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Archiv "Internationale Ärzte zur Verhütung des Atomkriegs: Hilfe für Opfer von Chemiewaffen" (08.11.2013)

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Deutsches Ärzteblatt

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Jg. 110

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Heft 45

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8. November 2013 A 2165 INTERNATIONALE ÄRZTE ZUR VERHÜTUNG DES ATOMKRIEGS

Hilfe für Opfer von Chemiewaffen

Eine Ärztedelegation aus Deutschland reist in den Iran: ein Erfahrungsbericht über Spätfolgen des Golfkriegs und die Auswirkungen der Sanktionspolitik des Westens.

S

chon die Flugreise mit Iran Air von Frankfurt am Main nach Teheran führte uns Ende letz- ten Jahres in die gegenwärtige Wirklichkeit der Beziehungen zwi- schen Deutschland und der Islami- schen Republik Iran ein. Weil auf- grund der Handelssanktionen irani- schen Flugzeugen in Deutschland das Auftanken verweigert wird, musste die Maschine in Budapest einen Zwischenstopp einlegen. Um- gekehrt dürfen Lufthansa-Maschi- nen auch nicht in Teheran tanken.

Gastgeber in Teheran war unsere Partnerorganisation „Iranian Physi- cians for Social Responsibility“, die wie die deutsche Sektion Mitglied der internationalen Ärzteorganisa - tion IPPNW (International Physi - cians for the Prevention of Nuclear War; Internationale Ärzte zur Ver- hütung des Atomkriegs) ist. Unsere Treffen in Teheran fanden häufig im Friedensmuseum statt, das auf eine Begegnung iranischer Ärzte mit dem internationalen Netzwerk der Friedensmuseen zurückgeht. Im Mittelpunkt steht eine Ausstellung

über die desaströsen Folgen chemi- scher Kriegsführung, wie sie die iranische Gesellschaft für die Opfer von Chemiewaffen dokumentiert hat (www.tehranpeacemuseum.org).

Wichtiger Motor ist dort Dr. Sha- riar Khateri. Hauptamtlich arbeitet er für die Forschungsabteilung der staatlichen Institution, die für die Versorgung der etwa 55 000 Über- lebenden der Giftgasangriffe wäh- rend des Golfkriegs Mitte der 80er Jahre verantwortlich ist – Men- schen, die bis heute unter den schweren gesundheitlichen Folgen leiden, die insbesondere durch Senfgas verursacht wurden. Das Giftgas wurde zwischen 1983 und 1988 von den irakischen Truppen gegen den Iran eingesetzt. Der da- malige irakische Machthaber Sad- dam Hussein setzte das Gas 1988 auch zur Niederschlagung eines Kurdenaufstands im eigenen Land ein: In Halabja starben 5 000 Men- schen an den Folgen.

Schätzungsweise eine Million Menschen wurden den toxischen Substanzen ausgesetzt, ungefähr

100 000 mussten in Krankenhäusern behandelt werden. Hersteller eines wichtigen Teils der Produktionsan- lagen war damals die deutsche Fir- ma Karl Kolb. Obwohl die iranische Regierung bereits 1984 den Weltsi- cherheitsrat anrief, konnte sich das Gremium nicht auf effiziente Schrit- te einigen, um den Irak an der Fort- setzung dieser Verbrechen zu hin- dern. Dabei verletzen solche Metho- den das internationale Genfer Proto- koll, das den Einsatz chemischer und biologischer Waffen verbietet und dem sowohl der Iran als auch der Irak beigetreten waren. Die Bi- lanz, die nach dem Sturz Saddam Husseins zutage kam: 1 800 Tonnen Senfgas, 140 Tonnen Tabun und mehr als 600 Tonnen Sarin hatte der Irak insgesamt eingesetzt.

Die Opfer neurotoxischer Gifte, wie Sarin und Tabun (Acetylcholin - esterase-Hemmer), starben häufig unmittelbar, wie in Halabja. Dage- gen benötigen viele der überleben- den Senfgasopfer seit Jahrzehnten medizinische Behandlung. Das Lab - bafinejad-Hospital in Teheran ist auf die Behandlung chronischer Giftgasfolgen spezialisiert. Häufig rezidivierende Pneumonien, chroni- sche Bronchitis und Bronchiolitis sowie die gefürchtete Tracheomala- zie als Folge der Knorpelschädi- gung der Trachea machen immer wieder stationäre Behandlungen er- forderlich. Hinzu kommen die oft erst viele Jahre nach der Senfgas- Exposition auftretenden Cornea- Schädigungen, bei denen oft nur durch Transplantationen eine völli- ge Erblindung verhindert werden kann, wie der Augenarzt Prof. Mo- hammad Ali Javadi erläuterte. Die aufwendige Behandlung wird aller- dings durch den Mangel an ophthal- mologischen Immunsuppressiva er- schwert, der eine Folge der westli- chen Handelssanktionen ist.

Überlebende: Eine Mutter und ihre Kin- der, Opfer eines Giftgasangriffs, werden im Kran- kenhaus behandelt.

Die historische Auf- nahme ist Teil der Fotodokumentation im Friedensmu- seum in Teheran.

Fotos: Tehran Peace Museum, privat

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A 2166 Deutsches Ärzteblatt

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8. November 2013 Es war nicht ganz leicht, ein ko-

härentes Bild von den Folgen der westlichen Sanktionspolitik auf die Versorgung der Bevölkerung zu be- kommen. In den Krankenhäusern berichtete man, die Medikamenten- lieferungen aus dem Ausland seien im Allgemeinen noch bedarfsge- recht, allerdings mache man sich Sorgen über die weitere Entwick- lung. Bereits jetzt sei zum Beispiel die Impfung gegen Pneumokokken- Infektionen kaum durchführbar, da Pneumovax auf dem iranischen Markt nicht mehr verfügbar sei.

Lieferengpässe entstünden aber oft nicht aufgrund des gezielten Em- bargos ausländischer Lieferanten, sondern infolge von Zahlungspro- blemen durch den Abbruch der Fi- nanzbeziehungen mit westlichen Staaten.

Unser Besuchsprogramm führte uns auch ins iranische Außenminis- terium, wo wir als „Ärzte für die Verhütung des Atomkrieges“ be- sonders an der Position zum stritti- gen iranischen Nuklearprogramm inter essiert waren. Der Vizeminis- ter mit Zuständigkeit für Fragen der Abrüstung erklärte, die iranische Regierung lehne eine nukleare Be- waffnung grundsätzlich ab. Er konnte jedoch nicht alle Besucher mit seiner Antwort auf die Frage befriedigen, warum der Iran den Teststoppvertrag für Nuklearwaffen zwar unterschrieben, aber bis heute noch nicht im Parlament hat ratifi- zieren lassen.

Die Reise in den Iran war inten- diert als ein Beitrag zur Verständi- gung, indem man durch Austausch und persönliches Kennenlernen Ver-

härtungen entgegenwirkt. Ein ganz praktischer Beitrag unserer Ärzteor- ganisation in Europa besteht darin, das Problem der Medikamentenver- sorgung gerade für die Giftgasopfer öffentlich zu thematisieren. Das deutsche Außenministerium hat Un- terstützung bei der Lösung des pro- blematischen Zahlungstransfers für Medikamentenlieferungen nach Iran zugesagt. Dies wird aber kaum kurzfristig zu realisieren sein. Als (wenn auch in der Menge beschei- dene) Sofortmaßnahme hat die deut- sche Sektion der IPPNW gemein- sam mit Kollegen aus Schweden spezielle Inhalationsmedikamente für die Chemiewaffenopfer organi- siert. Die Medikamente im Wert von etwa 4 000 Euro sind Ende Septem- ber in den Iran geliefert worden. Es handelte sich um spezielle Inhalati- onsmedikamente, die bei chronisch obstruktiven Bronchialerkrankun- gen dieses Typs eingesetzt werden.

Diese begrenzten Schritte der ge- meinsamen Sorge für Kriegsopfer sind für uns auch politisch bedeut- sam, um den gefährlichen Spaltun- gen zwischen den Nationen durch gemeinsame Arbeit gegen Kriegs- folgen entgegenzuwirken. Jüngste Dialogbemühungen der Regierun- gen bestärken uns in unseren Hoff-

nungen.

Matthias Jochheim, IPPNW

Die Kosten für eine notwendige ambulante hy- perbare Sauerstoff (HBO)-Therapie bei ischä- mischem diabetischem Fußsyndrom sind von den Krankenkassen zu übernehmen. Das hat das Bundessozialgericht (BSG) entschieden.

Die Versicherte leidet unter einer erhebli- chen arteriellen Verschlusskrankheit mit ischä- mischen diabetischem Fußsyndrom (Stadium Wagner III). Um eine Amputation im Unter- schenkelbereich zu vermeiden, beantragt sie bei ihrer Krankenversicherung erfolglos die Kostenübernahme einer ambulanten HBO-The- rapie. Nach Auffassung des BSG hat die Versi- cherte einen Anspruch auf diese Behandlung, wenn sie notwendig ist, um ihre Krankheit – hier das diabetische Fußsyndrom im Stadium Wagner III – zu erkennen, zu heilen, ihre Ver-

schlimmerung zu verhüten und Krankheitsbe- schwerden zu lindern.

Die Behandlung mit hyperbarem Sauerstoff ist eine ärztliche Behandlungsmethode im Sin- ne der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV). Hierbei handelt es sich auch um eine neue Methode, weil sie zum Zeitpunkt der Leistungserbringung nicht als abrechnungsfä- hige ärztliche Leistung im EBM enthalten war.

Als nicht vom Gemeinsamen Bundesaus- schuss (G-BA) empfohlene neue – sogar durch Beschluss vom 10. April 2000 explizit von der vertragsärztlichen Versorgung ausgeschlosse- ne – Methode ist die HBO-Therapie grundsätz- lich kein Leistungsgegenstand der GKV.

Gleichwohl ist die ambulante Behandlung des diabetischen Fußsyndroms im Stadium ab

Wagner III ohne angemessene Heilungsten- denz nach Ausschöpfung der Standardtherapie mit HBO im Jahr 2000 als Ausnahmefall we- gen Systemversagens im GKV-Leistungskata- log einbezogen, ohne dass es einer positiven Empfehlung des G-BA und einer Aufnahme der Methode in den EBM bedarf. Der G-BA ver- stieß vielmehr gegen höherrangiges Recht, weil er objektiv willkürlich das sektorübergrei- fende Prüfverfahren 2008 nicht auf eine Emp- fehlung dieser Methode bei der genannten In- dikation für die vertragsärztliche Versorgung erstreckte. In solchen Fällen gibt § 13 Abs. 3 Satz 1 SGB V dem Versicherten unter anderem das Recht, von seiner Krankenkasse zu verlan- gen, von den Kosten der betreffenden Leistung freigestellt zu werden, wenn sie notwendig ist (BSG, Urteil vom 7. Mai 2013, Az.: B 1 KR

44/12). RAin Barbara Berner

RECHTSREPORT

Ambulante HBO-Therapie bei ischämischem diabetischem Fußsyndrom

Ort der Begeg- nung: Die deutsch- iranischen Delega- tionen trafen sich häufig im Teheraner Friedensmuseum (Autor Matthias Jochheim 2.v. r.).

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