Fakultät für Gesundheitswissenschaften
AG 1: Gesundheitssysteme, Gesundheitspolitik und Gesundheitssoziologie
Prof. Dr. Dr. Thomas Gerlinger
Universität Bielefeld
Herausforderungen der Pflegereform aus wissenschaftlicher Sicht
Wie weiter in der Pflege?
Themen
1. Finanzierung der Pflegeversicherung 2. Modernisierung des Leistungsrechts
(Pflegebedürftigkeitsbegriff)
3. Weiterentwicklung der Pflegeinfrastruktur und der Pflegeberatung
Demographie und Ausgabenentwicklung
● ökonomische Effekte steigender Beitragssätze werden überschätzt
● erhebliche Arbeitsplatzeffekte steigender Pflegeausgaben
● politische Herausforderung:
Prävention von Pflegebedürftigkeit
Auswirkungen der Kapitaldeckung
● erhöhte Belastung der wirtschaftlich aktiven Generation
● Gefahr einer besonderen Belastung von Geringverdienern
● weitere Entfernung von der paritätischen Finanzierung
● Mackenrothsches Gesetz (1952):
Sozialkosten müssen immer aus dem Volkseinkommen der laufenden Periode gedeckt werden
● auch mit Kapitaldeckung keine Loslösung von demographischen Risiken
● Risiken des Kapitalmarktes
Bürgerversicherung Pflege
● Einbeziehung der privaten Pflegeversicherung in einen solidarischen Finanzausgleich
● langfristige Einbeziehung aller Bürgerinnen in eine solidarische Bürgerversicherung Pflege
● Anhebung der Beitragsbemessungsgrenze (BBG) auf das Niveau der Gesetzlichen Rentenversicherung
● Einbeziehung anderer Einkunftsarten in die Beitragsbemessung
Pflegebedürftigkeitsbegriff
(1/3)● Kritik am geltenden Pflegebedürftigkeitsbegriff:
● Beschränkung auf Alltagsverrichtungen
● Vernachlässigung kognitiver und psychischer Beeinträchtigungen
● Fokus auf die Verwendung des Faktors Zeit
● keine angemessene Berücksichtigung von Kindern
● akuter Handlungsbedarf
● vielen Betroffenen werden notwendige Leistungen vorenthalten
● gleiche Bedarfe werden in der sozialen Pflegeversicherung ungleich behandelt
Pflegebedürftigkeitsbegriff
(2/3)● Gutachten des wiss. Beirats beim BMG
● Fokus: Selbständigkeit
● neues Begutachtungsassessment
● verbesserte Erfassung der Lebenslagen von Menschen mit kognitiven Einschränkungen
● valides Instrument zur pflegewissenschaftlichen Abbildung von Pflegebedürftigkeit
● unter realen Bedingungen erprobt und bewährt
Pflegebedürftigkeitsbegriff
(3/3)● Beiratsvorschläge als gute Grundlage für Handeln des Gesetzgebers
● problematische Entkoppelung von
Finanzierungsreform und Reform des Leistungsrechts
Defizite
● unbefriedigte Versorgungsbedarfe, z.B.
● Versorgung Demenzkranker
● Versorgung mit allgemeinen Betreuungsleistungen („niedrigschwellige Leistungen“)
● Versorgung in modernen Wohnformen für alte Menschen
● einseitige Orientierung des Pflegeangebots an abrechenbaren Leistungen
● Unübersichtlichkeit und unzureichende Koordinierung von Beratungsangeboten
Pflegestützpunkte
● Ziel: Schritt in Richtung auf gemeindenahe Pflege
● Verknüpfung von Care Management und Case Management
● Umsetzungsprobleme:
● regional unterschiedlich ausgeprägte Wohnortnähe
● unterschiedlich ausgeprägte Fähigkeit zur Koordinierung lokaler/regionaler Angebote
● Parallelstrukturen in der Pflegeberatung
● z.T. unzureichende Kooperation von Kassen und Sozialhilfeträgern
Pflegeinfrastruktur und Pflegeberatung
● Sicherung kommunaler Handlungsfähigkeit bei der Gewährleistung einer leistungsfähigen Infrastruktur
● Unterstützung für wohnortnahe Pflegestützpunkte
● Konkretisierung von Qualitätsanforderungen an Versorgungsmanagement und Pflegeberatung
Fakultät für Gesundheitswissenschaften
AG 1: Gesundheitssysteme, Gesundheitspolitik und Gesundheitssoziologie
Prof. Dr. Dr. Thomas Gerlinger
Universität Bielefeld
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!