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DEUTSCHES
• ZTEBLATT
Ärztliche Mitteilungen
Herausgeber: Bundesärztekammer und Kassenärztliche Bundesvereinigung
Steuerentlastung für den Mittelstand
Bonner Pläne um die Vermögensteuer Ein „Steuergeschenk"
von 3,5 Milliarden DM Entscheidung vor- aussichtlich Ende Juni
Die Bundesregierung hat zugesagt, die steuerlichen Rahmenbe- dingungen der Wirtschaft zu verbessern. Das betrifft auch die Selbständigen und die Freiberufler. Aus der bevorstehenden Mehrwertsteuererhöhung stehen noch etwa vier Milliarden DM für die Steuerentlastung im nächsten Jahr zur Verfügung. 500 Millionen DM sollen für eine Initiative zur Vermögensbildung in Arbeitnehmerhand abgezweigt werden. Dabei geht es vor allem darum, das 624-DM-Gesetz auf 936 DM auszuweiten und die Förderung auf den Erwerb von Beteiligungswerten zu konzentrie- ren. Es verbleibt also ein Betrag von etwa 3,5 Milliarden DM, der zu Steuersenkungen genutzt werden kann.
Die Grundsatzentscheidungen sind inzwischen in Bonn gefallen;
aber wichtige Einzelheiten bleiben bis zum Beschluß der Bun- desregierung über den noch zu erarbeitenden Gesetzentwurf offen. Die Regierung will sich jedoch Ende Juni/Anfang Juli im Rahmen der Haushaltsberatungen festlegen. Dabei geht es um folgende Einzelheiten:
Die Steuerpflichtigen empfinden die vom Ertrag unabhängigen Steuern in einer Phase der wirtschaftlichen Stagnation und Rezes- sionganz besonders drückend, und zwar insbesondere dann, wenn in Verlustjahren diese Abgaben aus der Substanz gezahlt werden müssen. Wer die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen für die Wirtschaft verbessern will, der muß sich gegenwärtig auf die Verringerung der vom Ertrag unabhängigen Steuerlast konzen- trieren.
Die Koalition will dies. Dazu bieten sich zwei Möglichkeiten an:
Entweder muß die Belastung der Betriebe mit Gewerbekapital- steuer oder aber die Vermögensteuerbelastung abgebaut werden.
Neue Korrekturen an der Gewerbesteuer scheiden aus, zumal davon nur die größeren Unternehmen profitieren würden, nach- dem in den letzten Jahren die Freibeträge immerweiter angehoben worden sind. Es ist aber das erklärte Ziel, auch die mittelständische Wirtschaft in die Steuerentlastung einzubeziehen. Daher konzen- trieren sich die Überlegungen auf die Vermögensteuer.
DEUTSCHES ÄRZTEBLATT 80. Jahrgang Heft 17 vom 29. April 1983 17 Ausgabe A
1111 II 11 11 11 II 11 11 11
Belastung durch Abgaben
Für Steuern und Sozialabgaben gehen vom Gesamtverdienst durchschnittlich weg
1960 1970 1983»
16% 23% 32%
Die Abzüge an Steuern und So- zialabgaben machen nahezu ein Drittel der Durchschnittsverdien- ste aus. Noch viel härter trifft es jeden, dessen Einkommen zu- nimmt: Dank der Steuerprogres- sion gehen von jeder zusätzlich verdienten Mark 53 Pfennig an Staat und Sozialversicherung;
1960 waren es nur 24 Pfennig Noch größer sind die Abzüge bei Verdienst- erhöhungen. Dann gehen von jeder zusätz- lich verdienten Mark weg:
1960 1970 1983»
24 30 53
Pfennig
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❑
*geschätzt
Die Information:
Bericht und Meinung Steuerentlastung
Die Spitzenverbände der Wirt- schaft haben sich mit Ausnahme des Zentralverbandes des Hand- werks dafür ausgesprochen, die Vermögensteuerbelastung da- durch zu senken, daß die Wertan- sätze für das Betriebsvermögen halbiert werden. Diese Maßnahme käme jedenfalls auch solchen Freiberuflern zugute, die zur Aus- übung ihres Berufes Betriebsver- mögen benötigen. So stellt auch das in der ärztlichen Praxis gebun- dene Kapital Betriebsvermögen dar. Aber der Abwertung der be- trieblichen Vermögenswerte sind engere Grenzen gesetzt, als die Verbände meinen. Das Bundesfi- nanzministerium scheint jeden- falls der Meinung zu sein, daß die Halbierung der Wertansätze zu weit ginge.
Tatsächlich könnte ein solcher Schritt den Verfassungsgrundsatz der steuerlichen Gleichbehand- lung verletzen. Zwar dürften die heutigen Wertansätze des Be- triebsvermögens in vielen Fällen dem unternehmerischen Risiko nicht voll entsprechen. Zu berück- sichtigen ist jedoch auch, daß Grundstücke und Gebäude mit völlig unzureichenden Einheits- werten erfaßt werden. Zum Be- triebsvermögen können auch Be- stände von Geld- und Wertpapier- vermögen gehören. Diese Ver- mögenswerte würden bei ei- ner Halbierung der Wertansätze des Betriebsvermögens steuerlich ebenfalls bessergestellt gegen- über privaten Grundstücken, Geld- und Wertpapiervermögen.
Nach dem derzeitigen Stand der Überlegungen scheint allenfalls die Abwertung der Betriebsvermö- gen um bis zu 25 Prozent aus ver- fassungsrechtlicher Sicht vertret- bar zu sein. Das ist jedenfalls die Meinung der Fachleute des Bun- desfinanzministeriums.
Aus Kreisen des Mittelstandes wird immer wieder die Idee lan- ciert, eine steuer'freie Investitions- rücklage einzuführen. So könnte zum Beispiel jährlich ein Betrag bis zu 20 000 oder 50 000 DM einer steuerfreien Rücklage zugeführt
werden, die nach drei oder fünf Jahren wieder aufzulösen wäre, sofern es nicht zu entsprechenden Investitionen käme. Dann müßten diese Beträge nachversteuert wer- den. Diese Vorschläge sind von hohem fiskalischen Gewicht; sie dürften kaum in das geplante Steuerentlastungspaket einzupas- sen sein. Hinzu kommen Beden- ken grundsätzlicher Art, da sich im Ergebnis eine steuerliche Besser- stellung der nichtentnommenen Gewinne ergäbe. Der Betrieb wür- de als eine selbständige Einheit gewertet. Der Eigentümer bliebe zwar als Geldgeber willkommen.
Sobald er jedoch den ihm zuste- henden Gewinn entnähme, würde er steuerlich benachteiligt. Die So- zialisten in Schweden und Öster- reich sind diesen Weg gegangen.
Wer eine Steuerpräferenz für den nichtentnommenen Gewinn schafft, der kann leichter die Spit- zensteuersätze anheben, da die Betriebe und die Investitionen da-
von nicht betroffen würden. Sol- che Pläne sind verlockend, aber auf längere Sicht höchst gefähr- lich. Die bayerische CSU hat daher nach anderen Wegen gesucht, den kleinen und mittleren Betrie- ben, den Selbständigen und Frei- beruflern einen besonderen steu- erlichen Bonus zu gewähren. Dies wird nun unter dem Namen „Inve- stitionsprämie" feilgeboten. Dabei geht es um eine Sonderabschrei- bung von zehn Prozent im Jahr der Anschaffung oder Herstellung eines Investitionsgutes für alle Be- triebe mit weniger als 50 Beschäf- tigten. Im Rahmen der degressi- ven Abschreibung könnten diese Betriebe also im ersten Jahr bis zu 40 Prozent der Investition abschrei- ben. Das istgewiß nurfürgutverdie- nende Betriebe und Steuerpflichti- ge interessant. Auch die Abschrei- bungen wollen verdient sein.
Besser wäre es dann wohl, mehr bei der Vermögensteuer zu tun.
Immerhin wäre es ja auch vernünf- tig, die Vermögensteuersätze zu senken, selbst wenn dies auf die Privatvermögen durchschlüge. Im Rahmen des Steuerentlastungsge- setzes soll auch der Verlustrück- trag verbessert werden. Nach gel- tendem Recht können die Verluste eines Jahres bis zu 5 Millionen DM mit Gewinnen in den beiden zu- rückliegenden Jahren verrechnet werden. Dies führt bei mittleren Betrieben nach Verlustjahren zu einer kurzfristig wirksamen Steu- ererstattung. Den Betrieben wird damit die Anpassung an eine ver- änderte Wirtschaftslage erleich- tert. Nunmehr wird daran gedacht, den Höchstbetrag von 5 auf 10 Mil- lionen DM zu verdoppeln. Zur Dis- kussion steht auch, die Abschrei- bungsfristen für Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens mit einer langen Nutzungsdauer zu verkür- zen. An eine generelle Verbesse- rung der Abschreibungsbedingun- gen wird aber nicht schon wieder gedacht. Allerdings sollen die steuerlichen Bedingungen für For- schung und Innovation verbessert werden. Hier gibt es tatsächlich in der Bundesrepublik einen Nach- holbedarf. wst 18 Heft 17 vorn 29. April 1983 80. Jahrgang DEUTSCHES ÄRZTEBLATT Ausgabe A