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Archiv "Private Anbieter im Rettungsdienst: optimale Hilfe?" (28.02.1991)

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DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

Private Anbieter im Rettungsdienst:

optimale Hilfe?

Sie heißen „City Ambulance",

„Ambulanz Service" oder „Kranken- transport und Rettungsdienst". Mit ihren Fahrzeugen transportieren sie Kranke, eilen zu Unfällen, versorgen Verletzte. Sie sind private Unterneh- men und arbeiten gewinnorientiert:

die privaten Rettungsdienste.

Krankentransporte dürfen sie auf der Grundlage des Bundesperso- nenbeförderungsgesetzes ausführen.

Der Rettungsdienst fällt unter die Verantwortung der Länder. Organi- sieren müssen ihn die Kommunen.

Sie haben ein Interesse daran, die Kosten im Rettungswesen niedrig zu halten, denn sie sind der Hauptträ- ger des öffentlichen Rettungsdien- stes. Private Rettungsdienste sind ih- nen deshalb willkommen, weil sie sich dadurch geringere Ausgaben im öffentlichen Rettungsdienst erwar- ten.

Private Unternehmen müssen ihre Kosten so kalkulieren, daß sie überleben können. Durch niedrigere Preise für Rettungseinsätze versu- chen sie, die öffentlichen Anbieter zu verdrängen, um durch gute Auf- tragslage ihre Existenz zu sichern.

Konkurrenz belebt das Geschäft, entlastet uns von Ausgaben für den öffentlichen Rettungsdienst und zwingt auch die öffentlichen Anbie- ter dazu, ihre Leistungen auf Dauer günstiger anzubieten — so die Hal- tung der Kommunen zu privaten Rettungsdiensten.

Das kann ein gefährliches Spiel sein. Weshalb? Um das zu beurtei- len, zunächst ein Blick auf die Orga- nisation öffentlicher Rettungsdien- ste.

Optimal durch

',Rendezvous"

40 Prozent der Städte in der Bundesrepublik haben ihr Rettungs- wesen derzeit im „Rendezvous-Sy- stem" organisiert. Geht ein Notruf in der zentralen Rettungsleitstelle ein (die oft der Feuerwehr angegliedert

ist), wird ein Rettungswagen zum Einsatzort geschickt, während gleichzeitig der diensthabende Not- arzt informiert wird. Er macht sich mit eigenem Fahrzeug und Fahrer ebenfalls sofort auf den Weg zum Einsatzort, an dem in wenigen Minu- ten auch der Rettungswagen ankom- men wird. Erst dort treffen sich Ret- tungswagen und Notarzt.

Die Vorteile dieses Systems lie- gen auf der Hand: Der Rettungswa- gen kann direkt zum Unglücksort fahren, muß nicht erst zum Kranken- haus, um den Notarzt aufzunehmen, und die Sanitäter können noch vor Eintreffen des Notarztes den Patien- ten mit ersten lebenserhaltenden Maßnahmen versorgen. Der Notarzt

Private haben eigene Notrufe

Und an dieser Stelle liegt der Schwachpunkt der privaten Ret- tungsdienstunternehmen: Sie haben eigene Notrufzentralen und damit auch eigene Notrufnummern. Einen direkten Kontakt zwischen ihren Zentralen und den Notärzten gibt es nicht. Wird ein privater Rettungs- dienst zu einem Einsatz gerufen, kommt zunächst nur der Rettungs- wagen mit zwei Sanitätern. Erst vor Ort können sie entscheiden, ob ein Notarzt überhaupt gebraucht wird, und ihn gegebenenfalls über Funk herbeirufen. Beim Rendezvous-Sy- stem dagegen kommt mit jedem Not- ruf auch der Notarzt zum Unglücks- ort. Sein rechtzeitiges Eintreffen entscheidet im schlimmsten Fall über Leben und Tod dessen, der Hil- fe braucht.

In den sechziger Jahren wurde das System Rendezvous in der Bun- desrepublik eingeführt. Weltweit gilt es als vorbildlich. In den privaten Rettungsdiensten sehen viele Not- ärzte eine ernsthafte Gefahr für das optimal organisierte Rettungswesen.

Daß Private ihre Leistungen preis- günstiger anbieten als öffentliche

ist seinerseits völlig unabhängig vom Rettungswagen. Ist der Zustand des Patienten am Einsatzort nicht so be- drohlich oder genügt es, wenn der Notarzt nur dort eine Versorgüng vornimmt, braucht er ihn nicht auf der Fahrt in die Klinik im Rettungs- wagen zu begleiten. In diesem Fall ist er ab sofort wieder frei für den nächsten Einsatz.

Die vollständige Trennung von Rettungswagen und Notarzt gewähr- leistet hier optimale Hilfe für den Patienten. Freilich funktioniert die- ses System nur, wenn der Notruf ei- nes Hilfesuchenden in der Rettungs- leitstelle (etwa der Feuerwehr) ein- geht. Denn von dort wird das „Ren- dezvous" koordiniert. Sie steht in ständigem Kontakt mit dem dienst- habenden Notarzt, in größeren Städ- ten mit allen diensthabenden Not- ärzten. Sie weiß, welcher Notarzt einsatzbereit ist und den Einsatzort am schnellsten erreichen kann.

Rettungsdienste, ist für sie kein Ar- gument. Dr. Bertil Boullion, koordi- nierender Notarzt der Stadt Köln:

Der Sinn des Rettungsdienstes kann nicht darin liegen, möglichst preis- wert zu sein. Vielmehr muß er beste und schnellste Hilfe für die Patien- ten gewährleisten.

Private Rettungsdienste bringen aber nicht nur den Patienten Unsi- cherheit, sondern auch den Städten und Gemeinden, in denen sie arbei- ten. Nach den Ländergesetzen sind die Kommunen verpflichtet, die ret- tungsdienstliche Versorgung zu si- chern. Wie sie das machen, liegt weitgehend bei ihnen selbst. Wenn allerdings private Unternehmen im Geschäft mitmischen, besteht die Gefahr, daß sie die öffentlichen durch ihre günstigen Preise vom Markt verdrängen. Genauso kann es aber passieren, daß private Unter- nehmen durch ihre Billig-Angebote nicht in die schwarzen Zahlen kom- men und Konkurs anmelden müssen.

Die Lücke, die ein Privater hinter- läßt, muß die Kommune stopfen.

Und das kostet Geld. Denn ein ande- rer

Privater wird kaum in einen

Markt investieren, an dem sein Vor- gänger gescheitert ist. Also muß neu- er öffentlicher Rettungsdienst her, Dt. Ärztebl. 88, Heft 9, 28. Februar 1991 (23) A-635

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bis es wieder ausreichende rettungs- dienstliche Versorgung gibt. Sparen läßt sich mit privaten Rettungs- dienstunternehmen dann nicht mehr.

Einheitliche Regelung des Rettungsdienstes

Wenn ab Januar 1992 das Bun- despersonenbeförderungsgesetz den Krankentransport wie geplant nicht mehr regelt, gäbe es für sämtli- che private Krankentransport- und Rettungsdienstunternehmen keine rechtlichen Auflagen mehr. So sieht es jedenfalls der Bund-Länder-Aus- schuß für das Rettungswesen. Den privaten Rettungsdienst und den pri- vaten Krankentransport werden die überarbeiteten Ländergesetze dann neu regeln. Theoretisch hätten die Länder die Möglichkeit, Private we- der zum Krankentransport noch zum

Für eine eigenständige gesetzli- che Pflege-Pflichtversicherung als neuen Zweig der Sozialversicherung unter dem Dach der gesetzlichen Krankenversicherung hat sich die SPD in einem in Bonn vorgestellten Positionspapier „Eckwerte einer ge- setzlichen Pflegeversicherung für al- le Bürgerinnen und Bürger" ausge- sprochen.

Die SPD drängt auf eine baldige Einführung einer Pflege-Pflichtversi- cherung, die eine umfassende Absi- cherung des allgemeinen Pflegefall- risikos in einer Art „Volksversiche- rung" vorsieht. Bis zum Sommer 1991 soll ein Gesetzentwurf erarbei- tet werden. Dieser soll dann in den Bundestag und Bundesrat einge- bracht werden. Die SPD will mit ih- rer Initiative die Bonner Regierungs- koalition unter Druck setzen, die ei- nen Gesetzentwurf erst bis Mitte 1992 vorlegen will.

Nach dem SPD-Vorschlag soll die neu zu errichtende soziale Pfle- ge-Pflichtversicherung unter dem

Rettungsdienst zuzulassen. Für sol- che Fälle hat die Bundesregierung aber bereits ihr Veto angekündigt:

Sie hält das für verfassungswidrig.

Mit einem Regierungsentwurf über ein künftiges Rettungsdienstge- setz hat das Land Hessen bereits ge- zeigt, wie der Rettungsdienst der Zu- kunft organisiert werden kann. Der Entwurf sieht vor, daß in jedem Ret- tungsdienstbereich des Landes eine ständig erreichbare und betriebsbe- reite zentrale Leitstelle für den Brandschutz, den Katastrophen- schutz und den Rettungsdienst vor- handen sein muß. Dort sollen sämtli- che Notrufe und Hilfeersuchen ein- gehen und die Einsatzmaßnahmen veranlaßt und koordiniert werden.

Private Anbieter wären dann voll- ständig in das Rettungsleitsystem eingebunden und könnten ebenso op- timale Hilfe wie die öffentlichen bie- ten. Ob sie dann allerdings weiterhin billiger wären, bleibt offen. hb

Dach der Krankenversicherung ge- gründet und von ihr — bei streng ge- trennter Haushaltsführung — organi- satorisch abgewickelt werden. Die gesamte Bevölkerung (auch Beamte, Selbständige und Sozialleistungs- empfänger) einschließlich der Aus- länder werden Pflichtversicherte. Sie haben einen sofortigen Anspruch auf Pflegeleistungen bei ambulanter und stationärer Pflege, und zwar unab- hängig von Alter und Ursache der Pflegebedürftigkeit. Dadurch soll künftig vermieden werden, daß je- mand zum Sozialhilfeempfänger wird, nur weil er pflegebedürftig ist.

Der Leistungskatalog der Pfle- geversicherung geht von einem Vor- rang der häuslichen Pflege vor statio- närer Pflege aus. Er sieht — je nach Grad der Pflegebedürftigkeit — ein monatliches Pflegegeld von 500 bis 1500 DM vor (zum Vergleich: Heuti- ge Sozialhilfeleistungen belaufen sich auf 325 bis 883 DM). Alternativ hierzu sollen ambulant betreute Schwerpflegebedürftige ein Wahl-

recht auf 60 Pflegestunden im Monat durch professionelle Kräfte und ein ergänzendes Pflegegeld bis zu 500 DM erhalten (zum Beispiel für zu- sätzliche Familienpflege).

Für die mehr als 450 000 Pflege- bedürftigen in Pflegeheimen soll die Pflegeversicherung die eigentlichen Pflegeleistungen ganz übernehmen, schlagen die Sozialdemokraten vor.

Als Eigenbeteiligung des Pflegebe- dürftigen ist die Ubernahme der Ko- sten des Lebensunterhaltes (Miete, Ernährung, persönliche Bedürfnisse) vorgesehen. Unterhaltspflichtige Kinder oder Verwandte sollen zu der gesetzlichen Pflegeversicherung nicht mehr herangezogen werden.

• Die Gesamtkosten veran- schlagen die SPD-Politiker auf rund 25 Milliarden DM jährlich. Vorgese- hen ist ein Start-Beitragssatz von 1,4 Prozent. Die Beiträge sollen bis zur Beitragsbemessungsgrenze der Ren- tenversicherung (zur Zeit 6500 DM monatlich) erhoben werden und je zur Hälfte von Arbeitgebern und Ar- beitnehmern bezahlt werden. Min- destbeitrag wäre nach dem SPD- Vorschlag zur Zeit 15,70 DM, der Höchstbeitrag 45,50 DM monatlich.

Für Rentner sollen die Beiträge wie in der Rentenkrankenversiche- rung, also je zur Hälfte von der Ren- tenversicherung und den Renten- empfängern, erhoben werden. Ähn- liches soll für andere Sozialleistun- gen gelten; für Sozialhilfeempfänger zahlen die Sozialämter den Mindest- beitrag allein. Beitragsfrei versichert wären lediglich minderjährige Kin- der ohne Einkommen und Ehepart- ner ohne Einkommen, die Kinder bis zum 18. Lebensjahr erziehen. Dies soll auch für Pflegepersonen ohne ei- genes Einkommen gelten.

Die Einsparungen bei der Sozi- alhilfe sollen zur Förderung von am- bulanten und stationären Pflegeein- richtungen genutzt werden. Die In- vestitionskosten für diese Einrich- tungen würden in Zukunft von den Kommunen und den Ländern ge- meinsam aus öffentlichen Mitteln fi- nanziert. Die derzeit von den Kran- kenkassen angebotenen Leistungen zur häuslichen Pflege von Schwerst- pflegebedürftigen von knapp sechs Milliarden DM jährlich würden ent- fallen. EB

Pflegerisiko: SPD plädiert

für Sozialversicherungslösung

A-636 (24) Dt. Ärztebl. 88, Heft 9, 28. Februar 1991

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