DEUTSCHES ÄRZTEBLATT
FÜR SIE GELESEN Kinder- und Jugendgynäkologie
le Infektion durchgeführt werden.
Fremdkörper führen meist zu blu- tigem, stinkendem Ausfluß. In der Neugeborenenperiode wird das mütterliche Östrogen gelegentlich bis in das dritte Trimenon wirk- sam. Ein hormonell aktiver Ova- rialtumor ist auszuschließen (Vagi- nal-Zytologie, Portiodiagnostik, Sonographie). Der Neugeborenen- fluor verschwindet nach zwei bis drei Wochen von alleine und be- darf keiner Behandlung.
Die Labiensynechie
Gelegentlich besteht eine Verkle- bung der kleinen Labien, die von der angeborenen Atresie des Hy- mens zu unterscheiden ist. Mik- tionsbeschwerden, sekundäre ent- zündliche Veränderungen und Ängstlichkeit der Eltern zwingen zum ärztlichen Eingreifen. Die Frankfurter Schule empfiehlt zwei bis drei Wochen lang Östrogensal- beneinreibungen. Groß-Hadern/
München bevorzugt die vorsichti- ge manuelle Lösung ohne Anäs- thesie mit Ovestin® Creme als Gleitmittel und zur Nachbehand- lung (fünf Tage). Letztere Methode hat den großen Vorteil der schnel- len Hilfe. Brustdrüsenschwellung und Retardierung des Längen- wachstums durch zu lange und zu häufig appliziertes Östrogen kann es nicht geben. Die sichtbaren Epi- theldefekte nach Lösung der Syn- echie verheilen innerhalb der fünf Tage Nachbehandlung. Die manu- elle Lösung ist völlig schmerzlos, wie wir oft beobachten konnten.
Bei sorgfältiger Nachbehandlung gibt es keine Rezidive. Ein Lichen sclerosus sollte von der Vitiligo und von Mykosen des äußeren Genitale abgegrenzt werden.
Die latente Vaginitis
Vaginoskopierende Untersucher sehen immer wieder einmal Kin- der, die von mehreren Kollegen unabhängig voneinander unter- sucht und beurteilt wurden: „Vul- va und Hymenalbereich ohne pa- thologischen Befund." — Ein ge-
zielter Abstrich aus dem hinteren Scheidengewölbe kann dennoch ein eindeutig pathologisches, leu- kozytenreiches Sekret zutage för- dern. Es liegt eine „latente Vagini- tis" vor. Nach Therapie, etwa fünf Tage täglich einmal Uro-Nebace- tin-Spülung mit dem Einmal-Frau- enkatheter Ch. 8, wird die endgülti- ge Abheilung wiederum nur mit Hil- fe einer Kontrollvaginoskopie fest- gestellt werden können. Wir halten sie für notwendig, um Gewähr für Rezidivfreiheit und Ausschaltung einer möglichen Infektionsquelle für rezidivierende Zysto-Pyelitiden zu haben. Umgekehrt sollte man bei häufig auftretenden Blasenentzün- dungen stetsauch an eine versteck- te Vaginitis denken.
Der virginelle Fornixausstrich Gegen Ende der hormonellen Ru- hephase, präpuberal und puberal, steigen die Leukozytenzahlen im Vaginalsekret an. Doch auch im zweiten oder dritten gynäkologi- schen Jahr sieht der regelmäßig mikroskopierende Untersucher im Phasenkontrastmikroskop „auf den ersten Blick", ob ein Befund entzündlich pathologisch ist. Der postmenarchale virginelle Fornix- ausstrich ist hell, „durchsichtig", hat einen klaren Hintergrund und reichlich Döderlein-Flora. Leuko- zyten spielen eine untergeordnete Rolle. Im Vordergrund stehen In- termediär- und Superfizialzellen, häufig in Verbänden. Nach der Ko- habitarche beziehungsweise nach häufigem Verkehr ändert sich das Bild: Weiße Blutkörperchen, zum Teil in Verbänden, können Super- fizialzellen und Plattenepithelien verdrängen. Die Döderlein-Flora wird durch massenhaft plumpe Stäbchen und Escherichia coli er- setzt. Das Bild ist trüb, unruhig, kann sich jedoch nach längerer Abstinenz erholen.
Anschrift des Verfassers:
Dr. med. Martin Lagrange Kinderarzt
Haus Paracelsus
7730 Villingen-Schwenningen
Formalineinläufe bei Strahlenproktitis
Eine Strahlenbehandlung eines Collum- oder Corpus-uteri-Karzi- noms kann zu einer therapeutisch nur schwer zu beeinflussenden Strahlenproktitis mit anhaltender peranaler Blutung führen. Predni- son- oder Salazopyrin-Einläufe sprechen häufig nicht an, so daß zu außergewöhnlichen Maßnah- men gegriffen werden muß, um die Blutung zum Stillstand zu brin- gen.
Die Autoren berichten über einen 71jährigen Patienten, bei dem we- gen eines Blasenkarzinoms eine Strahlentherapie mit 60 Gy durch- geführt worden war. Ein Jahr spä- ter entwickelte der Patient eine therapieresistente Strahlenprokti- tis, so daß innerhalb von zwei Mo- naten 14 Blutkonserven gegeben werden mußten.
Weder eine Entlastungskolosto- mie noch Elektrokoagulationen und eine Lokalbehandlung mit 10 Prozent Silbernitrat brachten eine Besserung. Schließlich wurde un- ter Diazepam-Fentanyl-citrat-Se- dierung eine Spülbehandlung mit zwei Litern einer 3,6prozentigen Formalinlösung über 15 Minuten durchgeführt und die Behandlung zwei Wochen später wiederholt.
Die Blutung sistierte sofort und trat auch bei einer 14monatigen Nachbeobachtung nicht wieder auf.
In Analogie zur Behandlung der hämorrhagischen Zystitis mit For- malin sollte aufgrund der positi- ven Erfahrungen der Autoren auch bei der Strahlenproktitis ein ent- sprechender Therapieversuch un- ternommen werden, bevor man sich zu einer Rektumamputation entschließt.
Rubinstein, E.; Ibsen, T.; Rasmussen, R. B.;
Reimer, E.; Sörensen, B. L.: Formalin treat- ment of radiation-induced hemorrhagic procti- tis. Am. J. Gastroenterol. 81 (1986) 44-45.
Department of Surgery, The Finsen Institute, Kopenhagen, Dänemark
Ausgabe A 83. Jahrgang Heft 45 vom 5. November 1986 (41) 3099