M
it der Verknüpfung von Naturstoff-Forschung, molekularer Medizin und robotisiertem Screening einerseits und dem pharmako- logischen Screening tropischer Pflanzen andererseits geht die Unternehmensgruppe Schwa- be bei der Identifikation po- tentieller Wirkstoffe neue We- ge. Gesucht werden Pflanzen- stoffe zur Therapie des Mor- bus Alzheimer, der Athero- sklerose, von Krebs und aller- gischen Atemwegserkrankun- gen. Zwei Forschungsprojekte werden durch das Bundesfor- schungsministerium (BMBF) gefördert.Naturstoffe stellen rund 30 Prozent des Weltpharma- marktes. Und das, obwohl bis- her nur fünf Prozent der zwei Millionen Organismenarten exploriert wurden, verdeut- lichte Prof. Dieter Marmé vom Institut für Molekulare Medizin und Natur- stofforschung der Freiburger Klinik für Tumorbiologie. Bei einem Workshop des Unter- nehmens in Karlsruhe führte er weiter aus, daß Naturstoffe heute systematisch erschlos- sen werden.
Um einen entsprechenden Durchsatz zu gewährleisten, sind robotergestützte Scree- ningverfahren notwendig. Zur Auffindung neuer Leitstruktu- ren werden dabei krankheits- relevante „Targets“ eingesetzt.
Hierbei handelt es sich meist um Proteine, die bei einer be- stimmten Erkrankung akti- viert oder gehemmt werden.
Im ersten Projekt haben sich die Schwabe-Forscher dabei auf Proteinkinasen
„verlegt“. Diese Enzyme, die an der Signaltransduktion in den Zellen beteiligt sind, wer-
den rekombinant hergestellt.
Als Modelle wurden für die Alzheimer-Krankheit die nur im Gehirngewebe vorkom- mende Proteinkinase C, für Krebserkrankungen die Raf- Kinase und für die Athero- sklerose die PDGF-R-Tyro- sin-Kinase ausgewählt.
Im ersten Fall muß ein po- tentieller Wirkstoff das En-
zym aktivieren, in den beiden anderen Ansätzen dagegen hemmend wirken. Beim Screening von rund 4 000 Pflanzen-Proben in Freiburg haben sich sechs Substanzen
als „entwicklungsfähig“ er- wiesen. Vier davon werden jetzt im Projekt eins, das mit einem Gesamtvolumen von sieben Millionen DM und ei- ner Förderquote von 45 Pro- zent veranschlagt ist, weiter identifiziert, analysiert und in zellulären Testsystemen, spä- ter in Tiermodellen erprobt.
In einem ergänzenden Teilpro-
jekt sollen – in Kooperation mit dem Institut für Phar- mazeutische Biologie der Uni- versität Jena – auch Inhalts- stoffe aus Insekten, Pilzen und marinen Organismen auf ei- ne potentielle therapeutische Wirkung überprüft werden.
Das indikationsbezogene Screening tropischer und sub- tropischer Pflanzen zur Ent- wicklung neuer Atemwegs- therapeutika ist das Ziel des zweiten Projektes. Basierend auf ethnopharmakologischen Erfahrungen und in Koopera- tion mit Partnern in den Res- sourcenländern, sollen ausge- wählte Pflanzen geprüft wer- den, die von Naturvölkern bei Erkrankungen des Bronchial- systems eingesetzt werden.
Das Potential wird auf rund 230 Pflanzenarten geschätzt, zunächst sollen afrikanische Arten untersucht werden.
Parallel zum pharmakolo- gischen Screening in einem multifunktionellen Organ- und einem selektiven Zell- system sollen am Reutlinger Institut für Angewandte For- schung biologisch aktive In- haltsstoffe isoliert und in ihrer Struktur aufgeklärt werden. Anhand dieser Leit- strukturen, so hoffen die Schwabe-Forscher, müßten sich dann neue Arzneimittel gegen Asthma bronchiale entwickeln lassen. Dieses Projekt, das einen Umfang von zehn Millionen DM hat, wird zu 40 Prozent vom BMBF gefördert.
Dr. Renate Leinmüller
A-2406 (58) Deutsches Ärzteblatt 95, Heft 39, 25. September 1998
V A R I A AUS UNTERNEHMEN
Arzneipflanzenforschung
Suche per Roboter und Gentechnik
Projekt 1: Arteriosklerose, Alzheimer, Krebs Projekt 2: Asthma
A Institut für Molekulare Medizin und Naturstoff- Forschung, Freiburg
- Robotergestütztes pharmakologisches Screening
Institut für Angewandte Forschung, Reutlingen
B Institut für Pharmazeutische Biologie, Jena
- Bereitstellung ungewöhnlicher Organismen
- Extraktion - Fraktionierung - Aktive Naturstoffe - Extraktion
- Fraktionierung - Aktive Naturstoffe
Dr. Willmar Schwabe, Karlsruhe - Pflanzenbereitstellung - Pflanzenbereitstellung
(Ethnomedizinische Vorgehensweise)
- Pharmakologisches Screening - Extraktion
- Fraktionierung - Aktive Naturstoffe
Kooperationspartner der Unternehmensgruppe Dr. Willmar Schwabe und deren Aufgabengebiete bei der Suche nach potenten Arzneipflanzen. Schema: Dr. Schwabe
Losartan (Lorzaar®) kann als einziger AT1-Antagonist jetzt auch zur Behandlung der chronischen Herzinsuffizienz eingesetzt werden. Die Zulas- sung gilt für die Basistherapie in Kombination mit Diureti- ka und eventuell auch Digita- lis. Besonders geeignete Kan- didaten für die neue thera- peutische Strategie sind Pati- enten mit klinisch stabiler Symptomatik bis NYHA III und einer unter 40 Prozent
verminderten linksventriku- lären Ejektionsfraktion – vor allem dann, wenn ACE- Hemmer kontraindiziert sind oder nicht vertragen werden.
Die Indikationserweite- rung erfolgte aufgrund der Er- gebnisse von ELITE I (Eva- luation of Losartan In The Elderly): In dieser randomi- siert doppelblinden Multicen- terstudie war (als Neben- ergebnis) beobachtet worden, daß nach etwa einjähriger
Therapie das relative Morta- litätsrisiko bei den im Mittel 74jährigen Herzinsuffizienz- Patienten unter Losartan (n = 352) um 46 Prozent geringer gewesen war als unter dem ACE-Hemmer Captopril (n = 370). Besonders ausgeprägt war der Unterschied mit 64 Prozent bei der Inzidenz des plötzlichen Herztods.
Um die Datenbasis für die neue Indikation zu erweitern, ist mit ELITE II eine weitere internationale Multicenterstu- die angelaufen, wie bei einer Pressekonferenz von MSD Sharp & Dohme in Mannheim
berichtet wurde. Teilnehmer sind mehr als 2 600 über sech- zigjährige Patienten mit einer Herzinsuffizienz im NYHA- Stadium II bis IV und einer auf unter 40 Prozent vermin- derten kardialen Leistungs- fähigkeit. Randomisiert dop- pelblind werden Losartan und Captopril in Hinblick auf den primären Endpunkt „Ge- samtmortalität“ verglichen.
Die Laufzeit beträgt etwa zwei Jahre. Da die Rekrutie- rungsphase bereits abge- schlossen ist, erwartet man die Ergebnisse für Ende des Jahres 2000. bl-ki