Brenda Maddox
Das Leben der Nora Joyce Kiepenheuer & Witsch
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TAPPESER INFORMATIK GMBH Eichenweg 8 • 5840 Schwerte • Tel (0 23 04) 69 51 • Fax (0 2304)68053 NORA JOYCE
Abhängigkeiten
Brenda Maddox: Nora.
Das Leben der Nora Joyce, Aus dem Englischen von Ka- rin Kersten, Goldmann Ver- lag, München, 1992, 710 Sei- ten, Taschenbuch, 19,80 DM.
Gebunden erschienen im Ver- lag Kiepenheuer & Witsch, Köln, 1990, 58 DM.
Nora Joyce — das war für viele Bewunderer und Biogra- phen von James Joyce eine et- was schlampige Analphabetin, die nicht einmal richtig kochen konnte. Warum sich der Künstler herabließ, 1904 ge- meinsam mit dem damals 20jährigen Zimmermädchen Irland zu verlassen, blieb ih- nen ein Rätsel.
Diesem Rätsel, sprich: der Beziehung zwischen Nora und James Joyce geht Brenda
Maddox in ihrer Biographie bis ins Detail nach. Was sie zu- sammengetragen hat über die beiden (sowie deren Kinder Giorgio und Lucia), läßt Nora in einem anderen Licht er- scheinen und erhellt eine lei- denschaftliche Beziehung vol- ler Widersprüchlichkeiten und Abhängigkeiten.
James und Nora reiben sich aneinander, drohen wech- selseitig damit, sich zu verlas- sen, streiten sich heftig. Dazu kommen dauerhafte Belastun- gen von außen: Geldmangel, Schaffenskrisen, Krankheiten, immer neue Umzüge und zahl- lose familiäre Konflikte. Doch andererseits lieben und schät- zen sich die beiden und brau- chen einander, ja sind vonein- ander abhängig. Trotz aller Krisen genießen sie immer wieder das Leben: Beide wer- den von Freunden als char- mant beschrieben, geben Geld
aus, sofern es vorhanden ist, und haben ihren Spaß: „Selbst für ihr erstes Weihnachtsfest in einem kleinen, kalten Zim- mer mieteten sie ein Klavier, so daß bei ihnen gesungen werden konnte."
Brenda Maddox schildert nicht nur das Zusammenle- ben, sondern belegt eindrucks- voll, daß Noras Sprache und Wesen Joyce in seiner schrift- stellerischen Arbeit beeinflußt haben. Das geht zum Beispiel aus Noras Dubliner Briefen an ihren „Jim" hervor, die sie häufig spätabends nach der Arbeit schrieb: liebevoll, aber vor lauter Müdigkeit hastig und deshalb ohne Punkt und Komma heruntererzählt. Wer Molly Blooms Monolog in
„Ulysses" kennt, wird sich sei- nen Teil dazu denken.
Sabine Dauth, Köln
LEBENSGESCHICHTE
Menschlichkeit
Isabel Allende: Der unend- liche Plan, aus dem Spani- schen von Lieselotte Kolanos- ke, Suhrkamp Verlag, Frank- furt am Main, 1992, 459 Sei- ten, gebunden, 45 DM
Die Intention des Romans, der die breit angelegte Le- bensgeschichte von Gregory Reeves erzählt, ist schon nach den ersten Seiten offensicht- lich: Er ist ein Plädoyer für Menschlichkeit, Toleranz und
Lebensmut. Die Hauptfigur ist der Sohn einer russischen Jü- din, die sich jedoch der persi- schen Bahai-Religion zugehö- rig fühlt und gleichzeitig eine überzeugte Anhängerin der von ihrem Ehemann gegrün- deten Sekte vom „unendlichen Plan" ist. In der Schule schließlich erhält Gregory eine katholische Erziehung.
Gregorys Vater zieht als Prediger mit seiner Familie über die Landstraßen des Sü- dens der Vereinigten Staaten.
Erst durch eine schwere Krankheit wird er im mexika- nischen Viertel in Los Angeles seßhaft. Dort müssen sich sei- ne Kinder als die einzigen Weißen ihrer Klasse gegen Vorurteile und Ressentiments behaupten. Diese Kindheit mit ihren unterschiedlichen religi- ösen und kulturellen Einflüs- sen bildet das Fundament für den zweiten Lebensabschnitt des Romanhelden, der in Ber- keley ein Jura-Studium be- ginnt.
Nicht zuletzt durch die ho- he sprachliche Qualität des Romans hebt sich Isabel Al- lendes Roman von ähnlich phantasievoll und spannend geschriebenen Erzählungen ab. Durch den geschickten Wechsel von Ich-Erzählung und personaler Erzählhaltung gelingt es der Autorin außer- dem, Distanz zu ihren durch- weg differenziert gezeichneten Romanhelden zu bewahren.
Das Buch ist kein histori- scher Roman, doch gibt es aus- gezeichnet die Strömungen der zweiten Hälfte des 20.
Jahrhunderts wieder: Als Stu- dent in Berkeley lernt Reeves die Hippie- und Protestbewe- gung der 60er Jahre kennen, er erlebt die Schrecken des Vietnamkrieges und wird schließlich ein erfolgreicher Anwalt, der durch die Welt jettet und sich ein Yuppie-Da- sein leistet. Bei all seiner Ab- hängigkeit vom Zeitgeist ver- liert er jedoch nie die Fähig- keit zur Selbstkritik. Und im- mer bleibt er auf der Suche nach einer Sinnerfüllung, die er schließlich nach vielen Um- wegen auch findet.
Gisela Klinkhammer, Köln
A1-4318 (70) Dt. Ärztebl. 89, Heft 50, 11. Dezember 1992