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Körperliches Training bei chronischer Herzinsuffizienz

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Academic year: 2022

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Einem körperlichen Training bei chronisch herzinsuf- fizienten Patienten stehen auch heute noch viele Mediziner kritisch gegenüber. So ist doch gerade die Einschränkung der körperlichen Leis tungsfähigkeit ein Kardinalsymptom der chronischen Herzinsuffi- zienz (CHI) und die Angst gross, dass körperliche Be- las tung zu weiterer Verschlechterung und Progression des Krankheitsbildes führen könnte. Dennoch begann in den Neunzigerjahren ein grundlegender Para - digmenwechsel (1–3), wonach körperliche Schonung die Progression der CHI eher beschleunigt.

A N N E T T E B E N D I G, C H R I S TO P H H A R T M A N N U N D W I L H A R D KOT T M A N N

Zunächst werden Pathogenese, Klinik und klassische Therapie der CHI repetiert, bevor die spezifischen Wirkmechanismen des Trainings näher erläutert werden. Zudem wird das Poten- zial körperlichen Trainings anhand einer Fallbeschreibung ver- deutlicht.

Herzinsuffizienz

Die chronische Herzinsuffizienz (CHI) stellt ein medizinisches und sozioökonomisches Problem dar: Die weltweite Inzidenz beträgt zirka 0,5 bis 1,5 Prozent mit einer Vier-Jahres-Mortali- tätsrate von zirka 35 Prozent (4). Unter dem Begriff Herzinsuf- fizienz versteht man eine Funktionsstörung des Herzens, in deren Folge nicht genügend Blut durch die Körperperipherie gepumpt wird, um die Durchblutung aller Organe zu gewähr- leisten und damit ihren metabolischen Bedarf zu decken.

Pathogenese

Die Herzinsuffizienz ist kein eigenständiges Krankheitsbild, sondern vielmehr ein klinisches Syndrom, das verschiedene

Ursachen haben kann. Nicht alle Patienten haben schlecht kontrahierende Ventrikel und eine niedrige Ejektionsfraktion.

Viele haben unkorrigierte Klappenfehler oder eine abnorme Ventrikelfüllung. Die in Tabelle 1aufgeführten Ursachen resul- tieren letztlich in einer unzureichenden diastolischen und/

oder systolischen Myokardfunktion. Der Begriff systolische Funktionsstörung beschreibt eine verminderte Kontraktilität des Myokards, die diastolische Dysfunktion dagegen die ver- minderte Ventrikelfüllung in der Diastole. Beides führt dazu, dass das Herzzeitvolumen (HZV) unter Belas tung nicht aus- reichend gesteigert werden kann, um der Peripherie ein be- darfsangepasstes Blutflussvolumen zuzuleiten. Es kommt zu einer vorzeitigen Ermüdung.

Bei einer gestörten kardialen Pumpfunktion werden kompen- satorische Mechanismen aktiviert, die ihrerseits wieder zur Verschlechterung der Herzinsuffizienz beitragen können. Auf neuroendokriner Seite folgt eine Adaptation durch vermehrte Aktivierung des Sympathikus- und des Renin-Angiotensin- Aldoste ron-Systems (RAAS). Der Vagotonus nimmt ab. Die Folgen sind Tachykardie, Vasokonstriktion, Natrium- und Was- serretention sowie eine Erhöhung der Vor- und Nachlast. Kar- dialerseits spielt das Remodelling eine tragende Rolle, bei dem mechanische (Druck, Volumen), neurohumorale und vermut- lich auch genetische Faktoren die Ventrikelgrösse, -form und -funktion nachteilig verändern. Die häufigsten Mechanismen sind Hypertrophie, Myozytenverlust und vermehrte intersti- tielle Fibrose (6). Aber auch in den Arterien der Peripherie fin- det sich ein Endothelzell-vermitteltes Remodelling (7, 8) mit F O R T B I L D U N G

Körperliches Training bei chronischer Herzinsuffizienz

Ein wichtiger Baustein zur Verbesserung der Prognose und Symptomatik

Merksätze

Entgegen früheren Annahmen lässt sich die körperliche Belastbar- keit bei Patienten mit chronischer Herzinsuffizienz durch aerobes Ausdauertraining wesentlich steigern.

Regelmässiges, wohldosiertes körperliches Training führt bei die- sen Patienten nicht zu Schädigungen des Herzens, sondern es kann das schädliche Remodelling aufhalten.

Günstige Effekte auf Mortalität und Morbidität sowie die Reduktion

von Spitalaufenthalten wurden in Studien nachgewiesen.

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nachteiligen funktionellen und strukturellen Veränderungen der Gefässwand. Es entwickelt sich eine Endothelzelldysfunk- tion mit einer unter körperlicher Belas tung verminderten blut- flussabhängigen Vasodilatation. Die Unterversorgung hat zur Folge, dass sich die Belastbarkeit und die maximale muskuläre Sauerstoffaufnahme (VO2max) bei Patienten mit Herzinsuffi- zienz kontinuierlich verschlechtern (9). Die maximale Sauer- stoffaufnahme errechnet sich als Produkt aus Herzzeitvolu- men und arteriovenöser Sauerstoffdifferenz. Sie ist ein Mass für die kardiopulmonale Leistungsfähigkeit.

Schonung, Entlastung und körperliche Inaktivität führen zu weiterer Muskelatrophie. Die Leistungsfähigkeit der Muskula- tur nimmt ab, sodass der Anstrengungsgrad für die Aktivitäten des täglichen Lebens immer mehr zunimmt. Diese Reduktion der Belastbarkeit wird zum Beispiel in der Stadieneinteilung der Herzinsuffizienz der New York Heart Association (NYHA) beschrieben, die den Grad der Dyspnoe bei körperlicher Akti- vität angibt (Tabelle 2).

Diagnostik

Die Klinik der Herzinsuffizienz wird in der Frühphase und beim unbehandelten Patienten hauptsächlich von den durch den erhöhten linksventrikulären Füllungsdruck bedingten Rückstauerscheinungen bestimmt. Die Dys pnoe ist eines der

wichtigsten Symptome zur Beurteilung der kardiopulmonalen Leistungsbreite. Orthopnoe, Nachtruhe mit erhöhtem Oberkör - per oder paroxysmale nächtliche Dyspnoe sind wegweisend.

Eine Gewichtszunahme wird im Anfangsstadium oft verkannt, und regelmässige vergleichbare Gewichtskontrollen sind im ambulanten Bereich nicht immer zuverlässig durchzuführen;

sie wird aber mit peripheren und/oder zentralen Ödemen offensichtlich und ist ein guter Indikator für die notwendigen Therapiemassnahmen.

Die Diagnostik stützt sich neben einer gründlichen Anamnese auf Auffälligkeiten bei der Inspektion (periphere Zyanose, Ödeme usw.), Auskultation (Rasselgeräusche über den Lun- genfeldern, pathologische Herztöne usw.) und Palpation (ver- lagerter Herzspitzenstoss, Puls usw.). Labordiagnostisch kann die Bestimmung des Brain Natriuretic Peptide (BNP) bezie- hungsweise seiner Vorläufer (proBNP) zur Diskrimination zwi- schen kardialer und nicht kardialer Ursache hilfreich sein. Ap- parativ steht die echokardiografische Untersuchung im Vor- dergrund. Typische Befunde sind ventrikuläre und/oder atriale Dilatation, Myokardhypertrophie und Ventrikeldysfunktion.

Eventuell lassen sich segmentale Wandbewegungsstörungen oder Klappendysfunktionen nachweisen. Die linksventrikuläre Ejektionsfraktion (LVEF) lässt sich mithilfe der Echokardiogra- fie ebenfalls ausreichend genau abschätzen, wobei die objek- tiven Befunde oft nur gering mit den Beschwerden korrelieren:

Auch bei deutlich eingeschränkter LVEF kann der Patient noch weitestgehend symptomlos sein.

Therapie

Neben einer allfälligen Akuttherapie (Diuretika) sollte zu- nächst die Behandlung des Grundleidens (KHK, Klappenvitia usw.) im Vordergrund stehen.

Die aktuellen pharmakologischen Therapieansätze gehen davon aus, dass die körpereigenen Kompensationsmechanis- men wie die Steigerung des peripheren Widerstands über das wünschenswerte Mass hinausgehen und reduziert werden müssen. Die eigenen Kompensationsmechanismen führen durch die erhöhte Druck- und Volumenbelastung zu einer Schä- digung des Herzens. Daher zielt die Pharmakotherapie darauf ab, den Ventrikel zu entlas ten. An medikamentöser Therapie steht neben der Diuretikagabe der Einsatz von ACE-Hemmern, Betablockern und bei stark eingeschränkter linksventrikulärer Stadium Dyspnoe

NYHA I keine Beschwerden bei Alltags belastungen NYHA II leichte Beschwerden bei Alltagsbelastungen

NYHA III erhebliche Leistungsminderung bei Alltagsbelastungen NYHA IV Ruhedyspnoe

Tabelle 2:

Stadieneinteilung der Herz - insuffizienz nach der NYHA-Klassifikation

Direkte Myokardschädigung

— koronare Herzerkrankung (KHK)

— Myokarditis

— dilatative Kardiomyopathie (DCM)

Druckbelastung

— arterielle Hypertonie

— Aortenstenose

— Pulmonalstenose

— Aortenisthmusstenose

Herzrhythmusstörungen

— extreme Bradykardien

— anhaltende Tachykardien

— Vorhofflimmern

Volumenbelastung

— Aorteninsuffizienz

— Mitralinsuffizienz

— Vorhofseptumdefekt (ASD)

— Ventrikelseptumdefekt (VSD)

— persistierender Ductus arteriosus Botalli (PDA)

Linksventrikuläre Füllungsbehinderung

— Mitralstenose

— Pericarditis constrictiva

— restriktive Kardiomyopathie (RCM)

— hypertrophe Kardiomyopathie (HCM)

Tabelle 1:

Ursachen der Herzinsuffizienz (5)

(3)

F O R T B I L D U N G

Funktion (LVEF < 35%) das Spironolacton mit prognostisch güns tigem Verlauf zur Verfügung (RALES-Studie).

An invasiven Verfahren bietet sich für gewisse Patientengrup- pen (schwer eingeschränkte LVEF, Linksschenkelblock, dys- synchrones linksventrikuläres Kontraktionsverhalten) die kar- diale Resynchronisationstherapie (CRT) an. Dies ist ein Schritt- machersystem, das sowohl mit einer rechts- als auch einer linksventrikulären Sonde stimuliert und so zu einer Resyn- chronisation und besseren Effizienz der Herztätigkeit führen kann (10).

Körperliches Training bei Herzinsuffizienz

Entgegen früheren Annahmen führt gerade auch ein körper - liches Training durch die nachgängig beschriebenen Adapta - tionsmechanismen zur Senkung der Druck- und Volumen - belastung sowie der Herzfrequenz (11). Training führt also langfristig nicht zur Be-, sondern zur Entlastung.

Das vertiefte Verständnis der Mechanismen und Auswirkun- gen der Herzinsuffizienz hat nicht nur zu einem Umdenken in der Pharmakotherapie geführt. So gilt es heute als gesichert, dass die peripheren Veränderungen bei der CHI einen engen Zusammenhang mit der Einschränkung der körperlichen Leis- tungsfähigkeit haben. Mit dem Wissen, dass körperliches Trai- ning hauptsächlich eben diese Peripherie und weniger das

Herz selbst beeinflusst, hat sich auch die Einstellung der Me- diziner zu körperlicher Aktivität bei herzinsuffizienten Patien- ten geändert.

In etlichen Studien konnte gezeigt werden, dass ein leichtes körperliches Training bei stabiler chronischer Herzinsuffizienz zur Verbesserung der körperlichen Leistungsfähigkeit, der Le- bensqualität, aber auch zur Reduktion von Spitalaufenthalten und Mortalität beitragen kann (12).

Periphere Adaptation

Durch neurohumorale Umstellungen weisen herzinsuffiziente Patienten – bedingt durch vermehrte Vasokonstriktion und endo- theliale Dysfunktion – einen erniedrigten peripheren Blutfluss auf. Regelmässige körperliche Aktivität kann diese Dysfunk- tion und den peripheren Gefässwiderstand vermindern, um so einen verbesserten peripheren Blutfluss zu erreichen (13–15).

Um die Auswirkungen körperlichen Trainings auf die Periphe- rie zu untersuchen, bestimmten Hambrecht und Mitarbeiter den totalen peripheren Widerstand (TPR). Nach der Trainings- intervention fanden sie eine signifikante Reduktion des TPR sowohl in Ruhe als auch bei Belastung (16). In Mus kelbiopsien am M. vastus lateralis konnte zudem ein signifikanter Anstieg der Mitochondriendichte nachgewiesen werden. Ebenso stieg die lokale Sauerstoffextraktion in den peripheren Muskeln an.

■ 54-jähriger Patient

■ schwere dilatative Kardiomyopathie medikamentös-toxischer Genese (St. n. Chemotherapie bei Karzinom)

■ Implantation eines biventrikulären Schrittmachersystems im Januar 2006 (CRT)

■ schwere Dekompensation im August 2006 nach NSAR-Einnahme

■ Echo: schwer eingeschränkte linksventrikuläre Funktion (EF 17%) bei diffuser Hypokinesie

■ Spiroergometrie: max. Sauerstoffaufnahme (VO2max) 9,8 ml/min/kg, Maximalleistung 84 Watt (41% Sollkapazität) Aufgrund dieser Befunde wäre der Patient ein Kandidat für eine Herz- transplantation. Der Eintritt erfolgte in teilkompensiertem Zustand in die kardiologische Rehabilitation mit der Auflage, die medikamentöse Herzinsuffizienztherapie auszubauen.

Schwerpunkt im Rehabilitationsprogramm war die regelmässige kör- perliche Bewegung. Dieses bestand aus täglichem, individuell dosier- tem, EKG-überwachtem Ergometertraining, täglichen Spaziergängen beziehungsweise Wanderungen und Herz-Kreislauf-Gymnastik. Die Trainingsintensität wurde anhand der Borg-Skala mit einer als mässig schwer empfundenen Belastung (Borg 13) gesteuert.

Medikamentös erfolgte ein Ausbau der Betablockade in Kombination mit einem ACE-Hemmer, Spironolacton und Digoxin. Die diuretische Therapie mit hoch dosiertem Furosemid wurde mit einem Thiazid kom- biniert.

Zunächst war der Patient in der schwächsten Leis tungsgruppe in- tegriert, die Therapie bestand aus Gymnastikübungen im Sitzen und Spaziergängen mit 30-minütiger Dauer. Im Verlauf erfolgte eine Steigerung der Leistungsfähigkeit, die einen Wechsel in die drittstärkste von fünf Leistungsgruppen ermöglichte. Im Ergome- tertraining konnte eine Verbesserung der Ausdauerleistungsfähig- keit in mässigem Anstrengungsgrad (Borg 13) mit Steigerung von anfangs 15 auf 50 Watt erreicht werden.

Nach vier Wochen Rehabilitation zeigte sich in der Echokardiogra- fie ein im Wesentlichen unveränderter Befund (EF < 20%). Die maximale Leistungsfähigkeit in der Austrittsergometrie war mit 130 Watt (86% Soll) deutlich verbessert. Das Köpergewicht lag 4 kg unter dem Eintrittsgewicht bei unauffälligen Laborbefunden.

Der Patient wurde nach Hause entlassen mit Verordnung einer täglichen «Mindestdosis» von 30 Minuten mässiger körperlicher Aktivität (Borg 13).

In der zwei Wochen nach der Rehabilitation durchgeführten Spiro- ergometrie zeigte sich eine Zunahme der VO2maxauf 18,7 ml/min/kg, womit die Kriterien für eine Herztransplantation nicht mehr erfüllt waren.

Durch regelmässiges körperliches Training bei mittlerer Intensität konnte bei diesem Patienten eine Steigerung der kardiopulmona- len Leistungsfähigkeit erreicht werden. Durch diese Verbesserung gewann der Patient an Lebensqualität, und die Notwendigkeit einer Herztransplantation konnte zumindest hinausgezögert werden.

Fallbeispiel

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Zentrale Adaption

In klinischen Studien blieb die Untersuchung der zentralen, kardialen Adaptationsmechanismen fast immer auf die Bestim - mung der LVEF beschränkt. Hier sind die Daten jedoch inkon- sistent; die meisten Autoren konnten keine signifikante Verbes- serung der LVEF nachweisen (16–18). In einer Untersuchung durch Dubach konnte gezeigt werden, dass sich zwar die systo- lische Kontraktionsgeschwindigkeit nicht verbesserte, wohl aber die diastolische Relaxationsgeschwindigkeit des Myokards, was mit einer verbesserten diastolischen Funktion einherging (18).

Einstimmig waren die Untersuchungen jedoch bei der Tatsa- che, dass es zu keiner Verschlechterung der Pumpfunktion durch körperliches Training kam.

Autonomes Nervensystem und neurohumorales System

Die European Heart Failure Training Group bewies, dass nach körperlichem Training die Konzentration beziehungsweise Ak- tivität vieler neurohumoraler Faktoren reduziert war. Zu diesen gehören Noradrenalin, Adrenalin, Aldosteron, atriales natriu- retisches Peptid (ANP) und das Plasma-Renin (19). Auch die Herzfrequenzvariabilität (HRV/Heart Rate Variability) als Mass der parasympathischen Aktivität wurde günstig beeinflusst.

Jedoch erhielten die wenigsten Studienteilnehmer einen Beta - blocker, der heute zur Standardtherapie einer Herzinsuffizienz gehört. Weitere Untersuchungen werden nötig sein, um den Einfluss dieser Medikamentengruppe auf körperliches Training zu evaluieren.

Leistungsfähigkeit, NYHA-Klassen und Lebens- qualität

Bezüglich der körperlichen Leistungsfähigkeit lässt sich durch körperliches Training eine gute Verbesserung erreichen. Heut- zutage wird die maximale Sauerstoffaufnahme (VO2max) als Indikator für die kardiopulmonale Leistungsfähigkeit be- stimmt. Die VO2max ist bei Patienten mit CHI reduziert (20, 21).

Etliche Studien, die mit Patienten mit stabiler chronischer Herzinsuffizienz NYHA II–III durchgeführt wurden, ergaben eine Zunahme der VO2maxdurch körperliches Training (22).

Durch diese Verbesserung der Belastungstoleranz fallen den Patienten die Alltagsbelastungen leichter, was mit einer nied - rigeren Einstufung der NYHA-Klassen ersichtlich wird (17).

Zudem führt eine leichtere Bewältigung des Alltags zu mehr Unabhängigkeit und einer Verbesserung der Lebensqualität (23).

Morbidität und Mortalität

In einer Metaanalyse der ExTraMATCH-Gruppe von insgesamt neun Studien mit total 801 Patienten zeigte sich eine signi - fikante Reduktion sowohl der Mortalität (kardiovaskuläre und andere Ursachen) als auch der Zeit bis zur Wiedereinweisung ins Spital (aus jeglichem Grund) (12). Dennoch ist dieses Er- gebnis wegen der geringen Patientenzahl noch mit Vorbehalt zu betrachten.

Trainingsarten: Ausdauer-, Intervall- und Kraft- training

Die meisten Interventionen bestanden bisher aus körperli- chem Ausdauertraining (z.B. 20 Minuten Ergometertraining bei fester Wattzahl) mit einer Intensität von zirka 50 bis 80 Pro- zent der VO2maxbeziehungsweise der errechneten maximalen Herzfrequenz (24). Neuere Studien mit bisher kleinen Fal l - zahlen zeigten bei Patienten mit schwerer kardialer Funk - tionseinschränkung einen Vorteil des Intervalltrainings auf.

Diese Trainingsart ermöglicht eine intensivere Stimulation der Mus kulatur und dadurch einen besseren Muskel aufbau bei insgesamt gleicher oder gar etwas niedrigerer kardialer Belas- tung.

Zum Krafttraining liegen erst wenige Daten vor. Die bis anhin kritische Einschätzung beruht auf älteren Studien, die über un- günstige Effekte wie Nachlaststeigerung, Reduktion des HZV und Blutdruckanstieg berichteten (25, 26). Durch Verkürzung der Phasen isometrischer Anspannung und Erhöhung des isotonischen Anteils liessen sich in anderen Studien jedoch hämodynamisch unvorteilhafte Effekte vermeiden, die LVEF und der systolische Blutdruck änderten sich nicht (27–30). Bei der gegenwärtigen Datenlage kann Krafttraining jedoch kei- neswegs für alle Patientengruppen unbedenklich empfohlen werden.

Sicherheit

Die Sicherheit eines leichten körperlichen Trainings bei Patien- ten mit stabiler chronischer Herzinsuffizienz gilt als belegt (12). Kontraindikationen für ein solches Training sollten je- doch beachtet werden (Tabelle 3).

Relative Kontraindikationen

— Gewichtszunahme > 1,8 kg in 1 bis 3 Tagen

— Dobutamintherapie

— Blutdruckabfall unter Belastung

— NYHA IV

— komplexe ventrikuläre Arrhythmien in Ruhe oder bei Belastung

— Ruheherzfrequenz > 100/min

— Komorbiditäten

Absolute Kontraindikationen

— zunehmende Belastungsintoleranz oder Dyspnoe

— signifikante Ischämiezeichen unter Belastung

— nicht eingestellter Diabetes mellitus

— akutes Fieber oder Krankheit

— Embolie

— Thrombophlebitis

— aktive Perikarditis oder Myokarditis

— moderate oder schwere Aortenklappenstenose

— operationswürdige valvuläre Insuffizienz

— Myokardinfarkt

— neu aufgetretenes Vorhofflimmern

Tabelle 3:

Relative und absolute Kontra-

indikationen für körperliches Training bei

chronischer stabiler Herzinsuffizienz (31)

(5)

F O R T B I L D U N G

Zusammenfassung

Die Herzinsuffizienz ist ein Syndrom, das sowohl durch kar- diale Funktionseinschränkung als auch durch Veränderungen des peripheren Metabolismus, des vegetativen und neurohu- moralen Systems gekennzeichnet ist. Durch Leistungsein- schränkung und in der Folge körperliche Schonung kommt es zu weiterer Leis tungseinbusse, sodass alltägliche Tätigkeiten den Patienten überdurchschnittlich belasten und die Lebens- qualität zunehmend sinkt. Neben Pharmakotherapie hat das physische Training mittlerweile einen festen und sicheren Platz in der Therapie der CHI. Durch aerobes Ausdauertraining lässt sich die körperliche Belastbarkeit bei Patienten mit CHI we- sent lich steigern. Ungünstige neurohumorale und metabo - lische Anpassungsvorgänge können umgekehrt werden. Der Patient ist im Alltag wieder belastbarer, wodurch die Lebens- qualität steigt. Körperliches Training hat nachgewiesenermas- sen günstige Effekte auch auf Mortalität und Morbidität.

Fazit für die Praxis: Regelmässiges, wohldosiertes körperliches Training führt also nicht zur Schädigung des Herzens, sondern kann das schädliche Remodelling aufhalten und ist damit ein weiterer und wichtiger Baustein zur Verbesserung der Pro - gnose und Symptomatik der Herzinsuffizienz.

Korrespondenzadresse:

Dr. med. Wilhard Kottmann Rehabilitationszentrum Seewis 7212 Seewis Dorf (GR) E-Mail: wilhard.kottmann@rehaseewis.ch

Interessenkonflikte: keine

Literatur:

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Referenzen

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