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Archiv "Informationsreise nach Kroatien: Furchtbare Zerstörungen" (03.07.1992)

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Geistig behinderte Kinder einer Klinik der kroatischen Stadt Urlika, die bei einem ser- bischen Angriff im Dezember 1991 zerstört wurde, sind unbeschäftigt in einer Turnhalle in Split untergebracht. Die Kinder und das Pflegepersonal wurden nach Split evakuiert, bevor die Klinik von serbischen Freischär- lern und später von UN-Friedenstruppen besetzt wurde. Die kroatische Regierung fordert nun in einer Protestnote von den Friedenstruppen der Vereinten Nationen, daß die Klinik wieder ihrem alten Zweck zu- geführt werden soll. Foto: dpa

Vertriebene und Flüchtlinge:

Diese Zahlen wachsen von Tag zu Tag: Am 1. August 1991 waren es 9638, vor einigen Wochen 536 000, und jetzt kommen täglich tausende hinzu, in den vergangenen Tagen al- lein aus Bosnien 180 000. Rund 55 000 Flüchtlinge flohen zu Ver- wandten nach Deutschland, Öster- reich und der Schweiz. Die kroati- sche Regierung sowie die Kirchen tun alles ihnen Mögliche, um die Flüchtlinge unterzubringen: in Ho- tels, Sporthallen und Zelten. Italien hat sich bereit erklärt, 10 000 Flücht- linge vorübergehend aufzunehmen.

Folgende Bitten wurden unter- breitet:

C) Die Flüchtlinge in Deutsch- land nicht zurückzuschicken, bevor der Krieg beendet ist.

© Dringend werden Lebensmit- tel für die Flüchtlingslager benötigt,

da Kroatien weder genug

Finanzen hat noch aus eigener Ernte versor- gen kann: Ein Viertel des Agrarlan- des ist besetzt. 186 000 Tonnen Wei-

+ + HILFERUFE + + + 111122221113 -F + + HILFERUFE + +

Unter soldatischem Schutz fuhr ich im Pkw des kroatischen Roten Kreuzes durch zerschossene und nie- dergebrannte Dörfer zwischen dem Fluß Kupa und der noch von jugosla- wischer Armee und Tschetniks be- setzten Stadt Petrinja. In den nur noch vereinzelt bewohnbaren Bau- ernhäusern leben nur ganz wenige alte Menschen sowie jetzt kroatische Soldaten, die das Grenzgebiet zum

„serbischen Feind" bewachen. Die Rot-Kreuz-Stationen sind nur mit Medikamenten und Infusionen zur Ersten Hilfe ausgerüstet.

Die Stimmung unter den Solda- ten, die alle vor Ausbruch des Krie- ges zivilen Berufen nachgingen, war einerseits gedrückt wegen der furcht- baren Zerstörungen im Lande sowie der vielen Toten, Verwundeten, Vertriebenen und des fortgesetzten Krieges in Bosnien und in den von Serben besetzten kroatischen Gebie- ten, und andererseits waren sie stolz, daß es ihnen gelungen war, daß sie den Vormarsch der jugoslawischen Armee aufgehalten hatten.

Vom 17.8.1990 (dem Beginn der offenen Feindseligkeiten) bis zum 26.4.92 wurden in Kroatien gezählt:

3650 Tote, davon 1693 Zivilisten und 49 Kinder; 18 892 Verwundete, dar- unter 5217 Zivilisten und 350 Kinder (Angaben des Außenministeriums) Man geht jedoch davon aus, daß die Zahl der Toten in Kroatien weit hö- her ist. Das Amt für Vertriebene und Flüchtlinge nannte die folgenden Zahlen: Etwa 5000 Tote, 20 000 Ver- wundete. Zerstörungen: 14 große Krankenhäuser wurden mutwillig durch Bomben und Artilleriebe-

schuß zerstört, zusätzlich zahlreiche kleinere Krankenabteilungen und Ambulanzen. Das Internationale Universitätszentrum in Dubrovnik wurde niedergebrannt, das Kranken- haus in Vukovar, in dem täglich bis zu 60 Verwundete versorgt werden mußten, wurde mehrfach von Bom- benflugzeugen sowie Artillerie bom- bardiert.

In Bosnien-Herzegowina gehen die Zerstörungen weiter. Der Imam berichtete von 319 Toten vom 3.1.92 bis zum 26.4.92 in Sarajewo, unter denen sehr viele massakriert worden waren. Mehr als 1000 Moslems wa- ren von den Tschetniks, besonders der Arkan-Gruppe, ermordet wor- den. Die Jugoslawische Armee schreite nicht ein. Zahlreiche Mo- scheen seien zerschossen.

Spendenbitte

An der kroatischen Küste im Bereich des Bistums Rijeka befin- den sich zur Zeit 100 000 Vertrie- bene und Flüchtlinge, die von der Caritas des Bistums Rijeka mitbe- treut werden. Bischof Dr. Anton Tamarut bittet um Spenden für die Betroffenen. Bankverbindung:

Darlehnskasse des Bistums Essen, BLZ 360 602 25, Konto 1111, Kennwort: „Hilfe Bistum Rijeka Kroatien" (eine Spendenbeschei- nigung wird vom Bistum Essen so- fort zugeschickt).

Die Redaktion des Deutschen Arzteblattes kann keine Verantwortung für die Angaben übernehmen, da sie auf Informationen der ge- nannten Organisationen beruhen.

Informationsreise nach Kroatien

Furchtbare Zerstörungen

Auf Bitten des Präsidenten der Kroatischen Akademie der Wissen- schaften in Zagreb, Prof. Dr. Ivan Supek, sowie des Dekans der Medizinischen Fakultät der Universität Zagreb, Prof. Dr. Ivica Ko- stovic, informierte sich der Autor des folgenden Artikels (Vizeprä- sident für Europa der Internationalen Ärzte für die Verhütung des Atomkrieges) in Zagreb über die Situation in Kroatien. Dort führte er Gespräche mit zahlreichen Wissenschaftlern, Ärzten, Politikern, Soldaten, Sanitätern, Journalisten und Opfern.

Dt. Ärztebl. 89, Heft 27, 3. Juli 1992 (23) A1-2371

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HILFERUFE HILFERUFE HILFERUFE + 4

zen, 180 000 Tonnen Korn, 23 000 Tonnen Zuckerrohr wurden geraubt, dazu 120 000 Kühe, 140 000 Schwei- ne, 250 000 Schafe, 14 000 Pferde und 2,5 Millionen Hühner

® Koordination der humanitä- ren Hilfe.

® Appelle an „Care Croatia", das „Rote Kreuz" sowie an die Re- gierungen, großzügige Hilfe zu lei- sten.

® Verstärkte Entsendung von UNO-Beobachtem und „Blauhel- men", um Massaker und Waffenstill- standsbrüche zu verhindern.

® Aufklärung der Weltöffent- lichkeit über diese Tragödie, die die Region und ihre Bewohner betroffen hat.

® Journalisten, die Interviews machen möchten und Berichte ver- fassen würden, sind sehr erwünscht.

® Die Menschen in Kroatien er- bitten deutsche Hilfe und Solidari- tät.

® Medikamente, Verbandsma- terial, chirurgische Bestecke, Naht- material, Narkotika, Schmerzmittel und vieles andere werden dringend benötigt.

07) Ein „Marshall-Plan" für den Wiederaufbau des Landes sei nötig.

Anschrift des Verfassers:

Prof. Dr. med. Ulrich Gottstein IPPNW Vize-Präsident Europa Ludwig-Tieck-Straße 14

W-6000 Frankfurt/M.

In einem kleinen Raum, von dem der Putz nicht erst seit gestern blättert, steht ein Gebärstuhl, der ebenso verrostet ist wie die Kinder- bettchen und der leere Medikamen- tenschrank. Die Wöchnerinnen sind in Decken gehüllt, die sie von zu Hause mitgebracht haben. — Das ist der Alltag in der Entbindungsstation des 30 000-Einwohner-Städtchens Kavaja in Albanien. Selbst an der Universitätsfrauenklinik in der Hauptstadt Tirana sieht es nicht bes- ser aus. Mit dieser trostlosen Wirk- lichkeit sah sich Carl-Dieter Spran- ger (CSU), der Bundesminister für wirtschaftliche Zusammenarbeit, konfrontiert, als er kürzlich das Land besuchte, das nach einer mehr als 40jährigen kommunistischen Ge- waltherrschaft auf dem Weg zur De- mokratie ist.

In Albanien mangelt es an al- lem. Seife, Toilettenpapier, Speiseöl, Zucker — alle Grundbedürfnisse der Menschen in dem 3,2-Millionen-Kü- Die Entbindungsstation in Kavaja befindet sich in einem katastrophalen Zustand. Der Gebärstuhl ist etwa 40 Jahre alt (rechts), der Sterilisator ist völlig durchgerostet.

stenland am Ionischen Meer sind aus eigener Kraft nicht zu befriedigen.

Nach den Jahrzehnten der selbst auferlegten internationalen Isolation durch den kommunistischen Macht- haber Enver Hodscha bedarf Alba- nien dringend westlicher Übergangs- hilfe.

Das Land mit seinen 17 000 Krankenhausbetten, rund 4000 Ärz- ten und fast ebenso vielen Zahnärz- ten ist nach einem aktualisierten Be- richt des Statistischen Bundesamts zwar mit einem relativ guten Ge- sundheitswesen ausgestattet. Doch was heißt das in dieser unruhigen Zeit? „All unser Leben ist im Mo- ment unregelmäßig", gesteht der 24jährige Maschinenbauingenieur Alfred Nune, der an der Universität Tirana nebenamtlich als Dozent tä- tig ist. 1100 Lek (etwa 20 DM) ver-

Eine Entbindungsstation in Albanien

Verrostete Kinderbetten und ein leerer Arzneischrank

Werner Falk

A1-2372 (24) Dt. Ärztebl. 89, Heft 27, 3. Juli 1992

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