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Archiv "Schutz von Patientendaten in arbeitsmedizinischen Diensten" (04.05.1978)

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Schutz von Patientendaten

in arbeitsmedizinischen Diensten

Rainer Hess

I. Weitergabe

von Untersuchungs- ergebnissen

an den Arbeitgeber

Wer sich als Angestellter eines Be- triebs oder als Bewerber um eine Anstellung in einem Betrieb einer der im Arbeitssicherheitsgesetz (ASiG) vorgeschriebenen arbeitsme- dizinischen Einstellungs-oder Kon- trolluntersuchungen oder einer nach den Unfallverhütungsvor- schritten der Berufsgenossenschaf-

ten vorgeschriebenen arbeitsmedi-

zinischen Vorsorgeuntersuchung unterzieht, ist stillschweigend damit einverstanden, daß der Betriebsarzt das Ergebnis dieser Untersuchung an den Arbeitgeber weitergibt, da es der Zweck dieser gesetzlichen oder auf gesetzlicher Grundlage durch Unfallverhütungsvorschriften vorge- schriebenen arbeitsmedizinischen Untersuchungen ist, dem Arbeitge- ber eine Entscheidungsgrundlage für Einstellung, Weiterbeschäfti- gung am selben Arbeitsplatz, Ver- setzung an einen anderen Arbeits- platz oder Veränderungen am Ar- beitsplatz zu liefern.

Ein stillschweigendes Einverständ- nis des Stellenbewerbers oder Ar- beitnehmers in die Weitergabe des Untersuchungsergebnisses an den Arbeitgeber ist aber dann nicht mehr zu unterstellen, wenn der Betroffene ausdrücklich der Weitergabe wider- spricht. ln diesem Falle ist der Be- triebsarzt grundsätzlich nach § 8 Absatz 1 ASiG gehindert. das Unter- suchungsergebnis dem Arbeitgeber bekanntzugeben, es sei denn, daß die Weiterbeschäftigung des Arbeit- nehmers am gleichen Arbeitsplatz oder die Einstellung eines Bewer- bers auf den vorgesehenen Arbeits-

platz zu einem besonderen Risiko nicht nur für diesen selbst, sondern auch für seine Umwelt würde und die Offenbarung der geheimhal- tungspflichtigen Tatsache daher we- gen Schutzes eines höherwertigen Rechtsgutes im Einzelfall auch ohne Zustimmung des Betroffenen ge- rechtfertigt ist.

Das Risiko einer infolge Verweige- rung der Zustimmung nicht mögli- chen Aufklärung eines für die Ent- scheidung des Arbeitgebers über Einstellung oder Weiterbeschäfti- gung an einem bestimmten Arbeits- platz maßgebenden Sachverhalts trägt allerdings grundsätzlich der Arbeitnehmer. Der Arbeitgeber kann die Einstellung ablehnen oder we- gen einer nicht möglichen Aufklä- rung der bei einer Weiterbeschäfti- gung am selben Arbeitsplatz beste- henden Risiken eine für den Arbeit- nehmer negative Entscheidung über die Weiterbeschäftigung treffen. Die mit dem Einverständnis in die Durchführung einer arbeitsmedizini- schen Untersuchung in der Regel gegebene stillschweigende Einwilli- gung in die Weitergabe des Untersu- chungsergebnisses an den Arbeit- geber deckt die Weitergabe des Un- tersuchungsergebnisses nur inso-

weit, als der Arbeitgeber die Kennt-

nis dieses Ergebnisses als Grundla- ge für seine Entscheidung über Ein- stellung, Weiterbeschäftigung am selben Arbeitsplatz oder Versetzung auf einen anderen Arbeitsplatz bzw.

über Veranlassung besonderer Schutzvorkehrungen am Arbeits- platz benötigt.

Damit ist die Weitergabe einzelner bei der Untersuchung anfallender Untersuchungsbefunde grundsätz- lich durch das stillschweigende Ein-

Die Information:

Bericht und Meinung THEMEN DER ZEIT

Das Arbeitssicherheitsgesetz verpflichtet in § 8 den Be- triebsarzt zur Beachtung der

"Regeln der ärztlichen

Schweigepflicht". Diese sind festgelegt in den Berufsord- nungen der Ärztekammern.

Danach ist der Arzt zur Offen- barung von Patientendaten nur dann befugt (aber nicht verpflichtet)!, soweit er von der Schweigepflicht entbun- den wurde oder soweit die Of- fenbarung zum Schutze höhe- ren Rechtsgutes erforderlich ist. Andernfalls macht er sich nach § 203 des Strafgesetzbu- ches strafbar. Ausgehend von dieser gesetzlichen Grundla- ge, erläutert der Verfasser, ei- ner der beiden Justitiare von Bundesärztekammer und Kas- senärztlicher Bundesvereini- gung, den Schutz von Patien- tendaten - vor allem auch computergespeicherter - im Betrieb.

verständnis in die Weitergabe des Untersuchungsergebnisses nicht gedeckt.

.,.. Der Betriebsarzt braucht und darf daher dem Arbeitgeber nicht die von ihm erhobenen Einzelbefun- de bekanntgeben. Seine Mitteilung hat sich auf das Untersuchungser- gebnis zu begrenzen, es sei denn, daß der Arbeitnehmer oder Stellen- bewerber ausdrücklich in die Wei- tergabe weiterer Befunde oder an- derer Gesundheitsdaten einwilligt.

II. Technische

und organisatorische Maßnahmen

des Datenschutzes

Aus der Schweigepflicht des Be- triebsarztes gegenüber Dritten er- gibt sich gleichzeitig die Verpflich- tung, die über den Arbeitnehmer in einem werksärztlich.en Dienst ange- legten Gesundheitsakten vor dem unberechtigten Zugriff Dritter zu schützen. Dabei muß gewährleistet

DEUTSCHES ARZTEBLATT Heft 18 vom 4. Mai 1978 1055

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Die Information:

Bericht und Meinung

Schutz von Patientendaten im Betrieb

sein, daß nur der Betriebsarzt selbst und seine berufsmäßig tätigen Ge- hilfen, die nach § 203 StGB in den Kreis der Schweigepflichtigen mit einbezogen sind, direkten Zugang zu diesen Gesundheitsakten haben dürfen. Auch dem Arbeitgeber ist der direkle Zugriff auf die Gesund- heitseklen des Betriebsarztes ver- wehrt.

Mit Wirkung vom 1. Januar 1978 un- terliegen die in einem arbeitsmedizi- nischen Dienst geführten Gesund- heitsdateien auch den besonderen Schutzvorschritten des Bundesda- tenschutzgesetzes. Dieses verpflich- tet den Träger des arbeitsmedizini- schen Dienstes, sowohl bei einer konventionell geführten als auch bei einer elektronisch gespeicherten Datei diejenigen technischen und organisatorischen Maßnahmen zu treffen, die erforderlich sind, um die- se Daten in ihrem Bestand zu si- chern und den Zugriff unberechtig- ter Dritter auszuschließen.

Bei elektronischer Datenverarbei- tung sind nach Maßgabe einer Anla- ge zum Bundesdatenschutzgesetz ab 1. Januar 1979 Maßnahmen zu treffen, die geeignet sind,

CD

Unbefugten den Zugang zu Da- tenverarbeitungsanlagen, mit denen personenbezogene Daten verarbei- tet werden, zu verwehren (Zugangs- kontrolle),

@ Personen, die bei der Verarbei- tung personenbezogener Daten tä- tig sind, daran zu hindern, daß sie Datenträgerunbefugt entfernen (Ab- gangskontrolle),

@ die unbefugte Eingabe in den Speicher sowie die unbefugte Kenntnisnahme, Veränderung oder Löschung gespeicherter personen- bezogener Daten zu verhindern (Spei cherkontrolle),

@ die Benutzung von Datenverar- beitungssystemen, aus denen oder in die personenbezogene Daten durch selbsttätige Einrichtungen übermittelt werden, durch unbefug- te Personen zu verhindern (Benut- zerkontrolle),

®

zu gewährleisten, daß die zur Be- nutzung eines Datenverarbeitungs-

systems Berechtigten durch selbst- tätige Einrichtungen ausschließlich auf die ihrer Zugriffsberechtigung unterliegenden personenbezogenen Daten zugreifen können (Zugriffs- kontrolle),

@ zu gewährleisten, daß überprüft und festgestellt werden kann, an welche Stellen personenbezogene Daten durch selbsttätige Einrichtun- gen übermittelt werden können (Übermittlungskontrolle),

([) zu gewährleisten, daß nachträg- lich überprüft und festgestellt wer- den kann, welche personenbezoge- nen Daten zu welcher Zeit von wem in Datenverarbeitungssysteme ein- gegeben worden sind (Eingabekon- trolle).

111. Weitergabe

gespeicherter Gesundheitsdaten an Dritte

Auf Grund von § 24 des Bundesda- tenschutzgesetzes dürfen Gesund- heitsdaten, die in einem arbeitsme-

ZITAT

Machtpolitischer Mißbrauch

"Der von den Sozialpolitikern in Sonn durch permanenten Leistungsausbau gesetzlich programmierte Notstand in der Finanzierung der sozialen Leistungen wird heute macht- politisch mißbraucht, um die Programmatik sozialistischer Systemveränderung in die Praxis gesellschaftspoliti- scher Nivellierung umzuset- zen."

Prof. J. F. Volrad Deneke, Hauptgeschäftsführer der Bundesärztekammer, beim XXVI. Internationalen Fortbil- dungskongreß der Bundes- ärztekammer am 8. März 1978 in Davos

1056 Heft 18 vom 4. Mai 1978 DEUTSCHES ARZTEBLATT

dizinischen Dienst konventionell oder elektronisch in Dateien gespei- chert werden und die vom Betriebs- arzt befugterweise an den Arbeitge- ber oder andere Stellen im Betrieb übermittelt wurden, vom Empfänger nicht mehr weitergegeben wer- den.

Der Arbeitgeber oder auch der Be- triebsrat, den der Arbeitnehmer im Rahmen seines Auskunftsanspruchs eingeschaltet hat, oder die Perso- nalabteilung, die vom Betriebsarzt mit Zustimmung des Arbeitnehmers über bestimmte Gesundheitsdaten informiert wurde, darf diese Ge- sundheitsdaten personenbezogen, daher nicht an Dritte, außerhalb des Betriebes Stehende weitergeben.

Strittig ist, ob der Betriebsarzt die von ihm erhobenen Gesundheitsda- ten eines Arbeitnehmers zum Zwek- ke der elektronischen Speicherung und Verarbeitung in der epidemiolo- gischen Forschung an eine nicht seiner unmittelbaren Aufsicht unter- stehende Datenverarbeitungsstelle- innerhalb oder außerhalb des Be- triebs - weitergeben darf.

Die Speicherung und Übermittlung personenbezogener Daten ist ohne Zustimmung des Betroffenen nach

§§ 23, 24 Bundesdatenschutzgesetz im privaten Bereich nur zulässig im Rahmen der Zwecksbestimmung ei- nes Vertragsverhältnisses oder ver- tragsähnlichen Vertrauensverhält- nisses mit dem Betroffenen. Die Da- tenverarbeitung personenbezoge- ner Gesundheitsdaten des Arbeit- nehmers zum Zwecke der epidemio- logischen Forschung ist nicht ohne weiteres aus der Zweckbestimmung eines Dienst- oder Anstellungsver- hältnisses ableitbar.

..,.. Ohne Zustimmung des Arbeit- nehmers scheint dem Verfasser da- her die Weitergabe von personenbe- zogenen Gesundheitsdaten durch den Betriebsarzt an eine datenverar- beitende Stelle nur unter Einhaltung der Voraussetzungen der Auftrags- datenverarbeitung zulässig zu sein.

Dies bedeutet, daß durch technische Maßnahmen und Verschlüsselung der Daten sichergestellt sein muß,

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daß nur der Betriebsarzt personen- bezogenen Zugriff auf die gespei- cherten Daten nehmen kann.

IV. Einsichtnahme des Arbeitnehmers in die Gesundheitsakten des arbeitsmedizinischen Dienstes

Aufgrund einer Entscheidung des Landesarbeitsgerichts Bremen ist strittig geworden, ob und in wel- chem Umfang ein Arbeitnehmer Ein- sicht in die über ihn in einem ar- beitsmedizinischen Dienst geführ- ten Gesundheitsakten verlangen kann. Die ärztliche Schweigepflicht steht einer solchen Einsichtnahme nicht entgegen, da diese Schweige- pflicht nicht gegenüber dem Ge- heimnisgeschützten selbst besteht.

Nach der bisherigen in der Bundes- republik herrschenden Rechtsauf- fassung handelt es sich aber bei den von einem Arzt und damit auch von einem Betriebsarzt vorgenommenen ärztlichen Aufzeichnungen über ei- nen Patienten um persönliche Ge- dächtnisstützen des Arztes. Der Pa- tient hat daher zwar einen Rechtsan- spruch auf Auskunft und Aufklärung über seinen Gesundheitszustand und die erhobenen Befunde, jedoch keinen Rechtsanspruch auf unmit- telbare Einsicht in die ärztlichen

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Aufzeichnungen. Der Aufklärungs- anspruch des Arbeitnehmers gegen- über dem 'Betriebsarzt über die Er- gebnisse durchgeführter arbeitsme- dizinischer Untersuchungen ergibt sich insbesondere aus § 3 Absatz 2 ASiG. Danach hat der Betriebsarzt dem Arbeitnehmer auf dessen Wunsch das Ergebnis arbeitsmedizi- nischer Untersuchungen mitzutei-

len. Dieser Auskunftsanspruch bein-

haltet aber keinen Anspruch auf Ein- sichtnahme in ärztliche Aufzeich- nungen.

Soweit es die bei einem Betriebsarzt geführten Gesundheitsakten betrifft, hat nunmehr jedoch das Landesar- beitsgericht Bremen in einer Ent- scheidung vom 4. März 1977 ent- schieden, daß in die beim Arbeitge- ber geführten Personalakten eines Arbeitnehmers ein Hinweis auf die beim Betriebsarzt gesondert geführ- ten Gesundheitsakten des Arbeit- nehmers aufzunehmen sei, damit dieser von seinem im Betriebsver- fassungsgesetz eingeräumten Recht auf Einsichtnahme in die den Perso- nalakten gleichstehenden Nebenak- ten Gebrauch machen könne.

Dieser Entscheidung des Landesar- beitsgerichts Bremen wird man, wenn überhaupt, nur insofern Folge leisten können, als es sich um die in den Gesundheitsakten des Betriebs- arztes enthaltenen Untersuchungs- bögen über die nach Maßgabe des

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SC\-1LIESSLICH ...

Die Information:

Bericht und Meinung

Arbeitssicherheitsgesetzes und der Unfallverhütungsvorschriften vorge- schriebenen arbeitsmedizinischen Einstellungs-, Kontroll- und Vorsor- ge-Untersuchungen handelt. Soweit dagegen neben diesen Untersu- chungsbögen durch einen Betriebs- arzt Aufzeichnungen zu einer per- sönlichen Gedächtnisstütze und Kontrolle geführt werden, die nicht als Grundlage für eine Weitergabe von Informationen an den Arbeitge- ber bestimmt sind, kann es sich nicht um Nebenakten zu den Perso- nalakten eines Arbeitnehmers han- deln, so daß ein Anspruch auf Ein- sicht in diese persönlichen Auf- zeichnungen auch aus dem Be- triebsverfassungsgesetz nicht her- zuleiten ist.

~ Der Arbeitnehmer hat bei elek- tronisch gespeicherten Gesund- heitsakten neben dem Auskunftsan- spruch nach dem Arbeitssicher- heitsgesetz auch einen Auskunfts- anspruch nach dem § 26 Bundesda- tenschutzgesetz über die zu seiner Person gespeicherten Daten. Im Rahmen dieses Anspruchs kann er auch Auskunft über die Personen und Stellen verlangen, an die seine Daten regelmäßig übermittelt werden.

Anschrift des Verfassers: Dr. jur. Rainer Hess Haedenkampstraße 3 5000 Köln 41 (Lindenthal)

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DEUTSCHES ARZTEBLATT Heft 18 vom 4. Mai 1978 1057

Referenzen

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