Zur Fortbildung Aktuelle Medizin
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Paul-Bunnel l-Antigen als „Ganglioprotein"
identifiziert
Interessanterweise haben biochemi- sche und serologische Untersu- chungen an Rinder-Blutkörperchen nicht nur die medizinische Grundla- genforschung entscheidend beein- flußt, sondern es wurden mit Hilfe dieser Zellen seinerzeit auch einige klinisbh-diagnostische Möglichkei- ten erschlossen,
Von den wichtigen Beiträgen zur Grundlagenforschung seien nur die erstmalige Isolierung definierter Membranglykoproteine (Klenk und Uhlenbruck, 1958), ferner die klassi- schen Untersuchungen von Coombs über inkomplette Antikörper sowie Studien über die elektrokinetischen Eigenschaften von Zelloberflächen und schließlich das Vorkommen von beträchtlichen Mengen von Antige- nen des menschlichen li-Blutgrup- pensystems erwähnt, welche zur Strukturaufklärung dieser wichtigen Blutgruppen- und auch Tumormar- ker geführt haben (Ten Feizi, 1979).
Wichtige Beobachtungen
Klinisch erlangten diese Erythrozy- ten vor allem Bedeutung durch das Päul-Bunnell-Antigen (1932), durch welches ein Antikörper im Serum von Patienten mit infektiöser Mono- nukleose angezeigt wurde, und als Nachweismethode für den Serum- krankheits-Antikörper.
Hakomori und seiner Arbeitsgruppe am Fred Hutchinson Cancer Re- search Center in Seattle, Vereinigte Staaten, gelang nun die Reinigung des Paul-Bunnell-Antigens, wobei man allerdings auch noch einige an- dere bedeutsame Beobachtungen machte.
Angeregt durch Berichte, nach de- nen das Paul-Bunnell-Antigen in malignen Lymphomen, aber auch bei verschiedenen anderen Tu- moren vorkommen soll, extrahierten sie in besonders schonender Weise Rindererythrozytenmembranen, um
das Antigen anzureichern. Bei die- ser Reinigungsprozedur fiel jedoch auf, daß die serologische Spezifität mit einer Proteinfraktion assoziiert war, welche amphipathische Eigen- schaften aufwies, das heißt es han- delt sich um Proteine, die aufgrund ihrer Aminosäurezusammensetzung sowohl in•organischen Lösungsmit- teln als auch in Wasser löslich sind, und die außerdem eine starke Affini- tät zu bestimrnten Glykolipiden, nämlich den neuraminsäurehaltigen Gangliosiden, besitzen.
Diese neue Gruppe von Proteinen wurde bei den bisherigen Aufarbei- tungen von Glykolipiden und Gan- gliosiden lediglich als Verunreini- gungen betrachtet und verworfen.
Jetzt zeigte sich aber, daß der Paul- Bunnell-Antikörper eben gerade mit einem solchen intakten Gangliopro- fein oder ganglio(sido)philen Pro- tein reagiert, einem Membranbe- standteil, von dem sowohl das Pro- tein als auch das zugehörige Gan- gliosid charakterisiert werden konn- ten. Die serologische Aktivität dieser Verbindung wird durch Behandlung mit Neuraminidase signifikant redu- ziert.
Genau in die gleiche Gruppe gehört das Hanganutziu-Deicher-Serum- krankheits-Antigen, bei dem die N- Glykolyl-Neuraminsäure des Gan- gliosids eine immundominante Rolle spielt (Merrick und Mitarbeiter, 1978).
Neue Klasse von
Membranprotein-Glykolipiden Es ist somit eine neue Klasse von Membranprotein-Glykolipiden ent- deckt worden, deren Bedeutung für die Tumor-, Blutgruppen- und Mar-
ker-Forschung hoch eingeschätzt wird, ganz abgesehen von ihrem Einfluß auf die topographische Or- ganisation von normalen und verän- derten Zellmembranen. Uln
Watanabe. S., et al.: The amphipathic mem- brane proteins associated with gangliosides:
The Paul-Bunnell antigen is one of the gan- gliophilic proteins, Biochem. Biophys. Res.
Comm.. 92 (1980) 638-646
Zytomegalie- virusinfektionen
bei Neugeborenen und jungen Säuglingen
Die Zytomegalievirusinfektion soll mit 0,5 bis 2 Prozent die häufigste intrauterine Virusinfektion sein; ein Teil der Kinder aus diesen Schwan- gerschaften soll später Entwick- lungsschäden beziehungsweise Hörschäden aufweisen. Ziel der vor- liegenden Studie war, prospektiv zu prüfen, in welchem Maße eine frühe Zytomegalievirusinfektion die Ent- wicklung eines Kindes beeinflußt.
116 Kinder wurden in diese Studie aufgenommen;
2 hatten eine angeborene Infektion;
39 wurden in den ersten 6 Lebens- monaten infiziert, 5 andere zwischen dem 6. und 12. Lebensmonat.
70 dieser 116 Kinder waren bis zum 2. Lebensjahr nicht mit CMV infiziert worden.
Im Alter von 2 Jahren wurden alle 116 Kinder einem modifizierten Den- ver-Entwicklungstest unterzogen.
7 der 39 perinatal infizierten Kinder zeigten eine sprachliche Entwick- lungsverzögerung; sie war damit si- gnifikant häufiger als bei der gesun- den Kontrollgruppe (3/70). Auch schien die Feinmotorik bei diesen Kindern besser zu sein als bei den infizierten, wenngleich sich hier der Unterschied statistisch nicht sichern ließ.
Die beiden pränatal infizierten Kin- der unterschieden sich nicht in ihrer Entwicklung von den gesunden Kin- dern. Diese Untersuchung läßt er- kennen, daß größere Longitudinal- Studien dringend erforderlich sind, um die klinische Bedeutung einer Zytomegalievirusinfektion besser abschätzen zu können. Dmn
Granström. M.-L.: Development of Children with Early Cytomegalovirus lnfection, Eur. J.
Pediatrics 2 (1979) 277-287 Childrens Hospital.
University of Helsinki, Stenbäckinkatu 11, SF- 00290 Helsinki 29. Finnland
DEUTSCHES ÄRZTEBLATT
2678 Heft 45 vom 6. November 1980