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Archiv "Neuregelung des Paragraphen 218: Sechs Entwürfe und am Ende ein Kompromiß" (24.02.1995)

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POLITIK LEITARTIKEL

\eurepelung des Paragraphen 21 8

Sechs Entwürfe

und am Ende ein Kompromiß

Zwar liegen zur Neufassung des Paragraphen 218 sechs Gesetzentwürfe vor, doch scheint eine Einigung und da- mit ein Ende des jahrelangen Gerangels um die Regelung des sogenannten Abtreibungsparagraphen endlich in Sicht. So sind sich die Fraktionen von SPD, FDP und Bünd-

nis 90/Die Grünen weitgehend einig. Doch auch mehrere Abgeordnete der CDU/CSU-Fraktion zeigten sich kom- promißbereit und plädierten in der ersten Lesung der Gesetzentwürfe Mitte Februar für eine „fraktionsüber- greifende Koalition der Vernunft und der Vernünftigen".

D

ie Positionen waren schon vor der Bundestagsdebatte über die Neuregelung des Abtrei- bungsrechts im Februar abge- steckt, dennoch wurden noch einmal rund vier Stunden lang Argumente ausgetauscht. Dabei zeigte sich, daß die Differenzen im Grunde gering sind. Schließlich hat das Bundesver- fassungsgericht (BVG) mit seinem Urteil eindeutige Vorgaben gesetzt.

So bestimmen CDU/CSU, FDP und SPD in ihren Entwürfen übereinstim- mend, daß konform zum Bundesver- fassungsgerichts-Urteil Abtreibun- gen in den ersten zwölf Wochen straf- frei bleiben sollen, wenn die Schwan- gere sie verlangt und sie zugleich eine vorschriftsmäßige Beratung vorwei- sen kann.

Zahlreiche Abgeordnete signali- sierten in der Debatte ihre Kompro- mißbereitschaft. So forderte Bundes- familienministerin Claudia Nolte (CDU): „Es muß Schluß sein mit den Vorurteilen und Unterstellungen bei- der Seiten."Auch Inge Wettig-Dani- elmeier (SPD) sieht „Chancen, zu ei- ner Mehrheitsfindung zu kommen "

Differenzen gibt es in den Ent- würfen bei der Beschreibung der Be- ratung. Die Mehrheit der Union bringt den im Sommer 1994 geschei- terten Entwurf ein, der für die Bera- tung festlegt, sie müsse sich „von dem Bemühen leiten lassen, die Frau zur Fortsetzung der Schwangerschaft zu ermutigen". Eine solche „qualifizierte zielgebundene Beratung" müsse „das Recht des ungeborenen Kindes ganz

unmißverständlich deutlich machen", betonte Maria Eichhorn (CSU). Das Lebensrecht des Ungeborenen habe Vorrang vor dem Selbstbestimmungs- recht der Frau.

Die Liberalen meinen hingegen, daß die Beratung dem Lebensschutz durch „Rat und Hilfe" dienen müsse, aber nicht „einschüchtern, belehren und bevormunden" dürfe. Die Bera- tung soll der Frau helfen, eine Ent- scheidung „in dem Bewußtsein zu treffen, daß das Ungeborene auch ihr gegenüber ein eigenes Recht auf Le- ben" hat.

Differenzen

SPD und Grüne wollen die Ei- genverantwortung der Frau stärker herausstellen. Im Unionsentwurf tre- te die Entscheidungsfreiheit der Frau völlig hinter den sogenannten Schutz des ungeborenen Lebens zurück, stellte Kerstin Müller (Bündnis 90/Die Grünen) fest. „Da ist keine Rede mehr von einer ergebnisoffenen Beratung, wie sie selbst das Bundes- verfassungsgericht verlangt hat."

Bei der Finanzierung von Abtrei- bungen für einkommensschwache Frauen herrscht ebenfalls Uneinig- keit. Die Mehrheitsentwurf der CDU/CSU-Fraktion plädiert für eine Finanzierung durch das Sozialamt bei bedürftigen Frauen. Die Liberalen und Sozialdemokraten sowie die Ab- geordneten von Bündnis 90/Grüne befürworten dagegen eine Finanzie-

rung durch die Krankenkassen, was sich „bei genauer Prüfung als verfas- sungskonform", erwiesen habe, so Dr.

Jürgen Meyer (SPD).

Schließlich gibt es noch Differen- zen bei der Frage nach Einbeziehung von Angehörigen in die Strafbarkeit.

Angehörige, die „aus verwerflichem Eigennutz" auf die Entscheidung zur Abtreibung einwirken, sollen nach dem Willen der Union Freiheitsstra- fen bis zu zwei Jahren drohen.

Schließlich würden Partner, Eltern und „das Umfeld" die Verantwortung nur zu gern auf die Schwangere ab- schieben, sagte Claudia Nolte. Bun- desjustizministerin Sabine Leutheus- ser-Schnarrenberger (FDP) forderte dagegen, daß die Entscheidung der Schwangeren nicht durch Befürch- tungen erschwert werden dürfen, ihren Partner oder die Eltern zu bela- sten. Auch SPD und Grüne wollen wie die Liberalen keinen neuen Straftatbestand einführen.

Es ist davon auszugehen, daß in diesen strittigen Punkten Einigung er- zielt werden kann. Extrempositionen werden wohl keine Chance mehr ha- ben. So möchte die PDS den Abtrei- bungsparagraphen am liebsten ganz aus dem Strafrecht streichen lassen, während auf der anderen Seite eine Initiativgruppe aus der Union das Ab- treibungsrecht weiter verschärfen will.

Einig waren sich Sprecher aller Fraktionen darin, einen Rechtsan- spruch auf einen Kindergartenplatz nicht von 1996 auf 1999 zu verschie- ben. Gisela Klinkhammer Deutsches Ärzteblatt 92, Heft 8, 24. Februar 1995 (17) A-483

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