical endocrinology and metabolism 2013, 98, 571–80.
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